Montag, 30. April 2018

Preisverfall

Einen zu schmücken, auszuzeichnen und zu ehren, weil er etwas für die Gemeinschaft Rettendes oder Herausragendes getan hat, ist vermutlich so alt wie die Menschheit selbst. Früher wurden die dann Könige oder Häuptlinge, aber nachdem es immer mehr  von Ausgezeichneten gab, die dann selber herrschten, wurden Ehrungen verliehen, weil das die Geehrten dem Ehrenden gewogen machte: Cäsar ist da ein gutes Beispiel in allen Belangen.

Heute, da Kriege seltener, dafür aber heftiger werden und Kriegshelden nicht allzu hoch im Kurs stehen, die Gesellschaften demokratischer werden (oder gerade nicht) kommen auch Menschen aus anderen Schichten oder Sparten zu Ehrungen.

Über allen Auszeichnungen stand bislang der Nobelpreis. (der für den Frieden wurde mitunter merkwürdig vergeben), ihn nahm der einfache Mensch mit Bewunderung zur Kenntnis. Was derzeit im noblen Komitee los oder nicht los ist, bekommt man ernüchternd beigebracht. Gut, dass es so viele andere Preise und Verleihungen gibt!

In der Gegenwart gibt es nämlich fast nichts mehr, für das keine Preise und Auszeichnungen verliehen werden. Diese Preis-Schwemme und der Druck der Befähigten etwas auszuzeichnen, führt daher zu einer Art Preis-Verfall, obwohl sich die übertragenden Medien aufgrund geringer Produktions-Kosten wie wild auf solche Events stürzen.

Diese Aufmerksamkeit kommt einerseits der sogenannten "MeeToo"-Bewegung und einem Antirassismus zugute, stellt aber auch andererseits den Ethos mancher Verleihungen infrage, die auf reinem Kommerz aufbauen, und weniger auf Qualität.

Marius Müller-Westernhagen
gab als einer unter vielen
seine Echos zurück
Dass man Preise zurück geben kann, um Zeichen zu setzen, machte jetzt gerade dem "Echo" den Garaus.

Zurück geben könnten beispielsweise ihre Nobel-Preise Aung Sun Suu Kyi (1991) und Barak Obama sowie das "Tunesische Quartett", denn der entbrannte Unfrieden hat sie noch zu Lebzeiten eingeholt...

Freitag, 27. April 2018

Boracay und jetzt?

Mea Culpa! Ich habe es vorausgesehen, aber hätte ich nicht über diese Insel schreiben dürfen?

Hier in eigener Sache ein Auszug aus meiner Erzählung "Jojo" von meinem Blog "Der Burgschreiber". Das war vor 30 Jahren:

Nachdem sie sich in Kalibo deutlich hatten sehen lassen, waren sie in einem Jeepney zur Nachtfahrt nach Katiklan Wharf aufgebrochen. Es war keiner der üblichen wie Pfingstochsen herausgeputzten und auf historischem Chassis ausgebauten Armeelaster mit zwei gegenüberliegenden Sitzbänken und offenem Heckeinstieg gewesen. Es hatte sich vielmehr um einen kraftstrotzenden modernen Nachbau mit besserer Federung und drei Querbänken mit jeweils seitlichen Zustiegen gehandelt. Aber die Fahrt war dennoch zur Tortur geraten, weil Jojo dem Fahrer und freien Unternehmer im individuellen Regionalverkehr, den er eigentlich exklusiv angeheuert hatte, gestattete, unterwegs eigene Passagiere seines Vertrauens mit zu nehmen. - Auch philippinische Ministerial-Beamte wollten eben am Spesensparen verdienen...
  Es war schon weit nach Mitternacht gewesen, als sie am Rande der schlafenden Ortschaft, die noch keinen elektrischen Strom hatte, allein ausgestiegen waren. Als der Jeepney nur mit funzeligem Standlicht in der Schwärze des Dschungel-Trails verschwunden war, blinkte vom Strand her kurz eine Taschenlampe auf. Jojo hatte Johannes leise bedeutet, seine Hosen und Stiefel auszuziehen und sein Gepäck wie er auf dem Kopf zu balancieren. Dann waren sie gut hundert Meter in das anfangs knietiefe, totenstille Meer hinaus gewatet, wo bei hüfthohem Wasser ein nur als Schatten zu erahnendes Pump-Boat gewartet hatte. Johannes hatte nicht verstehen können, was da offenbar nicht ohne Wut gesprochen wurde, weil die Unterhaltung in Tagalog geführt worden war. Es ging - wie Jojo später erklärt hatte, um die Tatsache, dass der Bootsführer zur Gewinn-Optimierung und gegen die Absprache zwei amerikanische GIs auf Urlaub von der Clark Airbase mit ihren philippinischen Freundinnen zusätzlich an Bord genommen hatte. Als sich die Berufsparanoia bei Tageslicht als gegenstandslos erwiesen hatte, weil die Jungs aus Idaho und Texas mit ihren knapp Zwanzig gewiss keine CIA-Agenten waren, überwog bei Jojo dann die Freude, den "Transfer" für sie beide absolut kostenneutral gestaltet zu haben
  Die leise tuckernde Fahrt hinüber nach Boracay hatte Johannes in eine unglaubliche Euphorie versetzt. Schon beim Waten auf das Boot zu war ihm aufgefallen, dass die Körperteile, die im Wasser waren, durch den Planktonreichtum aufgeleuchtet hatten, als seien sie in bengalisches Licht getaucht gewesen. Auf dem Boot passierte dann ein ähnlicher Effekt. Nur war es da, als wären Funken gestoben. Jedes Mal wenn der Ausleger des primitiv motorisierten Katamarans unter die Wasseroberfläche geriet, war es als gäbe es eine elektrische Entladung. Am unsichtbaren Horizont erhellten Blitze eines fernen Gewitters für Bruchteile einer Sekunde die Kimmung, und über ihnen hatte sich ein Himmel mit bis dahin nicht gekannter Sternendichte gewölbt. Die Milchstraße war ein wahrhaft weißes Band gewesen...
  Und dann waren die nur von Strandfackeln erleuchteten Stelzen-Hütten wie eine Theaterkulisse, die aus dem Dunkel nur mit einem Scheinwerfer beleuchtet wird, im weiß reflektierenden Sand dieser Eskapisten-Insel aufgetaucht. Johannes hatte bei diesem Anblick nur eines traurig gemacht: Dass Joseph Conrads solche Szenen bereits lange vor ihm in so einzigartiger Weise hatte beschreiben können.
  Drei Tage hatte Johannes einmal mehr die privilegierte Seite seines Berufes erleben dürfen: Klischeehafte, paradiesische Verhältnisse mit der Badehose als wichtigstem Kleidungsstück und dem Stand der Sonne als absolut ausreichende, zeitliche Orientierung. Jojo, der sich mit dem Wohnen in Stelzenhäusern besser auskannte als Johannes, hatte dazu geraten, nicht unmittelbar am Strand zu wohnen, sondern eine der Hütten in einem Palmen-Hain über einer saftigen Wiese zu beziehen. Der Schatten der Bäume verhinderte, dass die Sonne direkt auf das Dach aus Palmwedeln brannte,  und der morgendliche Tau hielt die Kühle deutlich länger. Dazu gab es aber immer noch ausreichend Wind, um für eine angenehme Zirkulation frischer Luft zu sorgen.
    Johannes hatte sich nicht daran erinnern können, wann er das letzte Mal so entspannt geschlafen hatte. Dafür nahm er auch in Kauf, mit dem Hahn aufzustehen, der darauf bestand, seine Hühner im Morgengrauen ausgerechnet im Schatten unter ihrem Haus zu versammeln. Das Hängebauchschwein, dass sie gleich am ersten Tag adoptiert hatte und dachte, es könne sich grunzend und furzend ebenfalls als Untermieter einquartieren, hatte zwar von Jojo einen Karatetritt in die Schinken bekommen, bewies dann aber dennoch die Anhänglichkeit eines Hündchens, das überall mit hin getrabt war. Nur wenn die zwei im ersten Licht die drei Kilometer Strand entlang gejoggt waren, hatte es zum Warten schlauer Weise den feuchten Sand unter dem Rumpf eines der an Land gezogenen Boote vorgezogen.
  Die Mahlzeiten nahmen sie in einer flachen Strandhütte ein, die durch Bastwände variabel mit Durchzug gegen die Moskitos versorgt werden konnte. Unter den groben Tischen und Bänken standen die Füße im feinen Sand des Strandes. Es gab philippinisches Frühstück: gebratenen Knoblauchreis mit Ei und gegrillte Trockensardinen - und für die Potenz rohe, ausgelöste Seeigel. Mittags und abends gab es gegrillte Fische, Schalentiere oder Schweinerippchen dazu jede Menge tropischer Früchte samt ihrer mit Tuba oder Arak gemixten Säfte.  Tag und Nacht lief als einzige Reminiszenz an die Gegenwart der Generator für die Stromversorgung, der von einer Stereo-Anlage mit Tapes der aktuellen Hitparaden noch übertönt wurde.
  So kurz vor der Monsun- und Taifun-Saison waren nur noch wenige Fremde auf der Insel gewesen. Neben den beiden Amis mit ihren Bräuten kam noch ein junger iranischer Erdöl-Ingenieur im Dienste der Kuwaities mit seiner Frau zum Essen. Gläubige Moslems waren wohl beide nicht, weil sie Berge von Rippchen verschlangen. Die junge Perserin nützte offenbar auch gründlich die Gelegenheit, den strengen Auflagen ihrer Arbeitsheimat entronnen zu sein, um eine üppige Körperlichkeit zur Schau zu stellen, die völlig unzureichend nur von wenigen Quadratzentimetern diverser Bikinis gebändigt werden konnte. Jojo war sofort hin und weg von ihr, und sie genoss seine Blicke.
  Die beiden Filipinas im Dienste der US-Streitkräfte hingegen provozierten die Rotnäckigkeit ihrer permanent bierbeduselten "Arbeitgeber", in dem sie Johannes beim Essen mit den Augen verschlangen. Profis, wie sie, fielen auf die Schwulen-Masche offenbar nicht herein... Johannes entfloh daher dieser immer knisternder werdenden Atmosphäre, indem er nach den Mahlzeiten zu der anderen Bar an der Nordspitze wanderte, um seinen Digestiv unbehelligt  zu nehmen. Wohl aber auch  damit Jojo ein paar freie Minuten für sich hatte.
  Dort war allerdings auch nicht viel mehr los: Zwei australische Rucksackpärchen und ein japanisches sowie ein Schweizer mit einer Edelnutte aus Manila, die ihre Landsleute, sich lasziv in einer Hängematte räkelnd, herrisch herum kommandierte. Der Schweizer trug zu den Mahlzeiten einen weißen Leinen-Anzug und gab dem ganzen Ambiente damit etwas Koloniales. Im schleppenden Berner Dytsch hatte er den etwa gleichaltrigen Johannes als Klagemauer für seine Weltsicht auserkoren. Dieser ließ es geschehen, weil der Mann ein ganz lausiger Poker-Spieler war, und somit die meisten Drinks auf ihn gingen. Es kostete ja alles ohnehin nur wenige Pesos, und wenn man in Dollar bezahlte, noch weniger.
  Tuba, der frische Palmwein mit nur 5 Prozent Alkohol und der daraus gebrannte Arak (mit um die vierzig) machen mitunter fürchterliche Kater, und obwohl Johannes ja eigentlich nicht "frei" gehabt hatte, war er auf Boracay manchmal nicht ganz "frei" von Folge-Beschwerden aufgewacht... Jojo hatte indessen offenbar eine andere nächtliche Bleibe gefunden, kam  aber pünktlich nach dem ersten Hahnenschrei zum Joggen. Und sie hatten den einsamen im morgendlichen Schatten liegenden Strand neuerlich auch genutzt, um Karate-Grundtechniken wieder aufzufrischen. - Da merkte Johannes die etwa acht Jahre Altersunterschied!
  Am zweiten Tag rief die Pflicht. Jojo und Johannes waren auf die Korallen-Klippe im Osten der schmalen Insel geklettert, auf dem noch eine Sippe von Aita hauste, die man aus dem Dschungel von Kalibo vertrieben hatte. Es wurde viel Unverständliches palavert, aber durch die Fragen von Johannes, die Jojo mühselig hin und her übersetzte, schien sich wieder einmal die Fähigkeit des Deutschen durchzusetzen, Argwohn abzubauen. Die gut aussehenden, schwarzhäutigen Männer hatten sich dann sogar bereit erklärt, sie mit ihrem Katamaran am nächsten Tag um die Insel zu segeln.
  Johannes hatte nach der Frischwasser-Versorgung gefragt und staunte dann, als er auch erfuhr, dass keiner der Fische, die er verzehrt hatte, auf dem flachen Schelf zwischen den Inseln gefangen werden konnte. Es gab aus heimischer Produktion also nur das Fleisch von den Ziegen, den Schweinen,  sowie aus dem Meer Muscheln und Krabben; dazu die Kokosnüsse, Früchte und Gemüse von den wenigen fruchtbaren Flächen der Insel. Das reichte gerade mal für den Grundbedarf der etwa hundert Einheimischen. Alles andere für die Touristen kam von weit her aus Kalibo und von Plantagen im Südwesten von Panay. Das "echte" kleine Dorf im Zentrum der Insel Boracay lebte da bereits im Wesentlichen von touristischen Dienstleistungen und der Fertigung "einheimischer" Andenken.

  Die Inselumkreisung unter dem primitiven Dreieckssegel mit flexibler Rahstange war, als hätte Paul Gauguin eine seiner gemalten Szenen in die Wirklichkeit entlassen. Die beiden Söhne des Stammesältesten hingen faul aber dekorativ mit buntroten, selbst gewebten Tüchern um die Hüften auf den Auslegern. Der Häuptling selbst steuerte diese Mini-Arche rittlings im Lendenschurz vom Heck des Einbaum-Rumpfes und Jojo und Johannes waren gewissermaßen die badebehosten "Kielschweine". Das Segel war malvenfarben, der Einbaum durch Brandimprägnierung so schwarz wie die Aitas. Das alles schwamm auf türkisem Glas über weißem Sand. Die Mitte des Bildes wurde geteilt durch eine Kimmung bei der makellose Flächen Aquamarin auf Kobaltblau trafen.
  Es gäbe trotz der ökologischen und versorgungstechnischen Grenzen dieses Eilands genügend Touristiker, die skrupellos alle Hindernisse beseitigen würden, um diese Szenerie zahlungskräftigen Kunden zu erschließen, da war sich Johannes sofort sicher. Der Mann, der denen dabei helfen könnte, hatte seine autark versorgte, große steinerne Villa im Leeschatten des Dschungels an der Nordspitze. An seinem Landungssteg machte auch sein Wasserflugzeug fest, das immer öfter, nur mal so kurz über das Wochenende Staatsgäste einflog. Auch Jojo und Johannes hätten ursprünglich so anreisen sollen. Das Paradies war also schon verloren gewesen, bevor eine Deutsche Zeitschrift Johannes - eindeutig identifizierbar aber ohne seinen Namen ausdrücklich zu nennen – später als dessen Totengräber diffamieren sollte.

Mittwoch, 25. April 2018

Wenn der Mensch sich selbst abschafft

Die Hannover-Messe wirft in diesen Tagen Schatten auf unsere Zukunft. Denn beim Haupt-Thema, der unabhängig arbeitenden Roboter für die industrielle Fertigung und Logistik, kann ein Furchtsamer schon einmal ins Grübeln kommen:

Der eine Hersteller schwärmt von Abläufen, die automatisch und fehlerfrei die Mitwirkung von menschlichen Lageristen überflüssig mache. Ein anderer beruhigt, dass natürlich noch Mitarbeiter für deren Überwachung benötigt werden, aber die müssten dann eben qualifizierter sein als heute.
Ungelernte Handlanger werden in dieser Zukunft das Nachsehen haben.

Gleichzeitig erfahren wir, dass der französische Käufer von Opel, der bei der Übernahme einiges Versprochen hatte, nun das Werk in Eisenach schließen wolle, weil die Deutschen hinter den französischen Standards zurück hingen. Der als eisenhart geltende CEO der PSA macht das nicht ohne Hintergedanken und Blick in Richtung Bundeskanzlerin Angela Merkel, um von ihr eventuell Subventionen für eine Automatisierung und Beschleunigung zu bekommen.

Bei deren Rückgang über die Hannover-Messe fragte sie angesichts der Roboter-Demonstrationen jedesmal, wo denn die Rolle des arbeitenden Menschen in Zukunft sei. Die beschwichtigenden Antworten, waren merkwürdig vage.

Die Roboter und die Automation sind längst auf der Gegengerade, ehe die Gesellschaft überhaupt am Start ist. Schon unter den heutigen Bedingungen klafft ja die Schere zwischen arm und reich unüberbrückbar auseinander. Was wird, wenn die Handlanger noch weiter abgehängt werden?

Wenn der "Bodensatz" der Abgehängten zu brodeln beginnt, droht Gewalt, wie sie uns in diversen Filmen schon suggeriert wird: Ein Endkampf zwischen Robotern und wehrhaften Menschen?

Der Fortschritt ist nicht aufzuhalten. Wie beruhigend, dass Tischtennis-Star Dimitrij Ovcharov wenigstens noch in der Lage ist, einen gewaltig großen Roboter zu schlagen, der mit jedem Schlag dazu lernen kann, was er zum Sieg braucht. Das offenbart einen immerhin beruhigenden Aspekt:

Roboter sind nicht listig, sie denken Linear. Allein die Varianten in Ovcharovs Aufschlag mit nicht zu erkennendem Drall haben den Roboter überfordert. -Noch!

Montag, 23. April 2018

Räuchermännchen

Es gibt in unserem Bekannten-Kreis und unserer Familie kein Sucht-Problem - vom Rauchen einmal abgesehen. Dem sind zwar Schwäger vor der Zeit zum Opfer gefallen. Andere haben aber - wie meine Fürsorglichste - ein heftiges Signal in Form eines Infarktes gebraucht, um aufzuhören.

Selbst ich habe eine Weile geraucht, als ich in den Broterwerb eingestiegen war. Wenn als Autor der Abgabe-Termin immer näher rückte, gingen Nächte drauf, in denen der Aschenbecher voll und die Whisky-Flaschen leer waren. Das hatte jedoch nichts mit Schriftsteller-Romantik zu tun, sondern diente dazu, mich hoch zu puschen.  - Bis ein Auftrag herein kam, auf den ich mich körperlich vorbereiten musste: Ich sollte am ersten Ski-Marathon in Österreich teilnehmen und dachte, auf der Loipe vor der Haustür des Elternhauses würden ein paar Runden schon reichen.

Das Sterbens-Elend, das mich nach einigen hundert Metern an einem Heuschober ereilte, werde ich nie vergessen. Also hörte ich von einem Tag auf den anderen mit dem Rauchen auf. Mein erster Volkslauf war dennoch ein Fiasko. Die ehrliche Schilderung meines Scheiterns sorgte aber für weitere Aufträge dieser Art. Ich blieb allerdings langsam genug, um beim Engadin-Marathon und rund um den Holmenkollen, beim Birkebeiner und letztlich beim Suomi Hiitu prachtvolle Landschafts-Beschreibungen abzugeben...

Heute kann ich mir nicht mehr vorstellen, dass ich vor dem Büro - bevor viel später Jogging Mode wurde - jeden Morgen 12 Kilometer durch den Englischen Garten gelaufen bin. Ich war süchtig nach der berühmten "Einsamkeit des Langstrecken-Läufers", die Alan Sillitoe so trefflich beschrieben hat (immer noch zeitlose literarische Meisterschaft). Da jegliches Training aber - immer egal wie - bei mir  sofort für Muskel-Zuwachs sorgte, stieg ich alsbald aufs Rennrad, um meine Gelenke zu schonen. Das behielt ich bei, bis jenseits der 50 mein Herz-Rhytmus nicht wieder einsprang.
Alan Sillitoe, einst
ein "junger Wilder"
der englischen Literatur

Bei allem  Training aber habe ich eines gelernt: Dass ein, zwei Zigaretten mit Genuss geraucht, mich nicht rückfällig machen. Also gönne ich mir hin und wieder auch heute noch einen Glimmstengel.

Wieso das heute mein Thema ist? Uns gegenüber auf der anderen Straßenseite wohnt ein älterer Herr mit Glatze, der ganz offenbar der Nikotin-Sucht extrem verfallen ist. Er geht zwar zum Rauchen immer auf seine verglaste Loggia, aber das tut er in einer Stunde bis zu zwölfmal. Tür auf, Schiebe-Fenster zur Seite und dann geht es los. Anzünden, mal rechts, mal links und dann wird permanent an der Zigarette gezogen. Nach nicht einmal drei Minuten ist die Zigarette zu ende. Er geht dann für zwei bis drei Minuten wieder hinein, um dann draußen die nächste anzuzünden.

Allein beim Anblick bekomme ich schon Hustenanfälle...

Freitag, 20. April 2018

Frühlink

Bei den ersten warmen Strahlen ist das Einheits-Schwarz der Flaneure unten auf den Gehsteigen verschwunden. Von der Kreuzung aus blühen die Bäume in alle Richtungen. Ein schöner Anblick, den wir sehr genießen - wohl aber die Fußgänger nicht, denn beinahe alle schauen während des Gehens in ihre Smart-Phones, als gäbe es auf ihrem Handy einen Link mit einer aktuellen Frühlings-App.

Frühlingsgefühle zum Downloaden. Das wäre eine Geschäfts-Idee, denn es muss kein Prophet sein, der voraussagt, dass nach Sonnenschein auch wieder Regen fällt. Aber dann hat jeder mit dem Selfie bestimmt ein Foto von der Blühten-Pracht gemacht und sie unmittelbar per Link gepostet oder sie in der "Cloud" abgeladen.

Überhaupt hätte ich das Gefühl, dass man sich nur noch über die Chat-Apps austauscht, wären da nicht unsere Kinder, Unter der Woche posten sie ausschließlich per "telegram", aber bei Treffen sprudeln regelrechte Wort-Wasserfälle hervor, um das zu erzählen, was sie wegen der Kürze elektronischer Nachrichten nicht losgeworden sind.


Mittwoch, 18. April 2018

Ratgeberitis

Leben birgt ein latentes Krebs-Risiko. Kriege töten. Rauchen schadet der Gesundheit, was Bilder auf den Packungen ja mittlerweile drastisch dokumentieren.  Auf Kriegswaffen oder Waffen generell vermisst man allerdings solche Hinweise. Neuste Studien sagen sogar, dass der Genuss alkoholischer Getränke auf Dauer die Gehirn-Funktion beeinträchtigt. Bücher wie "Darm mit Charme" oder solche vom Mulitmeda-Star Dr. Eckart von Hirschhausen sagen erfolgreich, wo es lang geht. Und dann die ganzen Ernährungs-Bücher und Lebens-Ratgeber!

Bei den Todes-Anzeigen braucht bald keiner mehr anzutreten, der nicht mindesten in den 80er Lebensjahren den Löffel abgibt. Die Dicken leben länger, heißt es in jüngsten Studien, weil sie eher und häufiger zum Arzt müssen. die Dürren haben im gesundheitliche Ernstfall nicht genug zuzusetzen.

Eine extrem dicke Bekannte von mir hat sich - obwohl pumperlgesund - chirurgisch den Magen verkleinern lassen, ein paar Jahre später starb sie mit gerade mal 60.

Dass die Medizin heute viel kann, habe ich häufig am eigenen Leib erfahren. Ich habe mit jeweils angesagten Diäten dreimal in meinem Leben mein Körper-Gewicht erheblich reduziert und dennoch immer wieder mein altes Gewicht erreicht. Keiner warnt bei der Geburt vor dem charakterlichen Einfluss, der auch dafür sorgt, ob wir gut durchs Leben kommen. Bei der Schulärztlichen Untersuchung war ich in der Volksschule so dürr, dass sie mich nach Sankt Peter-Ording ins Heim schicken wollten... Ein Baby-Aufkleber mit der Warnung "Hier wird ein übergewichtiger Vielfrass draus" hätte vermutlich auch nicht geholfen, obwohl ich schon bei der Geburt nach der Währungsreform 11,5 Pfund gewogen habe,

Ich erlaube mir, zu behaupten, dass alle Tipps zur Fitness, für ein gesundes Leben und für den Umgang miteinander für die Katz sind. Viele starben bei Nine-Eleven, weil sie vor der Arbeit noch in die Fitness-Studios der Towers gegangen sind. Andere haben einfach Pech, weil sie einen Moment nicht aufgepasst haben. Ich weigere mich, dies aber nun alles dem Schicksal, Kismet oder Karma nach Gottes, Buddhas oder Allahs Willen zuzuschreiben. Der Zufall und das Pech sind nahe Verwandte.

Und noch etwas: Der eine nimmt deinen Rat an, den anderen machst du mit ihm eher zum Feind. Guter Rat ist teuer, heißt es sprichwörtlich. Zu spät könnte er das Leben kosten.

Mein Rat: Staubt die  jeweiligen Ratgeber im Schrank gelegentlich ab, löscht die Lesezeichen zu den einschlägigen Apps und setzt euch mit weniger Wichtignehmen und einer Flasche Wein ins Grüne.
Und wenn ihr gläubig seid, so lasst den Herrgott einen guten Mann sein.

Montag, 16. April 2018

Scharia statt Schah

Stellen wir uns doch kurz einmal vor, am Ende des Dreißigjährigen Krieges hätten die Katholiken gewonnen, die Säkularisierung wäre Stecken geblieben und die Inquisition wäre Rechtsmaßstab geblieben:

Dann wäre es in Europa ähnlich wie im heutigen Iran. Der alles beherrschende Glaube führt die Intoleranz auf ihrem Banner, Agnostiker müssten genau so kuschen wie Andersdenkende und die Unterdrückung der Frau wäre unverrückbar voran geschritten.

Die Ayatollahs waren angetreten, um das monokratische System des Schahs abzuschaffen. Das wurde bejubelt, aber nicht von den so genannten "Jubelpersern", die in Berlin 1967/68 allesamt als Geheim-Agenten (SAVAK) des Schahs enttarnt wurden.
Die in der 68er-Bewegung so forsch in ganz Europa auftretenden  Anti-Schah-Demonstranten, trübten aber in der Folge das Wasser, in dem der Ayatollah  Khomeini seine Netze aus dem Exil in Paris aufspannte und am Grund Unzufriedene abfischte.
1970 verabschiedete er das Pamphlet "Der Islamische Staat", gewissermaßen die Road-Map für den internationalen Djihad. Neun Jahre später war er selbst durch die blutige "Iranische Revolution" als ihr Oberster Führer an der absoluten Macht. Seine schiitischen "Gesinnungs-Genossen" richteten über Jahre ein Blutbad unter Landsleuten an, in dem Denunziation, rechtliche Willkür, Enteignungen und  öffentliche Massen-Hinrichtungen an der Tagesordnung waren. Im Krieg gegen den Irak schreckte er noch nicht einmal davor zurück, Kinder mit dem Segen Allahs in Minen-Felder zu schicken...

Gut. dass die Machtübernahme seinerzeit schon in einer weltweiten Medien-Landschaft vonstatten ging. So kann auf Worte des oder der Vorsitzenden des sogenannten Rates der Revolutions-Wächter und ihre Urteile einmal (?) zurück gegriffen werden.

So lässt sich beim aktuellen Konflikt in Syrien unterm Strich feststellen, dass die Schreckens-Herrschaft der Ayatollahs nicht nur nicht zu ende ist, sondern nach mehr Einfluss im Nahen Osten giert.

Bald vierzig Jahre nach dem Sturz des Schahs steht fest, dass die Gottes-Männer dessen Regime um Tausende von Toten und die absolute Einschränkung von Menschen-Rechten übertroffen haben.


So lange es religiöse Fanatiker mit Opferbereitschaft gibt, wird das den Frieden auf Erden nicht weiter
bringen...

Freitag, 13. April 2018

Zur Vogel-Hochzeit sind alle da

Wenn der gesamte Kosmos spinnt, muss man sich eben auf den Micro-Kosmos vor der Haustür beschränken. Nicht, dass es da nicht auch zu Gezänk und Raufereien käme, aber dabei schweben allenfalls ein paar Federn zu Boden. Es sei denn es handelt sich um Elstern und Raben, denn die bringen laut dem Kinderlied ja keine Gaben.

Die Nächte waren noch bitterkalt, da waren sie schon alle da, und ohne Rücksicht auf die Zeitumstellung fingen sie noch im Halbdunkel an zu tirilieren, zu schnattern und zu pfeifen. Im Glashaus ist das das untrügliche Zeichen, dass es nun um Brautschau und Häusle(Nestele)-Bauen geht. Ein wenig ist daran die fürsorglichste aller Ehefrauen in Tateinheit mit unserem Hausmeister Schuld. Sie haben den zum Glashaus gehörenden Garten zu einem grünen Wohnzimmer gemacht, und da das Vogelhäuschen im Winter immer prall gefüllt war, haben wir sie, während der Brautschau in den Ohren.

Neulich las ich im Wissens-Teil der Süddeutschen, dass der Gesang der Stadt-Vögel immer lauter werde, weil sie ja den Straßenlärm übertönen müssten. Dass der ausgerechnet an einer der verkehrsreichsten Kreuzungen im Viertel besonders laut ist, verdanken wir dem Umstand, dass auf unserer gegenüber liegenden Seite auch Gärten sind, und unsere Straße mit einer langen Ampelphase bedacht wurde. So sieht der Beobachter mitunter die emsigen Eichhörnchen zwischen den Autos die Straße wechseln, um in den frischen Nestern nach Eiern zu suchen, obwohl Ostern ja längst vorbei ist...

Nach der Hochzeit muss
für die Folgen
gesorgt werden - grad wie im
richtigen Leben...
Von den Meisen, die andernorts vom Schwund bedroht sind, habe ich allein vier Sorten in unserem Garten unterscheiden können. Die Amsel, die im ursprünglichen Lied-Text mit der Drossel eine Art-Verwandte heiratet, übertönt aber mit ihrer Hochzeits-Ladung alle anderen, was ein wenig angeberisch anmutet. Gerade jetzt sitzt eine auf der Dachrinne über mir. Leider habe ich keinen Phonmesser, um ihre Lautstärke für eine Anzeige wegen Ruhestörung zu messen...

Mittwoch, 11. April 2018

SicherheitsUNrat

Wieso will Deutschland eigentlich unbedingt einen festen Sitz im UN-Sicherheitsrat? Seit ich politisch denken kann, ist dieser Kreis eigentlich zu nichts nutze. Mitunter teilt er Rügen aus, aber meist mahnt er nur, während die Großmächte in geplanten Resolutionen je nach Richtung ihre Veto-Rechte ausüben, versinkt die Welt in Schutt und Asche,  sterben Hunderttausende.

Mit Trump und Putin hat sich diese dramatische Machtlosigkeit noch verstärkt und in dem Vakuum der Hilflosigkeit toben sich die Türken, die Iraner, die Muslime in Myanmar und die ferngesteuerten Ukrainer in einem Blutrausch ohne gleichen aus. Die ganze Welt ist so nah am Dritten Weltkrieg wie in den Tagen der Cuba-Krise.

Das Kapitel VII der Un-Charta ist eine Papiertiger, weil es illusorisch ist, dass selbst nach der "Auflösung" des Ostblocks die Interessen der Einflussnahme unverrückt sind. Da nur ein Veto genügt, um eine Resolution abzuschmettern, ist das  Wirken des UN-Sicherheitsrates eine Farce, die der Welt vorgaukeln soll, dass sich die Mächtigen tatsächlich um sie sorgen...

Montag, 9. April 2018

Gesichtserkennung

Heute war ich im Kreisverwaltungsreferat - wie alles schön geschmeidig auf KVR abgekürzt - weil mein alter Personal-Ausweis ausläuft und nicht mehr den Anforderungen des Cyber-Zeitalters entspricht. Meine Frau hatte da vor ein paar Jahren noch Glück. Sie bekam gleich das Scheck-Karten-Format ohne die Erschwernisse durch allerlei elektronische Zusätze, die dafür sorgen, dass ein neuer Ausweis vier bis fünf Wochen Herstellung bis zur Unknackbarkeit braucht. Leser, die "händeringend" auf Burgbriefe warten. müssen sich daher bis Mitte Mai gedulden.

Was mich am meisten überraschte, war, wie wenig bei der Prozedur noch auf die Qualität des Passfotos geachtet wird. Hauptsache, die biometrischen Daten entsprechen dem Gescanten. Dafür muss die Unterschrift so aussehen, dass der Name  lesbar wird. Dreimal auf einem Tablet und zweimal auf Papier versuchte ich den Namenszug, den ich wegen seiner Länge seit der Jugend stark vereinfacht hatte, lesbar hinzubekommen. Freiwillig gab ich gleich die Abdrücke meiner Zeigefinger ab, damit sich eine mögliche Personen-Überprüfung nicht zu lange hinzieht.

Es ist durchaus denkbar, dass ich derart frühzeitig gealtert bin, aber die neuen Online-Funktionen des Persos geben mir ein Gefühl, dass ich bisher nicht hatte; ich bin abgehängt, weil das Prozedere derart kompliziert ist, dass ich Schweißausbrüche habe.

Irgendwie werde ich den Verdacht nicht los, dass unser Gemeinwesen aus dem Bedürfnis, sich gegen Terror und Cyber-Kriminalität besser zu schützen, die Bürger einer kollektiven Prosopagnosie aussetzen.
Prosopagnosie ist die derzeit noch seltene Störung, bei der Menschen Gesichter anderer Menschen nicht mehr zwecks Wiedererkennung im Gehirn abspeichern können. Ein prominentes Beispiel hierfür wäre Brad Pitt, den manche deshalb für arrogant halten.

Wenn das Gesicht zwecks Ausdruck individuellen Charakters nicht mehr gelesen wird, haben nur die Kultur-Kreise etwas davon, die traditionell den Gesichtsverlust fürchten.

In unseren Breiten wird es allerdings auch immer etwas schwerer, das Signalement eindeutig zuzuordnen. Schuld daran ist der von der Mode diktierte Einheitslook. Neulich war ich auf einer Feier mit großem Abstand der Älteste. Bei den Leuten zwischen 25 und 40 hatte ich echte Probleme, die auszumachen, die ich schon gegrüßt hatte.
 Die Männer mit Undercut, Brille und anliegenden Anzügen im Chino-Schnitt; Typ smarter Business-Mann. Die Mädels mit Highheels, schlanken Taillen und nur an der Haar-Farbe oder bei extremen Frisuren zu unterscheiden. Pumped up kicks?

Freitag, 6. April 2018

Wie Polen und Ungarn polarisieren

Es ist immer leicht vom Volkswillen zu sprechen, wenn dessen Möglichkeiten zur Meinungs-Änderung  schleichend eingeschränkt werden. Ob von rechts oder links, es ist ein Missbrauch von Mehrheiten, die einst mit demokratischen Regeln errungen wurden.

Dieser Tage las ich gleich mehrere Leserbriefe des Inhaltes, dass wer die Regeln der EU missbrauche, keine Mittel mehr von ihr bekommen solle. Und,  wenn sie dann trotzdem so weitermachten, mit dem sofortigen Ausschluss zu rechnen hätten

Vielleicht ist es gut, dass Staaten nicht derart aus dem Bauch reagieren können wie Wutbürger, aber nur mit Maßnahmen zu drohen, ist auch nicht der richtige Weg.

Deutschland allein täte sich dabei ohnehin schwer, denn es lastet ja in punkto historischer Schuld auf den Beziehungen zu Polen und Ungarn eine schwere nationale Bürde.
1989 fallen Ungarns Grenzzäune und reißen
den Eisernen Vorhang auf

Das schnelle Wachstum der Gemeinschaft um jeden Preis durch zu ziehen, erweist sich jetzt als die größte Schwäche der EU. "Drum  prüfe, wer sich ewig bindet, der Wahn ist kurz, die Reu ist lang" , dichtete Friedrich Schiller. "Ob sich das Herz zum Herzen findet", scheitert in Europa eindeutig am wieder aufkeimenden Nationalismus. Selbst die kühnsten Theoretiker konnten wohl kaum damit rechnen, dass Polen nach seinen ganzen Teilungen und dem Abschütteln des kommunistischen Sozialismus wieder in alte Fahrwasser zurück driftet.
Auch Ungarn, das ja das Niederschlagen seines Aufstandes 1956 durch die Russen erlebt und die Wiedervereinigung Deutschlands durch das Öffnen seiner Grenzen entscheidend  voran gebracht hat, muss ja jetzt wieder eine Beschneidung demokratischer Rechte und eine propagandistisch aufgeheizte Sehnsucht nach den starken Russen verkraften.

Zur Unzeit für die EU, die ja erst einmal den Brexit verdauen muss, kommt es also an ihren östlichen Rändern zu möglichen Zerreiß-Proben. Die EU ist darauf satzungsmäßig genauso wenig vorbereitet wie auf den Separatismus.

Die EU-Rettungsaktion wäre: Aufnahme-Stop, Konsolidierung im Kern und kompromissloses Einfordern von Vereinbarungen.


Mittwoch, 4. April 2018

Ohne Markle

Raymond Burr war
Perry Mason
Das schönste am amerikanischen Selbstbewusstsein ist der Glaube, vom besten Rechtssystem der Welt beschützt zu werden. Nachdem es Jahrzehnte lang heroische Anwalts- oder Justiz-Serien (Kreuzverhör Euer Ehren, Perry Mason) gab, sind in den letzten Jahren solche Nestbeschmutzer-Serien wie "Good Wife" und "Suits" sehr erfolgreich. Da wird von den Rechtspflegern gelogen und betrogen was die Gesetze und Präzedenz-Fälle hergeben. Die Trickserei dient in erster Linie dem Einfahren unbegreiflich hoher Honorare oder dem unaufhaltsamen Aufstieg in der Administration.
An der Tagesordnung sind schmutzige Deals nicht etwa zugunsten der Gesellschaft, sondern zum Teil auch um Rache-Pläne umzusetzen oder feindliche Übernahmen von großen Anwalts-Firmen einzuleiten.

Gestern habe ich mir den Schluss der sechsten Staffel von Suits angesehen,  aber mit ganz anderen Augen als bisher, weil eine der Hauptdarstellerinnen die Aufmerksamkeit durch einen privaten Schritt größter Wichtigkeit auf sich gelenkt hat:

Meghan Markle wird im Mai in einer Riesen-Zeremonie Prinz Harry heiraten. Klar, dass sie da schon letzten Herbst aus der Serie Suits ausgestiegen ist, die für ihren internationalen Durchbruch gesorgt hat. Tatsächlich spielt sie darin ein Lämmchen in einem Rudel reißender Rechtsverdreher. Man muss sie in dieser Rolle einfach gerne haben. Was im übrigen auch ihr Schwieger-Opa in spe, Prinz Phillip, tut, der ein erklärter Fan der Serie ist.
Vom Rand in den Mittelpunkt:
Meghan Markle (2. von rechts

Die Markle-lose Zeit wird der Binge-Watcher dadurch kompensieren, dass über Markle eine ähnliche Hype hereinbrechen wird wie seinerzeit bei Princess Di. Unproblematisch sind solche Mesalliancen ja nicht - wie die Geschichte uns lehrt. Wenn Meghan in etwa die charakterlichen Eigenschaften ihrer Rolle als Anwaltsgehilfin und Jura-Studentin Rachel Zane hat, wird sie das Königshaus ganz schön rocken.
Selbst wenn ihr manches vermutlich gegen den Strich gehen wird.

Montag, 2. April 2018

Tatoos

In der Kindheit machten wir einen großen Bogen um Kerle, die ihre Tattoos zur Schau trugen. In der Hafenstadt Hamburg waren die aber schon alltäglich: Zimmerleute, Seemänner aber auch Knastis.

Egal, wie lang sie regiert,
dieser Mann hat sie ewig...
Dann in München waren solche "Hautverschönerungen" nicht mehr zu sehen. Heute kannst du sommers in kein Verkehrsmittel steigen, ohne Männer und Frauen zu sehen, die stolz ihre Tattoos präsentieren. Von Teens bis zum "Mittelalter" reicht offenbar die Klientel der Bild-Stecher. Tatsächlich gewöhnt sich der Zuschauer auch in Filmen und im Fernehen daran, dass Protagonisten immer häufiger tätowiert sind (es gibt natürlich auch aufklebbare Tattoos, die nach dem Dreh wieder entfernt werden). Die weiblichen Stars mit Haut-Deko haben sich in den letzten Jahren derart vervielfacht, dass dabei durchaus von einer Influencer-Hype ausgegangen werden kann - ähnlich wie beim Tragen von Kapuzen-Pullis.

Neu ist das alles nicht. Der Gletscher-Ötzi war übersät mit Tattoos. 61.  an der Zahl.
Die Schamanen vergangener Epochen sahen in den Symbolen auf der Haut Schutz vor bösen Mächten und Krankheiten. Die Wikinger benutzten Tattoos im Gesicht, um ihre zahlenmäßig meist überlegenen Gegner bei ihren Eroberungs-Zügen abzuschrecken, Bei den Maoris auf der damals noch nicht entdeckten Seite des Globus, hatten die Gesichts-Tätowierungen schon viel früher ähnliche Bedeutung.

Seit der Liberalisierung der Sexualität scheint ein Tatoo auf bestimmten Körperflächen als Antörnung zu dienen. Unvergessen wie Sandra Bullock bei der Oscar-Verleihung für die Rolle in "Blind Side" ihren Ehemann anschmachtete, der da schon längst dem Ganzkörper-Tatoo einer Porno-Darstellerin verfallen war.
Die Tattoos halten
länger als
"Brangelina"
Als Statement für eine immerwährende Liebe taugen Tattoos mit dem Namen des Partners nicht wirklich. Zwar können die Bilder von der Haut entfernt werden, aber das ist schmerzhafter als das mögliche Ende einer Beziehung.

Der größte Feind des Tattoos ist jedoch das Altern. Die Bilder verblassen ja nicht - sie schrumpeln...