Donnerstag, 31. März 2011

Haiku-Projekt 2

 



Ab sofort auch in meinem Italien-Blog: Briefe von der Burg


Liebe Leser!

Was hat diese Zeichnung zu bedeuten? Wer's herausbekommt, wird belohnt:
1. Preis ein Haiku von Obelix
2. Preis zwei Haikus von Obelix
3. Preis drei Haikus von Obelix usw.

Hier drei neue

Prophet in der Wüste

Hilft’s dem Propheten,
Es gesehen zu haben,
Wenn’s wüste ihn dörrt?

Finanzielle Sicherheit

Es dreht der Schäuble
Gern am Gesetzes-Schräuble
Brüderle schaut nur


REIFE
  
Schreibend - bleibst Du hier.

Im Jetzt nur manifestiert,

Aber Du reifst nicht!


Mittwoch, 30. März 2011

Das Haiku-Projekt

Liebe Leser!


Ich bezweifle, dass unsere Kanzlerin und der Rest ihres Kabinetts noch klaren Ansagen zugänglich sind. Deshalb versuche ich es eingedenk der tapfer überlebenden Töchter und Söhne Nippons einmal mit deren Urversion der Sinnsprüche, den Haikus. Wenn Ihr auch welche habt, die thematisch passen, dann schickt sie mir bitte zur Veröffentlichung. Ab April gibt es Briefe von der Burg


http://briefevonderburg.blogspot.com/


Die Surferin

Im Wind des Wechsels
Surft gut eine Kanzlerin
Und kommt nicht voran


GROSSE GEFÜHLE

Grosse Gefühle
Sind zu rar, um sie schreibend
Aufzubewahren


Gruppenzwang

So ist sie nun mal!
Die Kalorie kommt niemals
Allein zum Essen

Montag, 21. März 2011

Nun seid doch mal schön friedlich!

In kriegerischen Zeiten hat es ein anerkannter Pazifist wahrlich nicht leicht!
Wie ich denn zu dem Flugverbot über Libyen stünde, und was ich von dem Heraushalten der Bundesregierung hielte?, wurde ich dieser Tage von drei engagierten Vertreterinnen der Generation 30 gefragt.

Das war fast wie eine dieser Zwickmühlen-Fragen, wie sie seinerzeit - als ich den Kriegsdienst am Ende der 1960er verweigerte - von den staatlichen Gewissensprüfern gestellt wurde. Ich war damals wie heute überzeugt von der verfassungsmäßigen Forderung: Nie wieder Krieg von Deutschem Boden!

Heute bin ich mir bewusst, dass es ein Privileg war, zu der einzigen Generation in der Deutschen Gesschichte gehören zu dürfen, die derart lange vor der Haustür keine kriegerischen Handlungen erdulden musste. Aber durch meinen Pazifismus habe ich wohl nicht zu diesem Rekord beigetragen - auch wenn er bis heute sehr konsequent war.

Als der SPD-Verteidigungsminister Peter Struk behauptete, unsere Freiheit werde am Hindukusch verteidigt, und die Grünen unter ihrem Außenminister Joschka Fischer diesbezüglich ihre Unschuld an die Macht verloren, waren beide Parteien für mich nicht mehr wählbar. Der Wahrheitsfindung, wie ich mich einmal selbst im Konflikt mit meinem Gewissen verhalten würde, diente diese Stimmenthaltung allerdings nicht.

Das neue Jahrtausend - so scheint mir - wird immer kriegerischer, und nun diese Frage der Damen, von denen übrigens jede eine eigene, argumentativ unterschiedliche Meinung hatte:

Spontan wäre ich für das Flugverbot über Libyen gewesen. Aber bei genauerem Hinhören wurde ja anschließendes Eingreifen von Bodentruppen von Haus aus nicht ausgeschlossen. Und was hat die Überwachung des Luftraums, bei dem es natürlich auch zur Konfrontation kommen kann, mit den bereits gezielten Lufwaffen-Angriffen auf Bodenziele  durch Franzosen, Amerikaner, Italiener und sogar Dänen zu tun? Ich kann von hier nicht beurteilen, ob die beklagten zivilen Opfer vielleicht Propaganda-Tote Gaddafis waren. Mir aber reicht es, zu wissen, dass es schon wieder einen längeren Krieg geben wird, der dem, der gegen den Irak geführt worden ist, schon jetzt zu ähneln beginnt. Und wie im Irak hat man in Libyen einem wahnsinnig wirkenden Terroristen-Unterstützer viel zu lange Verbrechen nachgesehen.

Wenn sich Deutschland heraushalten würde, weil es auf seine kriegerische Vergangenheit verweist, dann dürfte es sich auch an den Kampfhandlungen in Afghanistan nicht beteiligen, Dann hätte sich Schröder damals so verweigern müssen, wie er das dann zum Glück im Irak getan hat. Aber ach! Ich vergesse ja immer, dass Deutschland der drittgrößte Waffenlieferant der Welt ist...

Richtig schlimm schlingert aber die außenpolitische Argumentationskette unseres diplomatischen Dilettanten Westerwelle, wenn er wie ein kleines Gscheiderle (Schwäbisch für rechthaberischer Besserwisser) betont, dass er durch seine massiven Argumente am Beschluss des UN-Sicherheitsrates mitgewirkt hat.
Sich dann aber popelig herauszuhalten, nährt den Verdacht auf  perfides Taktieren im Hinblick auf anstehende Wahlen.

Merkel und Westerwelle wünschte ich nur einen Hauch von der Denkweise unseres drittten Bundespräsidenten Gustav Heinemann, der als Christ, Jurist und ganz ganz großer Staatsmann seinen Pazifismus gegen die Wiederaufrüstung, Kernkraft, atomare Bewaffnung und allgemeine Wehrpflicht formulierte.

Unvergessen eine Zeichnung des SZ-Karrikaturisten Ernst Maria Lang, der Heinemann beim ihm lästigen Abnehmen einer Bundeswehr-Parade zeigte:
Auf der einen Seite fliegen Düsenjäger, denen alle auf der Tribüne nachschauen. Nur Heinemann schaut als einziger friedlich grinsend in die andere Richtung, wo  gerade ein Vogelschwarm aufsteigt.

Dienstag, 15. März 2011

Vom Netz!

 Tut mir leid - liebe Leser! Aber die apokalyptische Situation in großen Teilen unserer Erde lähmt mich. Ich wollte eigentlich kleine, persönliche Beobachtungen und Eindrücke als Erbauung zum Besten geben. Nun schreibe ich schon seit Wochen über politische Vorgänge, die sich immer wieder in Zyklen zu wiederholen scheinen. Die Triebfeder dabei ist nichts geringeres als blanke Habgier. Gesteuert von mächtigen Lobbys, die unsere Volksvertreter wie Marionetten tanzen lassen. Wäre unsere Kanzlerin ein echter Kerl, dann hätte sie gestern abend zurücktreten müssen, nachdem sie die Laufzeitverlängerung der AKW vor kurzem noch als "alternativlos" bezeichnet hatte...
Damit Ihr mit aktuellem Bezug doch etwas zum Lesen bekommt, bringe ich hier ein Kapitel, das ich vor etwa fünf Jahren über mein Roman-Alterego Johannes Goerz geschrieben habe. Ihr seht, alles war schon mal da und   doch wird es immer schlimmer:


  Als Wilbur Dove und Johannes an diesem lauwarmen Frühlingsabend des 29. April 1986 vor das kleine Programm-Kino in der Münchner Hans-Sachs-Straße traten, hatte es sanft zu regnen begonnen. Der Art-Director und er waren noch ganz erhitzt von dem gewaltigen, ja monumentalen Geschehen in Akira Kurosawas Film-Epen  "Kagemusha" und "Ran", das sie gerade in einem "Latenight Doublefeature" gesehen hatten. Wilbur hielt sein Gesicht in den sprayartigen Niederschlag und meinte in seinem lustig britisch eingefärbten, aber perfekten Deutsch:
  "Weißt Du - in solchen Momenten spürt man die Größe und Winzigkeit des Menschen gleichermaßen. Einerseits weil da einer  in der Lage ist, stundenlang eine 'Doppelseite' nach der anderen in einer Qualität zu inszenieren, wie ich sie mir nur einmal pro Heft wünschte. Andererseits macht er aber in diesen Filmen auch deutlich, dass es immer wieder einzelne mit wenigen sind, die selbstherrlich glauben, für ihren Größenwahn tausende von für sie unbedeutenden Menschen auf dem Altar der Macht und Eitelkeit opfern zu dürfen."
  Johannes sang als Antwort leise die Titelzeile aus dem James-Bond-Film "To Live Or Let Die", um dann sarkastisch hinzuzufügen:
  "Alles eine Frage des historischen Ablaufes und des Standpunktes. Napoleon liegt im 'Dome Des Invalides" und ist für die Franzosen in den Pantheon der Geschichte eingegangen, obwohl wegen ihm Millionen unschuldiger Europäer sterben mussten. Wenn Hitlers Naziherrschaft reüssiert hätte, würde heute manches glorifiziert, was wir glücklicherweise verdammen dürfen."
 
  Es ist anzunehmen, dass die Freunde in jenem Moment eine tüchtige Portion vom radioaktiven Caesium 137 mit Bequerelle-Werten im  gesundheitsschädigenden Bereich abbekommen haben; auch Martha und Cornelius, die von Esther am nächsten Tag zum Spielen auf die noch feuchte Wiese geschickt wurden... Am 6. Mai - als die radioaktive Emission aus dem geborstenen Reaktorblock 4 nahe dem ukrainischen Tschornobyl (Tschernobyl in der damaligen Amtssprache Russisch) scheinbar gestoppt war, ergaben Messungen verschiedener bayerischer Umweltämter bereits eine Bodenbelastung von mehr als 20.000 Bequerelle. Vor dem Verzehr von Pilzen und Wild wurde in Folge des Fallouts dringend gewarnt. Das Langzeitwirken des schleichenden, lautlosen Strahlentodes wurde drastisch geschildert, machte aber zu Beginn der Badesaison bereits wieder heitereren, optimistischeren Schlagzeilen platz. Vom 26. April am frühen Nachmittag bis zum 29. April abends dauerte es, bis die russischen Behörden überhaupt einen Reaktorunfall mit zwei Todesopfern meldeten. Dass es sich um einen Super-GAU handelte, erfuhren die Sowjetbürger wie der Rest der Welt symbolträchtig erst am "Tag der Arbeit".
  Historiker und Politiker mögen das anders sehen: Aber diese Menschen verachtende Fahrlässigkeit bei der unzureichend abgesicherten Durchführung eines Experimentes und dann das Hineinschicken tausender zwangsrekrutierter und natürlich todgeweihter Freiwilliger (Liquidatoren) besiegelte aus der Sicht von Johannes die Existenz der Sowjetunion. Ohne Tschornobyl kein Gorbatschow, ohne Gorbatschow kein Glasnost und Perestroika, aber vor allem kein russisches Volk, das seine revolutionäre Stärke wieder entdecken konnte und später Jelzin aber auch Putin zumindest halbwegs daran hinderte, das alte Oben gegen eine neues Unten zu stärken.
  Johannes machte zur Stärkung seiner Paranoia folgende Beobachtungen:
  Dass zwanzig Jahre nach der Reaktor-Explosion in der Ukraine im Zeitraum 2004 bis 2006 in Zentraleuropa die Zahl der neuen Krebserkrankungen auf einmal außergewöhnlich stark - nämlich um rund zehn Prozent - anstieg, wurde nur als Fußnote und ohne ursächlichen Zusammenhang vermeldet. Vorsorge, Früherkennung und therapeutische Erfolge hatten ja andererseits dafür gesorgt, dass jeder dritte Krebspatient überlebte. Hatte nicht der britische Staatsmann Sir Winston Churchill bekannt, er glaube nur Statistiken, die er selbst habe fälschen lassen? Also nahm man weiterhin zur Kenntnis,  weil ja eine im Internet lancierte Statistik immer wieder kopiert wurde, dass Krebs nach wie vor eine Krankheit vor allem älterer Menschen ab sechzig sei. Die Trends zur Unterschreitung dieser Altersmarke, die die zentrale Forschungsstelle in Lyon bereits 2004 erkannt hat, beunruhigen offenbar keinen. - Weil sie nicht ins Programm passen?
  Dass zwanzig Jahre nach dem Super-GAU Interessengruppen aus der internationalen Staatengemeinschaft weitgehend unbeachtet daran gingen, den kurz vor dem Zerfall befindlichen "Sarkophag" um Block 4 mit einem neuerlichen Beton-Panzer zu überziehen, lässt vermuten, das der Reaktorkern immer noch vor sich hinschmort. Gut, dass das ukrainische Volk durch permanente von außen hineingetragene innenpolitische Streitigkeiten, von der Tatsache abgelenkt ist, dass es im Vorhof zur Hölle lebt.
  Dass zwanzig Jahre nach der permanenten Angst vor dem nicht beherrschbaren Risiko der Atomenergie, die damals alle Menschen weltweit befallen hatte, der Ausstieg aus ihr wieder in Frage gestellt wird, erscheint unbegreiflich. Er war ja sogar im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung manifestiert worden.  Dass dies nun ohne Regierungskrise diskutiert werden durfte, war für Johannes Beleg genug dafür, dass in Energiefragen längst oligarchische Netzwerke anstelle von Regierungen schalten und walten durften, wie sie wollten.
Die Plutokraten, die sich ihrer bedienten, verschanzten sich hinter den globalen Bedürfnissen, die ihre Lobbyisten nicht müde wurden zu predigen. Shareholder Value geben ist seliger denn direkt nehmen. Und wenn der offenbar leicht debil seinen Worten ebenso selig lauschende George Dabbelju die Notwendigkeit eines Abwehrschildes gegen atomare Bedrohung für Europa sah, dann gab es - allen voran auch ein deutscher Verteidigungsminister - gleich wieder genügend (Waffen-) Lobbyisten, die ihm zustimmten.
  Die Fugger, die Thurn und Taxis, und wie die Netzwerker der Vergangenheit noch geheißen haben, waren noch persönlich auszumachen, und dass sie manchen Herrscher mit ihren da bereits erprobten Strategien in die Schuldenfalle trieben, gehörte zum offenen Spiel der Macht in absoluter Herrschaft. Die heimlichen Herrscher in den Demokratien der Gegenwart hüpften von Beteiligung zu Beteiligung und mehrten dank unverständlicher Steuergeschenke weitgehend anonym Reichtum, Macht und Einfluss. Weil ja global mitgespielt werden musste, wurden Auslandsinvestitionen so lange mit dem Steuergeld der kleinen Leute gefördert, bis die neuen Standorte stark genug waren, komplette Produktionsverlagerungen aufzunehmen und den heimischen Abbau von viel zu teuren Arbeitskräften zu beschleunigen...
  Wie viele seiner Mitmenschen lebte Johannes jedoch weiter an der Oberfläche und genoss die friedvolle Perspektive des neuen Weltbildes, das sich da Ende der 1980er Jahre anscheinend bot. Klar gab es immer wieder dokumentarische und fiktive Hinweise auf eine Schattenwelt, aber wollte die jemand zu diesem Zeitpunkt wirklich ernst nehmen?
  Das Jahrzehnt der Habgier war schon zur Hälfte vorbei, da begann  er zu ahnen, dass im Untergrund regelrechte Armeen von "Kagemushas" - von Schattenkriegern - unterwegs waren. Aber selbstanalytisch hielt er die Gedanken für Ausgeburten seines kranken, vom Verfolgungswahn geplagten Gemütes. Rückbetrachtet wäre das, was er sich da zusammenreimt hatte, ja aber eigentlich  logisch gewesen. Wo waren denn  Tausende von vernetzten Spezialisten aus KGB, Stasi, DSP, Securitate und ähnlichen Organisationen von einem auf den anderen Tag hin verschwunden? Der Prozess wurde ja nur den wenigsten gemacht. Und wenn sie sich auch camouflierend dem Alltagsleben oder neuen Machtverhältnissen angepasst haben sollten, so litten die meisten von ihnen doch wohl allenthalben unter dem Verlust ihres Dunkelmännertums in Denk- und Handlungsweise. Sie bedurften also nur den kleinsten Anstosses, um in ihren Wirkungsmustern reaktiviert zu werden. Und der kam ausgerechnet aus den Netzwerken, die vormals traditionell die größte innere Gefahr des real existierenden Kommunismus dargestellt hatten: dem finanzstarken organisierten Verbrechen des Ostens.
  Gorbatschows Ideen hatten sich nur gerade einmal ansatzweise im Denken seiner Landsleute festgesetzt, da waren die Unterwelt-Kohorten der Clans aus Tchetchenien,  Kasachstan, Kirgisien, und Albanien aber vor allem Russland unterstützt von KGB-geschulten Brüdern durch die lockeren Maschen des eisernen Vorhangs geschlüpft und unterwegs in ganz Europa. Sie errichteten Brückenköpfe für eine Schattenwirtschaft, deren heutiger Einfluss in seinem Ausmass nicht mehr einzuschätzen ist, weil sie in vielen Bereichen bereits legal verfilzt ist.
  Der Zerfall der GUS und die Neuordnung dieses Chaos  unter bizarren scheinbar freien marktwirtschaftlichen Vorzeichen rief Jahrzehnte im eigenen Land unterdrückte oder im Ausland ausgebildete Wirtschaftsgenies auf den Plan. Privatisierte Produktionszweige, Förder- und Schürfrechte ließen - aus dem Nichts finanziert - nicht etwa den Rubel rollen, sondern in weiser Voraussicht - bevor der Euro vielleicht nicht funktionierte - gleich Dollar, Mark, Schweizer Franken und Pfund. Die Oligarchen der ersten Stunden russischer Marktwirtschaft schickten sich an, aus dem Londoner (?) Exil zum Hauptgegner der immer absolutistischer auftretenden Putin-Administration zu werden. Oh wie sich die Geschichte doch immer wiederholt!
  Während in Frankreich, Italien und sogar in Skandinavien schon bald bisweilen blutige Verteilungskriege stattfanden, blieb das wiedervereinigte Deutschland oberflächlich betrachtet verschont. Weder die Kriminalstatistik noch die innere Sicherheit wurden sondermaßen tangiert. Die jeweiligen Innenminister klopften sich derartig nachhaltig auf die eigene Schulter, dass es ihnen schon richtig wehtun musste.
  Dabei war die Strategie der Schattenmänner doch so simpel. Waren die beiden Deutschlands zuvor die ideale Pufferzone zwischen Ost und West, bot die neu manifestierte Rechtsstaatlichkeit der vereinigten Bundesrepublik den Schutzschild über einer Aufmarschzone für "Kagemushas" jeglicher Couleur. Die Angst, als fremdenfeindlich zu gelten, keine federführende Rolle beim Zusammenschluss Europas zu spielen und letztlich im globalen Ausverkauf als Standort nicht attraktiv genug zu sein, zeitigte eine Freizügigkeit, die die neuen Gäste nutzten, ohne im statistischen Sinne straffällig zu werden. Von Deutschland aus wurde geplant, verwaltet und strategisch gedacht, aber nur selten operiert; eine Transitzone des organisierten Verbrechens.
  Hätte ein durchgeknallter gesamtdeutscher Minister der ersten Stunden nicht versucht, seine Eheprobleme ausgerechnet mittels Trittbrett fahrender Amateur-Killer aus dem Osten zu lösen, keiner hätte geahnt, dass solche Dienstleistungen neuerdings auch zwischen Oder und Rhein im Angebot waren. Die großen Strategen des trüben Geldflusses waren den gierigen slawischen Mädchenhändlern und den vietnamesischen Zigarettenschmugglern für ihre blutigen Fehden mitunter geradezu dankbar. Wenn sie aufflogen, war das ein Beleg für die intakte innere Sicherheit, lenkte und schreckte gleichzeitig ab.
  Das World Wide Webb war dabei von Anfang an ein Reaktionsbeschleuniger für kriminelle Energien. Blitzschnelle Geldtransfers, angezapfte Datenbanken, verschlüsselte Quellen mit wechselnden Absendern - der illegale Welthandel nahm unfassbare Dimensionen an. Er funktionierte aber wieder nur, weil es genügend williges Fußvolk gab, dass an der Oberfläche in Bewegung gesetzt werden konnte.
 
  In dem kleinen Spektrum, das Johannes ganz persönlich betraf, waren die Ausmaße zunächst noch nicht so ersichtlich. Es begann damit, dass Bank und die Steuerkanzlei ihm dringend anrieten, aus steuerlichen Gründen in Mietwohnungen zu investieren. Zufälliger Weise war ein von der Bank finanziertes Objekt gerade fertiggestellt. Dass es für die Lage viel zu teuer war? Wen kümmerte es. Abschreibungen und die Mietgarantie der ersten Jahre bei einer boomenden Nachfrage machten aus dieser Investition eine todsichere Sache. Dass kein normaler Mieter, sich die Miete leisten können wollte, war dem Vermieter-Novizen Johannes nicht bewusst. Er musste sich ja nicht darum kümmern. Hauptsache die hohe Miete wurde pünktlich bezahlt. Die Mieter: ein türkischer Groundmanager einer nahöstlichen Fluggesellschaft und ein italienischer Außendienstmann eines großen paneuropäischen Gewerbeküchen-Herstellers hatten ja auch perfekte Referenzen. Das ging so lange gut, wie die Mieteinnahmen garantiert waren... Dann kündigten diese Scouts oder zogen das deutsche Mietrecht heran.
   Zur gleichen Zeit etwa muss wohl in der Hamburger Bürgerschaft die Idee gereift sein, nach dem Vorbild der Docklands in London aus dem Potenzial der alten Speicherstadt und diverser anderer Liegenschaften des Freihafens ein Schickimicki-Zentrum mit teuren Lofts und einer pompösen Kulturszene zu schaffen; ein Milliardengeschäft, bei dem die Hansestadt einerseits die sozialen Fehler der Londoner Docklands nicht wiederholen, die einheimischen Investoren anderseits sich aber mindestens auch eine genauso goldene  Nase verdienen wollten. Unter den potenziellen Investoren waren vermutlich nicht wenige, die sich ihre Grundlagen im Rotlichtmillieu  zwischen St. Pauli und St.Georg geschaffen hatten und nun vor der neuen Brutalität albanischer und österreichisch-jugoslawischer Syndikate in die seriöse Geschäftswelt hinüber wechseln wollten. Wenn in den "romantischen" Tagen der Reeperbahn mal ein "Schrittwechsel" vorgenommen wurde, wie ein Auftragsmord im Luden-Deutsch hieß, dann war das eine große Sache, die die "Geschäfte"  für eine gewisse Zeit weitgehend lahm legte. Das freie Schaffen kosovarischer und albanischer Auftragskiller hingegen fiel gar nicht weiter auf, denn es betraf ja meist illegal im Land weilende, nicht aktenkundig erfasste Opfer, die genau wie ihre Mörder (dies unmittelbar nach dem Hit im Chaos der Balkanstaaten) zudem auch so spurlos wieder verschwanden, wie sie aufgetaucht waren. Da das Killergeschick der Herrschaften aber bisweilen auch in eine Grauzone zu den alten Kiez-Größen hineinreichte, waren diese nachhaltig vor einer Eskalation gewarnt, in der sie nur verlieren konnten.
  Während die Oberfläche des sich langsam einigenden Europas noch einmal in Bewegung geriet, wies der "Unterweltatlas" bereits erstaunlichere Verwerfungen auf. Durch Golf- und Balkankriege abgelenkt, passierte folgendes weitgehend unbemerkt von den Sicherheitskräften:
  An der französischen Riviera setzten sich die Russen fest und dehnten sich westlich gegen die traditionellen nordafrikanischen und altfranzösischen Kräfte Richtung Marseille aus. Unvorbereitet hatten die weder Geld, noch Logistik in den benötigten Ausmaßen und schon gar nicht genügend Gewaltbereitschaft entgegen zu setzen. Gen Osten marschierten die Russen in Richtung Genua unverdrossen auf traditionelles Terrain der Mafia zu, die wiederum nach dem Mord an Giovanni Falcone am 23. Mai 1992 alle Hände voll zu tun hatte, um ihre geschwächten Strukturen im heimatlichen Sizilien vor dem Verfall zu retten.
  Toto Riina, der vermutlich überschätzteste Pate der Cosa Nostra (die legal operierenden Familien mit Verbindungen zu Silvio Berlusconi waren ja für staatliche Strukturen viel gefährlicher) hatte einen Teil seiner exekutiven Spitzenkräfte vor dem Generalverrat ins schöne Allgäu ausgelagert, wo sie als Pizzabäcker,  Servierkräfte und Feinkosthändler ein derart bürgerliches Leben führten, dass einer es gar in den Gemeinderat und ein anderer in den Vorstand eines Fußballvereins schaffte.

Im Jahrzehnt der Habgier hatte sich der Staat aus nahezu allen Bereichen, die ihm historisch aus volksfürsorglichen Gründen zugewachsen waren, zurückgezogen und sie kapitalisiert: Energieversorgung, Post- und Fernmeldewesen wurden wie Bahn und Schiene zunehmend profitorientierten unübersichtlichen Netzwerken überlassen. Der Kartellschutz wurde auf dem Altar Europas nahezu vollständig einem größeren Wettbewerb geopfert, der angeblich dem Bürger dienen sollte, ihn in Wirklichkeit aber zunehmend arbeitsloser machte. Manager und Aufsichtsräte (darunter auch Gewerkschaftsführer), die Fusionen einleiteten oder absegneten und sich dabei im erwiesenen Tatbestand der Untreue mit Abermillionen die Taschen füllten, erhielten verhältnismäßig kleine Geldstrafen, wo der kleine Mann bei verhältnismäßig kleineren Vermögensschäden für verhältnismäßig lange Jahre in den Knast wanderte.
  Aber das reichte den Plutokraten noch nicht. Diese neu verteilte Wirtschaftsmacht setzte ja Mittel für Korruption, Kartellabsprachen und politische Ränkespiele frei, die den Arbeitsmarkt zu einer willkürlichen Experimentier-Plattform machten. Ein Schachbrett der Macht, auf dem Gewerkschaftlern und Politikern nur noch die Rollen als Bauernopfer zugewiesen wurden. Da werden ganze Betriebszweige an Pleitiers verkauft, nur damit man sich nicht noch selbst die Hände beim Stellenabbau schmutzig machen muss. Da werden bei einem ehemaligen Staatsbetrieb 50 000 Jobs zu längeren Arbeitszeiten und weniger Lohn an eine Betreibergesellschaft ausgelagert, und die Gewerkschaften, denen die Mitglieder in Scharen davon laufen, bieten nur noch ein Bild des Jammers. Warum? - Weil sie sich viel zu lange auf den vermeintlichen Konjunkturschutz eingelassen hatten. Händchen falten, Köpfchen senken und nur an den Aufschwung denken! Gab es das nicht alles schon mal? Kaum zu glauben, dass auf deutschem Grund und Boden schon mal Betriebsräte historisch politischen Einfluss hatten. Wo waren die denn in diesem Treiben? Ja richtig, sie tanzten von VW mit reichlich Spesen ausgestattet Samba an der Copa Cabana.
 
  'Der Terrorismus hat dann sein Ziel erreicht, wenn ein Gemeinwesen zu dessen Bekämpfung seine rechtsstaatlichen Prinzipien in Frage stellt', hatte Johannes in den Publikationen eines ehemaligen RAF-Anwaltes gelesen. Der Bundesbürger musste drei Jahrzehnte später lernen, dass das auch unter vermeintlich rechtsstaatlich Politgrößen wie Schröder, Schily, Fischer und Steinmeier passieren konnte, also waren dann zunehmende Angriffe des in jener Zeit aktuellen Innenministers Schäuble auf die geschützten  Daten seiner Bürger nicht die logischen Folgeerscheinungen?
  Musste nicht die Frage erlaubt sein, wieso ein US-Präsident um die Rechtsstaatlichkeit seines Landes innenpolitisch zu erhalten, das Unrecht als Export-Gut via CIA nicht nur nach Guantanomo Bay auslagerte, sondern Bündnispartner damit infizierte? Das alles im Namen eines Kampfes gegen ein Terror-Netzwerk, das in erster Linie und vor allem eines deutlich macht: Die Milliarden verschlingende Unfähigkeit der ja auch erheblich miteinander vernetzten Dienste.

Donnerstag, 10. März 2011

Ja wer verzapft denn sowas?

Da streich mir aber mal einer meinen Zapfen! Am besten in Schwarzrotgold! Es lebe der deutsche Militarismus!

Eigentlich wollte ich über seine von und zu Plagiatlichkeit ja niemals mehr ein Wort verlieren. Aber nachdem er nach heutigen Umfragen mit 72 Prozent eher noch mehr Zustimmung aus dem offenbar völlig unethischen- und rechtsfreien, deutschen Raum bekommt, muss ich meiner Wut einfach ein paar Zeilen widmen.

Während ich das schreibe, wird auf nicht weniger als fünf  Kanälen der "Große Zapfensttreich" für den Ex-Doktor und seinen Nachfolger zelebriert. Wenn die Kommißköppe ihre ewig gestrigen Rituale an einer Stelle begehen, auf der auch Hitler mit Fackeln aufmarschieren ließ - meinetwegen. Aber muss dafür von meinen Gebühren mitfinanzierte, beste Sendezeit verbraucht werden?

Ich finde das ungeheuerlich. Der große Zapfenstreich ist eine Ehrensache der Wachbataillone. So feierlich wie das Gelöbnis der Soldaten, die auf unsere Republik schwören. Ein Gelöbnis, das zu Guttenberg - auf anderer Ebene zwar - so arrogant mit Füßen getreten hat. Die schwarzgelbe Regierung bedient gewissenlos den PR-Apparat, um ihren Hoffnugsträger mit aller Macht vielleicht doch noch zum Comeback zu bringen. Gibt es denn niemanden, dem die Unversehrtheit unseres bißchen Restethos am Herzen liegt?

Dabei ist die Frage doch so einfach zu stellen:
In den Vereinigten Staaten von Amerika muss ein neuer Minister vor einen Ausschuss, bevor er sein Amt antreten darf. So ein Ausschuss läßt sich im Bedarfsfall auch im Bundestag beantragen, wenn Schaden von unserem Land abgewendet werden soll.

Da wird sich dann doch wohl einer finden, der folgende einfache Frage formuliert:
"Herr Minister. Es stellt sich heraus, dass einer Ihrer promovierten Kandidaten für den Posten eines Staatssekretärs bei seiner Doktorarbeit plagiiert und sich unlauterer Mittel bedient hat. Würden Sie ihn berufen?"...

Mittwoch, 9. März 2011

Ein finsterer Fasching

Die Seelen der Narren sind unergründlich.Vielleicht verzeiht man ihnen deshalb so manches und lässt sie einmal im Jahr toben. Gerade für meine jüngeren Leser habe ich deshalb heute einmal in meinen Manuskripten gestöbert und gebe Erinnerungen an Vorgänge wieder, die genau 20 Jahre her sind. - Vielleicht ganz angebracht zum Nachdenken, während es in der arabischen Welt ums Leben oder Sterbenlassen geht...



  In St. Christoph am Arlberg genehmigte ich mir während des InterSKI-Kongresses in St. Anton nach dem Skifahren auf der Sonnenterrasse  der Hospiz-Alm eine außergewöhnliche Flasche Rotwein mit Blick in die Ferne. Es war das Faschingswochenende 1991 mit traumhaften Schneeverhältnissen, aber das durfte nur dezent genossen werden, denn es herrschte Krieg.
  Wo immer sonst auch normalerweise Fasenacht oder Karneval gefeiert wurde, blieben alle Narren und Jecken stumm. George Bush der Ältere – der Bush ohne  „Dabbelju“ – hatte seinem einstigen Waffenkameraden aus dem Golfkrieg Eins gegen den Iran, Saddam Hussein, die Freundschaft aufgekündigt und ihm mit UN-Unterstützung den zweiten Golf-Krieg erklärt. Es ging natürlich wieder mal ums Öl, und da ordneten selbstverständlich auch alle christlich sozialen europäischen Vasallen pietätvoll und solidarisch ein staatliches Lach- und Spaßverbot an. 

Ich war ohnehin ein Faschingsmuffel, aber mich ärgerte  da besonders die unreflektierte Verbeugungshaltung der übrigen Nationen vor einem US-Präsidenten dessen Familienwurzeln tief in den Sumpf des internationalen und oft recht schmierigen Ölgeschäfts reichten. Ich nahm mir vor, künftig wieder stärker auf persönliche Wahrnehmungen zu vertrauen. Aber das machte mich nicht gefeit gegen das Unfassbare.

  Ein Jahr später saß unsere streng katholische Lana Mukovic verheult an unserem Frühstückstisch. Die kroatische Haushaltshilfe aus einem Dorf an der Grenze zu Bosnien hatte soeben alle nicht zwecks Arbeit in Deutschland lebenden Familienangehörigen verloren. Unter dem Deckel von Titos Vielvölker-Kochtopf einander seit Jahrzehnten friedlich gesonnene – ja eigentlich befreundete  -  Nachbarn, die sich einer muslimischen Miliz angeschlossen hatten, seien in das nagelneue Haus der Mukovic eingedrungen und hatten die im Keller versteckten Großeltern, Tanten, Nichten, Neffen und Enkel massakriert, ehe sie alles zusammengeschossen oder angesteckt haben...

Es war Rosenmontag 1992, und draußen in Deutschland tobten die Narren. Selbst dann dachte keiner je wieder daran, sie zu bremsen, als die Schrecken von Srebrenica in die Nachrichten sickerten oder die Rotgrüne Koalition zum Ende des Jahrtausends - eigentlich gegen  eigene programmatische Grundsätze und moralisch schon gar nicht mit der Verfassung konform - deutsche Soldaten im NATO-UN-Verbund zu den IFOR und SFOR-Truppen als Verstärkung und mit Kommando-Funktion auf den Balkan und in den Kosovo entsandte...

Wir feiern Fasching im Krieg! So jedenfalls hat der dahingegangene zu Guttenberg das Verteidigen unserer Freiheit am Hindukusch mutig beim Namen genannt. Da sterben also junge Landsleute - und wir lassen die Narren ihr Narrentreiben treiben? Sind denn die Unserigen 2011 weniger wert als die US-Soldaten 1991?

Donnerstag, 3. März 2011

Von "Gutti Gutti" zu "Bunga Bunga"

Je näher meine Rückkehr nach Italien rückt, desto häufiger ertappe ich mich dabei, aktuelle Vergleiche zwischen Deutschland und Italien anzustellen. Es gibt ja zweifellos zunächst eine selten thematisierte Adhäsion zwischen beiden Nationen, die weit in die Geschichte zurückreicht (am besten nachzulesen bei Heinrich August Winklers "Die Geschichte des Westens"). Emotional könnten dabei die Anziehungskräfte eigentlich  unterschiedlicher nicht sein: Beim Fußball, bei der Musik, bei der Küche oder der Lebensart beobachtet man eher Gegensätzlichkeiten, die kaum Sympathien aufkommen lassen dürften...

Nicht erst seit Goethe sind es die italienischen Momente, die deutsche Sehnsüchte beflügeln. Bei den Italienern sind es in erster Linie - und trotz mannigfaltiger negativer Erfahrungen früherer Gastarbeiter - die "teutonischen Tugenden", die anscheinend sichere Lebensumstände im Wohlstand und einer verläßlicheren Infrastruktur garantieren.

Aber es gibt  auch Parallelen beiderseits der Alpen, die uns nun umso mehr beschäftigen:
Italien lacht sich derzeit schlapp über die Gründe, die zum Rücktritt unseres Verteidigungsministers geführt haben, während wir mit erstauntem Grinsen und Kopfschütteln auf Rubys Auftritt beim Wiener Oernball warten. Ist Ruby doch die einst minderjährige Sexgespielin, wegen der sich Silvio Berlusconi, der deshalb  häufig nur noch "Bunga Bunga" genannt wird, bald vor Gericht verantworten muss.

Im Gegensatz zum "Gutti Gutti" aus dem Gotha denkt aber "Bunga Bunga" als italienischer Cavaliere gar nicht erst an Rücktritt, und ihm wird - welche Übereinstimmung -  dabei von mehr als der Hälfte seines Volkes "moralisch" der Rücken gestärkt.

Ginge es allein danach, hätte auch zu Guttenberg nicht zurücktreten müssen, denn sein Rückhalt im Deutschen Volk hat ja sogar die 60 Prozent überschritten. Und wenn man heute auf die Facebook-Sympathisanten-Seiten schaut, dann scheint jetzt erst recht ein richtiger Gutti-Kult auszubrechen. Jedenfalls ist seine Popularität weiter im Aufwind.

Der wesentliche Unterschied in Staatskrisen ist jedoch, dass die intellektuellen Italiener die aussichtlose Dummheit ihrer schweigenden Mehrheit  zu einem Feuerwerk beißender Satyre verarbeiten, während bei uns die Betroffenheit der geistigen Elite nach wie vor in letztendlich doch sinnlosen Überzeugungsversuchen ausufert.

Ein Italiener auf der Straße zu der Affäre Guttenberg befragt, lacht nur: Was? Bei der Doktorarbeit abgeschrieben hat der? Wie umständlich! Bei uns kauft man sich den Doktortitel einfach und läßt schreiben!

Zu "Bunga Bunga" gibt es übrigens bereits einen Song auf der musikalischen Basis von Shakiras WM-Song 2010  (siehe YouTube), während sich in den immer gleichen Talkrunden der deutschen Fernsehsender  die immer gleichen Protagonisten gegenüber sitzen und  sich ihre immer gleichen, zurecht gelegten Argumente um die Ohren biegen.

Angesichts der Protest- und Demonstrationsbereitschaft, die das Jahr 2010 in beiden Nationen gezeitigt hatte, könnten die politisch Besorgten vielleicht bereit sein, sich zurückzulehnen und auf eine funktionierende Demokratie zu vertrauen.

Doch gerade jetzt muss auch ernsthaft daran erinnert werden, dass in beiden Völkern schon einmal eine große Bereitschaft vorhanden war, populistischen Figuren (ohne großes Hinterfragen und vorangetrieben von einer parteiischen Presse) fanatisch zu folgen.

Mussolini und Hitler haben die Sehnsucht nach dem starken Mann befriedigt und in der folge auf die jeweiligen Oppositionellen einprügeln lassen. Indem sie die rote Gefahr beschworen, legitimisierten sie eigene Rechtsbeugungen und fanden dabei ihre willfährigen Advokaten. Ob das welche ohne zweites Staatsexamen und mit plagiiertem Doktortitel waren, ist zwar nicht überliefert - aber ihr Hang zu Terrorurteilen schon.
Wehret den Anfängen!

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, Partei-Genosse und Rückenstärker von KTZG wies übrigens heute zeitnah auf die dramatische Zunahme linker Gewalttaten im Freistaat  hin, während er die Gefahr von rechts wegen ihrer Konstanz nur so nebenbei erwähnte:

Sein Ministerium, seine Statistik...

Dienstag, 1. März 2011

Erdogan nutzt Sarrazins schwarzen Schatten

Da muss ich ja heute aufpassen, dass mein Post nicht als Einstimmen in den Kanon unserer Rechtspopulisten mißverstanden wird.

Aber zur Rede des türkischen Regierungschefs Racep Tayyip Erdogan vor Tausenden seiner Landsleute in Düsseldorf gäbe es mehr zu sagen, als ihm bloße Stimmungsmache und Wahlkampf auf Kosten Deutschlands vorzuwerfen.

Zunächst einmal zur Situation der Türkei, die Kemal Atatürk im vergangenen Jahrhundert mit dem Bekenntnis zum Laizismus - also der strikten Trennung von Staat und Kirche - vom osmanischem Stadium des "kranken Mann am Bosporus" weitsichtig auf Kurs zu einer Führungsnation im Nahen Osten gebracht hat.

Im kalten Krieg nicht nur ein verläßlicher Bündnispartner des Westens, sondern nach dem Ende des Schah-Regimes im Iran auch ein Bollwerk gegen den militanten Islam der Mullahs und Ayatollas ist der Türkei durch die Instabilität im arabischen Raum auf einmal eine machtvollen Schlüsselposition zugewachsen, die Erdogan auf Dauer für sich nutzen will. Dabei kommt ihm vor allem die tadellose wirtschaftliche Situation mit bis zu 20prozentigem Wachstum und die Heimattreue der finanzstarken Auslandstürken zugute.

Aber er denkt noch weiter: Indem er den Laizismus kontinuierlich aufweicht und zu einer Annäherung an einen wenig emanzipierten Islam animiert, könnte er auch davon träumen im arabischen Chaos wieder zu einem anerkannten  Potentaten osmanischen Ausmaßes aufzusteigen. Das wäre jedenfalls schlimmer, als den verdient selbstbewussten, am Blühen der deutschen Wirtschaft beteiligten Türken auch hierzulande einfach den Stolz auf ihr kulturelles Erbe zu gönnen. Das Wirtschaftswunder auf beiden Seiten des Bosporus dürfte allein schon ein wirkungsvolles Regulativ sein, den Rücksturz in einen islamischen Koservativismus zu verhindern.

Es sei denn, die grenzwertigen Sprüche einiger rechtskonservativer, deutscher Integrationspolitiker gössen Öl auf die schwelenden Flammen des auch hierzulande wachsenden, militanten Islam. Jetzt erst wird eigentlich richtig deutlich, was Thilo Sarrazin mit seinen überspitzten Thesen nicht nur unter den Deutschen, sondern vor allem im gegenteiligen Sinne auch bei den Deutsch-Türken anrichten könnte.

Erdogan nutzt den schwarzen Schatten Sarrazins argumentativ nämlich jetzt bereits unterschwellig für seine Ziele. Und dabei offenbart er durchaus guttenbergsches PR-Geschick, indem er beispielsweise seine Frau mit traditionell gebundenem Kopftuch bei der Eröffnung der CeBit neben unserer Kanzlerin ins Bild bringt.

Zur Erinnerung: Atatürk hatte den Fez und den Schleier verboten.Die merkwürdige Art der türkischen Frauen, ihr Kpftuch zu binden, war als Reaktion auf dieses Schleierverbot ein Diktat muslimischer Männer, die auf diese Weise unter anderem die Emanzipation ihrer Frauen unterbinden wollten...