Montag, 21. März 2011

Nun seid doch mal schön friedlich!

In kriegerischen Zeiten hat es ein anerkannter Pazifist wahrlich nicht leicht!
Wie ich denn zu dem Flugverbot über Libyen stünde, und was ich von dem Heraushalten der Bundesregierung hielte?, wurde ich dieser Tage von drei engagierten Vertreterinnen der Generation 30 gefragt.

Das war fast wie eine dieser Zwickmühlen-Fragen, wie sie seinerzeit - als ich den Kriegsdienst am Ende der 1960er verweigerte - von den staatlichen Gewissensprüfern gestellt wurde. Ich war damals wie heute überzeugt von der verfassungsmäßigen Forderung: Nie wieder Krieg von Deutschem Boden!

Heute bin ich mir bewusst, dass es ein Privileg war, zu der einzigen Generation in der Deutschen Gesschichte gehören zu dürfen, die derart lange vor der Haustür keine kriegerischen Handlungen erdulden musste. Aber durch meinen Pazifismus habe ich wohl nicht zu diesem Rekord beigetragen - auch wenn er bis heute sehr konsequent war.

Als der SPD-Verteidigungsminister Peter Struk behauptete, unsere Freiheit werde am Hindukusch verteidigt, und die Grünen unter ihrem Außenminister Joschka Fischer diesbezüglich ihre Unschuld an die Macht verloren, waren beide Parteien für mich nicht mehr wählbar. Der Wahrheitsfindung, wie ich mich einmal selbst im Konflikt mit meinem Gewissen verhalten würde, diente diese Stimmenthaltung allerdings nicht.

Das neue Jahrtausend - so scheint mir - wird immer kriegerischer, und nun diese Frage der Damen, von denen übrigens jede eine eigene, argumentativ unterschiedliche Meinung hatte:

Spontan wäre ich für das Flugverbot über Libyen gewesen. Aber bei genauerem Hinhören wurde ja anschließendes Eingreifen von Bodentruppen von Haus aus nicht ausgeschlossen. Und was hat die Überwachung des Luftraums, bei dem es natürlich auch zur Konfrontation kommen kann, mit den bereits gezielten Lufwaffen-Angriffen auf Bodenziele  durch Franzosen, Amerikaner, Italiener und sogar Dänen zu tun? Ich kann von hier nicht beurteilen, ob die beklagten zivilen Opfer vielleicht Propaganda-Tote Gaddafis waren. Mir aber reicht es, zu wissen, dass es schon wieder einen längeren Krieg geben wird, der dem, der gegen den Irak geführt worden ist, schon jetzt zu ähneln beginnt. Und wie im Irak hat man in Libyen einem wahnsinnig wirkenden Terroristen-Unterstützer viel zu lange Verbrechen nachgesehen.

Wenn sich Deutschland heraushalten würde, weil es auf seine kriegerische Vergangenheit verweist, dann dürfte es sich auch an den Kampfhandlungen in Afghanistan nicht beteiligen, Dann hätte sich Schröder damals so verweigern müssen, wie er das dann zum Glück im Irak getan hat. Aber ach! Ich vergesse ja immer, dass Deutschland der drittgrößte Waffenlieferant der Welt ist...

Richtig schlimm schlingert aber die außenpolitische Argumentationskette unseres diplomatischen Dilettanten Westerwelle, wenn er wie ein kleines Gscheiderle (Schwäbisch für rechthaberischer Besserwisser) betont, dass er durch seine massiven Argumente am Beschluss des UN-Sicherheitsrates mitgewirkt hat.
Sich dann aber popelig herauszuhalten, nährt den Verdacht auf  perfides Taktieren im Hinblick auf anstehende Wahlen.

Merkel und Westerwelle wünschte ich nur einen Hauch von der Denkweise unseres drittten Bundespräsidenten Gustav Heinemann, der als Christ, Jurist und ganz ganz großer Staatsmann seinen Pazifismus gegen die Wiederaufrüstung, Kernkraft, atomare Bewaffnung und allgemeine Wehrpflicht formulierte.

Unvergessen eine Zeichnung des SZ-Karrikaturisten Ernst Maria Lang, der Heinemann beim ihm lästigen Abnehmen einer Bundeswehr-Parade zeigte:
Auf der einen Seite fliegen Düsenjäger, denen alle auf der Tribüne nachschauen. Nur Heinemann schaut als einziger friedlich grinsend in die andere Richtung, wo  gerade ein Vogelschwarm aufsteigt.

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