Donnerstag, 3. März 2011

Von "Gutti Gutti" zu "Bunga Bunga"

Je näher meine Rückkehr nach Italien rückt, desto häufiger ertappe ich mich dabei, aktuelle Vergleiche zwischen Deutschland und Italien anzustellen. Es gibt ja zweifellos zunächst eine selten thematisierte Adhäsion zwischen beiden Nationen, die weit in die Geschichte zurückreicht (am besten nachzulesen bei Heinrich August Winklers "Die Geschichte des Westens"). Emotional könnten dabei die Anziehungskräfte eigentlich  unterschiedlicher nicht sein: Beim Fußball, bei der Musik, bei der Küche oder der Lebensart beobachtet man eher Gegensätzlichkeiten, die kaum Sympathien aufkommen lassen dürften...

Nicht erst seit Goethe sind es die italienischen Momente, die deutsche Sehnsüchte beflügeln. Bei den Italienern sind es in erster Linie - und trotz mannigfaltiger negativer Erfahrungen früherer Gastarbeiter - die "teutonischen Tugenden", die anscheinend sichere Lebensumstände im Wohlstand und einer verläßlicheren Infrastruktur garantieren.

Aber es gibt  auch Parallelen beiderseits der Alpen, die uns nun umso mehr beschäftigen:
Italien lacht sich derzeit schlapp über die Gründe, die zum Rücktritt unseres Verteidigungsministers geführt haben, während wir mit erstauntem Grinsen und Kopfschütteln auf Rubys Auftritt beim Wiener Oernball warten. Ist Ruby doch die einst minderjährige Sexgespielin, wegen der sich Silvio Berlusconi, der deshalb  häufig nur noch "Bunga Bunga" genannt wird, bald vor Gericht verantworten muss.

Im Gegensatz zum "Gutti Gutti" aus dem Gotha denkt aber "Bunga Bunga" als italienischer Cavaliere gar nicht erst an Rücktritt, und ihm wird - welche Übereinstimmung -  dabei von mehr als der Hälfte seines Volkes "moralisch" der Rücken gestärkt.

Ginge es allein danach, hätte auch zu Guttenberg nicht zurücktreten müssen, denn sein Rückhalt im Deutschen Volk hat ja sogar die 60 Prozent überschritten. Und wenn man heute auf die Facebook-Sympathisanten-Seiten schaut, dann scheint jetzt erst recht ein richtiger Gutti-Kult auszubrechen. Jedenfalls ist seine Popularität weiter im Aufwind.

Der wesentliche Unterschied in Staatskrisen ist jedoch, dass die intellektuellen Italiener die aussichtlose Dummheit ihrer schweigenden Mehrheit  zu einem Feuerwerk beißender Satyre verarbeiten, während bei uns die Betroffenheit der geistigen Elite nach wie vor in letztendlich doch sinnlosen Überzeugungsversuchen ausufert.

Ein Italiener auf der Straße zu der Affäre Guttenberg befragt, lacht nur: Was? Bei der Doktorarbeit abgeschrieben hat der? Wie umständlich! Bei uns kauft man sich den Doktortitel einfach und läßt schreiben!

Zu "Bunga Bunga" gibt es übrigens bereits einen Song auf der musikalischen Basis von Shakiras WM-Song 2010  (siehe YouTube), während sich in den immer gleichen Talkrunden der deutschen Fernsehsender  die immer gleichen Protagonisten gegenüber sitzen und  sich ihre immer gleichen, zurecht gelegten Argumente um die Ohren biegen.

Angesichts der Protest- und Demonstrationsbereitschaft, die das Jahr 2010 in beiden Nationen gezeitigt hatte, könnten die politisch Besorgten vielleicht bereit sein, sich zurückzulehnen und auf eine funktionierende Demokratie zu vertrauen.

Doch gerade jetzt muss auch ernsthaft daran erinnert werden, dass in beiden Völkern schon einmal eine große Bereitschaft vorhanden war, populistischen Figuren (ohne großes Hinterfragen und vorangetrieben von einer parteiischen Presse) fanatisch zu folgen.

Mussolini und Hitler haben die Sehnsucht nach dem starken Mann befriedigt und in der folge auf die jeweiligen Oppositionellen einprügeln lassen. Indem sie die rote Gefahr beschworen, legitimisierten sie eigene Rechtsbeugungen und fanden dabei ihre willfährigen Advokaten. Ob das welche ohne zweites Staatsexamen und mit plagiiertem Doktortitel waren, ist zwar nicht überliefert - aber ihr Hang zu Terrorurteilen schon.
Wehret den Anfängen!

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, Partei-Genosse und Rückenstärker von KTZG wies übrigens heute zeitnah auf die dramatische Zunahme linker Gewalttaten im Freistaat  hin, während er die Gefahr von rechts wegen ihrer Konstanz nur so nebenbei erwähnte:

Sein Ministerium, seine Statistik...

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