Dienstag, 29. Oktober 2013

Das Loch

Endlich! Es regnet in Strömen.
Das war ja auch  kaum noch auszuhalten mit dem Spätsommer. Gestern mit der Zweitbesten noch bei 24 Grad im Osterwald-Garten, am Wochenende auf der Auer Dult den 38. Hochzeitstag begangen... Ständig gab es soviel Münchner Lebensqualität, dass ein Blogger schon ein Titan sein muss, um seinen Pflichten nach zu kommen..

Ja, und was passiert jetzt mitten im Regen? Direkt unter unserem Glas-Erker haben sie damit begonnen, die halbe Straße zu sperren, um gegenüber beim Hydranten ein Loch zu graben. Drei korpulente Männer ohne Kopfbedeckung  auf den schütteren Schädeln und  in Woll-Pullovern, die sich minütlich so richtig vollsaugen. Schon vor dem Morgengrauen hatten sie wohl  damit begonnen die Platten weiträumig vom Gehweg zu hebeln und deren Fundament abzumeißeln. Dazu haben sie so einen Mulitfunktionsminibagger, der gleichzeitig zertrümmern und baggern kann.

Aber ganz schnell stoßen sie an die Grenzen der Maschinen-Arbeit, denn da liegen ziemlich nahe unter der Oberfläche gewaltige blaue und rote Kabelbündel. Es geht also nur noch mit händischer Schaufel-Arbeit weiter, bei der sich schnell herausstellt, wer auf der Baustelle das Sagen hat.

"Tu du nur schön schaufeln Ali!", sagt der Gerhart Polt in einem seiner hinterfotzigsten Sketsche. Nur, dass wir so etwas Gemeines bei dem Verkehrslärm natürlich nicht hören. Aber Gesten sprechen für sich.

Das Loch wird größer und größer. Quasi mit einem Archäologie-Schäufelchen wird das Erdreich rund um die Kabel abgetragen, dann sieht der Beobachter bald nur noch die Glatze des Großschauflers. So tief ist das Loch bereits, als Selbiger überraschend behände wieder aus der Tiefe herausspringt um ein gewaltiges Lamento anzustimmen.

Die Gesten verraten, dass eigentlich ein Loch benötigt werde, das den Abriss unseres Glashauses mit einschlösse, wenn nicht gar den im Moment noch weit entfernten Petuel-Tunnel.

Drei rundliche Männer stehen wie begossene Pudel am Rande des kleinen Kraters und diskutieren kopfschüttelnd. Jetzt ist der Regen so unerträglich, dass sie sich erst einmal entschließen, gegenüber beim weit bekannten Brotzeit-Metzger weiter zu diskutieren.

Seit über einer Stunde ist die "neue Großbaustelle" in unserem Viertel verwaist. Schon füllt sich das Loch langsam mit Wasser. Sollten wir am Ende neben dem Olympia-See noch eine weitere Bade-Gelegenheit bekommen?

Und dann habe ich ein Déjàvu:
Kurz vor unserer Abreise von der Burg in Ligurien sah ich eine ähnlich Szene in unserer Gasse. Da standen auch drei "Tiefbauer" um ein offenes Loch herum, durch das sie herausfinden wollten, wieso die Häuser unterhalb  des Vicolo seit geraumer Zeit Probleme durch eindringendes Wasser haben. Zwei Wochen oder länger klaffte dieses Loch, dann war es eines Morgens heimlich zugeschüttet worden... Die Bepflasterung wurde aber nicht wieder hergestellt. Man klann ja nicht wissen, ob so ein Loch noch einmal gebraucht wird.

Nur kurz ereilte mich der Tiefbau-Traum einer direkten Tunnelverbindung zwischen dem Glashaus und der Burg. - Wir hätten sie ja bei dem beiderseitigen Arbeitstempo ja eh erst in Äonen nutzen können...

Sonntag, 27. Oktober 2013

Die "weißen Lügen" des schwarzen Präsidenten?

Mitunter ist die Englische Sprache vielschichtiger, als uns das der Nachrichten-Alltag mit seinen CNN-Floskeln vermittelt.
Es gibt zum Beispiel  diese - wörtlich übersetzt - lustig anmutende Staffelung beim Umgang mit der Wahrheit:
Demnach sind Not-Lügen "white lies", richtige Lügen "true lies" und "heavy lies" werden sie, wenn sich unter ihnen die Balken biegen.

Beim Thema Verrat gibt es so etwas nicht. Ein "traitor" ist gleich ein Hochverräter und auch "treason" unterscheidet nicht zwischen einem bisschen Ausplaudern und Landesverrat.

Hier die Wörterbuch-Definition im Hinblick auf Merkel und Hollande:
In law, treason is the crime that covers some of the more extreme acts against one's sovereign or nation...

Wäre der Friedensnobelpreisträger Barak Obama nicht der Oberbefehlshaber einer zutiefst verkommenen Administration, könnte man versucht sein, seine Lügen noch im weißen, meint unschuldigen, Bereich anzusiedeln. Aber seit er seinen Landsmann Edward Snowden vor der Weltöffentlichkeit als Traitor des Treason bezichtigt hat, ist er als nach seinem Amtseid Oberster Schützer der vermeintlich "besten Verfassung der Welt" selbst zu einem Verbrecher geworden, der aus dem Amt gejagt werden müsste.

Im Gegensatz zu Snowden hat er nicht nur gegen diese Verfassung verstoßen, indem er sein Volk bespitzeln lässt, sondern er hat auch gegenüber seinen Bündnispartnern expressis verbis ein vielschichtiges und vorsätzliches Verbrechen begangen. Snowden hingegen hat  letztlich nur aufgehört, eine gesetzwidrige Tätigkeit  und die hierzu erteiltem Befehle auszuführen, weil sie - wie sich jetzt mehr und mehr heraus stellt, -permanent und massiv gegen nicht nur die eigene Verfassung verstieß. Er hat seine Bürgerpflicht über eine suspekte Dienst-Treue gestellt. Davon kann Obama in seinem Amt wohl nur noch träumen

Und komme keiner, um solches Handeln zu entschuldigen, mit der Behauptung, das machten doch alle Geheimdienste! Der Kampf gegen den Terror war ja schon bald nach "Nine Eleven" kein moralisches Transportmittel mehr. Eher- wie es jetzt aussieht - ein Freifahrt-Schein für derartige Rechtsbeugungen, Ein Feigenblatt gegen das höchst unmoralische Ausspähen befreundeter ( auch Industrie?)-Nationen (siehe Wort-Definition oben).

Die Jüngeren erinnern sich vielleicht gar nicht mehr an das Impeachment gegen Richard "Tricky Dick" Nixon. Gemessen an Obamas Verfehlungen war der Watergate-Einbruch ein Lausbuben-Streich, der dem "Land Of The Free" per se noch nicht einmal geschadet, sondern eher  den Respekt vor den einstigen Selbstreinigungskräften der Leit-Nation noch erhöht hat.

Die Folgen sind da noch gar nicht abzusehen: Russlands Präsident Putin hat im Windschatten dieses NSA-Skandals und quasi im Alleingang schnell mal per Gesetz die Befugnisse seines Geheimdienstes verfassungsmäßig  erweitert. Möglicherweise ist das erst der Anfang eines moralischen Verfalls beim Schutz der individuellen Privatsphäre der George Orwells "1984" (plus 30 Jahre) ins unermessliche Überwachen potenziert...



Donnerstag, 24. Oktober 2013

Tebartz-Van

Ja, hätte man nur genau hingeguckt. Der Mann heißt ja nicht van Elst. Er heißt Elst, und damit wird einem vieles klarer: Tebartz-van ist nämlich mehr ein galaktischer Name. so wie Obi-wan, der weiter ja Ben und Kenobi heißt, also ein Jedi-Ritter ist. Die Vermutung liegt also nahe, dass wir es in Limburg mit einem Bischof-Replikanten zu tun haben, der durch verschwenderische Machenschaften die heilige Mutter Kirche destabilisieren soll.

Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie ein Mann mit so einem, scheinbar aus Holz geschnittenen Knaben-Gesicht über der Soutane, das mehr in eine Raumfahrer-Bar nach Mos Eisley gehört, eine derartige Kirchen-Karriere hinlegen konnte. Aber das ist nun ja wohl auch klar:

Er ist im Krieg der Sterne die imperiale Waffe zur ewigen Verdammnis. Er muss eine absolute Verdichtung von Mediclorianern im Blut haben, was ihn resistent macht gegen Scham, schlechtes Gewissen, Bußfertigkeit und was normale Menschen sonst noch im Boden versinken lässt.

Nur, sind wir überhaupt in  der Lage, so einen zu verstehen? Wer in astronomischen Dimensionen unterwegs ist, muss auch in solchen denken. Immerhin sind es ja nur Millionen, und sie sind gut angelegt. Im Vergleich zu den Milliarden, die die mit unseren Steuergeldern abgesicherten Zocker-Banker auf nimmer Wiedersehen haben verschwinden lassen, sind die bischöflichen Baumaßnahmen doch "Peanuts". In ein, zwei Generationen werden Schulkinder durch dieses doch recht ansehnliche Ensemble geführt, und ein Dekan wird ihnen von dem genialen, außerirdischen Tebartz-van vorschwärmen, von seinem Geschmack und seiner Weitsicht...

Vielleicht ist dann Papst Francesco, Francisco oder Franzl, wie wir uns trauen, ihn wegen seiner Einfachheit zu nennen, längst einer von vielen gewesenen Pontifexen.

Gegenwärtig hat er sich allerdings als großartiger Diplomat und Taktiker erwiesen:
Den Galaktischen erst schmoren zu lassen, ihn dann in Kürze abzukanzeln, um ihn alsbald damit zu bestrafen, dass er nach einer Ruhepause dem Autodafe seiner aufgebrachten Gemeinde ausgesetzt ist.... Das ist jesuitische Staatskunst vom Feinsten und sichert ihm auf jeden Fall schon mal einen Platz im Herzen dieses bloggenden Agnostikers.

Dienstag, 22. Oktober 2013

Beim Barte des Propheten

Wer von euch frei ist von Eitelkeit, der werfe den ersten Kamm!

Also, ich schau natürlich auch mit zunehmender Besorgnis darauf, dass meine stetig höher werdende Stirn langsam aussieht wie das Fichtelgebirge im Waldsterben. Seit dem biblischen Samson die Kraft samt güldner  Locken auf derart verheerende Art verlustig ging überwachen die meisten Männer ängstlich das Wachstum, die Befindlichkeit und das Styling ihrer Behaarung. Dafür muss einer sich nur die bildlichen Darstellungen durch die Jahrtausende anschauen. Der Häuptlingssohn vom Xingu formt seinen Schopf genauso nachhaltig wie der Rastamann auf Jamaika, und irgendwann passiert es dann im Laufe der Jahre, dass einer neue Stil-Elemente hinzufügt. Das nennt man dann Haarmode.

Dieser Post hier empfing seine Spontan-Zündung durch eine Werbepause in einem Film-Abend mit Nicolas Cage, der sich ja im Laufe seiner jüngeren Schauspieler-Karriere durch diverse Straffungs- und Implatationsmaßnahmen in eine Art Action-Zombie mit Einstein-Perücke verwandelt hat. Warum? Weil er glaubt, mit seinem natürlich welkenden Äußeren der Damen-Welt nicht mehr zu gefallen? Frag mal den Sean Connery!

Jedenfalls der Spot konnte passender nicht geschaltet werden: Er preist ein Produkt an, das der Träger von Dreitage-Bärten sich ums Kinn schmieren soll, damit die Stoppeln auf den zarten Wangen eventuell paarungsbereiter Liebespartner nicht so kratzen. Ja geht's noch - ihr Machos? Da gebt ihr den rauen, lonesome City-Ranger, um euch dann pomadig zu machen? Und überhaupt - wo sind eure Stachelbeer-Beine und das lockige Brusthaar geblieben? - Alles glatt und geschmeidig, wie es vom neuen Mann verlangt wird.

Der Dreitagebart wurde doch sowieso nur von Werbefuzzis erfunden, die den Beginn einer Präsentation verpennt haben  - wie die glücklicher Weise aus der Mode gekommenen Minischwänzchen im Genick, die zum Nadelstreifen-Anzug überspielen sollten, dass der Weg zum Friseur längst wieder fällig gewesen wäre. - Wie die überdimensionierten Hornbrillen-Imitate mit Fensterglas, ohne die kein Metro-Sexueller mehr aus zu kommen glaubt.

Ich meine, es ist ja sehr angenehm, dass durch den Trend zur Vollglatze die zum Teil lächerlichen Fifis und die Schiebedach-Frisuren (mit denn drei extra langen, letzten Strähnen vom rechten zum Linken Ohr) aus der Mode gekommen sind; aber dann gleich das anderer Extrem?

Neulich war ich auf einer Hochzeit, bei der annähernd jeder zweite der jungen Männer angeblich kein Haupthaar mehr hatte - dafür war ums Kinn herum - quasi als Gegengewicht - der Vollbart so sehr präsent, dass ich mit meinem weißen gar nicht mehr auffiel. Das war schon lustig, zu erraten, wer sich von den ehemaligen Knaben, die ich seit ihrer Jugend oder Kindheit kannte, hinter dem existenzialistischen Äußeren der 1950er verbarg. Fehlt nur noch, dass das Rauchen von Pfeifen mit langem Mundstück wieder Mode wird. Ach ja, geraucht wird ja gar nicht mehr - und wenn dann nur noch draußen: egal ob es stürmt oder schneit...

So lange Bärte nicht wieder ein Politikum werden, bleiben sie ja nur Mode. Also gebt acht - ihr zottelbärtigen Salafisten! Aufrechte, junge, Deutsche Männer recken euch nun ihre behaarten Kinnpartien entgegen, wenn ihr in unserem Land so weiter macht.

Samstag, 19. Oktober 2013

Verschobene Perspektiven

Irgendwie komme ich mir als Wutbürger vor wie ein Straßenpassant vor einem betrügerischen Hütchen-Spieler. Jedesmal wenn ich als Wähler in eine Richtung wählen wollte, ist unter dem so bestimmten Hütchen zwar etwas - nur nicht das, was meiner Überzeugung nach herauskommen sollte. Inzwischen ahne ich, dass daraus eine gefährliche Perspektiv-Verschiebung werden könnte. Denn die Symptome sind auch in unseren Nachbarländern als gefährlicher Trend auszumachen:

Wenn sich die Konservativen nach links orientieren müssen, damit sie ungestört regieren können,und sich die Sozialdemokraten nach rechts wenden, um dann als Steigbügelhalter doch an der Macht teil zu haben, die ihnen ja der sogenannte Souverän mit seinen Stimmzetteln nicht gewähren wollte, passiert etwas, was die Volksparteien gar nicht wollten:

Es entsteht ganz rechts außen eine wachsende Lücke, in die nationalistische Elemente hinein stoßen.

Diese Warteperiode, was wohl nach der kommenden Legislaturperiode  werden wird, haben die Norweger und Niederländer nach ihren Wahlen schon nicht mehr, dort fanden nationalistische 'Tendenzen nach dem Geschacher um Stimmen bereits Einzug ins Regierungsprogramm.In Frankreich agiert die Hollande-Administration hilflos im immer heftiger brodelnden Multikulti-Kessel - vom Namen her ja sozialistisch - bereits konservativer als Sarcozys Mannen. - Mit dem Erfolg, dass der Front National schon jetzt auf dem Weg zur stärksten Partei der Grande Nation ist.

Wenn es stimmt, dass die AFD vor der Wahl bereits bis zu imaginären fünfzig Prozent von verkappten Nazis unterwandert wurde, könnte bald folgendes Horror-Szenario enstehen: 

Die SPD erstickt in der Koalitionsumarmung von CDU/CSU und schrumpft ausgesaugt auf unter zwanzig Prozent. Die Linke und die Grünen - in Ermangelung einer wahrnehmbaren Ausübung von Oppositon - haben in der unweigerlich kommenden, nächsten Euro-Krise auch kein Profil mehr, das sie in die politische Waagschale werfen könnten. Also sackt die "Alternative für Deutschland" alles  ein, was an von Europa frustriertem Wahlvolk bleibt, und schon haben wir wieder einmal Nazis im Parlament. Ungarische Elemente gibt es nämlich auch bei uns.

Ein analytischer Blick zum Nachbarn Österreich wird wohl auch niemandem mehr rechtzeitig die Augen öffnen. Dort werden  mit jeder großen Koalition die Ultra-Rechten wieder stärker.

Es wäre vermessen, der Kanzlerin solche Ziele zu unterstellen, schon eher dem Absolutisten Seehofer. Er entstammt ja noch jener Freistaat verherrlichenden Politiker-Generation, die einst unter FJS von der ARGE ALP träumte. Ein Schuft, wer da Ähnlichkeiten zu Hypo Alpe Adria entdecken möchte...

Mittwoch, 16. Oktober 2013

Dem Grauen so fern, dem Ego zu nah

Jedem, der derzeit "humanitäre Lösungen" vorschlägt, sollte eigentlich klar sein, dass die so gar nicht möglich sind. Diese Flüchtlingswellen aus den kriegswunden Staaten Arabiens und den Hunger-Zonen Afrikas branden an eine Welt, die nämlich zerrissen ist zwischen Mitleid und Wahrung eigener Interessen: Das ferne Grauen berührt unsere Gemüter, aber sobald wir in unmittelbarer Nähe betroffen sind, obsiegt der Selbstschutz.

Was interessiert uns die Fünfhundert-Seelen-Gemeinde in Niederbayern, der von Staats wegen ein Asylanten-Heim mit 300 entwurzelten Menschen aus aller Welt aufgezwungen wird? Aber wehe in unserem hochpreisigen, Wert stabilen Eigenheim-Areal im Speck-Gürtel wird ein spekulativer Leerstand zu gleichem Zweck verwendet...

Wohl gemerkt, ich tadele den Schutz der eigenen Interessen nicht, denn ich würde eine möglicher Weise derart verursachte Wertminderung oder gar Verslummung auch nicht wollen. Aber ich erkenne die politischen Mechanismen, die im Ausland für die heutige Situation gesorgt und in den eigenen Grenzen wider besseren Wissens nicht zu längst zu treffenden Vorkehrungen geführt haben.

Auf meinen Reisen durch heute mehr denn je betroffene Länder habe ich zum Teil die Absurdität der westlichen Entwicklungshilfe mit eigenen Augen gesehen. Sie manifestierte sich zum Beispiel in zwei bundesdeutschen Organisationen,die unterschiedlicher nicht sein konnten:

Damals hatten sie noch die Abkürzungen DED (Deutscher Entwicklungsdienst) und TED (Technischer Entwicklungsdienst). In ersterer schufteten überwiegend ehrenamtliche Freiwillige für ein Taschengeld unter permanentem Mangel an Mitteln rund um die Uhr, um Schulen, Agrarlandschaften, Krankenhäuser und Wasserversorgung zu etablieren. In der anderen arbeiteten hoch bezahlte Spezialisten - nicht selten von unseren Diensten flankiert oder in Kooperation mit denen -, um für die Deutsche Export-Wirtschaft wichtige Märkte zu bereiten. Beispielsweise indem sie TV-Stationen, Telefon-Netze  und  Tonstudios aufbauten, Oder Produktionsstätten installierten, an denen zu Niedrigstlöhnen produziert werden konnte. Fällt denn in jenen Ländern keinem außer mir diese täglich dokumentierte Diskrepanz zwischen Flächen deckendem Smartphone-Besitz und der gleichzeitigen Unterversorgung bei Nahrungsmitteln auf?

Das klingt jetzt vielleicht ein wenig nach wütender Verallgemeinerung, wenn ich sage, dass ich Erstere unter primitivsten Lebensbedingungen einem erheblichen Gesundheitsrisiko ausgesetzt gesprochen habe, während ich von Letzteren entweder in Dienst-Villen mit Personal oder in exklusiven Ausländer-Clubs empfangen wurde.

Ausdrücklich entschuldige ich mich hier bei den wenigen Ausnahmen.

Beispielhaft erinnere ich mich an ein Gespräch am Pool einer solchen "gesellschaftlichen Einrichtung" während der frühen 1980er in Djakarta. Zwei Ehepaare unterhielten sich über ihr indonesisches Haus-Personal und deren Eigenheiten beim Versorgen der Wäsche. Das Interessante dabei: Das eine Paar war im Auftrag des Goethe-Institutes nach einem Jahr in der Heimat gerade wieder "reuig" in den Auslandsdienst zurück gekehrt, weil es daheim weder mit dem Verdienst noch mit den einfacheren Lebensbedingungen zurecht gekommen war...

Die Welt ist zu klein geworden für Völkerwanderungen im großen Stil. Schon bei der individuellen Integration im großen Zeitrahmen - wie hier in unserem Stadtteil - gibt es häufig noch Sand im Getriebe. Aber wie wäre den Verzweifelten aus Afrika hier mit einer geregelten Aufnahme geholfen? Es bliebe ihnen die Wahl zwischen dauerhaftem Sozialfall und Niedriglohn-Sklave. Eine weitere soziale Unterschicht würde geschaffen, in der es nicht aufhörte zu brodeln - angesichts des Reichtums, der sie einst zum  desperaten Aufbruch aus der Heimat verleitet hatte.

Statt Entwicklungshilfe unkontrolliert in die Taschen von Potentaten fließen zu lassen, hätten die Milliarden mit sehr viel mehr Geduld und Fürsorge in "blühende Landschaften" investiert werden können. Das Beispiel im eigenen - auch unter Schmerzen -  wiedervereinigten Land zeigt ja, was in zwei Jahrzehnten machbar ist, um soziale Gefälle durch bessere Lebensbedingung und Investitionen in Infrastruktur abzuflachen.

Aber hinterher ist man ja immer schlauer.



Montag, 14. Oktober 2013

Gott darf nicht Allah genannt werden

Wenn ich morgens zu meinem tunesischen Supermarkt gehe und sehe, dass der Laden voll ist mit den Liefer-"Homies" des Besitzers (zu erkennen an ihren leicht zauseligen Bärten und den weißen Häkelkappen) sage ich stets an alle gerichtet: "Salam aleikum!"
Sie antworten dann fast einstimmig und im - wie ich meine -  Bewusstsein des freudigen Erkennens mit: "Grüß Gott!"

Ganz am Anfang - bevor ich während des sogenannten "Arabischen Frühlings" sein Stammkunde wurde - habe ich den Besitzer gefragt, ob das in Ordnung geht, wenn ich "salam aleikum" sage. Und er antwortete: "Das ist doch ein Zeichen von Respekt, wenn einer auf Arabisch wünscht "Friede auf Euch!". Ich sage doch auch "Grüß Gott" zu Ihnen, um Ihren traditionellen Gruß in Ihrer Tradition zu beantworten..."

Seither ist die Sache zwischen uns und seinen Adepten, dem Metzger, dem Gemüse-Mann, dem Bäcker und den Zulieferern klar. Doch wie lange noch? Muss ich bald auf diese Freundlichkeit gepaart mit preiswerter, qualitativer Frische verzichten?

Heute lese ich nämlich, dass ein oberes Malaysisches Gericht einer katholischen Zeitschrift des Landes die Benutzung des Wortes Allah als Synonym für Gott untersagt hat. Wäre das eine Reaktion auf den Katholizismus, wie ihn  Protz-Bischof  Tebartz van Elst repräsentiert, könnte ich das verstehen, aber hier geht es um das staatlich sanktionierte  "Allein-Verwendungsrecht" des Wortes Allah ausdrücklich n u r für Muslime.

Das ist der Gipfel der Intoleranz in einem Staat, der seine enorme Bedeutung und seinen Einfluss in der ASEAN-Region ursprünglich mehr seinem Label "Multikulti" als seinem Öl und anderen Bodenschätzen zu verdanken hat.

Wer meine diversen Blogs liest, weiß - dass ich paranoid wie ich bin - die Hauptgefahr für den Weltfrieden aus genau der Ecke erwarte, in der einst übereifriges Missionieren der christlichen Kirchen ohne Rücksicht auf kulturelle Wurzeln derart viel Schaden angerichtet hat. Die van Elsts jener Zeit, die der christlichen Oberschicht nach dem Mund gepredigt haben (z.B. Marcos-Clan) haben eine derartige Wut erzeugt, dass der gewaltbereite Salafismus sogar dem überwiegend friedfertigen Buddhismus den moderaten Einfluss abgegraben hat.

Der Schrecken dieser Gewaltbereitschaft beruht nämlich darauf, dass die spät mohammedanisch eingeschworene Mittel-und Unterschicht auf den verstreuten Inseln nicht fragt, ob ihr Gemetzel im Einklang mit dem Koran steht. Es geht ausschließlich darum, frühere religiös protektionierte Ungerechtigkeiten mit Hass und Blut zu vergelten...

Wer wiederum eine Ahnung bekommen will, wie CIA und später natürlich auch  die NSA in dieser Region für Zündstoff gesorgt haben, sollte bei der Suche nach der Ursache meiner erneuten Empfehlung der Lektüre "The Ugly American" von Eugene Burdick und William  Lederer aus dem Jahre 1958 folgen. Was wirklich nicht mir Antiamerikanismus zu tun hat, weil es die eigenen Leute sind, die diese Ignoranz brandmarken...

Es ist einfach nicht zu fassen, dass der friedliebende Teil dieser Erde immer und immer wieder von der kriegstreibenden Intoleranz unter dem Schutzschild der Religion ins "Grauen" geführt wird.

Also - liebe Leser - argumentiert für die Toleranz, wo Ihr nur könnten!!!

Freitag, 11. Oktober 2013

Achtung! Oma und Opa auf der schiefen Bahn

Nein, nein das war offenbar kein Hörfehler, der mich da nächtens vorgestern bei den Spätnachrichten ereilte. Da hieß es nicht etwa: Mehr Achtung für Oma und Opa! Vielmehr war das ein Hinweis auf die dramatische Zunahme der Alterskriminalität.

Leute in meinem Alter seien immer häufiger in massive Straftaten verwickelt – und zwar nicht wie bisher überwiegend als Opfer, sondern als Täter von zunehmender  Skrupellosigkeit. Bei der Motiv-Suche rangierte natürlich an erster Stelle die viel zitierte galoppierende Altersarmut; also die nur von unserer Dauer-Kanzlerin in Frage gestellte Tatsache, dass nach lebenslanger Arbeit, die Rente ohne zusätzliche Aushilfsjobs hinten und vorne nicht mehr reicht…

Andere Motive seien Lebensverdrossenheit durch den Verlust von Perspektiven.
Entweder ich habe es im TV-Schlaf schon verdöst oder sie ist als Auslöser noch nicht erforscht: Die grenzenlos wachsende Wut aufgrund einer Wehrlosigkeit bei perfiden Abzockungsversuchen im Alltag älterer Menschen.

Ich jedenfalls habe eine Woche hinter mir, die mein ansonsten friedfertiges Wesen in seinen Grundfesten erschüttert hat und die mich im allnächtlichen Schlafloch wüste Phantasien von Drive-by-Shootings oder Bombenwerfen durchleben lässt.

Beispiel 1: Noch vor Wochen in der Zweitheimat sitze ich auf einer Klippe am Meer und träume. Da klingelt mein Handy:
„Ja, lieber XY-Kunde, wir haben  gerade festgestellt, dass Sie ja immer noch Ihr altes Modem nützen, obwohl wir ja jetzt diesen fabelhaften Glasfaser-Highspeed-Router bei Ihnen installieren könnten.
„Also, das klingt ja ganz interessant, aber Ihr Angebot trifft mich hier in Italien. Ich bin gerade beim Wellenzählen und muss mich deshalb ganz arg konzentrieren. – Ach, außerdem mache ich keine geschäftlichen Dinge am Telefon. In vierzehn Tagen bin ich wieder in München. Sie können mir das ja dann schreiben…“

Kaum war ich mit dem Koffer durch die Tür ereilt mich in München der nächste Anruf;
„Ja, ich bin’s noch mal“, flötet die nette Dame mit dem heimeligen Hamburger Singsang. „Dieser Glasfaser-Router hat nicht nur ein irrsinniges Tempo, sondern auch eine Telefon-Flatrate inklusive. Dazu bekommen Sie drei Monate kostenlose Nutzung. Aber das Tollste – wenn Sie Besuch haben, können sich bis zu vier Personen zusätzlich einloggen. Das ganze für nur 4,50 Euro mehr pro Monat.“
„Aber… Sie können doch sicher sehen, dass ich schon alt bin und viel mehr Geschwindigkeit im Netz gar nicht mehr verkraften kann...“

Ehrlich gesagt, sie war nett, und ich wollte sie eigentlich nur loswerden, deshalb willigte ich ganz gegen meine sonstigen Gepflogenheiten ein. Ein riesiger Fehler, denn ich löste damit eine Ketten-Reaktion modernster Fehlleistungen aus, die mich bis gerade eben kurz vor dem kompletten Nerven-Zusammenbruch auf Trab gehalten hat.

Vor einer Woche kam das Modem ohne Vertrag. Der erläuternde Begleitbrief  lag erst vier Tage später im Briefkasten. Da hatten meinen Sohn und ich schon versucht, das neue gegen das alte Modem auszutauschen. Die nette Dame von der Marketing-Abteilung für "Gerontos" hatte ja gemeint, das könne man ohne technische Hilfe selber machen. Am Ende gingen beide Modems nicht mehr. Seit Tagen war ich ohne Netz und schrieb meine Blogs daher auf Vorrat, denn zurück rufen kann man das Callcenter natürlich nicht, und die Hotline kostet zwei Euro pro Minute in der zehnminütigen Warteschleife, weil ich einen Handy-Vertrag von einem anderen Provider habe. Der eigene XY-Montagedienst, der ja eigentlich nicht nötig wäre, löhnt 69 Euro - erfuhr ich aus der Packungsbeilage

Eine andere nette Dame in der Kunden-Chatline schickt uns daher dann einen Mann von der Telekom vorbei, weil sie einen Schaltfehler diagnostiziert hätte. Während der unterwegs ist, erreicht mich eine SMS, ich solle das zugesandte Gerät ja nicht anschließen, weil ich ein falsches bekommen hätte. Der Telekom-Mann sagt dann aber, dass das Gerät doch das richtige sei. Aber es mache jetzt  keinen Sinn mehr, noch ein altes Modem vor der Freischaltung für das neue zu installieren. Dann ruft wieder einer von der Technik-Abteilung des Providers an und sagt nach den zwei Dutzend Fehlversuchen meinerseits: “Schön, dass ich Sie endlich erreiche. Also, es ist alles in Ordnung…“

Ich hatte aber immer noch kein Netz – kann also noch nicht einmal Cyber-Mobbing  auf den Provider ausüben.

Was macht einer ohne Netz?

Beispiel 2: Er sagt - die Zeit nutzend - Leuten die Meinung, die es längst schon einmal verdient gehabt hätten – nämlich seinen Bank-Beratern. Die melden sich zwar einerseits  jedes Mal mit Anlage-Tipps, wenn das Konto nur einen Hauch im Plus ist, aber haben andererseits ganz offenbar übersehen, dass ein von ihnen einst in höchsten Tönen gepriesenes Langzeit-Investment dabei ist, den Bach runter zu gehen.

Wieder ein schwerer Fehler.

Hat schon mal einer versucht, einen Banker mit unangenehmen Tatsachen zu konfrontieren? Zu zweit erwarten sie dich und haben auf jedes vorgebrachte Argument ein doppelte so gewichtiges  zur Entkräftung.  Und das wird dann in einem Tempo vorgebracht, dass der Schweiß an dir herunter tropft und du die Bank verlässt, als wärst du mit beiden Klitschkos hintereinander über die volle Runden-Zahl gegangen.

Genau in solchen Phasen bedauere ich seit neuestem sehr, dass meine Tage als Hals-und-Beinbruch-Reporter so weit zurück liegen, dass ich noch nicht mal mehr jemanden kenne, der mir – rein theoretisch natürlich - über Nacht eine Kalaschnikow und ein paar Handgranaten besorgen könnte.


Mehr Achtung vor Oma und Opa! Ich kann Euch nur warnen!

Übrigens kam gerade noch eine zweites, völlig identisches neues Modem...

Montag, 7. Oktober 2013

Ohnmacht der Allmacht

Wer heutzutage journalistische Inhalte konsumiert, kann sich nicht mehr darauf verlassen, dass deren Wahrheitsgehalt nicht tendenziellen Färbungen unterliegt. Die Presse oder besser der Journalismus insgesamt hat eine vermeintlich Allmacht erreicht, die den Bildungsbürger zum ohnmächtigen Beobachter degradiert. Gerade wenn er gewohnheitsmäßig auch noch mehrere Quellen konsultiert. Denn das überreichliche Angebot an Information generiert auch eine automatischen Folge-Berichterstattung, bei der das jeweilige Medium schlecht da stünde, wenn es selbst auf bereits abgefahrene Züge nicht mehr aufspränge. Dabei "verunfallen" aber regelmäßig Zusammenhänge schwer - wenn nicht gar tödlich...

Ich will gar nicht mehr auf den vergangenen Wahlkampf abheben, obwohl der so "amerikanisch" war wie keiner seit Geburt und Wiedervereinigung dieser Republik. Amerikanisch bedeutet in diesem Fall, dass die Verunglimpfung des politischen Gegners Vorrang vor der Auseinandersetzung mit dem Inhalt seiner Programme hat.
Wenn es den "Spindoctors" aus dem Umfeld der Kandidaten gelingt, den Gegner wegen Kleinigkeiten zu disavouieren, erledigt die Journaille schon den Rest und die Meinungsforscher in deren Diensten machen flugs einen Trend daraus: Dann ist einer schnell pädophil, oder ein altersdebiler Sexist, ein respektloser Stinkefinger-Zeiger, ein militanter Vegetarier, weil ja auf schwule Amtsaspiranten nicht mehr eingeprügelt werden darf. Dafür hat allerdings nicht eine alltägliche Toleranz gesorgt, sondern die überproportional in Dayli Soaps als "Kolorit" vorkommenden Schwulen, die uns Demokratie-Dödeln vorgaukeln, Gleichgeschlechtliches sei tatsächlich in der Gesellschaft als normal angekommen. Dabei sind Ressentiments doch auf dem Vormarsch, wie wir jedes Wochenende in diversen Stadien aber auch einigen Nachbarländern der Euro-Zone mit zunehmender Rechtsradikalität erleben.

Jetzt wäre es leicht auf den sich verkettenden Journalismus einzuprügeln, aber die gewaltige Krise in die dieses Berufsbild geraten ist, wird ja nicht durch mangelnde Qualität im Handwerk geprägt. Das ist ja die Perfidie! Es sind die Rahmen bedingenden Abhängigkeiten. In einer Zeit, da so viele Redaktionen dicht gemacht, zerteilt oder eingedampft werden, in der Print durch schrumpfende Werbe-Erträge und digitale Konkurrenz auf die Unrentabilität zusteuert, schreibt jeder einzelne ums Überleben. Da wird kein Tenor mehr geprägt, sondern es gibt nur noch einen Level. Nur wenigen Kolumnisten ist es da noch vergönnt, ihre Häupter aus diesem Brei zu erheben, aber dann sieht man sie auf Ehren-Tribünen oder im Umfeld erlesener Geladener und weiß, dass das bestimmende Netzwerk sie längst korrumpiert hat.

Damit mein Geschreibsel nicht ganz so kryptisch rüberkommt, möchte ich zwei aktuelle Trendbeispiele nennen, über die der geneigte Leser sich vielleicht selbst Gedanken machen möchte:

1. Vor etwas über fünf Jahren hatte der DAX schon mal die magische 9000 im Visier. Die dem kleinen Mann suspekte Aktie erlebte eine beinahe noch nie da gewesene Begehrlichkeit. Jetzt wird die Aktie wieder in den einschlägigen Gazetten und Formaten als ideale Anlagemöglichkeit  hoch gejubelt, obwohl die Rahmenbedingungen für dauerhafte Stabilität sehr viel schlechter sind als zu Beginn der letzten Finanzkrise (US-Haushaltssperre, weltweite Staatsverschuldung und Bankrott-Bedrohung des Euro-Raumes). Wer heizt die Kurse an und wer verdient an der nächsten Finanzkrise, die so sicher ist, wie das Amen in der Kirche?
Eine Regulierung der Finanz-Märkte steht ja weiterhin nicht wirklich auf der Agenda.

2. Der "stern", unter Henri Nannen einst eine Bastion des deutschen Journalismus, wurde vor der Wahl nicht müde, Denkansätze für einen Politikwandel im Keim zu ersticken - nur damit Mutti nicht beschädigt wird. Kaum ist die Wahl vorbei und in puncto Regierbarkeit dieser Nation ein echtes Debakel entstanden, thematisiert diese moralisch so  verkommene Illustrierte überhöht auf einmal Themen in der aktuellen Ausgabe, die sie vorher geschickt diskreditiert hat: Ein Titelbild  zu der Story die vegetarische Ernährung hochjubelt und unseren zu hohen Fleischkonsum kritisiert (Veggie Day?!). Und dann dürfen noch Promis aus bedrohlich  wirkenden, schwarzweißen Porträts Schlagwort-Forderungen an eine kommende Regierung formulieren, die ja allesamt eigentlich Inhalt eines anderen politischen Kurses gewesen wären...

Und schon wird allenthalben in der Vernetzung behauptet, das Deutsche Volk hätte die Große Koalition gewählt. Das stimmt aber so nicht. Das Volk hat Angela Merkel gewählt, nur, dass es der für Weitermoderieren nicht mehr reicht. Alleine etwas anzupacken und die "Raute" ihrer gefalteten Hände aus dem Schoss zu nehmen, wird von ihr verlangt, aber wohl nicht geliefert: Die Ohnmacht der Allmacht - wenigstens das vereint sie mit ihren schreibenden Speichelleckern....

Mittwoch, 2. Oktober 2013

Zwischen Nulltoleranz und Intoleranz

Zwischen der Zweitbesten und mir ist ein regelrechter Kopftuch-Streit ausgebrochen. Er spitzt sich zu, seit der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in dieser Woche das Kopftuch-Verbot für Frauen in öffentlichen Institutionen seines Landes aufgelöst hat.

Ich verstehe meine Frau, weil ich weiß, dass sie Angst um die Errungenschaften der Emanzipation hat, für die sie sich stets - und nicht nur im Berufsleben als Chefin - eingesetzt hat. Das ging sogar so weit, dass sie von mir ein Hausfrauen-Gehalt verlangt hatte, als sie wegen der Kinder einige Jahre beruflich pausierte. Dass ich kurzer Hand all unsere Geldangelegenheiten ihrer Verantwortung unterstellte, änderte an ihrer theoretischen Forderung nichts. Es ging ihr allein um das Prinzip der geldwerten Anerkennung häuslicher Arbeit - um das derart zu respektierende Berufsbild "Hausfrau".

Mit gleicher Hartnäckigkeit fordert sie nun Nulltoleranz gegenüber den Kopftuch-Trägerinnen, weil sie in ihnen arglose Verräterinnen der Emanzipation sieht, gesteuert von der "Männer-Religion", dem konservativen Islamismus. Sie verweist dann gerne darauf, wie weit und selbständig die Frauen in der Türkei, aber auch in Persien, Ägypten und dem südöstlichen Mittelmeer schon waren, ehe die Ayatollahs und der sogenannte "Arabische Frühling" sich durch die Manipulation anderer Islamisten wieder deren überkommenen Frauenbildern zu wandten.

Da hat die Zweitbeste recht, aber auch wieder nicht. Um ganz ehrlich zu sein, mir geht die ständig zunehmende Häufung von Kopftuch-Trägerinnen, die hier in unserem etnischen Stadtviertel die Kreuzung unter dem Glashaus passieren, auch ziemlich auf die Nerven. Vor allem wenn ich junge Mädchen beobachte, die sich  untenrum mit Leggins und engen Trtikots sexy bekleiden und sich das Haupt dann in dieser neo traditionellen Weise verhüllen, als sei das Ganze nur ein weiterer Modegag. Aber ich reiße mich dann stets zusammen, weil ich trotz der bedrohlichen politischen Dimension, die historische und formal rechtliche berücksichtigen muss, um nicht der Intoleranz anheim zu fallen.

Der in Frankreich nach der Affäre Dreyfus begründete Laizismus - also die strikte Trennung der Staatsmacht von jeglichen Religionen - hat ja in der Folge nur Eingang in 16 nationale Verfassungen dieser Welt gefunden. Am striktesten geschah seine Anwendung aber in der Türkei. Kemal Pascha, das alkoholkranke Militärgenie führte sie in seiner Eigenschaft als Atatürk bei der Gründung der modernen Türkei in die neue Verfassung ein und erließ damit gleichzeitig für "Laien" das Verbot, Fez und Schleier als äußeres Zeichen der Relgionszugehörigkeit zu tragen. Dieser ataatspolitische Vorgang ist aber nicht demokratisch, sondern eher despotisch erfolgt. Weshalb die Türkei im Folge-Jahrhundert möglicherweise immer Schwierigkeiten hatte, diese oktroyierte Demokratie zu stabilisieren.

Immer wieder trat das Militär mit einem Putsch erneuten Islamisierungsbestrebungen  gewählter Regierungen entgegen. Auch Erdogans erster Versuch, die Macht zu übernehmen, scheiterte daran, dass er mit seinem überdeutlichen Bekenntnis zum Islam eigentlich gegen den Laizismus verstieß. In der Folge ist aber durch partielle Verfassungsänderungen auf demokratische Weise sein Weg zur Macht nicht nur geebnet worden, sondern auch soweit gediehen, dass er jüngst sogar das Militär durch die angebliche Aufdeckung einer fragwürdigen Verschwörung in seine Schranken verwiesen hat.

Die Aufhebung des Kopftuch-Erlasses erfolgte also mit rechtsstaatlichen Mitteln (Ähnlichkeiten zu Mohammed Mursis Handlungen sind da sicher nicht zufällig) und gleichzeitig mit beschwichtigenden Zugeständnissen an andere Religionen, die bislang in der Türkei unter Restriktionen zu leiden hatten. Als Beleg für die freie Entscheidung beim Kopftuch-Tragen, werden jetzt allenthalben weibliche Mitglieder von aufgeklärten Familien vor die Kameras geschickt, bei denen eine Kopftuch trägt, während die andere darauf verzichtet.

Erdogans Ehefrau Emine jedenfalls darf nun auch zu offiziellen Anlässen in der Heimat eingeladen werden und dabei Kopftuch tragen - wie dies im übrigen auch ihre beiden in den USA studierenden Töchter tun. Schließlich ist das dort ja "The Land Of The Free", und die Türkei obendrein noch der wichtigste NATO-Partner an der Grenze zum Osten...