Mittwoch, 7. Februar 2024

Von der Freiheit offene Briefe zu schreiben

Am 7. Februar 1898 wurde der damals schon als Schriftsteller und Journalist weit über Frankreich hinaus berühmte Émile Zola wegen Verleumdung der Republik angeklagt. Er hatte zuvor mit seinem offenen Brief an den Präsidenten Félix Faure vom 13. Januar den Justiz-Skandal um die Verurteilung eines Offiziers wegen Landesverrats aufgedeckt und so die  sich seit 1894 aufschaukelnde, historische Affäre Dreyfus neu befeuert.
Quelle: Wikipedia
Zola verkehrte bei den berühmtesten
Französischen Meistern seiner Zeit. Sie
inspirierten ihn, auch selbst zum Malen
und  porträtierten ihn:
Hier ein Gemälde von Paul Cézanne.
das heute im im Musée Granet
von Aix- en-Provence hängt

Zolas J'accuse  (Ich klage an!") hat mich als noch jugendlicher Buchhändler angespornt, es auch mit dem Journalismus und der Schriftstellerei zu versuchen. Wenn ich heute an diesen Weg zurück denke, komme ich zwar in keinster Weise an den Erfolg dieses äußerst fleißigen Autors und Malers heran, aber ich entdecke kuriose Parallelen: Schulversager, kein Durchhaltevermögen bei  ersten Jobs im Verlags- und Buchhandel, um dann doch einfach los zu schreiben und durch frühe Publikations-Erfolge dann auch Neid und Eifersucht von Kollegen und Redakteuren auf sich zu ziehen. Aber das ist schon wieder mal viel zu viel der Nabelschau.

Mein Abspielen auf das heutige Datum soll darauf aufmerksam machen, dass verbreitete Worte immer noch Wirkung haben können, aber stets der Zivilcourage des Verfassers bedürfen. In der Affäre Dreyfus drückten die bösen Kräfte des Militarismus und des Antisemitismus in der Exekutive derart auf das soziale Gleichgewicht der "Grande Nation", dass sich erneut wegen der parteiischen Judikative eine Revolution oder Rebellion(1789 und 1871) hätte anbahnen können. Vor dieser Bedrohung musste Zola sogar zeitweise nach England fliehen, denn es dauerte von 1894 bis 1906 ehe der vor Militärgerichten immer wieder scheiternde Alfred Dreyfus endlich von einem Zivilgericht vollends rehabilitiert wurde. Da war Zola, der Kämpfer für seine Sache, schon vier Jahre tot. Sein Schützling Dreyfus lebte noch bis 1935 und hätte als Zeitzeuge und Opfer der "Dritten Republik" erklären können, wie zynisch der Begriff "Belle Époque" vor dem tatsächlichen, historischen Hintergrund erscheint.

Quelle: Wikipedia
Zolas  Autograph vom Entwurf  des Briefes
 an Präsident Félix Faure

So, und nun sind wir mehr als ein Jahrhundert weiter, und offene Briefe haben immer noch Hochkonjunktur. Gerade noch könnte einer von Kanzler Scholz verfasster, die EU zur Einstimmigkeit veranlasst haben. Verfasser andernorts zeigen hingegen, dass es in dieser von Militarismus, Nationalismus, Rassismus und Flüchtlingselend geprägten Welt vom Zustand der Freiheit abhängt, ob man für seine Offenheit geehrt oder gehenkt beziehungsweise  ins Straflager geschickt wird...









Geschrieben 1815 von Max von Schenkendorf, vertont drei Jahre später von Bernhard Klein - gilt es mittlerweile als Volkslied:

Freiheit, die ich meine

1. Freiheit, die ich meine,
die mein Herz erfüllt,
komm mit deinem Scheine,
süßes Engelsbild!
Magst du nie dich zeigen
der bedrängten Welt?
|: führest deinen Reigen
nur am Sternenzelt? :|

2. Auch bei grünen Bäumen
in dem lust´gen Wald,
unter Blütenträumen
ist dein Aufenthalt.
Ach! das ist ein Leben,
wenn es weht und klingt,
|: wenn ein stilles Weben
wonnig uns durchdringt. :|

3. Wenn die Blätter rauschen
süßenFreudengruß,
wenn wir Blicke tauschen,
Liebeswort und Kuss.
Aber immer wieder
nimmt das Herz den Lauf,
|: auf der Himmelsleiter
steigt die Sehnsucht auf. :|

4. Aus den stillen Kreisen
kommt mein Hirtenkind,
will der Welt beweisen,
was es denkt und minnt.
Blüht ihm doch ein Garten,
reift ihm doch ein Feld
|: auch in jeder harten
steinerbauten Welt. :|Freiheit, die ich meine(2)

5. Wo sich Gottes Flamme
in ein Herz gesenkt,
das am alten Stamme
treu und liebend hängt;
wo sich Männer finden,
die für Ehr' und Recht
|: mutig sich verbinden,
weilt ein frei Geschlecht. :|

6. Hinter dunklen Wällen,
hinter eh´rnem Tor
kann das Herz noch schwellen
zu dem Licht empor.
Für die Kirchenhallen,
für der Väter Gruft,
|: für die Liebsten fallen,
wenn die Freiheit ruft. :|

7. Das ist rechtes Glühen
frisch und rosenrot:
Heldenwangen blühen
schöner auf im Tod.
Wolltest du uns lenken
Gottes Lieb' und Lust,
|: wolltest gern dich senken
in die deutsche Brust! :|

8. Freiheit, die ich meine,
die mein Herz erfüllt,
komm mit deinem Scheine
süßes Engelsbild!
Freiheit, holdes Wesen,
gläubig, kühn und zart,
|: hast ja lang erlesen
dir die deutsche Art. :|

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