Dienstag, 22. Oktober 2013

Beim Barte des Propheten

Wer von euch frei ist von Eitelkeit, der werfe den ersten Kamm!

Also, ich schau natürlich auch mit zunehmender Besorgnis darauf, dass meine stetig höher werdende Stirn langsam aussieht wie das Fichtelgebirge im Waldsterben. Seit dem biblischen Samson die Kraft samt güldner  Locken auf derart verheerende Art verlustig ging überwachen die meisten Männer ängstlich das Wachstum, die Befindlichkeit und das Styling ihrer Behaarung. Dafür muss einer sich nur die bildlichen Darstellungen durch die Jahrtausende anschauen. Der Häuptlingssohn vom Xingu formt seinen Schopf genauso nachhaltig wie der Rastamann auf Jamaika, und irgendwann passiert es dann im Laufe der Jahre, dass einer neue Stil-Elemente hinzufügt. Das nennt man dann Haarmode.

Dieser Post hier empfing seine Spontan-Zündung durch eine Werbepause in einem Film-Abend mit Nicolas Cage, der sich ja im Laufe seiner jüngeren Schauspieler-Karriere durch diverse Straffungs- und Implatationsmaßnahmen in eine Art Action-Zombie mit Einstein-Perücke verwandelt hat. Warum? Weil er glaubt, mit seinem natürlich welkenden Äußeren der Damen-Welt nicht mehr zu gefallen? Frag mal den Sean Connery!

Jedenfalls der Spot konnte passender nicht geschaltet werden: Er preist ein Produkt an, das der Träger von Dreitage-Bärten sich ums Kinn schmieren soll, damit die Stoppeln auf den zarten Wangen eventuell paarungsbereiter Liebespartner nicht so kratzen. Ja geht's noch - ihr Machos? Da gebt ihr den rauen, lonesome City-Ranger, um euch dann pomadig zu machen? Und überhaupt - wo sind eure Stachelbeer-Beine und das lockige Brusthaar geblieben? - Alles glatt und geschmeidig, wie es vom neuen Mann verlangt wird.

Der Dreitagebart wurde doch sowieso nur von Werbefuzzis erfunden, die den Beginn einer Präsentation verpennt haben  - wie die glücklicher Weise aus der Mode gekommenen Minischwänzchen im Genick, die zum Nadelstreifen-Anzug überspielen sollten, dass der Weg zum Friseur längst wieder fällig gewesen wäre. - Wie die überdimensionierten Hornbrillen-Imitate mit Fensterglas, ohne die kein Metro-Sexueller mehr aus zu kommen glaubt.

Ich meine, es ist ja sehr angenehm, dass durch den Trend zur Vollglatze die zum Teil lächerlichen Fifis und die Schiebedach-Frisuren (mit denn drei extra langen, letzten Strähnen vom rechten zum Linken Ohr) aus der Mode gekommen sind; aber dann gleich das anderer Extrem?

Neulich war ich auf einer Hochzeit, bei der annähernd jeder zweite der jungen Männer angeblich kein Haupthaar mehr hatte - dafür war ums Kinn herum - quasi als Gegengewicht - der Vollbart so sehr präsent, dass ich mit meinem weißen gar nicht mehr auffiel. Das war schon lustig, zu erraten, wer sich von den ehemaligen Knaben, die ich seit ihrer Jugend oder Kindheit kannte, hinter dem existenzialistischen Äußeren der 1950er verbarg. Fehlt nur noch, dass das Rauchen von Pfeifen mit langem Mundstück wieder Mode wird. Ach ja, geraucht wird ja gar nicht mehr - und wenn dann nur noch draußen: egal ob es stürmt oder schneit...

So lange Bärte nicht wieder ein Politikum werden, bleiben sie ja nur Mode. Also gebt acht - ihr zottelbärtigen Salafisten! Aufrechte, junge, Deutsche Männer recken euch nun ihre behaarten Kinnpartien entgegen, wenn ihr in unserem Land so weiter macht.

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