Samstag, 31. Januar 2015

Das Sorbas-Syndrom

Gerade wieder mal wird deutlich, welche grandiose, parabelhafte literarische Figur Nikos Kazamtzakis mit seinem Alexis Sorbas erschaffen hat. Was bei uns die große Griechenland-Liebe ausgelöst hat, war hintergründig auch eine Analyse des griechischen Volkscharakters:

Alexis, war das männliche Urgestein,  das jederzeit willens war, die Arbeit liegen zu lassen, um für einen Syrtaki und einen Krug Wein aufzuspringen und ins pralle Leben zu tauchen. Er löste bei Nordlichtern beiderlei Geschlechts die Vorstellung aus, auch so sein zu wollen.

Aber, wer genauer hinliest, merkt rasch, dass im Roman auch Eigenschaften an ihm angesprochen werden, die bei aller Empathie viel Geduld von Freunden und Partnern verlangt:

Große Ideen haben, aber sie mit dem Geld eines anderen nur unvollkommen verwirklichen wollen. Wenn das System dann zusammenbricht (im Buch die Transport-Seilbahn), wird es mit einem Gelage zu Grabe getragen...

Das ist liebenswert. Auch was der ungebildete Sorbas sich alles zumutet, Konstrukteur, Bergwerksaufseher zu sein reicht ihm nicht. Er ist Psychologe und ein Manipulator ohne wirkliches Verantwortungsgefühl. Immer auf seinen Charme und diese Sehnsucht heischende Lebensart bauend. Keiner kommt jemals auf die Idee, seine grenzenlose und dadurch auch rücksichtslose Naivität zu hinterfragen.

Isoliert betrachtet hat das in der griechischen Geschichte auch nicht geklappt. aber es hat wenigstens der Romantik in der Betrachtungsweise anderer nicht geschadet. Das Mutterland der Demokratie ist seit der Antike durch wahre Blutbäder gegangen und hat sich 1830 sogar mit Otto von Bayern - trotz des Willens zur Demokratie -  einen Monarchen aufzwingen lassen. Eine Monarchie, die bis nach dem Zweiten Weltkrieg hielt und dann durch faschistische Militär-Diktaturen in eine von Oligarchen beherrschte Kapital-Gesellschaft verwandelt wurde, in der Reiche immer reicher und die Armen immer ärmer wurden.

Aus jener Zeit stammt auch die bis heute herrschende Vorstellung, dass je reicher einer ist, er desto weniger Steuern zu zahlen habe.

Im Größenwahn, dann ein Teil Europas zu sein, mussten natürlich aus dem bereits 2004 vorherrschenden Staatsdefizit prachtvolle Olympische Sommerspiele ausgerichtet werden. Zorbas The Greek hätte da durchaus zum Maskottchen getaugt. Feiern könne sie - die Griechen!

Aber wer zahlt am Ende die Zeche? Natürlich ist der  auf demokratischem Weg vollzogene Politik-Wechsel angesichts der griechischen Geschichte eine wahrhaftig zu würdigende Errungenschaft.
Aber zu prassen und dann die Rechnung nicht zahlen wollen, das ist übel. Das sind ja keine durch einen Krieg entstandene Reparationskosten Herr Tsipras! Und als Sozialist mit Nationalen ins Bett zu gehen, hat schon mal schnurstracks in den National-Sozialismus geführt. Die Argumentationskette war damals übrigens ähnlich. Deutschland sollte von einem Joch befreit werden, das es sich selbst übergestülpt hatte...

Wollen wir hoffen - Herr Tsipras, dass Ihre  krawattenlose Hemdsärmeligkeit bei dem Vornamen nicht ein böses Omen ist...

Dienstag, 27. Januar 2015

Brennpunkte

Gut, dass die Brennpunkte von ARD und ZDF nicht so zündend sind. Sonst wären die, die sie fast täglich nach den Nachrichten konsumieren müssen ja voller Brandblasen. In einer Welt, die aktuell voller Brennpunkte ist, machen sie eigentlich keinen Sinn - diese Kurzformate. Zumal ja 90 Prozent - vor allem das Filmmaterial und die Statements - exakt das wiederholen, was gerade zuvor in den regulären Nachrichten schon gezeigt wurde.

Weshalb also diese Mogelpackungen? Da lohnt es sich mal nach der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs zu sehen. Die kommt aus der Optik und bezeichnet den Fokus, an dem sich Strahlen brechen. Oder Mathematiker bezeichnen in der Stereometrie so einen Punkt, um den Kegelschnitte konstruiert werden.

Nähme der infantile Wortklauber das Brennglas her, um herauszufinden, wieso die Nachrichten-Leute mit diesem Begriff spielen, dann wäre das Bild auch reziprok. Wir haben als Kinder mit dem Brennglas gezündelt oder Muster in ein Holzstück gebrannt. Wir waren also Verursacher der Brandmale.  (Auf meinen späteren  Reisen war ich übrigens schon manchmal dankbar für die kleine Lupe an meinem Schweizer Armeemesser, um mit dem Brennpunkt Feuer machen zu können). Aber die Journalisten wollen im Brennpunkt ja keine zusätzliches Feuer entfachen, sondern durch Information aufklären...

Die Nachrichtenmacher erfinden mittlerweile zu allem einen Brennpunkt, Selbst wenn die Materie gar nichts mit Brennen zu tun hat. wie beispielsweise ein PEGIDA-Brennpunkt, ein EZB-Brennpunkt, oder einem Brennpunkt zur Griechenland-Wahl - einer Wahl übrigens, die in jenem seit der Antike so gebeutelten Land sehr friedlich und demokratisch ablief. - Auch wenn das Ergebnis vielen nicht geschmeckt haben dürfte.

Man könnte eventuell Ukraine-Brennpunkte oder die zu Syrien, dem Irak, dem Gaza-Krieg und so weiter für passend halten, dächte man nicht lange über die Beweggründe nach, die wohl zu diesem Prädikat journalistischen Tuns geführt haben. Da liegt schnell der Verdacht nahe, man wolle dem Grauen durch einen zündenden Titel noch etwas drauf setzen.

Kommen wir noch einmal zurück zur Optik:
Im Fokus vereinigen sich alle Strahlen (Meinungen), zusammen gefasst  bedeutet das aber nicht, dass gebündelte Meinung brandgefährlich ist.

Sonntag, 25. Januar 2015

Ein erfülltes Leben

Muss mir das jetzt peinlich sein, mich als Traueranzeigen-Junkie zu outen? Seit ich die 60 überschritten habe, schaue ich täglich nach, wer wo beerdigt wird und wie alt der dann geworden ist. Dann rechne ich nach - im seltensten Falle - um wie viele Jahre ich die Verstorbenen überlebt habe. Meist aber zähle ich die Jahre, wie lang es noch hin ist, bis ich das Alter der Angezeigten erreiche. Da überkommt mich dann oft Pessimismus. Wahnsinn, um wie viel älter die Menschen werden, seit ich diese morbide Angewohnheit habe...

Aber als einer, der Gefühle gerne in Texten ausdrückt, sind die Freitags- und Wochenendausgaben mein Highlight. Man spürt förmlich, wie die Hinterbliebenen gerungen haben, um in ein paar Zeilen Text den Verstorbenen mit der eigenen Trauer in den Anzeigen gerecht zu werden. Man weiß ja nie, ob der Dahingeblichene von unten oder oben doch noch einen Blick darauf werfen kann...

Jedenfalls werde ich meinen Leuten das ersparen. Mein Körper wird gespendet, und Anzeigen darf es auch keine geben. Wer unbedingt einen Nachruf verfassen will, soll gewarnt sein, die unsinnige Floskel "vom erfüllten Leben" zu verwenden. Das wäre wirklich der einzige Grund die Metaphysis zu verwenden, um posthum Blitze zu schleudern.

Haben James Dean oder Jimmy Hendrix, die ganzen früh dahin gegangenen Stars aus dem Twentyseven-Club ein erfülltes Leben gehabt, nur weil ihr Ruhm bis heute anhält? Heute wissen die Nachlassverwalter von Pablo Picasso, dass er in den letzten Lebensjahren wie besessen noch mehr als 2000 Kunstwerke geschaffen hat. Drei pro Tag - darunter auch Skulpturen und komplizierte Lithographien. Wie erfüllt wäre sein Leben noch gewesen, wenn er die 90 erlebt hätte?

Wer legt überhaupt die Parameter für ein erfülltes Leben fest, wenn man die Verstorbenen vielleicht noch nicht einmal nach ihrer eigenen Einschätzung gefragt hat, weil man sie allein gelassen in einem Altenheim sterben ließ? In den 70er Jahren habe ich für eine Illustrierte mal eine makabere Geschichte recherchieren müssen, weil sich ein Airline-Frachtmanager über die vielen nicht abgeholten Särge der  beim Überwintern auf Mallorca verstorbenen Rentner beschwert hatte.

Ist ein Leben erfüllt gewesen, weil man es nach den Normen und Erwartungen der Gesellschaft gelebt hat?

Oder weil man die biologische Aufgabe der Hinterlassung von Nachkommenschaft erfüllt hat?

Haben Kinderlose demnach kein erfülltes Leben gehabt?

Haben Politiker auch dann ein erfülltes Leben gehabt, wenn sie ihren Machthunger nicht stillen konnten?

Für mich ist die Frage nach einem erfüllten Leben eine ganz persönliche Angelegenheit, die jeder bei der Rückbetrachtung mit sich selbst auszumachen hat. Deshalb sollten andere sich diese Wertung wirklich ersparen!


Donnerstag, 22. Januar 2015

Die Angst der Anderen

Heute erlebt mein Blog eine Premiere. Erstmals poste ich etwas, das nicht ich geschrieben habe. Über einen internen Mail-Zirkel, dem Airliner und Touristik-Manager sowie ehemalige Sicherheitsleute angehören, erreichte mich heute ein Text, den ich für sehr bemerkenswert halte, obwohl ich vieles davon nicht unterschreiben möchte.
Anlass zu diesem "Pamphlet" war ein arabisch-muslimischer Fluggast, der beim Einchecken dreimal gefilzt wurde und wegen Diskriminierung klagte.
Ich stelle den Text und die Kommentare unbearbeitet und bewusst nicht übersetzt in meinen Blog, weil ich heikle Passagen nicht durch einen anderen Zungenschlag möglicher Weise verfälschen wollte. Ich hoffe, das überfordert meine Leser nicht.
Es wird hier klar, dass PEGIDA-Denken nicht nur bei uns, sondern vor allem in den Vereinigten Staaten aus einer permanenten Angst entspringt. Das zeigen auch die integrierten Kommentare:


AN AMERICAN AIRLINES PILOT SPEAKS HIS MIND:

YOU WORRY ME! 

By Captain John Maniscalco, American Airlines Pilot.
I've been trying to say this since 911, but you worry me. I wish you didn't.
I wish when I walked down the streets of this country that I love, that your
colour and culture still blended with the beautiful human landscape we enjoy
in this country. But you don't blend in anymore. I notice you, and it
worries me.
I notice you because I can't help it anymore. People from your homelands,
professing to be Muslims, have been attacking and killing my fellow citizens
and our friends for more than 20 years now. I don't fully understand their
grievances and hate, but I know that nothing can justify the inhumanity of
their attacks.
On September 11, ARAB-MUSLIMS hijacked four jetliners in my country. They
cut the throats of women in front of children and brutally stabbed to death
others. They took control of those planes and crashed them into buildings,
killing thousands of proud fathers, loving sons, wise grandparents, elegant
daughters, best friends, favourite coaches, fearless public servants, and
children's mothers.
The Palestinians celebrated, the Iraqis were overjoyed, as was most of the
Arab world. So, I notice you now. I don't want to be worried. I don't want
to be consumed by the same rage, hate and prejudice that has destroyed the
soul of these terrorists. But I need your help. As a rational American,
trying to protect my country and family in an irrational and unsafe world, I
must know how to tell the difference between you and the Arab/Muslim
terrorist.
How do I differentiate between the true Arab/Muslim Americans and the
Arab/Muslim terrorists in our communities who are attending our schools,
enjoying our parks, and living in OUR communities under the protection of
OUR constitution, while they plot the next attack that will slaughter MORE
of the same good neighbours and children?
The events of September 11 changed the answer. It is not MY responsibility
to determine which of you embraces our great country, with ALL of its
religions, with ALL of its different citizens, with all of its faults. It is
time for every Arab/Muslim in this country to determine it for me.
I want to know, I DEMAND to know and I have a right to know, whether or not
you love America ..... Do you pledge allegiance to its flag? Do you proudly
display it in front of your house, or on your car? Do you pray in your many
daily prayers that Allah will bless this nation; that He will protect it and
let it prosper? Or do you pray that Allah will destroy it in one of your
Jihads? Are you thankful for the freedom that this nation affords? A freedom
that was paid for by the blood of hundreds of thousands of patriots who gave
their lives for this country? Are you willing to preserve this freedom by
also paying the ultimate sacrifice? Do you love America? If this is your
commitment, then I need YOU to start letting ME know about it.
Your Muslim leaders in this nation should be flooding the media at this time
with hard facts on your faith, and what hard actions YOU are taking as a
community and as a religion to protect the United States of America. Please,
no more benign overtures of regret for the death of the innocent, because I
worry about who you regard as innocent. No more benign overtures of
condemnation for the unprovoked attacks, because I worry about what is
unprovoked to you. I am not interested in any more sympathy; I am interested
only in action. What will you do for America - our great country - at this
time of crisis, at this time of war?
I want to see Arab/Muslims waving the AMERICAN flag in the streets. I want
to hear you chanting 'Allah Bless America'. I want to see young Arab/Muslim
men enlisting in the military. I want to see a commitment of money, time and
emotion to the victims of this butchering and to this nation as a whole.
The FBI has a list of over 400 people they want to talk to regarding the TC
attack. Many of these people live and socialize right now in Muslim
communities. You know them. You know where they are. Hand them over to us,
NOW! But I have seen little even approaching this sort of action. Instead I
have seen an already closed and secretive community close even tighter. You
have disappeared from the streets. You have posted armed security guards at
your facilities. You have threatened lawsuits. You have screamed for
protection from reprisals.
The very few Arab/Muslim representatives that HAVE appeared in the media
were defensive and equivocating. They seemed more concerned with making sure
that the United States proves who was responsible before taking action. They
seemed more concerned with protecting their fellow Muslims from violence
directed towards them in the United States and abroad than they did with
supporting our country and denouncing 'leaders' like Khadafi, Hussein,
Farrakhan, and Arafat.
IF the true teachings of Islam proclaim tolerance and peace and love for all
people, then I want chapter and verse from the Koran and statements from
popular Muslim leaders to back it up. What good is it if the teachings in
the Koran are good, pure, and true, when your 'leaders' ARE teaching
fanatical interpretations, terrorism, and intolerance? It matters little how
good Islam SHOULD BE if huge numbers of the world's Muslims interpret the
teachings of Mohammed incorrectly and adhere to a degenerative form of the
religion. A form that has been demonstrated to us over and over again. A
form whose structure is built upon a foundation of violence, death, and
suicide. A form whose members are recruited from the prisons around the
world. A form whose members (some as young as five years old) are seen day
after day, week in and week out, year after year, marching in the streets
around the world, burning effigies of our presidents, burning the American
flag, shooting weapons into the air. A form whose members convert from a
peaceful religion, only to take up arms against the great United States of
America, the country of their birth. A form whose rules are so twisted, that
their travelling members refuse to show their faces at airport security
checkpoints, in the name of Islam.
We will NEVER allow the attacks of September 11, or any others for that
matter, to take away that which is so precious to us -- our rights under the
greatest constitution in the world. I want to know where every Arab/Muslim
in this country stands and I think it is my right and the right of every
true citizen of this country to DEMAND it. A right paid for by the blood of
thousands of my brothers and sisters who died protecting the very
constitution that is protecting you and your family.
I am pleading with you to let me know. I want you here as my brother, my
neighbour, my friend, as a fellow American ...... But there can be no grey
areas or ambivalence regarding your allegiance, and it is up to YOU to show
ME where YOU stand. Until then, "YOU WORRY ME!"





CANADIAN COMMENTS:
I totally agree with this sentiment. I hope you will forget all about the
political correctness' mandate we've had rammed down our throats, and see if
this doesn't ring true in your heart and mind. For Canada, with all the
multiculturalism we've been told is so important, why should we not, as
Canadians, expect that the millions of new people immigrating to our country
will show their love for our country, their allegiance to our country, their
willingness to obey the laws of our country, and acceptance that we are a
Christian country? Just because they are able to enjoy exercising their own
religion, they should NOT expect us to be ashamed of ours. They knew Canada
was a Christian country when they came here. Why are we erasing Christianity
because immigrants who are unwilling to adopt our way of life expect us to?
There is just too much insanity in the world, and we have to start taking a
stand.



BRITISH COMMENTS: At last a clear non-racist example of the concerns that the vast majority of our nation's population probably share. The pilot's letter encapsulates all that is fair and just about national pride and protection of one's national culture. I fear it may be too late here in UK, BUT we too want our country back in the form that attracted all these different cultures to come here in the first place! In all our conversations with a wide range of friends and acquaintances we have not met one that disagrees with our own views. If only we all had the courage of our convictions to pass this on, it is a statement that should be accepted as the heart-felt feelings of someone with honest commendable national pride. Not all Muslims are terrorists ... but all terrorists to date have been Muslims. Stand up and be counted!

AUSTRALIAN COMMENT: Best email I have had in years .... it needs to be in every paper every day until we get some answers. Australian politicians of all persuasions should take note, because we, the people, are also WORRIED.

Dienstag, 20. Januar 2015

Die Frage nach der Zeit

Ginge es im richtigen Leben ab wie in unseren  Feierabend-Krimis im Fernsehen, müsste ich mir ernsthafte Sorgen um meine Teilhabe an der Wirklichkeit machen.

Nicht nur, dass Orte, die ich wegen ihrer friedlichen Schönheit einst geschätzt habe, dort zu Mörder-Metropolen werden, sondern vor allem, weil ich Schwierigkeiten hätte, die permanente Frage nach der Zeit zu beantworten. Und das, obwohl ich mich noch aktuell mitten in ihr zu befinden hoffte...

Nehmen wir an, ich hätte eines über die Rübe bekommen und würde beim Erwachen gefragt: "Welchen Tag haben wir heute?"

Ich könnte die Frage auch bei vollem Bewusstsein nur selten richtig beantworten. Wenn ich wissen wollte, welchen Tag wir gerade haben, schaute ich auf mein Smartphone, oder auf die Zeitung, denn es ist mir wurscht. Das Privileg des Alters ist nämlich, dass man einfach so in den Tag hinein lebt.

Weil das so ist, hätte ich auch Schwierigkeiten, ein Alibi zu präzisieren, geriete ich unter Verdacht.
Der Komissar könnte mich fragen, wo ich am 34 Juni um 81Uhr72 gewesen wäre, und ich müsste ihn genauso hilflos anschauen, als wolle er eine korrekte Zeit abfragen.

Mein Alltag ist nicht eintönig, aber er läuft mittlerweile nach einem Rhythmus ab, der so festgefahren ist, dass ein Tag sich kaum von einem anderen unterscheidet - mit Ausnahme des Abendessens.

Fragt mich also der Herr Komissar oder die Frau Komissarin, was ich am bewussten Abend gegessen hätte, würde ich nach dem Wochentag fragen und dann könnte ich beispielsweise antworten - da meistens ich koche - "Dienstag ist unser vegetarischer Tag und vor vierzehn Tagen habe ich einen Auberginen-Auflauf gemacht. Da können sie meine Frau fragen."

Schwerer Fehler! Die "Zweitbeste" geht mit der Zeit noch wurstiger um als ich - selbst an den vegetarischen Tagen...

"Leider ist mein Mann schon ein wenig vertrottelt. Da haben wir  Lauch-Risotto gegessen, und wenn ich mich recht erinnere, ist er noch rüber zum Tunesier, um eine frische Stange Porree zu holen."

Gegenfrage: "Wie lang hat das denn gedauert?"

Zweitbeste: "Die quatschen wegen der Übung immer mindesten zehn Minuten auf Französisch."

Komissar (ironisch): "Ist Ihnen klar 'Monsieur Obelix', dass wir das Alibi überprüfen werden?"

Ich:"Ach glauben sie der doch kein Wort. Das Lauch-Risotto gab es am vergangenen Dienstag. Meine Frau hat's mit der Zeit nicht so."

In der Grünen Minna auf dem Weg zum Präsidium fangen wir heftig an zu streiten, was wann war.

Sie: "An dem Tag mit dem Lauch-Risotto hat es doch diesen Anschlag gegeben."

Ich: "Eigentlich gibt es doch täglich einen Anschlag. Aber die Sache in Belgien war an unserem Geflügel-Tag, und da habe ich eine chinesischen Hühner-Suppe gekocht."

Sie: "Mann! Wir müssen endlich aufhören, unser Leben am Speiseplan zu orientieren. Jetzt weiß ich's.. Es war der Tag mit der Anti-PEGIDA-Demonstration, die verboten wurde."

Ich: "Die PEGIDA-Demonstration selbst wurde ja auch untergesagt. Ein Sieg des Terrors über unsere Grundrechte."

Wir konnten dann noch so oft sagen: "Wir waren es nicht Herr Komissar! Das müssen sie uns glauben!"

Weil der "Zweitbesten" noch "einfiel", dass es am Abend des Mordes bei uns doch ganz sicher Couscous gegeben hätte, wurden wir wegen gemeinschaftlich begangenes Mordes an unserem tunesischen Gemüsehändler verknackt. Denn genau an einem viel zu trockenen Hirse-Gericht sei dieser nämlich erstickt.

Als man mir an einem Dienstag-Morgen im Knast Haferbrei servierte, wachte ich glücklicher Weise auf.

Um 10Uhr26 am 20.1.2015... Und das war ganz sicher ein Dienstag!

Freitag, 16. Januar 2015

Rückzug von den Sorgen

Die mächtigen Absolutisten machten sich es schön, wenn sie sich von den Sorgen und der einengenden Armut ihrer Untertanen entspannen wollten. Sie schufen allein für sich und ihre Entourage herrliche Lustschlösser, denen sie dann  gerne französische Namen gaben, damit das Fußvolk die Satire nicht verstand:
Sans Souci (ohne Sorge), Soiltude (Rückzug in die Einsamkeit) oder Hermitage (Einsiedelei) Das Paradoxe daran, wäre ihnen gar nicht in den Sinn gekommen, weil ihr "O wie oben" ja  aus ihrer Perspektive Gott gewollt war.

Die Despoten, die ihre demokratische Wahl ins Totalitäre verkehren,  nehmen - wie die jüngste Geschichte zeigt - dank manipulierter und für dumm verkaufter Massen gerade wieder zu. Dabei bieten sie sich in obskurer Macht-Entfaltung dar, die als Rückkehr zur Stärke ihrer Nationen bejubelt wird. Leider ist nicht davon auszugehen, dass das mittelfristig als Absurdität durchschaut wird.

Wo Meinungsvielfalt als Lügenpresse diskriminiert oder durch staatliche Verordnungen eingeschränkt wird, bleibt nur das Äußern und Verbreiten von persönlichen Ansichten. Fotos und Videos im Internet oder per Handy - so lange das noch geht. Am Beispiel der ehemaligen Volksrepublik China wird doch drastisch veranschaulicht, dass über kurz oder lang allein dem Konsum noch freie Kommunikation gestattet ist.

Dass ausgerechnet in diesen Tagen die Karikatur zur Waffe wird, verdanken wir dem Antagonismus zwischen Humor und Fanatismus. Dass Millionen geschmückt mit Bleistiften auf Demos gehen, stimmt für kurze Zeit hoffnungsfroh, Doch einer der Brandbeschleuniger, der Autor Michel Houellebecq, wird wohl recht behalten. Es ist davon auszugehen, dass das Böse die Gutwilligen von der Straße vertreibt. Das war schon immer  so. Von Groß-Demos in der Türkei ist seit deren gewaltsamen Niederschlagungen auch nichts mehr zu hören.

Am großartigsten finde ich die Karikaturisten, die weltweit sofort daran gegangen sind, mit spitzem Stift die Situation humoristisch aufzuspießen.  Das muss man als Profi können: sich mit seinen Ideen über die Trauer hinweg zu setzen.

Die ungewöhnlich lange Pause zu meinem letzten Post ist auf meine Unfähigkeit zurück zu führen. Ich finde angesichts der Dramen in Frankreich, Belgien, Niger und im Nahen Osten keine Worte. Keinen Ansatz zur Satire und schon gar nicht Formulierungen, die meine Leser schmunzeln ließen.

Aber ich weiß, dass ich zumindest nicht allein bin in meiner Sorge: Solitude und Sans Souci?

Samstag, 10. Januar 2015

Tot ist tot

Ein Agnostiker wie ich beschäftigt sich nicht nur mit der Frage nach der Existenz Gottes, sondern auch mit dem Entstehen von Religionen und Kulten. Meiner ganz privaten Ansicht nach sind dafür drei Hauptmotive verantwortlich:

1. Die Angst, dass es nach dem Tod aus und vorbei ist.

2. Die Sehnsucht nach einem höheren Wesen, das einem in der Not beisteht.

3. Ein tatsächlich  irdisch-anarchistisches Verlangen nach Geld und Macht.

Die schrecklichen Vorkommnisse der letzten Tage bestätigen, dass Religion nicht mehr "Opium fürs Volk" ist, wie Karl Marx das sah, sondern dass sie schon immer eine tödliche Bedrohung für die Menschheit war. Angefangen bei den Inkas und Mayas, die Menschen opferten, bis hin zu den Christen, die diese Völker der Neuen Welt ausrotteten und ihre Schätze stahlen.

Der ganze Gang durch die Kirchengeschichte zeugt davon, dass die, die sich im Besitz des wahren Glaubens wähnten, daraus ableiteten, Andersgläubige ohne Sündenfall abschlachten zu dürfen. Dafür - wenn das en gros nicht klappte - wurden en detail Märtyrer und Märtyrerinnen erfunden, die selbstlos und durch Hingabe ihres eigenen Lebens - bisweilen unter Folter und Qualen - Zeugnis ablegten; auf dem Scheiterhaufen oder bis heute bei Massen-Exekutionen.

Am Beispiel der kolportierten Vorgänge in Paris sind zwei Absurditäten des Glaubens zu erkennen: Die Attentäter, die angeblich den Propheten Mohamed rächen wollten, verkündeten, dass sie keine Frauen erschössen, töteten dann aber eine Autorin, die Jüdin war. Und beim Verlassen des Gemetzels ballerte sie noch einen nur angeschossenen Glaubensbruder ab  - er hob flehend die Hände, aber er trug eben Polizei-Uniform.

Dann strebten sie schließlich nach dem exemplarischen Märtyrer-Tod. Angesichts des Versprechens, im siebten Himmel für ihre Taten mit 72 Jungfrauen belohnt zu werden.

Was wird aus der Vierten noch auf der Flucht befindlichen Terroristin? Warten auf sie dann 72 Jungmänner? Natürlich nicht! Frauen sind für diese "Gotteskrieger" ja nur minderwertig - allenfalls zu Bomben-Gürtel tragendem, Kollateralschäden verursachendem Freitod taugend.

Die Verbreitung der Religion  mit dem Schwert ist  aber keine alleinige muslimische Eigenheit, wie uns die aktuelle Weltlage das gerade glauben macht. Das Abendland marschierte mit sogenannten Kreuzzügen ins Morgenland. Unter Protestanten und Katholiken gibt es ja seit dem Dreißigjährigen Krieg bis heute - Beispiel die Irischen Insel - noch blutig tödliche Auseinandersetzungen.

Der Massenmörder Breivik schlachtete in nationalsozialistischer Gesinnung  junge norwegische Landsleute ab.In Indien wurden aber auch Moslems durch Hindus massakriert - und so weiter und so fort.

Was wäre, wenn die Menschen akzeptierten, dass tot tatsächlich bedeutet, dass ein Leben auf nimmer Wiedersehen erlischt, dass ein genommenes oder weg geworfenes Leben im nicht vorhandenen Jenseits weder verlängert noch gar mit Verbesserung belohnt wird? Und was soll die ebenfalls nicht vorhandene Hölle noch schrecken, wenn unzählige Unschuldige auf Geheiß von wenigen Machtwahnsinnigen sie bereits auf Erden durchschreiten müssen?

Was ist mit denen, die so einer Hölle auf Seelenverkäufern übers Mittelmeer entkommen wollen und jämmerlich ersaufen?. Hätten die  in  ihrer grenzenlosen Not kein Anrecht auf ein höheres Wesen gehabt,  das ihnen beisteht?

Nach Quellen der Gardia Costiera haben auf so einem Wrack mehr als 300 bis zu je 4000 Euro für die "Überfahrt" gezahlt.

Erwiesener Maßen verkauft der IS Frauen und Mädchen auf dem Sklavenmarkt und geraubtes Öl in schwarze Kanäle.  Was übrigens aus der Sicht des Korans ausdrücklich gestattet ist...

Geld, Macht, Religion - Armut, Ohnmacht, Tod: Kein Staunen - nur ungläubiges Entsetzen!

Donnerstag, 8. Januar 2015

Mitläufer

Das sind ja alles nur kurzfristige Phänomene, sagen die Politiker der Etablierten über PEGIDA und AFD, Jetzt wird am rechten Rand der Republik darüber verhandelt, ob beide Bewegungen wegen der "Schnittmengen" nicht gemeinsam handeln wollen...

So hat es mit den National-Sozialisten auch angefangen. Als sie dann in den Reichstag gewählt wurden, waren sie am Anfang nicht koalitionsfähig. Dann hatten sie plötzlich die Mehrheit, während braune Horden gleichzeitig begannen, Andersdenkende auf der Straße und in Restaurants zu verprügeln. Anstatt eins auf die Schnauze zu kriegen, entschlossen sich viele zum Mitlaufen. Der Spuk sollte ja nur kurz dauern, aber so richtig angefreundet hatte man sich  mit der "Quatschbude" - wie die Nazis den Reichstag nannten - ohnehin nicht. Zu unübersichtlich waren die Vorhaben der einzelnen Gruppierungen. Da war einer, der sagt, wo es lang geht, doch allemal besser...

Mein Vater hatte als Regierungsbeamter bis in die 1960er Jahre Probleme, weil er niemals in der NSDAP war. Erst als in München eine Wiedergutmachungs-Behörde eingerichtet wurde und sich kein geeigneter Leiter fand, der nicht braune Schatten auf seinem Lebenslauf hatte, kam ihm sein geistiger Widerstand zugute. Mein Vater war nicht besonders tapfer, obwohl er bei der Verteidigung Berlins - zwangsrekrutiert - angeschossen wurde und seine Familie dann dennoch ins bereits befreite Hamburg schleuste, was ja Hochverrat im Untergang war.

Weshalb ich das erwähne: Man muss nicht im aktiven Widerstand sein, um das Mitlaufen zu verhindern. Es reicht, dass man seine Geisteshaltung analysiert und zu ihr steht, anstatt den Kopf vor Hass und Gewalt zu senken. In sofern bin ich stolz auf dieses Land, dass sich noch genug finden, die gegen die Volksverblödung auf die Straße gehen - so lange es noch geht. Aber diese Leidenschaft kann unter Repression schnell verlöschen, wie man am Beispiel der Türkei sieht.

Despoten gelingt es mit ihren fanatischen Minderheiten alleine nicht, die Demokratie aus den Angeln zu heben. Es sind die umschwenkenden Mitläufer und Helfershelfer. In Frankreich scheint das höchste Eisenbahn. Oder glaubt irgendeiner an zeitliche Zufälle? Die wundersame Erstarkung des Front National und der zeitgleiche islamistische Anschlag mit dem Erscheinen von Michel Louellebecqs neuestem Buch, das schon zuvor so intensiv besprochen wurde, dass es keiner mehr zu lesen braucht, um mitreden zu können. Sarazin lässt grüßen!

Der von der Kritik so hoch gelobte Schriftsteller hat stets mit Provokation auf Auflage geschielt. Im Prinzip aber ist er ein Pornograph, der gut schreiben kann. Nun stilisiert man ihn zum Omen für gesellschaftliche Entwicklungen, weil er wieder einmal den richtigen Augenblick abgepasst hat.

Kein Zweifel, Frankreich birgt durch seine sozialen Versäumnisse unter Sarkozy und Hollande sowie seine Kolonial-Vergangenheit  mehr etnische Konflikte als Deutschland. Und deshalb ist auch die Zahl der potenziellen Mitläufer viel höher. Aber die französische Demokratie hat Schlimmeres weg gesteckt.

Fraglich, ob die deutsche das kann, wenn es erst mal so richtig losgeht...
Dieses Aquarell habe ich nach der Jahrtausend-Wende für meine Kinder angefertigt. Zur Erinnerung., Weil alles so gut lief - damals...

Sonntag, 4. Januar 2015

Serien-Sucht

Manchmal fragt sich der brave Gebühren-Zahler schon, ob das was ihm erzwungener Maßen öffentlich rechtlich geboten wird, die Zwangserhebung überhaupt wert ist. Wenn während der Feiertage Andi Borg gegen Helen Fischer zur besten Sendezeit  im Ersten und Zweiten gleichzeitig gegeneinander antreten und die Dritten olle Kamellen bringen, ist der Zweifel an dem Argument der Qualitätssicherung, für die angeblich bezahlt wird, mehr als begründet.

Nachrichten sind auf den Privaten nicht unbedingt schlechter und genauso manipulativ, wie die jeweilige Richtung aus der sie "gesendet" werden. Ohne Internet gäbe es keine wirklich Nachrichten-Vielfalt mehr. Und seien wir mal ehrlich, die meisten machen sich gar keine Mühe mehr, selbst den kritischsten Sende-Inhalt mit eigenen Ansichten zu hinterfragen. Viel zu spät sind alle Medien in der Breite systematisch dagegen vorgegangen, den PEGIDA-Schwachsinn zu entlarven. Die kostbare Sendezeit wurde eher damit belastet, bloß zu sagen, dass es immer mehr verwirrte Anhänger gibt, die man dann auch noch zu Wort kommen ließ.

Die breite Masse bringt Einschaltquote. Die breite Masse geht nicht mehr wählen. Die breite Masse konsumiert.

Das verändert Seh- und Hör-Gewohnheiten. Allein dadurch erklärt sich aber der Erfolg sogenannter Portale nicht. Wieder einmal sind uns die Amis da mittlerweile um einige Jahre voraus und entwickeln grandiose Strategien. Manche hochwertige Filmproduktion kommt gar nicht erst in die Kinos. Serien werden en Suite ohne Werbung abgerufen, Musik eigens für den individuellen Bedarf gemixt.

Zeit meines Lebens habe ich in meinem Gehirn ein großes Stoppschild an der Überschreitung von Grenzen zur Sucht stehen gehabt; gleichgültig, ob das Alkohol, Zigaretten oder sonstige Drogen waren. Aber seit meine Kinder mir den Zugriff zu so einem Portal ermöglicht haben, verkomme ich zum Serien-Junkie. Bei dem Mistwetter kam mir das zunächst wie  eine Rettung vor, Deshalb merkte ich auch nicht, wie ich über die Grenze geriet.

Serien, die auf den Privaten laufen und bei denen ich bislang weiter gezappt habe, ließen sich auf einmal unaufhörlich am Stück konsumieren und schlichen sich dadurch sogar in die nächtliche Gedanken-Welt. Ob ich wollte oder nicht, Ich begann mit den Protagonisten auch bei abgeschaltetem Computer weiter zu leben. Solange meine Gedanken noch funktionieren, wollte ich diesem Phänomen auf die Spur kommen und lernte - wieder aus dem Internet -, dass ich nicht der Einzige bin, der diese unterbewusste Erfahrung macht. Die Fachleute haben auch schon einen Namen dafür. sie nennen das binge watching, was im Deutschen natürlich gleich spektakulär als Koma-Gucken übersetzt wird.

Wer seinen Verstand aber nicht ans Koma verliert, sondern über Auswirkungen nachdenkt - was die breite Masse eben vermutlich nicht tut - erkennt ein Potenzial für gesellschaftliche Gefahren.

Nacheinander habe ich mir folgende, großartig gemachten und glänzend gespielte Serien angeschaut:

House Of Cards: Wie ein politischer Manipulant und Mörder Präsident der Vereinigten Staaten wird.

Breaking Bad: Ein braver Chemie-Lehrer steigt wegen einer Krebs-Erkrankung zum rücksichtslosen Christal-Meth-Kocher auf.

Orange Is The New Black: Ein Upperclass-Girly gerät wegen eines Klein-Deliktes in die Brutalität des Strafvollzugs und passt ihr Verhalten den Kriminellen an.

Sons of Anarchy: Ein Biker-Club mutiert in einer kalifornischen Kleinstadt zur Killer- und Dealer-Bande.

Alle Serien weisen bei analytischer Betrachtung ein ziemlich perfides Muster auf:
Die Helden agieren zunächst so grenzwertig, dass man für ihre Situation Verständnis hat und sie sogar so sympathisch findet, dass man um sie bangt, wenn sie "gezwungener Maßen" exzessive körperliche Gewalt ausüben, Schusswaffen tödlich einsetzen und unter heftigen Umarmungen, Liebesbeteuerungen und Schwüren vorgeben, nur ihre jeweiligen Familien beschützen zu wollen. Unterstützt werden sie dabei von dem generellen Eindruck, dass das wahrhaft Böse auf der Seite korrupter Polizei und Strafermittlung lauert.

Kopfschüsse werden zum Tagesgeschäft, zerschlagenen Gesichter ziehen sich über mehrere Folgen hin. Längst ist "der Rubicon der Duldsamkeit" überschritten, aber am Stück kann er nicht aufhören, möchte der Zuseher doch wissen, wie sich das alles auflöst...

Mich wundert da der rücksichtslose Schusswaffen-Gebrauch auf beiden Seiten der US-Gesellschaft nicht mehr. Wir könnten uns trösten damit, dass ja alles Fiktion ist, und weil so etwas bei uns ja  gar nicht ginge.

Und auch nie so weit kommen könnte?

Donnerstag, 1. Januar 2015

Feuerwerk

Die beste aller Schwiegermütter hatte sich nach dem Anstoßen um zwölf jedesmal in ein stilles Kämmerlein zurück gezogen. Sie, die eine Zeit im Bombenhagel auf Berlin ausharren musste, bekam jedesmal beim Silvester-Feuerwerk das, was man im Neudeutsch einen Flashback nannte.

Wir von der bislang begnadet kriegslosen Generation haben Jahrzehnte zum Jahreswechsel in die Luft geballert, weil wir eben keine Assoziationen hatten. Wir haben immer mitgemacht und das Spektakel des explodierenden Himmels über der Theresien-Wiese mit Ahs und Ohs bestaunt. Das wurde jedoch immer wilder. Als die Raketen durch die Straßen zischten anstatt in den Himmel, meiner Schwägerin Beine und Kleid verbrannten und unweit von ihr einem jungen Mann ein Auge ausgeschossen wurde, war's das für mich.

Nun wollte es der Jahresverlauf 2014, dass das rückblickend wie ein böses Omen zu verstehen war. Ich hatte diesmal absolut keine Lust auf Ballerei, und die Zweitbeste machte tapfer mit bei meiner Idee, erstmalig in unserem bald 50jährigen Zusammensein, das Jahresende als Paar alleine zu begehen.

Wie inszenierten uns ein "Dinner For Two": Sie im Abendkleid, ich im Smoking. Es wurde nichts gekocht. Es gab Salate, Pasteten und Geräuchertes.

Es bestand eine gewisse Gefahr, dass wir, die wir uns ja ständig etwas zu sagen haben, in stiller Romantik verstummen könnten. Obendrein hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil die Zweitbeste ja eine stadtbekannte Party-Maus ist. Aber dann, waren die Stunden bis Mitternacht wie im Fluge vergangen: Mit Erinnerungen an gelungene und missglückte Silvester.

Schon vor dem Countdown begann eine friedliche und vor allem bunte Ballerei, für die wir im vierten Stock des Glashauses gewissermaßen einen Logenplatz hatten.

Es ist anzunehmen dass die Muslime, Buddhisten,Christen und Griechisch Orthodoxen in diesem oft so gescholtenen Viertel, das neue Jahr mit der gleichen Inbrunst begrüßten, denn das Feuerwerk war flächendeckend - und - ich gestehe es nur ungern - wunderschön anzuschauen.

Um 0Uhr30 war dieser Stadtteil komplett eingenebelt. Der schwefelige Pulverdampf waberte dick durch die Straßen, und man konnte die Fenster nicht aufmachen, weil es nach Hölle stank.

Aber das wäre ja schon wieder eine böse Assoziation.
Positives Denken ist für 2015 angesagt!