Freitag, 12. Juni 2020

Wechselfieber

In der Zwischenzeit lest neue Spott-Gedichte auf dem Burgschreiber-Blog


Keine Bange! Nach Corona fange ich nicht auch noch mit Malaria an, die ja früher als Wechselfieber bezeichnet wurde. Nein ich möchte einen Zustand beschreiben, der uns seit nun mehr als 20 Jahren immer noch befällt, wenn der Wechsel in die italienische Zweit-Heimat ansteht. In diesem Jahr ist der Anfall besonders heftig, weil wir ja immer noch nicht wissen, ob die Lockerungen der Virus bedingten Beschränkungen nicht doch zu früh kommen.

Einen Zeitpuffer nach der angekündigten innereuropäischen Öffnung der Grenze haben wir zwei uns als Angehörige der Risikogruppe schon noch gelassen. Dennoch ist das heute der letzte Stein, den ich aus dem Glashaus werfe, nachdem ich so lange durchgehalten habe, wie noch  nie seit dem ersten Post. War halt nicht das dankbarste Thema dieser Covid-19.

Wie jedes Jahr gebe ich mir wieder eine vierzehntägige Auszeit von den Blogs. Nie ist es so geworden, wie wir uns das einst so vorgestellt haben: Jeweils einfach die Tür zuschließen und Abfahrt. Je älter wir werden, desto genauer denken wir, die Transfers müssten noch mehr durchgeplant werden. Dabei hat die Fürsorglichste ihren Transfer-Koffer, den sie aus Platzmangel unter meinem Schreibtisch verstaut, derart unausgepackt gelassen, dass sie aktuell gar nicht mehr weiß, was eigentlich darin ist.

Viel besser bin ich auch nicht, weil ich seit Tagen schon (auch noch  im Schlaf) die neuen Harmonien an meiner "Galeria Rusticana" komponiere, seit meine Frau die Heimholung einiger meiner Bilder von der Burg im Gegenzug von überdimensionierten Gemälden angeordnet hat, die gar nicht hierher passen. Die sollten ja auch unser Italien-Feeling in den Norden transportieren. Und weil es das einst so inspirierende Venedig, das mich überhaupt erst zum Malen gebracht hat, nur noch im Corona-Lockdown so war wie früher, finden wir, dass unsere Venedig-Ecken an beiden Wohnorten umgruppiert werden müssen. Selber Schuld, wenn man seine Mangel-Begabung in jungen Jahren so exzessiv ausgelebt hat...!
Dieses Bild nenne ich
"Venezianisches Versagen".
Beinahe ein Jahrzehnt habe ich
versucht es irgendwie
noch zu retten.
Der Fürsorglichen  gefällt es,
deshalb kommt es in ihre
Kemenate auf der Burg

Jedenfalls ist mehr Logistik gefragt als sonst. Denn in den ersten heißen Tagen hatten wir hier nichts zum Anziehen, und wenn wir bis zum Spätherbst auf der Burg bleiben (müssen???), haben wir dort nicht genügend warme Kleidung.

Also ich melde mich mit dem ersten Burgbrief  2020 - wenn die Vorsehung uns gewogen bleibt und dort meine neue Internet-Lösung sofort funktioniert - am 28. Juni.

Bei näherer Betrachtung und falschem Licht
verschwinden die Figuren, weil ich
zuviel schnell trocknendes Malmittel genommen habe

Bis dahin hier ein paar Beispiele aus der "Wander-Ausstellung":


Auch Gecko und Aloe machen sich auf die "Heimreise". Dann hängen sie wieder dort, wo sie hingehören...








Kehrt auf seinen Stammplatz im Münchner Appartement zurück:
Der Pfauen-König von Gilleleje

Mittwoch, 10. Juni 2020

Hüa-Hormone für den Pimmel-Booster

Kalkutta hatte Mutter Teresa. Unser Familien-Clan hat die auch schon zu Lebzeiten legendäre Tante B.
Wenn meine Frau aus  meiner Sicht die fürsorglichste aller Ehefrauen ist, so nimmt aus dieser Perspektive B den Platz der fürsorglichsten aller Tanten ein. Als Clan-Älteste düst sie mit ihren Sport-Coupè jetzt in nun gelockerten Corona-Zeiten wieder wie immer in der Stadt herum, um ihre Geschwister, Neffen und Nichten sowie die noch verbliebenen Freunde und ehemaligen Kollegen mit Wohltaten zu bedenken. Und wenn es "nur" um die Verteilung überdimensionierter Maikäfer aus Schokolade mit rosa Schleife um den Bauch geht.

Das muss beim heutigen Post einfach vorweg geschickt werden, damit der im Kontext verständlich bleibt. Tante B ist nämlich auch ein Seismograph für Sorgen und Probleme, damit sie sofort mit Hilfe und Lösungen parat stehen kann.

Es war ja so, dass wegen des ursprünglich angedachten italienischen Ganzjahres-Wohnkonzeptes 90 Prozent unseres Mobiliars auf die vier Stockwerke in Italien verteilt wurden. Als die Miet-Nomaden uns zum Verkauf einer Wohnung im Glashaus und zur teuren Renovierung der total verwüsteten Zweiten zwecks Eigenbedarf zwangen, wollten wir nie wieder vermieten.

Die zehn  Prozent eingelagerte Einrichtungsgegenstände reichten aber nicht ganz für einen soliden Wohnsitz in München. Vor allem für die Sessel im Wohnzimmer wählten wir dann - wegen der leeren Kassen - Teile, die zwar stylisch aussahen, aber trotz nur halbjähriger Benutzung schon nach einem halben Jahrzehnt völlig ramponiert aussahen.

Anstatt uns auf die Suche nach Ersatz machen zu müssen, sprang Tante B ein, die in der von ihr allein bewohnten 200qm-Wohnung viele Teile eines antiken Möbel-Schatzes beherbergt. Innerhalb eines Vormittags waren - von ihr allein organisiert - nicht nur die drei maroden Möbel von uns entsorgt, sondern es standen nun zwei gepolsterte, historische Holzsessel mit altersgemäß hoher Lehne und zudem ein riesiger Polster-Sessel in unserem Wohnzimmer. Auf das wie ein Pfefferminz-Bonbon blau und weiß gestreifte Monster war  ich ja schon immer scharf gewesen. Es ist nämlich wie geschaffen für meinen doch "etwas" ausladenden Körper.
Ein "massegeschneiderter"
Hochsitz mit
Schlummer-Potenzial


Als hätte Tante B da schon geahnt, dass sich unser München-Aufenthalt heuer ungewollt verlängern würde...

Was machen zwei Senioren bei erzwungener Corona-Isolation bei nun anhaltendem Regenwetter? Sie suchen nach Entspannung im Fernsehprogramm. Das  besteht aber wegen Corona und der erzwungenen  Dreh-Stops beinahe nur noch aus Wiederholungen oder sich wiederholenden Brennpunkten und Talkrunden. Wenn sie denn wenigstens hochwertige Kino-Klassiker brächten!

Ich kann ja immer auf meinen Computer mit großem Bildschirm und Kopfhörern ins Streaming fliehen, aber mein Frau macht das nicht, obwohl sie sich ja die Streams mit WLAN und Tablet sogar auf den TV-Bildschirm holen könnte. Aber ihr ist das viel zu technisch. Sie schaut lieber zum wiederholten Mal sich wiederholende Folgen ihrer Standard-Sokos an.
Damit wir deshalb nicht ständig auf getrennten Wegen sehen, geselle ich mich am frühen Abend - je nachdem, wer mit Kochen dran ist - zu ihr, lümmel mich in den Gestreiften und tue interessiert. Dann erkenne ich an einer kurzen Szene, dass ich die laufende Folge schon mindestens zweimal (nicht wirklich) gesehen habe, schaue kurz auf die Kreuzung hinunter und döse eigentlich in kürzester Zeit jedesmal weg.

Wie Wimpern sich schön plustern,
beim Pimpen  mit  den Wimpern Boostern
Quelle: L'Oreal
Bei den während der Sokos immer gleichen, auf die betagten Zuseher ausgerichteten Werbe-Blöcken, tue ich dann so, als schreckte ich auf, und bringe dann aber leider auch immer den sich wiederholenden "Verhörhammer":
"Was? Hüa-Hormone für meinen Pimmel-Booster? Die brauche ich ganz, ganz dringend!"
Und die Frau schräg hinter mir spielt mit dem Ton der mitfühlenden Werbe-Gattin eingespielt die Genervte:
"Hyaluron für den Wimpern-Booster! Natürlich  kann man das schon mal vergessen..."
Pause: " - du alter, dementer Trottel!"

Montag, 8. Juni 2020

Schluss mit Bussi Bussi!

Gut, ich gestehe es: Zeit meines Lebens war ich ein leidenschaftlicher Knutscher. Das bin ich bis heute - allerdings mit der Einschränkung: Nur Verwandtschaft und beste Freunde. Dieses automatische Abbusseln als Empathie-Beweis lehne ich also ab. Vor allem wenn es mir als Ritual auch noch vorgegeben wird: Wir Franzosen machen das aber dreimal!...

Als gäbe es nicht genug im Zusammenhang mit Corona zu thematisieren, las ich in den letzten Tagen öfter, man solle doch die Bordelle wieder öffnen und die käufliche Liebe wieder zulassen. Einerseits wohl weil das unkontrollierte "Gunstgewerbe" auf dem derzeitig registrierten Vormarsch ein nicht unbeträchtliches Infektionsrisiko  birgt. Andererseits haben aber die kontrollierten Luxus-Bordelle eine starke Lobby in der Lokal- und Kommunal-Politik, weil sie die Verbrechensrate im Rotlicht niedriger halten. Es gilt als sicher, dass der die Prostitution versorgende Menschen-Handel durch die Schließung der Grenzen während der Pandemie nahezu zum Erliegen kam.

Was einer der wenigen, positiven Corona-Effekte wäre. Aber das  ist nun gewiss nicht länger von Dauer. Wie allerdings Masken-Sex mit 1,5 Meter Abstand zwischen zweien, die nicht verwandt sind und nicht beieinander wohnen, sondern allenfalls kurze Zeit "beiwohnen", funktionieren soll, möchte ich mir lieber nicht vorstellen.

Helmut Dietls Genie-Streich "Kir Royal", in dem
Dieter Hildebrandt und Franz Xaver Kroetz
ein unschlagbares Klatschreporter-Duo
geben, war zwar ein Hohl-Spiegel
der Münchner Bussi-Bussi-Society,
aber er beflügelte sie auch...
Quelle: ARD-Serien 1986 leider derzeit in keinem Stream
Die Abstands-Regeln hätten aber dann auch noch einen weiterhin positiven Aspekt, wenn die Bussi-Bussi-Gesellschaft bei Entwarnung nicht gleich wieder ihre hemmungslose Herumbusselei aufnehmen würde. "Konzentriert euch auf den reinen Empathie-Ausdruck im engeren Kreis und stoppt wie beim Händeschütteln den Automatismus!", möchte man den Menschen - vermutlich jedoch unerhört - zurufen.


Auch Bruder-Küsse sind in dieser finsteren Zeit nicht angeraten, aber sie könnten zumindest zum Allgemeinschutz beitragen, wenn jeder sich bei einem Küsser, der sich einem anbietet, vorstellte, es sei der Amerikanische Präsident (würg!)...


In meiner Erinnerung taucht da sofort ein Graffiti von der Berliner Mauer kurz vor ihrem Fall auf:
Breschnew und Honnecker - hoffentlich nicht mit Zunge...
Foto: Traveller's World 1990

Freitag, 5. Juni 2020

Haarige Angelegenheiten

Es ist schon zum Haare Ausraufen! Da macht sich der Blogger Nächte lang Gedanken zu spannenden Themen in wohlfeilen Formulierungen, und dann obsiegt das Profane. Mein 2016 geposteter Text über die Haarstil-Verirrung "Undercut" lässt alle noch so intellektuell angelegten Texte weit hinter sich. Täglich wird er im Schnitt mindesten zehnmal aufgerufen, also fast 4000 mal pro Jahr was bislang beinahe 20 000 einzelne Zugriffe in meiner Statistik erbracht hat...

Das führte in dieser Woche zu ernsthaften Überlegungen, ob ich nicht ins Lager der Influencer wechseln sollte. Aber das konnte ich um Haaresbreite - also gerade noch - vermeiden. Mir schossen für eine Begründung alle Redewendungen im Deutschen durch den (da noch lang behaarten) Kopf...

Irgendwie ist dieses (hoffentlich meist) nachwachsende Phänomen - bestehend aus den drei Horn-Komponenten Cuticula, Cortex und Medulla - schon immer mystifiziert worden. Das beginnt mit Samson und Absalom in der Bibel und geht in Märchen mit Rapunzel sowie dem Teufel mit den drei goldenen Haaren weiter. Einst überreichten sich Liebende, die auf Zeit getrennt wurden, sogar eine Haarlocke zum Andenken. In der Gegenwart ist das vor allem deshalb aus der Moder gekommen, weil viele junge Männer bereits als Twen zur Kahlköpfigkeit neigen.

Ich stelle fest, dass sich mit dem dünner werdenden Haupthaar bei mir wegen der anhaltend schurkischen Welt die Nackenhaare derart sträuben, dass ich nur noch auf der Seite liegend schlafen kann. Die Haarspaltereien der Politiker, Virologen und Medienvertreter zum Thema Corona und die Spinnereien des Neuzeit-Neros im Amt des US-Präsidenten verursachen bei mir chronischen Haarspitzen-Katarrh. Haarklein wird dem Lüge um Lüge nachgewiesen, ohne dass sich vor Scham nur ein Haar in seiner gefärbten Windstoß-Frisur krümmte. Auch der Brexit-Boris pflegt ja sein Image als Struwwelpeter, um von seinen haarsträubenden Fehlentscheidungen abzulenken.

Apropos Entscheidungen: Um ein Haar wäre ich vom Anlass zu diesem Post abgekommen. Die kroatische Friseur-Meisterin meines Herzens - von der ich ja schon berichtete - ist aus der Quarantäne zurück und hat meiner Langhaar-Frisur den Garaus gemacht. Neun Monate war ich Umstände halber bei keiner anderen. Sie war von Ferien in der "Dom-Rep" gerade noch mit dem letzten Flieger in die heimische Quarantäne geflogen und ward fortan nicht mehr gesehen.

Als Vollblutweib hat die leidenschaftliche Köchin in der eigenen Wohnung festsitzend, genau wie ihr kleines Hündchen ordentlich zugelegt. Aber auf ihre schwarzen Vorcorona-Korsagen verzichtet sie in Aktion dennoch nicht. Die schwarze Gesichtsmaske als zusätzliches Acczessoir machte es mir altem Schwerenöter leicht, mich von meiner Silber-Mähne zu trennen. Sie hatte dadurch ja auch länger zu schnippeln...

"Zum Teufel mit dem Tod" hieß meine erste Playboy-Story. Damals noch mit Langhaar-Frisur spreche ich auf dem Foto mit dem Silbermedaillen-Gewinner in der Abfahrt  von Sapporo 1972, Roland Collombin. Der hatte es 1974 gerade geschafft, in Val D'Isère zum zweiten Mal bei 130 km/h vom gleichen Buckel abgeworfen zu werden. Der hieß dann fürderhin "Bosse Collombin"
Da flossen meine Haare vergangene Woche noch übers Kissen

So gefalle ich nun auch wieder der fürsorglichsten aller Ehefrauen.
Der Hipster-Bart ist der Vorschrift geschuldet, dass die Friseurmeisterin meines Herzens wegen Corona noch nicht wieder Bärte trimmen darf. Er war ja auch hinter meiner Gesichtsmaske verborgen...

Mittwoch, 3. Juni 2020

Der böse Geist im Weißen Haus



A Poiosonous Snake
Claus Deutelmoser 2019: Acryl auf Malkarton
Im Weißen Haus da herrscht ein Geist,
Der gerne auf die Wahrheit scheißt.
Nur seine zählt. Er lässt sonst keine gelten.
Von Fakten getragen wird die nur selten.
Erst lachte die Welt, aber nun zittert sie,
Seine Strategie heißt: Fuck The Democracy!

Es war einmal in Amerika Land Of The Free,
In dem man  den Gangstern nie verzieh,
Die Rettung der Welt auf dem Banner trug,
Und Feinde für den Frieden aller schlug.
America First ergab sich fast von allein,
Aber so wird es wohl kaum great again.

Wär' er nur ein Kobold mit kupfernem Haar,
Aber er ist POTUS und im Kopf nicht klar.
Sein böser Geist wird da schnell zum Fluch,
"Star Sprangled Banner" zum blutigen Tuch
Und was die Weltmacht dann mit ihrer Macht macht,

Macht nur noch Angst, in der wohl keiner mehr lacht...

Montag, 1. Juni 2020

Dann erfinde doch eine App!

Nullnullsinn, die Lizenz zum Blödeln, nimmt bei einem alten Paar, wie wir es sind, schon mitunter tragisch komische Züge an. Nicht nur, dass wir oft gleichzeitig mit den selben Worten Unsinn verzapfen, wir sind auch so einfältig, uns darüber schuppig zu lachen. Um das gleich zu beschwichtigen, die Fürsorglichste und ich haben damit schon lange vor Corona angefangen. Es ist also nicht dem aufeinander Hocken geschuldigt, sondern tatsächlich dem "kreativen" Matsch unserer grauen Zellen zuzuschreiben.

Die Hoffnung stirbt zuletzt: Noch immer
hängt das tote Handy am Ladekabel
Das Blödeln hat vor allem dadurch zugenommen, dass sich die Fürsorglichste nach gefühlt mehr als zwei Jahrzehnten von ihrem mit Strass geschmückten Museums-Handy trennen muss, weil es virtuell durch Anzeigen eines Bömbchens auf dem Display explodiert ist; niente, nada, nix mehr geht.

Die  fehlende, furchtsame Kommunikation - wenn die Holde allein unterwegs ist - kann also nun nur noch mit einem aktuellen Smartphone wiederbelebt werden... Aber das scheitert bei ihr am gleichen Unbehagen, mit dem sie auch ihr moderneres Tablet mit den vielen Apps nur sporadisch benutzt.

Andere werden durch permanente Wiederholungen von Alltags-Situationen gelangweilt, bei uns gehören sie zum Ritual. Ähnlich wie die immer gleichen Werbeblöcke, bei denen wir die Kern-Aussagen jauchzend vorweg nehmen: Ob das die "tüddelige" ältere Dame oder das wiehernde Gelächter einer Gleichaltrigen ist, die die Welt wegen Einnahme des selben, angepriesenen Produktes aus den Angeln heben will. Und da wir ja mittlerweile beide mit der Vergesslichkeit im Grenzbereich angekommen  sind, lieben wir vor allem den Spot, in dem die Ehefrau ihren vom Einkaufen zurück gekommenen Mann für seine Vergesslichkeit in Schutz nimmt: "Natürlich kann man mal etwas vergessen", meint dann meine Frau mit Therapeuten-Stimme. Und ich dann mit männlicher Überheblichkeit beruhigend: "Natürlich habe ich es nicht vergessen..."

Ganz besonders bizarr wird es, wenn ich beim Zubereiten des zweiten Morgen-Kaffees ins Idiom der Rosenheim Cops wechsle, von der sich meine Frau alle Folgen wegen ihrer Vergesslichkeit mit Lust drei bis viermal anschauen kann.
Ich: "S'gabat an Kafää."
Sie: "Mei guat. I wart ja scho!"
Dann entspinnt sich ein minutenlanger Dialog in diesem Bühnen-Bayrisch, bei dem man wissen muss, dass meine Frau in Berlin zur Welt kam und ich in Hamburg geboren bin.Bis heute ist uns unser beider "saupreißische Tonfall" nicht abhanden gekommen.

Also wenn wir doch unsere Gefangenschaft mit solcher Gelassenheit ertragen, weshalb drehen wir dann unterwegs mit dem Auto beim kleinsten Fehlverhalten anderer dermaßen durch? Unsere wenigen Termine sind in entspanntem Timing geplant, wir sind nie zu spät dran, und Automobil-Weltmeister werden wir vom Tempo her  ja auch nicht mehr...

Egal ob einer an der Ampel zum Abbiegen nicht in der richtigen Spur steht, oder so lange wartet, bis wir dann wieder rot haben - meine temperamentvolle und liebe Frau, erleidet einen mittleren Wutanfall und spuckt dann tatsächlich ein Wort aus, was sie bei den Rosenheim Cops gehört hat:
"So an damischer Dridschla!" - Da sagt man immer, Fernsehen bilde nicht.
Ich gebe dann stets den gespielt ruhigen Therapeuten aus der Vergesslichkeits-Werbung:
"Natürlich machen die anderen schon mal einen Fahrfehler, oba mit so am Dridschla tat ma ja e net redn."

Als wir kürzlich von der Blutabnahme bei den Ärzten zurück kamen, hatten wir wieder so ein sorgloses Autofahrer-Paket vor uns. Erst bog es nicht ab, obwohl es den grünen Pfeil hatte, dann fuhr es 20 in der 30er-Zone, und um das Maß voll zu machen, bog es so langsam auf die Autobahn, dass wir mal wieder rot hatten.

Kann so ein altes Paar überhaupt
derart boshaft sein?
Die Phase war lang, und meine Frau aufgeregt genug, dass ich ihr spaßeshalber piesackend einmal mehr die Vorteile eines Smartphones schildern wollte.
"Spatzl, da gibt es bestimmt bald eine Dridschla-App. Für Corona, überfüllte Züge und Flugzeuge soll es ja auch bald sowas geben. Dann werden dir alle Langsamfahrer in der Nähe auf deinem neuen Smartphone angezeigt, und du kannst ihnen aus dem Weg gehen..."
Sie: "Dann erfinde doch diese App!"
Ich: "Lieber nicht. Gerade in Bayern wäre die ja so mega erfolgreich, dass wir über Nacht steinreich würden. Dann bräuchten wir ja schon wieder eine App zur Anlage-Beratung ohne Banken..."