Sonntag, 31. März 2024

Senioren-Teller-Séance

Wenn der Appetit und in der Erinnerung  auch die Augen
noch größer sind als der tatsächliche Hunger
kommt die Zeit für die erste Senioren-Teller-Séance

Foto: aponet.de

Weil Kinder und Kindeskind zu diesem frühen Termin der Osterferien unser Haus in Italien mal für sich haben wollten, und wir Ostern daher solo zu begehen hatten, kamen meine fürsorgliche Frau und ich auf eine absurde Idee:
"Weißt du, was wir Ostersonntag machen?
"Nö!"
"Wir feiern auf dem Pfad der Nostalgie, und machen das zu Ostern, was wir gemacht haben, als die Kids noch ganz klein waren. Wir zwei gehen Pizza essen!"

Nostalgie kann zu einer schweren Last werden, wenn einer so ein gutes Gedächtnis hat wie ich. Bevor ich die "Italienischen Momente" aus den 80er Jahren in meiner Erinnerung aufrufen konnte, schob sich ein Film davor, den ich schon längst gelöscht hatte: Die legendäre, in der Kindheit meiner Sprösslinge nahezu allgegenwärtige, Tante B. hatte weiland zu Ostern keine bessere Idee als den Kindern aufziehbare Hühnchen mit ins Restaurant zu bringen. Da unsere Brut aber im Grundsatz "Trying over Studying" groß wurde, ließen die Zwei ihre Pizza Pizza sein und setzten unisono gleich die stramm aufgezogenen Hühner auf dem Boden der Pizzeria in gang.

Mischten hüpfend die Pizzeria auf.
Allerdings gab's da amazon noch nicht
Natürlich jagten die Hoffnungsträger meiner Alten Tage, den Viechern sofort hinterher. Unter Tischen und Stühlen hindurch und zankend, welches Huhn, nun den Schnabel vorne habe. Es regte sich übrigend nur einer darüber auf: der gramgebeugte Erzeuger! Alle anderen amüsierten sich köstlich und feuerten die Kids noch an, denn wir waren ja in Münchens Ur-Italiener, und da galt "lasciate fare!".

Wollte ich solcher Erinnerungen? Ja, und die voller inbrünstiger Nostalgie. Und das Wetter spielte sogar trotz Sahara-Staubs mit. Wir saßen im sonnigen Innenhof und bestellten strikt nach Drehbuch  - und auch hungrig wie - damals - die immer noch auf der Karte befindlichen Klassiker...
Etwas irritiert war ich aber schon, weil der ansonsten servile Cameriere so gar nicht wie einst auf meine italienischen Speisekarten-Spaßettl eingehen wollte. Als er unsere Getränke brachte, gestand er, dass er Grieche sei, aber alles verstanden habe.

Quelle: Ofenbau Busam
Ur-Pizzabecker geben nicht den Löffel ab,
sondern ihre Schieber
Unser Ur-Pizzabäcker hatte demnach schon vor neun Jahren "den Schieber für den Holzofen abgegeben". Doch der Speisekarte und der gleichbleibend guten Qualität hat  seinem Vermächtnis keinen Abbruch getan. Dennoch schafften wir - nachdem wir uns vorweg eine Portion Calamaretti fritti und eine "Insalata mista" geteilt hatten nicht unsere Lieblings-Pizze. Bei mir blieb eine Viertel des Teigfladens und bei meiner Frau gar die Hälfte übrig. Dabei hatten wir doch noch vorgehabt, mindestens noch einen Berg Tiramisu zum Nachtisch zu vertilgen...

Foto Claus Deutelmoer

Während ich dem Ober nach einer gewissen Senioren-Teller Séance erklären wollte, weshalb er doch die noch vollmahlzeitigen Reste einpacken möge, rang ich nach dem richtigen Begriff und fragte:
"Was heißt denn Nostalgia auf Griechisch?
"Ja, Nostalgia natürlich! Wie alles auf der Welt doch Griechischen Ursprungs ist!"

Das erinnerte mich doch sehr stark an den immer noch lustigen Film "My Big Fat Greek Wedding"..



Freitag, 29. März 2024

Urbi@Orbi-24.de

"Eli, Eli lema sabachtani!" Aus der altertümlichen "Weltsprache" Aramäisch übersetzt, lautet dieser Ruf der Verzweiflung: "Mein Gott, mein Gott - warum hast du mich verlassen." Es waren - so will es die Legende - die letzten Worte von Jesus Christus, der bis heute als zur Erlösung der Menschheit gesandte Sohn Gottes im Christentum verehrt wird. Bibelforscher und Religionswissenschaftler beißen sich seit jenem Freitag des Jahres 30 unserer Zeitrechnung an diesem Satz mehrdeutig die Zähne aus. Vermutlich auch, weil mittelalterliche Bibel-Abschriften, um die Widersprüchlichkeit lateinisch auszumerzen, ihn mit: "Vater, mein Vater warum hast du mich verlassen", transkribiert haben. Wieso hätte denn ein Sohn seinen Vater mit "Gott" anrufen sollen? Vor allem, wenn er doch Teil der Dreifaltigkeit ist!

Foto: Claus Deutelmoser
Barg die älteste Handschrift der Bibel:
Das Katharinen-Kloster am Sinai

Immer wieder frage ich mich verwundert, wieso ich mich als erklärter Agnostiker alle Jahre wieder derart mit den Tagen rund um Golgatha - also Ostern - beschäftige. Ich bin die Via Dolorosa in Jerusalem hinauf, und in vorweihnachtlichen Morgenstunden vom Gipfel des Moses-Berges auf der Sinai-Halbinsel zum Katharinen-Kloster hinab gestiegen. Ich durfte dort sogar die kostbare Nachschrift des "Codex Sinaiticus bestaunen"; jener ältesten Bibelabschrift, deren einzelne Original-Blätter ja heute auf der ganzen Welt verstreut in Museums-Archiven gelagert werden. Ich gestehe, immer hat mich bei solchen Anlässen ein heiliger Schauer erfasst. Aber als Reporter und Texter war mir auch klar, dass die "Heilige Schrift" wie beispielsweise auch  Homers "Ilias" eine wahnsinnig gut aus Einzelgeschichten zusammen getragene Anthologie vieler Ursprünge ist.

Foto: Claus Deutelmoser
Dem Himmel so nah - auf dem Moses-Berg nahmen
die Menschen ihre Zehn Gebote in Empfang

Hätte ich solche Gedanken vor vier Jahrhunderten zu Papier gebracht, wäre ich vermutlich der Inquisition zum Opfer gefallen oder wäre zum Abschwören vorgeladen worden wie Martin Luther auf dem Reichstag in Worms 1521:

"wenn ich nicht durch Zeugnisse der Schrift und klare Vernunftgründe überzeugt werde; denn weder dem Papst noch den Konzilien allein glaube ich, da es feststeht, dass sie öfter geirrt und sich selbst widersprochen haben, so bin ich durch die Stellen der heiligen Schrift, die ich angeführt habe, überwunden in meinem Gewissen und gefangen in dem Worte Gottes. Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen!" 

Quelle: www.spiegel.de

Also bin ich doch zumindest froh, dass ich in einer Zeit lebe, in der das monotheistische Christentum zu seiner Durchsetzung keine Kreuzzüge mehr veranstaltet, keine Scheiterhaufen mehr entfacht oder den Teufel durch Folter austreibt. Leider kann man das vom Islam so nicht behaupten, obwohl ich mir doch sicher bin, dass der überwältigende Teil seiner Gläubigen Allah in friedlicher Absicht anbetet und Terror wie jüngst im Moskauer Crocus auch ablehnt.

Jedoch, was hat es mit dem Glauben überhaupt auf sich, wenn sich die Welt gerade im Zustand einer gewissen "Abwesenheit Gottes" darstellt? Wenn Gläubige des Westens ihren angestammten Religionszugehörigkeiten den Rücken zukehren,  und wenn sich der als Reformer angetretene Franziskus im Netzwerk seiner ewig gestrigen Glaubensbrüder verheddert. Der zeitgemäße Gedanke des Synodalen Weges - den dieser Papst ablehnt - fährt sich ja genauso fest wie die umfassende Aufklärung vom globalem Missbrauch durch das Kirchenpersonal, dem er vorsteht. Unter meinen Lehrern und intellektuellen Wegbereitern gab es Jesuiten, die nicht müde wurden, wieder eine Brücke zwischen mir - dem evangelisch Getauften - und der Gläubigkeit zu errichten, aber je ausgeklügelter ihre Argumente desto mehr wuchs die Distanz zwischen ihnen als "Soldaten Gottes" und mir als Rebellen der Realität. In meiner italienischen Zweitheimat werde ich von meinen meist gläubigen Nachbarn immer wieder nach meinem Glauben gefragt. Dann stellt sich auch die Frage: Gibt es einen Gott? Dann antworte ich als Agnostiker: Ich weiß es nicht, aber ich bin voller Respekt für alle, die in diesen Zeiten ihren Glauben bewahren. Um ganz offen zu sein, beneide ich sie dann, um etwas, was ich leider nicht habe: Die edle Einfalt des gläubigen Vertrauens.

Der zynische Missbrauch dieser Einfalt jedoch wird in Momenten offenbar, da ein US-Präsidentschaftskandidat Bibeln verkauft, um Strafen begleichen zu können, oder ein Neo-Zar Kerzen  anzündet und mit seinem Beichtvater kuschelt, während er und seine Soldaten tagtäglich ungeheuerliche Kriegsverbrechen begehen...

Quelle: Vatikan

Ich werde mir dennoch wie jedes Jahr "Urbi et Orbi" mit einer Faszination im Fernsehen geben, die ich auch empfinde, wenn riesige Menschenmassen um die Kaaba kreisen. Einfach weil ich immer noch glauben möchte, dass dort, wo soviel mit Inbrunst zelebriert wird, auch noch die Chance auf eine zu heilende Welt besteht.

Quelle: 123RF

Dienstag, 26. März 2024

Farb-Legenden

 Am 20. September 1604 konnte die aufmüpfige Prinzessin Isabella von Kastilien ihr schmuddeliges Hemd endlich ausziehen. Das hatte sie ihrem Schwur gemäß so lange getragen und angeblich nicht gewechselt, bis ihr Cousin und Ehemann Albrecht VII nach mehr als drei Jahren Belagerung die Stadt Ostende erobert hatte. Man hätte das derart strapazierte Leibhemd als Symbol für heroische Unterstützung und treue Liebe betrachten können, wenn sich Isabella im Laufe der Geschichte nicht als mindestens ebenso herrschsüchtig wie Katharina die Große erwiesen hätte. Tatsächlich ging es fernab Kastiliens darum, dass Albrecht die südlichen Niederlande, die Isabella als Hochzeitsgeschenk von ihrem Vater geschenkt bekommen hatte, für seine Gattin als wirtschaftlichen Grundstock für ihre zielgerichtete spätere Herrschaft sichern musste. Isabella war nicht nur die "Königin der Inquisition", die ganz Spanien unter ihre Herrschaft brachte, sie war auch die, die Christoph Kolumbus mit den nötigen Mitteln für seine Eroberungsfahrten in die "Neue Welt" ausstattete.

Quelle: Bayern2

Von der sich hartnäckig haltenden Hemd-Legende blieb für die nicht so Geschichtsaffinen lediglich der modische Begriff "Isabellfarben", der den Farbton des zunächst blütenweiß mit Lilien bestickten Hemdes nach dem Dauergebrauch beschönigen sollte... Jedoch, Geschichte wiederholt sich:
Wenn die Welt noch halbwegs in Ordnung kommen soll, muss sich bald entscheiden, ob es im Zusammenhang mit Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj in späteren Geschichtsbüchern auch zu so einer Farb-Legende kommen wird. Seit die Russen die Ukraine, deren Präsident er seit 2019 ist, im Winter 2022 überfallen haben, tritt er den mächtigen Anzug- und Krawatten-Trägern der freien Welt in T-Shirts, Pullundern und winterfesten Kampfjacken derart nachdrücklich gegenüber auf, dass sein Habitus bereits als Selenskyj-Grün bezeichnet wird. Ob das als populäres Signal des "primus inter pares" zu verstehen ist oder als Solidarität mit den kämpfenden Truppen, bleibt Spekulation. Fest steht, dass der studierte Jurist und zuvor auch vor allem in Russland erfolgreiche Fernsehmann und Schauspieler sofort seine ukrainische Herkunft in die politische Waagschale geworfen hat, als Putin  2014 die Krim widerrechtlich annektiert hat.


Quelle: Ukrainische Regierung
Nun geht dieser obskure, die Welt in ihren moralischen Grundwerten wieder einmal erschütternde Krieg - quasi als gedankliche Parallele zu Isabellas Hemden-Schwur - ins dritte Jahr. Ein Ende ist  wohl zunächst einmal nicht abzusehen. Mal sehen, ob für den Westen Grün die Farbe der Hoffnung bleibt oder Selenskyi nicht wie einst Fidel Castro lebenslang an seine jetzige Kleiderordnung gebunden ist. 

Schon heute ein
Mode machendes
Accessoir:
Original Selenskyj bei amazon


Sonntag, 24. März 2024

Gut "geblurrt" ist nur halb gewonnen

Quelle: chiemgau 24.de
Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht...
Die russischen Staatsmedien verbreiten schnell Berichte über Fahndungserfolge
mit gefälschten Videos und richten manipulierte Hinweise auf ihr Ukraine-Narrativ.
Das erinnert an die gute alte Maskirovka des KGB

So wie bislang von Spezialisten untersuchte "Täter-Videos" zum Terror-Anschlag auf das Crocus-Kultur-Center bei  Moskau ergaben, zeigte wohl keines der verbreiteten ein wahres Bild von den Fahndungsergebnissen der russischen Dienste. Dass "News-Faker" bei jeder Gelegenheit ihr Unwesen treiben, ist hinlänglich bekannt, aber wie leicht es ist, einen glaubhaften Anschein zu vermitteln, macht eigentlich klar, dass wir nahezu allem in Zukunft misstrauen müssen. Vor allem, wenn KI-Tools für den Hausgebrauch noch dazu kommen. In einer pluralistischen Nachrichten-Landschaft hat man zumindest noch die Möglichkeit durch vielfältiges Aufrufen von Quellen ein Körnchen Wahrheit für sich ganz persönlich heraus zu filtern. Aber wer macht sich schon die Mühe, die Saatkörner noch heraus zu picken mit denen unsere Meinung manipuliert wird?

Quelle: Wondershare Filmora

Putins Erfolg beruht - hinlänglich bekannt und auch teilweise entlarvt - auf der Arbeit seiner "Armee von Trollen". Wie sehr die im eigenen Land positive Wirkung erzielt, sah die Welt bei den Berichten über seine erneute Wahl zum Präsidenten. Aber dass andere Fakten in seinem Volk  auch ohne Pressefreiheit und Propaganda dennoch durchsickern und zu oppositionellen Auftritten führen, zeigte nicht nur der Fall Nawalny, sondern vor allem die Absprache seiner Anhänger, landesweit ihre Stimmen um punkt 12 abzugeben.

Die schnellen. angeblichen Fahndungserfolge und Schuldzuweisungen in Richtung Ukraine, die überwiegend mit Handy-Bildern und scheinbar spontanen Videos belegt wurden, kann Putin zwar für sein Narrativ bei den eigenen Fans nutzen, aber er kann die Rückverfolgbarkeit seiner Fakes nicht unterbinden:
 https://www.tagesschau.de/faktenfinder/moskau-anschlag-fakes-100.html.

In dem Maße, in dem selbst Grundschüler mit den Anleitungen aus dem Netz, Filme fälschen und Gesichter aus geklauten Schnipseln bearbeiten können, werden auch falsch gelegte Spuren generell wieder bis zu ihrem Ursprung sichtbar. Darin liegt die große Chance, dass die "Sozialen Medien" auch im Umkehrschwung für die Schwächung und Entlarvung der Manipulatoren genutzt werden kann.

Seitlich begrenzte, querformatige Videos und in ihnen geblurrte Personen sollten also fürderhin nicht mit investigativen Inhalten gleich gesetzt werden. Und die "Faker" sollten nicht glauben, dass gut geblurrt*, schon halb gewonnen sei: https://www.youtube.com/watch?v=4-8xcoBpG6A

* to blurr = unscharf machen

Freitag, 22. März 2024

Sind wir noch zu retten - und wenn ja, durch wen?

Und wieder einmal ein böser Zustand, der unbedingt benannt werden muss, damit wir uns vor noch mehr fürchten müssen:

Ich wusste es nicht, aber für jemand, der unmittelbar alle möglichen Symptome an sich erkennt, sobald er sie beschrieben bekommt oder von ihnen hört, war dies eine logische Diagnose. Das hat mir zu allen Anamnesen der letzten Zeit gerade noch gefehlt, aber ich muss diese unverrückbare Tatsache wohl akzeptieren:
Liebe Leserinnen und Leser! Ihr Blogger ist ein Doomscroller.

Immerhin, das passende T-Shirt hat amazon  auf Lager


Ein What??? Doomscroller sind Leute, die derart süchtig nach dem Konsum schlechtester Nachrichten sind, dass sie davon krank werden. "Doom" - das angelsächsische Wort doom steht für Untergang, und mit "Scrollen" - den Bildschirm rauf und runter  - versorgt sich der Betroffene via Computermaus mit dem dauerhaften  süchtig machenden Kitzel durch immer bedrohlichere Nachrichten.

Für mich kam diese Diagnose  zum Thema leider zu spät. Sonst hätte ich vielleicht seit Beginn des Jahres weniger pessimistische Posts verfasst und nach den Rekord-Zugriffen im Januar nicht diesen erschreckenden Leserschwund zu verkraften. Meine Ehefrau, die Fürsorglichste von allen, schüttelt nur mitleidig den Kopf: "Ich hab's dir ja gleich gesagt, dass du den Lesern, die ohnehin schon den ganzen Tag den Zustand der Welt beklagen müssen, nicht auch noch dein Kassandra-Geschrei zumuten kannst."

Nun, ich weiß ja nicht ob sie, die bei jedem neune Buch zuerst am Ende nachliest, ob es auch gut ausgeht, der rechte Maßstab für mich als "Bedenkenträger" ist. Sie guckt sich ja auch kaum noch einen Krimi im Fernsehen fertig an. Angeblich hätte sie beobachtet, dass sich seit dem Ukraine-Krieg auch die fiktiven Leichen im TV hemmungslos häufen. 

Es gibt deshalb nur noch ganz wenige Sendungen, die wir gemeinsam schauen. Es sind vor allem gewaltlose Rateshows. Die machen mich aber auch nicht ruhiger, weil deren vorgeschobener Wissensdurst nicht selten meine Überheblichkeit als Universalwissender entlarvt.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten
Quizgucken als Ritual geistiger Bankrotterklärung

Aber ich muss wohl einsehen, dass meine Frau recht hat. Ich lasse tatsächlich in jüngster Zeit meine durch das Tagesgeschehen  generierte schlechte Laune in meinen Blogs aus. Es scheint, als hätte ich meinen Humor auch gänzlich verloren. Wie machen das denn derzeit die Stand-up-Comedians, um über die Runden zu kommen?

Da sitze ich dann vor der Glotze bei einer Inga-Lindström- oder Rosamunde-Pilcher-Schmonzette und höre mir die gut gemeinten Coaching-Tipps meiner Holden an:
"Sowas könntest du doch mit links schreiben. So was brauchen die Leute in schweren Zeiten", meint die umgeschulte Linkshänderin und einst gewissenhafte Buchhändlerin an meiner Seite. Bis heute hat sie nicht einen einzigen meiner über 2000 Posts gelesen.

Dann meldet sich doch gleich mein auf stumm geschaltetes Über-Ich. Es wendet ein, dass die Pilcher außer ihrem wirklich fabelhaften Buch " Die Muschelsucher" nichts mehr viel von literarischem Wert, aber dafür Kohle ohne Ende hinterlassen hat

Quelle Elkes Literaturwolke

Bin ich noch zu retten? Sind wir noch zu retten? Und wenn ja durch wen?

Dienstag, 19. März 2024

Alter Schwede!


Dass der Mensch je älter  er wird, umso mehr übers Altern nachdenkt, scheint ein logischer Vorgang zu sein. Bei mir hat sich seit der Diskussion um die neue Datenbank für Organspender aber ein gänzlich unlogischer Gedanke eingeschlichen. Wollte ich in meinem Alter überhaupt noch ein Organ gespendet bekommen, wo ich doch sowieso schon ein Leben wie die sprichwörtliche Made im Speck gelebt habe? Oder anders herum gedacht, würde jemandem meine überbeanspruchten Innereien noch von Nutzen sein können, um sich ein paar zusätzliche Jährchen zu sichern?
Quelle: Avanti GmbH

Da Frauen ja ohnehin schon mit ihren beiden X-Chromosomen meist länger leben als wie Männer, deren Y-Chromosom mit zunehmenden Alter an Einfluss und Bedeutung verliert - wäre einer alten Dame mit irgend einem dann zunehmend verweiblichten Ersatzteil aus meinem Leichnam eventuell noch gedient?

Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass eines der Privilegien des Alterns, die Erleichterung ist, nicht mehr ausgeschlachtet zu werden. Ich hätte mich also höchstens dafür tadeln müssen, dass ich einst an meinem durch Sport und Training gestählten Köper keinen Spenderausweis getragen habe.

Tatsache ist, dass ich immer viel zu feige war - trotz aller eingegangen Wagnisse - mich gedanklich mit meinem Ableben zu beschäftigen. Dass ich einige Male dem "Boandlkramer" grad noch von der Schippe gehopst war, hat daran nichts geändert. Dafür war ich aber auch nie davon ausgegangen, dass ich mal wesentlich älter werden würde als 60 und wie es in der Cowboy-Romantik so schön heißt, "in den Stiefeln sterben" wollte. Jetzt habe ich den Salat. Jede Faser meines Körpers schreit nach meinem Unfall "memento mori". Das ist alles andere als der heroische Umgang mit dem Schritt ins Jenseits, wie ich ihn mir vielleicht einmal gewünscht hätte.

Quelle: National Catholic Register
Caravaggios Gemälde zum Thema "memento mori"

Vielleicht hätte ich mich sonst doch in einer der "Blauen Zonen", die ich einst bereist habe, niederlassen sollen. Wo doch dort beispielsweise auf Sardinien, auf Ikaria und Okinawa die Menschen am ältesten werden.
https://www.tagesschau.de/wissen/gesundheit/blaue-zonen-100.html. Das sind alles Inseln Aber daraus ein Theorem abzuleiten, scheint doch gewagt. Denn es werden ja nur Höchstalter erfasst und nicht jene, die, ohne es zu erreichen, vorher sterben.

An der aktuellen Diskussion um ein zukunftstaugliches Renten-Konzept oder eine Grundsicherung gegen Altersarmut, wird uns ja von der Politik stetig vor Augen geführt, dass die Alterung der Gesellschaft ein zunehmend größeres Versorgungsproblem darstellt. Nach 2060  - bleibt der Bevölkerungsschwund so rapide - soll es angeblich nur noch zwei Arbeitende geben, die dann für die Rente nur eines Mitmenschen aufkommen müssen.

Ja hört mal auf, so alt zu werden - ihr Bürgerinnen und Bürger! Dabei sind wir Deutschen - wie "Statista"  2022 für Europa festgehalten hat, doch noch vergleichsweise zurückhaltend. Mit einer durchschnittlichen  Lebenserwartung von 80,7 Jahren rangieren wir bei der Lebenserwartung an viertletzter Stelle. Angeführt wird die Tabelle von Liechtenstein mit 84,2. Das steuerparadiesische Fürstentum ist ja gewissermaßen auch eine Insel...

Quelle: Quora
Die Schweden verpassen an vierter Stelle mit 83,1 die Medaillen-Ränge knapp, was aber nichts an dem erstaunt anerkennenden Ausruf hierzulande zu ändern bräuchte:   -"Alter Schwede!" hat nämlich gar nichts mit dem Altwerden zu tun. Der bezieht sich auf altgediente schwedische Soldaten, die für die Preußischen Armee gerne als Ausbilder rekrutiert wurden...

Erstaunlicher Weise merke ich gerade beim Schreiben, dass ich doch noch Bock darauf habe, über das statistischen Mittel hinaus zu leben. Aber ich ahne, dass fürs Überleben wohl gar nicht mehr allzu viele "Blaue Zonen" bereit stehen. Dass alternde, unproduktive Umweltschädlinge ja zunehmend ein Teil des Problems sind. - Vor allem, wenn sie als Autokraten so tun, als seien sie unsterblich...


Sonntag, 17. März 2024

"Wehrkraftzersetzung im Hirn"

 

Quelle; SZ Gegen das Verbrechen

Als Walter Klingenbeck von
 der Gestapo verhaftet wurde,
 war er erst 17 Jahre alt.
 Der Münchner, der gerade be
i der Firma Rohde & Schwarz
 eine Lehre zum Schalttechniker
 absolvierte, hatte gemeinsam
 mit drei Freunden ausländische Radiosender
 gehört und Nachrichten weiterverbreitet
, Flugblätter gegen die Nazis
 gedruckt, amerikanische "Victory"-Zeichen
 an Hauswände gemalt - und im jugendlichen
 Übermut anderen davon erzählt.
Wenig später wurde er verhaftet.
 Im Verhör und im Prozess nahm
 er die Schuld auf sich allein
 und rettete damit wohl seinen
Freunden das Leben.
Klingenbeck wurde im September 1942
vom sogenannten Volksgerichtshof
wegen "landesverräterischer Feindbegünstigung"
 sowie "Vorbereitung zum Hochverrat"
 zum Tode verurteilt.
Am 5. August 1943 wurde er in
 Stadelheim mit dem Fallbeil hingerichtet.







Wieso stößt mir nur in diesen Tagen  dieser Begriff so sauer auf? Das Gesetz zur Aburteilung von die Wehrkraft zersetzenden Äußerungen war eines der übelsten, das die Nazis verfasst haben. Es stellte standrechtlich quasi den kleinsten geäußerten Zweifel an Hitlers "Endsieg" unter Todesstrafe. Für mich war es - so kurios das klingen mag - auch über Leben und Tod entscheidend.
Warum und weshalb? Hier eine Kurzfassung von dem, was meinem Vater vor mehr als 80 Jahren widerfuhr, und von dem er mir erst kurz vor seinem Tod erzählte. Er hatte vorher nie über irgendetwas gesprochen, was ihn hätte traumatisieren können. Ich hoffe, den Roman, den ich rüber die damaligen Geschehnisse verfassen will, noch fertig zu bekommen:

Nachdem ihm bei zwei Weltfirmen als Jurist gekündigt werden musste, weil er kein NSDAP-Mitglied war, landete mein Vater über das Reichsamt für Statistik, wegen seiner speziellen Fähigkeiten auf diesem Gebiet, bei der "Organisation Todt":

Original-Zitat Wikipedia: Die Organisation Todt (OT) war eine paramilitärische Bautruppe im NS-Staat, die den Namen ihres Führers Fritz Todt (1891–1942) trug. Die 1938 gegründete Organisation unterstand ab März 1940 diesem auch als Reichsminister für Bewaffnung und Munition (RMfBM sowie dem Nachfolgeministerium unter Albert Speer). Sie wurde nach Beginn des Zweiten Weltkrieges vor allem für Baumaßnahmen in den von Deutschland besetzten Gebieten eingesetzt. Bekannt wurde sie durch den Ausbau des Westwalls, den Bau der U-Bootstützpunkte an der französischen Küste sowie des „Atlantikwalls“ (verbunkerte Artillerie- und Verteidigungsstellungen). Ab 1943 baute sie die Abschussrampen der V1- und V2-Raketen. Im Sommer 1943 folgte im Reichsgebiet der Ausbau von Luftschutzanlagen für die Zivilbevölkerung (Erweitertes LS-Führerprogramm) und die Untertageverlagerung von Industriebetrieben. In der Organisation kamen seit Kriegsbeginn vielfach ZwangsarbeiterKriegsgefangene und KZ-Häftlinge zum Einsatz.

Wegen der wachsenden Angst, die Alliierten könnten alsbald nach ihrer Kriegserklärung an Deutschland vom 11. Dezember 1941 mit einer Invasion beginnen, wurde mein Vater von Todt selbst in "geheimer Mission" und auf Verdacht zu Jahresbeginn 1942 auf eine Inspektionsreise an den "Atlantik-Wall" geflogen. Als er von der zurück kam, berichtete er seinem Vorgesetzten ohne Arg, davon, dass viele Anlagen, die er als angeblich fertig gestellt inspiziert hatte, noch im Bau, unvollständig bestückt und nur teilweise als einsatzfähig zu bezeichnen waren.

Dieses als Wehrkraftzersetzung auszulegende Wissen meines Vaters verschaffte ihm ("zu seinem Schutz") eine Versetzung an die Ostfront. Ihr mit annähernd 2000 Kilometer breiter Verlauf  da bereits als "gefährlich überdehnt". Aber mein Vater hatte gelernt, seine Klappe zu halten. Irgendwie überlebte er dann auch noch die Schlacht um Berlin und landete nach dem Krieg in der von den Alliierten entwickelten Administration. Was ihm die Möglichkeit gab, mich zu zeugen.

Fritz Todt war da schon nicht mehr am Leben. Lag es daran, dass er mit frischer Kenntnis seiner Statistiken die Ressourcen des "Dritten Reiches" als zu schwach für den Zweifronten-Krieg beschrieben hatte? War es ein Anschlag, dem er am 8. Februar 1942 beim Absturz seiner Maschine am Flugplatz Rastenburg kurz nach seinem Besuch auf der "Wolfsschanze" zum Opfer fiel?

Quelle: 123RF
Und jetzt in diesen Tagen nach bald  80 Jahren Frieden in Deutschland wird ein Kanzler für das "Durchstecken" von geheimem Wissen zum Thema "Marschflugköper Taurus" madig gemacht. Nicht nur, dass er die Waffe nicht weitergeben will, sondern weil mit seinem Zaudern auch noch der erbärmliche Zustand der deutschen Verteidigungsbereitschaft  zum weltweiten Diskussionsstoff wird. 
Dieser Zustand ist aber allein den Verteidigungsministern der Merkel-Hegemonie zuzuschreiben, die die Bundeswehr im Glauben an ewigen Frieden kaputt gespart haben. Dem verteidigungspolitischen Sprecher der CDU, Norbert Röttgen macht da wohl bei seinen Schuldzuweisungen schon ein kritischer  Zustand seines Kurzzeit-Gedächtnisses zu schaffen. Oder frecher formuliert, die gesamte CDU/CSU leidet aus machtpolitischen Gründen an "Wehrkraftzersetzung im Hirn",
Quelle: Deutscher Bundestag
Dr. Norbert Röttgen

Donnerstag, 14. März 2024

Schon Zeit für eine neue Arche?

Quelle: 123RF

"In fast 50 Prozent der Länder wählen Menschen Parteien und politische Führungen, die die Demokratie zum Teil demontieren."

Quelle:UN
Zu diesem Ergebnis kommt der Chef der UN-Entwicklungsagentur, Achim Steiner, in seinem aktuellen Bericht. https://www.tagesschau.de/ausland/undp-bericht-menschliche-entwicklung-100.html

Den Grund für diesen vermutlich anhaltenden Trend sieht er in der zunehmenden Angst der Menschheit, die Zukunft könne nur noch weitere Verschlechterungen der Lebensumstände bringen. Die Sehnsucht nach starker, unitarischer Führung und das Verlangen nach ultimativ "angeordneter" Ordnung wird da dann über die persönliche Freiheit gestellt. - Wie schon so oft im Verlauf der Geschichte.

Nach der Taurus-Fragestunde im Bundestag und den neuesten Nachrichten aus dem US-Kongress verstärkt sich jedoch mein Eindruck, dass diese Entwicklung zumindest in Deutschland nicht den demokratisch Regierten sondern eher den gewählten Regierenden  anzulasten ist. Wenn Opposition nur noch zerstörerisch und taktisch zum Ausbau der eigenen Macht bei kommenden Wahlen und nicht zur Verbesserung unser aller Zukunft ausgeübt wird, wenn das Regieren nicht dem Volk und der Nation dient, sondern der Verfolgung von Programmen, die nicht selbsterklärend sind, kommt bei vielen Wählern zu dem allgemeinen Gefühl der Hilflosigkeit auch noch ihr Unverständnis. Das ist der eigentliche Nährboden für Radikalität.

Zurecht gibt es ja in Demokratien zeitlich begrenzte Legislatur-Perioden, damit Macht sich eben nicht selbstverständlich und dauerhaft autoritär manifestieren kann. Damit  die Chance unbedingt bestehen bleibt, eine Regierung auch wieder abzuwählen zu können...

Die Niederlande, Portugal aber vor allem Polen sind ja aktuelle Beispiele, dass die abgegebenen Wählerstimmen immer noch eine Umkehr erreichen können. Allerdings sollten Zustände wie in Haiti oder Zentral-Afrika auch Warnsignale sein, wie instabil gerade "junge" Demokratien durch äußere Einflüsse werden können.
Die Frage ist, ob sich die Vereinten Nationen nicht runderneuern müssten, um gegen drohende archaische Zustände gesellschaftliche Errungenschaften zu bewahren. In dieser zunehmend verrohenden Welt müssten die UN zu deren Rettung endlich wieder zu einer  Art "Geistigen Arche" werden, um das erreichte Gute vor dem Untergang zu bewahren.

Mittwoch, 13. März 2024

Kein Freistaat für Kiff-Häuser

Der bayrische Sonderweg im Falle einer Cannabis-Legalisierung war ja bei der für Söder eher mäßig ausgefallenen Landtagswahl ein Kampfhammer. Jetzt musste der fränkische Dampfplauderer deshalb nachlegen und kündigte heftige Maßnahmen an, die schon auf den ersten Blick wie ein Papiertiger anmuten .
Ein Dezernat von 50 Leuten soll mit einem Budget von rund 500 Millionen Euro dafür sorgen, dass im Freistaat der legale Anbau und die Verteilung, wie sie das Gesetz, das bald in Kraft treten soll, es erlaubt, so schwer wie möglich umgesetzt werden kann. Dabei schwadroniert der Landesvater - wie neulich bei Karin Miosga - oft derart ungezügelt, dass der neutrale Beobachter sich fragen muss, welch geiles Zeug er selbst vor solchen Anlässen raucht. Er, der kein Festzelt auslässt, in dem ihm seine Anhänger nach mehreren Maß Bier und Schweinshaxen zujubeln, wenn er wieder mal seine Bierdimpfl-Parolen auf die Bundesregierung niederschmettert, hat ja keine neuen Argumente. Er ist eben einfach nur dagegen, so wie er mit seinem Vorpreschen bei Korona und dem Ukraine-Krieg aus der Etappe stets den Eindruck erwecken wollte, nur er sei der einzige Problem-Löser und wahrliche Kanzler-Kandidat...

Paint-Collage CD

Ganz offenbar hat die Masche nicht gezogen, sonst hätten sich die Freien Wähler und vor allem die AfD unter dem weißblauen Himmel nicht so stark entwickeln können. Fatal ist dabei Söders Schielen auf den Schutz der Jugend, die er stattdessen wohl lieber dem viel schädlicheren Komasaufen überlässt. Aber die Jungen haben ihn ja schon vorher nicht in dem erhofften Maß gewählt, und die Alten werden es vielleicht beim nächsten Mal nicht mehr tun, wenn offenbar wird, dass hinter seiner ganzen Prohibitions-Kampagne zum Teil die Marktsicherung für den angestrebten Nummer 1 Pharmastandort Bayern steht.

In meinem betagten Bekanntenkreis gibt es einige, die bei diagnostiziertem Alzheimer oder schmerzhaft verlaufender Gürtelrose sündteure Medikamente verschrieben bekommen, die nachweislich weniger wirken als das THC im Cannabis.

Für mich stellt sich als Steuerzahler auch die Frage: Wozu die Sondertruppe samt Etat, wenn doch die eingespielte Drogenfahndung durch das Legalisieren neue Freiräume für solche Aufgaben bekäme?

Hier alles zum Nachlesen aus der Staatskanzlei:

https://www.bayern.de/bericht-aus-der-kabinettssitzung-vom-12-maerz-2024/

Montag, 11. März 2024

Boliden und Bullets


 
Immer wieder verblüffend, wie Adam Driver darstellerisch in italienische Granden
schlüpft. Nach The House of Gucci ebenso brillant  Ferrari

Was hat das Aufjaulen der Republikaner bei Joe Bidens Rede an die Nation im US-Senat mit Enzo Ferrari zu tun? Manche Wochen verlaufen für den Blogger thematisch schon sehr verquer! Aber der Reihe nach:
 
Bei Dauerregen hatte ich mir im Stream das Bio-Pic über den legendären Enzo Ferrari angeschaut.
Der Film hat seinen Spannungshöhepunkt mit dem Straßen-Sportwagenrennen Mille Miglia 1957 historisch, heroisch, aber aus heutiger Sicht absolut unbegreiflich! Die Scuderia belegte damals die ersten drei Plätze, hatte aber auch den Unfall des Spaniers Alfonso de Portago zu verkraften.
Quelle: Scuderia F
De Portage da noch  mit Beifahrer Nelson
vor der letzten Etappe
Der riss nach einem Reifenschaden bei annähernd Tempo 280 Kilometern pro Stunde 11 Tifosi - darunter auch Kinder, die dicht am Straßenrand standen - mit in den Tod. 20 weitere Menschen wurden schwer Verletzt. Das war das Ende der Mille Miglia als Wertungslauf für die Sportwagen-Weltmeisterschaft. Was mich am meisten erschüttert hat, war jedoch meine Reaktion auf das Ende des Films. Nach dieser bildgewaltigen Oper mit den formschönen Roten Renner aus Maranello hatte ich wieder das Sehnsuchtsgefühl meiner Kindheit mit brüllende Motoren und Le Mans-Starts, nach dem Geruch von mit Rizinusöl vermischten Renn-Benzin und der Nostalgie im Fahrerlager.

Quelle: Medienkraftwerk
Die fast 360 Grad Kurve mit dem
erhöhten Innenband aus Betonplatten
hieß ursprünglich Caracciola-Karussel
Einmal im Jahr - zum Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburg-Ring - ging in meinem Beamten-Vater ein Wandel vor, an dem ich im Vorschulalter teilhaben durfte. Er assistierte dann seinem Freund und Mannschaftskameraden aus Tischtennis-Tagen, dem Rundfunkreporter Roderich Dietze hoch oben über der Zielgeraden mit Rundenstatistiken, Zeitmessungen und Informationen aus dem Fahrerlager, die er noch vor dem Start gesammelt hatte. Ich war wohl dabei einige Male so eine Art nerviges Maskottchen, das Dietze gerne seinen "Schwellkopf" nannte. Immerhin verhalf er mir dazu, dass der berühmte Karl Kling - vermutlich nicht mit Renntempo -  mich in einem Mercedes 300 SL durch das "Karussel" auf der Nordschleife chauffierte. Den "Film" davon kann ich auch heute immer noch vor dem inneren Auge abrufen. Aber heute verklärt ihn keine Rennfahrer-Romantik mehr. Dafür haben zu viele, die ich einst so verehrte, ins Gras gebissen.

Quelle:Booklooker
Dass man fasziniert ist, muss nicht bedeuten, dass man auch einer Sache verfällt. Als ich mit dem Weltmeister Gottfried Kustermann beispielsweise begann, an einem sportdidaktischen Buch zum Thema "Sportschießen" zu arbeiten, musste der erst einmal schlucken, dass ausgerechnet  ein Kriegsdienstverweigerer sein Co-Autor sein sollte. Tatsächlich habe ich vom Luftgewehr über die Armbrust bis hin zur Skeet-Waffe mit allen gängigen Sportwaffen manierliche Treffer erzielt, ohne jemals zu vergessen, dass sie abseits des Trefferbildes auf der Zielscheibe todbringend sein könnten.

Quelle: Pixabqay
Aber zurück zur vergangenen Woche. Der greise Biden war in seiner kämpferischen Rede fest davon überzeugt, dass er dem amerikanischen Waffen-Wahn in der nächsten Legislatur-Periode endlich massive Schranken auferlegen würde, damit es zu weniger von diesen unbegreiflichen Massakern in seinem Land käme. Er greift damit ein von den Republikanern befürwortetes, verfassungsgemäßes Grundrecht aus der Pionierzeit an, das immer noch von der mächtigen Waffenlobby NRA mit allen juristischen Tricks verteidigt wird.

Enzo Ferrari musste durch mehrere Gerichtsverfahren, ehe man zu dem Urteil kam, dass ihn keine Mitschuld an dem tragischen Unfall traf, Heute ist Ferrari der älteste und erfolgreichste Rennstall der Formel 1 und die Zulassung eines dieser Boliden im privaten Straßenverkehr ist immer noch der feuchte Traum jedes motoraffinen Mannes.  Die "Dinos" von damals haben einen Sammlerwert von mehreren Millionen Euro. Seit ich in Italien lebe gibt es aller fanatischen Motorsport-Liebe zum Trotz strenge Tempolimits. Wer sie erheblich überschreitet, muss damit rechnen, dass sein Fahrzeuge beschlagnahmt und versteigert wird 

Quelle: Handelsblatt
Wohin mit den 1000 PS des P1 im Straßenverkehr,
wenn so ein Geschoss an der Ampel liegen bleibt?
In einer Zeit, in der der Auto-Rennsport so sicher geworden ist wie nie zuvor und die tödlichen Unfälle auf unseren Straßen kontinuierlich sinken, wird dennoch bei uns wieder über eine neuerliche  Einführung eines Tempolimits diskutiert. Grund: Der deutsche Rausch des Rasens, der durch Michael Schumacher und Sebastian Vettel sicherlich zusätzlich animiert wurde, hat sich in Ermangelung solcher Helden aktuell auf private Straßenrennen von Laien verlagert. Zum Teil tragen solche Irren diese sogar in Innenstädten aus. Am nördlichen Ende unserer verkehrsreichen Straße treiben zum Thema passende Auto-Tuner ihr Unwesen. Meist reicht es den Eigentümern solcher Geschosse nicht, bis zur Autobahn zu warten. Zwischen den Ampeln lassen sie ihre aufgemotzten Motoren mit unangebrachter Beschleunigen gerne aufjaulen. Nicht immer ohne harmlose Folgen. Am Samstag blieb ein 1000 PS starker McLaren P1 zur Mittagszeit unmittelbar vor der Ampel auf der Linksabbieger-Spur zum Ring liegen und sorgte für einen peinlichen Stau. Der Graue wirkte mit seinen hoch geklappten Flügel-Türen wie ein Science-Fiction-Insekt, dem man den Stachel gezogen hat.

Passend zu meiner "Themen-Woche" brachte dann am Abend BR-Fernsehen im dritten Programm eine Chronik der sieben Jahrzehnte andauernden Diskussion über ein Tempolimit auf den Autobahnen...
"Ohne Limit : Warum dürfen wir noch rasen?"
https://www.ardmediathek.de/video/Y3JpZDovL21kci5kZS9zZW5kdW5nLzI4MjA0MC80MDMxMDctMzgzNTQw

Mein unmaßgebliches Fazit zum Thema:
Das Festhalten der Amis an einem Recht auf Waffenbesitz unterscheidet sich nicht wesentlich vom ungebeugten Recht aufs Rasen der 
Deutschen. 

Donnerstag, 7. März 2024

Was wird, wenn Copperhead zu Midgard mutiert?

The Starsprankled Copperhead: Acryl auf Malkarton
Von Claus Deutelmoser

Quelle: Berserker Coffee
Offenbar ist das Jahr 2024 dazu gedacht, uns Menschlein noch mehr zu gruseln. Covid 19 war nur ein Bote des Bösen, um uns darauf vorzubereiten , was es bedeutet, wenn wir von einer kaum berechenbaren Macht in unseren Gewohnheiten erheblich eingeschränkt werden. Während dessen wurden wir von Putin und Trump obendrein belehrt, wie schnell aus satten Demokratien autokratische Staaten werden können, wenn die Rechtsstaatlichkeit mit dem angeblichen "Faustrecht der Freiheit" auf einfachste Art ausgehebelt wird.

Seit der Abhör-Affäre um den Marschflugköper "Taurus" fällt es immer schwerer, nur an eine zufällige Ballung  von Schrecknissen zu glauben. Die "Zauber-Lehrlinge" haben eine Vernetzung erschaffen, der sie bald selbstherrlich selbst nicht mehr Herr werden. All das quer Denken, das Gauben an Verschwörungstheorien und die damit verbundene sture Arroganz, sich die Historie so zurecht zu deuten, wie es ideologisch gerade passt, funktionierte nicht ohne die so genannten "Sozialen Medien". Sehnt sich die "schweigende Mehrheit" denn tatsächlich nach Macht-Mythologien oder wird ihnen lediglich das Verlangen danach eingetrichtert?

Mir wird ganz anders, wenn ich daran denke, dass das Land mit den meisten Nobel-Preisen in fast allen Kategorien, mit den bahnbrechendsten Errungenschaften und der lebhaftesten und prägendsten Kulturszene tatsächlich zwei Greise um die Präsidentschaft streiten lässt. Sollte es der immer hinfälliger auftretende Biden wirklich mit Alterssturheit noch bis zu den Wahlen schaffen, dann ist er vom schleichenden Gift  des  "Copperhead"** vermutlich schon derart ausgelaugt, dass er zu den TV-Duellen getragen werden muss. Wer weiß, was Trump so einwirft, um derart unerschütterlich all den Anwürfen gegen ihn nicht nur zu widerstehen, sondern anscheinend auch noch Kraft aus ihnen zu saugen. Wird er von Justitia nicht noch gebremst, könnte Trump als ein weiterer Autokrat auf Lebenszeit zusammen mit seinem Kumpel Putin eine neue, die Halbwelt umspannende Hegemonie erschaffen. Dann wäre Xi das Zünglein an der Waage?

Ist es dann überhaupt noch zu verhindern, dass "Copperhead" zur Midgardschlange" *mutiert ?


*Die Midgardschlange ist in der germanischen Mythologie eine die Welt umspannende Seeschlange, die im Ur-Ozean lebt. Wie Hel und der Fenriswolf wurde auch sie von Loki mit der Riesin Angrboda gezeugt und gehört damit zu den drei germanischen Weltfeinden. Zitat Wikipedia

** Der nordamerikanische Kupferkopf erreicht eine Länge von rund 90 Zentimeter, in seltenen Fällen auch bis 1,2 Meter. Sein Rücken hat eine ockerfarbene Grundfärbung und ist mit kupferroten Querbändern überzogen. Der Nordamerikanische Kupferkopf ist eine dämmerungs- und nachtaktive Schlange, die sich tagsüber in einem Versteck aufhält. ErdhöhlenBaumstümpfe und Steinhaufen sind seine natürlichen Rückzugspunkte. Zitat Wikipedia    

Dienstag, 5. März 2024

Die Freiheit nehmen, sich zu verpissen...

Je öfter ich lese, dass dringend erforderlich Gesetze an irgendeinem "Ampel-Streit" scheitern oder sich durch Liegenbleiben bis zur späteren Wirkungslosigkeit verzögern, stelle ich mir die Frage, wieso die FDP immer wieder als Koalitionspartner von links oder rechts erwählt wird. Denn in der Historie war sie immer nur Notnagel, um absolute Mehrheiten im Parlament zu sichern.

Das liberale Element, das sie als Banner immer vor sich her trug, ist längst ein zerfetzter, schlapper Lappen. Gerade erinnern Macht-Allüren der FDP (bei Prognosen knapp über oder unter der Fünf-Prozent-Hürde) verdächtig an die Zwerg-Gewerkschaft GDL. Die nutzt ja auch gerne ihre Minibasis um in einem Quasi-Akt der räuberischen Erpressung den Schienenverkehr lahmzulegen und riesigen Volkswirtschaftlichen Schaden anzurichten. Würden die Ex-Liberalen die Konsequenz aus ihrer stets negierenden Beteiligung an der Ampel ziehen, dann müssten sie sich eigentlich als gelbe "Übergangsphase" sofort aus der Koalition verabschieden, um Neuwahlen erzwingen.
Aber in einer sich möglicherweise bald verändernden Parteien-Landschaft, warten ja mittlerweile auch drei andere Parteien  darauf, so gerade mal mit Ach und Krach in den Bundestag zu kommen. Jede kleine Partei, die am rechten oder linken Rand der Republik knabbert, erhöht jedoch bei der derzeitigen Stimmungslage im Volk die Chancen der AfD, nicht mehr nur die künftige "zweite Kraft" im Parlament zu sein. Dann gäbe es ohnehin keinen Platz mehr für echten Liberalismus. Es ist trotz der Massenaufstände gegen den aufkommenden Rechtsradikalismus nicht anzunehmen, dass diejenigen, die für sich in Anspruch nehmen "das Volk" zu sein, dann schlauer sind als Hitlers ohnmächtiges Stimmvieh in den 1930ern.

Genau für das Volk waren aber zur Verbesserung und Zukunftssicherung seiner Perspektiven durch Zerstrittenheit schlecht verkaufte Maßnahmen der Ampel gedacht. Lindner und seine Leute haben sie nachweislich immer wieder blockierten - um nicht zu sagen torpedierten. 

Wäre ein Verhalten der FDP anders gewesen, gäbe es seit zwei Jahren nicht diese globale Kriegsgefahr? Wohl kaum. Denn die Wahrheit des Liberalismus, wie ihn die Freien Demokraten heute verkörpern, lässt sich aus jeweils wechselnden Blickrichtungen, historisch nur als ein unverdient überproportionales Mitmischen an der Macht bezeichnen.

Wenn ihr nicht mehr in der Lage seid, ein wahrhaft freiheitliches Profil durch prägende Köpfe wie einst zu schärfen, dann nehmt euch bitte wenigstens die Freiheit, euch zu verpissen!

Einst prägende Köpfe der FDP von wählbarem Format:

Bundespräsident Theodor Heuss
Bundespräsident Walter Scheel


"Genschman" mit seinem Markenzeichen:
Der gelbe Pullunder des
Rekord-Außenminister

Hildegard Hamm-Brücher, Grande Dame
des Parlaments und Leitbild für
feminine Politik

Rekord-Landwirtschaftsminister
Josef Ertl