Mittwoch, 29. März 2017

Z - er lebt



Wenn im Sommer wegen diverser Wahlen wieder das Einprügeln auf die hoch verschuldeten Griechen beginnt, ist ein Mann, der die obskure Geschichte Griechenlands besonders verkörpert hat, 150 Jahre tot: Otto I, 30 Jahre König der Griechen von Gnaden der damaligen Alliierten. Bayern-Prinz aus dem Hause Wittelsbach.



In meinem Geschichtsunterricht am Gymnasium hörte die griechische Geschichte kurz nach Alexander auf. Der war ja eigentlich Makedonier und verdankte seine einzigartige Feldherren-Karrier in jungen Jahren, seinem Vater Philipp II. Von jenem weiß ich nur noch einen Satz, der aber offenbar auf immer prägend für die hellenische Halbinsel samt Inselwelt war und ist:

"Es gibt keine Stadtmauer, die hoch genug wäre, als dass ein mit Gold beladener Esel sie nicht überwinden könne."

Was uns aber auch nicht vermittel wurde, war die Greuel mit der Nazi-Deutschland und Mussolini-Italien im Zweiten Weltkrieg Grichenland terrorisierten. Als Nachkriegs-König Konstatin II vor der faschistischen Obristen-Junta floh, war er uns allenfalls als Segel-Olympia-Sieger von Rom und Mitglied des Jetsets geläufig. Auch damals sah die ganze Welt mal wieder nur zu.


Wer eine Ahnung von der beklemmenden Atmosphäre im Jahre 1967 halbwegs nachempfinden möchte, dem sei das einzigartige Meisterwerk von Costa Gavras "Z" empfohlen. Da schauert es einen, als sei damit aktuell Erdogan gemeint.

Nach 60 Jahren "Vertrag von Rom" fordern Spitzen-Politiker nun erst ein Europa "der zwei Tempi".
Wäre das schon zu Beginn der EU passiert - dass die europäische Geldwirtschaft nicht nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren angeordnet worden wäre, dann hätte ein sukzessiver Schulden-Erlass bei den Schwächeren  für die Stabilität der "Vereinigten Staaten von Europa" weitaus billiger sein können als mögliche, radikale Schulden-Schnitte in naher Zukunft. Die Macht der Banken-Lobby?

Eingedenk seiner verwirrenden  Geschichte braucht Griechenland Europas Fürsorge um jeden Preis. Die Türkei, die gerade Atatürks Errungenschaften und die danach hart erkämpfte Demokratie auf dem Scheiterhaufen des Islam verbrennt, hat sie hingegen eher nicht verdient.

Es muss ja nicht gleich wieder ein ungebremster, hellenischer Nationalismus sein, wie ihn Otto I praktizierte. Seit jener als 20jähriger, die Regentschaft übernahm, lief er anstatt in Lederhosen nur noch in griechischer Landestracht herum. Auch in seinem Bamberger Exil, in das er vom Befreiungskrieg vertrieben wurde, soll er täglich mit seiner Frau Amalie beim Abendessen griechisch parliert haben...
Blauweiß oder Weißblau - Bayerns historische Schuld begann genau in jedem Moment, da Otto I seine Residenz von Nafplia nach Athen verlegte und mit ludwigschem Protz den maroden Staatshaushalt endgültig ruinierte

Montag, 27. März 2017

Vorauseilender Zeitdruck

Jetzt könnten junge Menschen vielleicht glauben, Leute im Renten-Alter hätten mit der Umstellung auf die Sommerzeit am vergangenen Wochenende weniger Probleme: Sie schlafen einfach die gestohlene Stunde länger und dösen ja eh immer vor dem Fernseher ein...

Aber glaubt mir liebe Leser! Wer immer diesen Schwachsinn ersonnen hat, um die Dauer des Tageslichts und damit die Produktionsleistung zu erhöhen, hat wie bei der geplanten Maut die Verwaltungskosten und den Faktor Mensch außer Acht gelassen.Ich erspare mir tiefer gehende Erläuterungen, weil das Netz voll ist von einleuchtenden Rechenbeispielen und Analysen von Arbeitsmedizinern. Der blöde Bürger hat das eben einfach zu schlucken. Basta!

Dabei ist die mechanisch gemessene Zeit ja auch nur von Menschen gemacht, weil sie physikalisch eben  nur theoretisch vorkommt.

"Der gesunde Menschenverstand", sagt Albert Einstein,"das  sind  alle Vorurteile, die man sich angeeignet hat, bevor man 18 wurde,"

Sein "Zwillingstheorem"  (http://galileo.phys.virginia.edu/classes/252/einstein-deutsch.pdf) ist zwar einleuchtend, stürzt mich aber jedesmal in tiefste Depressionen, weil es das Vorhandensein einer sogenannten inneren Uhr nicht berücksichtigt.

Vor gut 30 Jahren hatte ich einmal ein Berufsjahr mit über 400 000 Flugkilometern und mehr als einem Dutzend Jetlags. Das ist weit weniger als manche Berufspiloten zu erdulden haben. Jedenfalls hatte ich danach mit Ende 30 massive seelische Probleme mit Angstattacken und Schlafstörungen.

Heute weiß ich, dass ich mehr nach meiner "inneren Uhr" hätte leben sollen, denn schon die eine Stunde Zeitumstellung löst bei mir einen "vorauseilenden Zeitdruck" aus, den die innere Uhr komplett ignoriert.

Da ich von einem Dutzend Medikamenten und Insulinen abhängig bin, die nach Zeitplan eingenommen werden, meldet sich mein Körper pünktlich "wie die Uhr", aber dann eben gemessen an seiner Zeit - nämlich eins Stunde zu spät.

Der alljährliche Italien-Aufenthalt, der bald wieder ansteht, verläuft dann nach anfänglichen Einstellungs-Schwierigkeiten mit deutlich weniger Medikamenten-Bedarf. Allerdings nur bis zur Zeitumstellung im Herbst. Dann beginnt des Drama von neunem...
Salvador Dali: Die Beständigkeit der Erinnerung

Freitag, 24. März 2017

Minderheiten-Terror

Wieso denken wir beim Einfluss radikaler Minderheiten in Deutschland nur an die AfD. DIE LINKE oder PEGIDA? Seit heute ist klar, dass auch die CSU in diesen Kontext gehört: Gegen die Mehrheit der Bevölkerung und parteiübergreifende Bedenken im Bundestag hat die "Schwesterpartei" mit Erpressungen und Ultimaten Alexander Dobrindts  Maut-Gesetzt durch gedrückt.

Wann sorgt Deutschland endlich dafür, dass diese rechtschristlichen Radikalen endlich abgehängt werden? Die Streithansel hätten doch bundesweit nichts zu bestellen, wenn sie sich nicht auf die erzkonservative, bayrische Landbevölkerung stützen könnte. Mit ihrem restriktiven Votum erlaubt sie das Mandat für eine eigene Außenpolitik und ständiges Sperrfeuern der seehoferschen Spießgesellen bei der Arbeit von Angela Merkel.

Dobrindt, der Minister in Clownsanzügen, hat soviel Zeit in seine unausgegorenen Pläne investiert, dass seit seinem Vorgänger Peter Ramsauer kein Minister weniger spürbare Verbesserungen auf unseren maroden Straßen in den regionalen Bereichen geschafft hat wie er. Allerdings ist er stets zur Stelle, wenn irgendwo in der Provinz Kameras aufgebaut werden.

Da kann man nur hoffen, dass sich die prognostizierten Verhältnisse im Bundesrat derart verändern, dass der die Zustimmung noch kippt. Denn da geht es ja auch um andere Länder-Interessen als die der bajuwarischen Herrschsucht. Oder wir müssen uns auf die empörten Nachbarn in der EU verlassen, um das potenzielle Milliarden-Defizit durch die Maut im Bundeshaushalt  noch abzuwenden...


Zitat und Bildquelle
Ein Oscar, den keiner haben will: SPD und Auto Club Europa (ACE) suchten die marodeste Straße Bayerns. Gewinner ist die Staatsstraße 2093 zwischen Frasdorf und Prien in Oberbayern. Die Strecke dort habe «Mountainbike-Qualität»....
Die schlimmste Straße ist in Oberbayern - weiter lesen auf Augsburger-Allgemeine: http://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Die-schlimmste-Strasse-ist-in-Oberbayern-id20998151.html

Dienstag, 21. März 2017

Türken-Bashing

Auch wenn sie schon mal vor den Toren Wiens standen: Die Türken gehören nicht oder gehörten nicht in unseren Kulturkreis. genau so wenig wie Spanier, Portugiesen, Griechen, Italiener und alle die vom Balkan kamen, um hier zu arbeiten und daheim ihrer Familien am Leben zu erhalten.

Als Touristen lernten  wir, ihre Gastfreundschaft, Strände, Küchen und Baudenkmäler zu schätzen, ohne dass sich daheim unsere Beziehung zu ihnen durch Annäherung verändert hätte. Jetzt sind wir ganz überrascht, dass sie sich nicht zu uns bekennen wollen. Und in der Integration von Tausenden Flüchtlingen machen wir all die Fehler noch einmal.

Integration in einen anderen Kultur-Kreis ist eine freiwillige Sache. Sie kann nicht angeordnet werden. Aber sie verlangt Respekt von beiden Seiten. Wie können wir bei einer Politik, die Gettoisierung quasi fördert, erwarten, dass all die Migranten sich mitgenommen fühlen?

Ich weiß, wovon ich schreibe, weil ich einerseits in einem zunehmend der Gentrifizierung unterliegenden Stadtteile Münchens lebe und andererseits in einer ländlichen Umgebung in Italien.
Bei aller Wertschätzung meiner Nachbarn und einigen engen Freundschaften weiß ich, dass ich immer der Tedesco bleibe. Meine Erfahrungen sind, dass wenn ich die Stimme gegen manche Auswüchse der italienischen Bürokratie erhebe, sofort ein Satz fällt wie dieser: Du kaufst dir ein Haus in Italien. Dann lerne auch endlich unsere Sprache richtig!

Zugegeben, das habe ich bis heute nicht geschafft; aus Faulheit, aber auch aus Unvermögen. Dafür schäme ich mich zwar,  aber dämpfe das ab, indem ich treuer Steuern zahle als die Einheimischen und gemeinsam mit meiner Frau viel für das Verschönern und das soziale Miteinander im Gemeinwesen tue.

Aber wenn die Sprache tatsächlich der Garant für Integration oder vielmehr für unsere Denkweise wäre, wieso gibt es dann doch so krasse Gegensätze?

Ein Kabarettist bezeichnete die Demonstrationen für Erdogan in Deutschland mit "Freiland-Hühnern, die für die ultimative Käfighaltung kämpfen". Martin Sonnenborn rief satirisch indirekt zum Türken-Bashing auf.

Türken-Bashing - also das unreflektierte Einprügeln (verbal oder physisch) auf Türken - träfe ganz abgesehen davon, dass Gewalt eben kein Mittel sein sollte ja jeden Türken oder Türkin; gleichgültig, ob integriert, hier geboren, verankert und sich deutsch fühlend, oder nostalgisch mit der Heimat verbunden.

Wenn zwei die gleiche Sprache sprechen, heißt das ja noch gar nichts. Wie an den aalglatten Erdogan-Propagandisten Fatih Zingal und  dem Grünen-Chef  Cem Özdemir in den Medien beispielhaft vorgeführt wird. Dialektisch und argumentativ hoch gerüstet könnten bei den beiden Deutsch-Türken die Gegensätze nicht größer sein. Das demonstriert auch, wie geschickte Bauernfängerei die "Abgehängten" von zuhause abholt. Türkische Politik wird also längst auf Deutschem Boden praktiziert.

Bin ich dagegen, dass Erdogan hier für sein umstrittenes Referendum wirbt? Ja!
Ärgert es mich, dass Jungtürken, die kaum türkisch sprechen und hier geboren und ausgebildet wurden, für Erdogan sind? Ja! Geht mir das geradezu heilig praktizierte türkisch-deutsche Slang-Gelaber der Rapper auf die Nerven, die damit eine Gang-Kultur preisen? Ja.
Finde ich, dass Erdogan-Türken, die unsere Kanzlerin duzen und als Nazi bezeichnen, nicht in die Europäische Union gehören? Ja!

Aber alle Türken über einen Kamm zu scheren grenzt dann doch an Pogrom und schwächt die Reste ihrer Demokratie daheim.

Bashing - auch wenn vielleicht "witzig" gemeint - ist undemokratisch und unserer Demokratie nicht würdig. Soll aber nicht heißen, dass wir jetzt nicht endlich anfangen, Erdogan  und seinen Epigonen wenigstens dialektisch ordentlich auf die Schnauze zu hauen...

Freitag, 17. März 2017

Brexit-Queen

Hach, was waren das noch für Zeiten, als Elisabeth I nur mit dem Finger zu schnippen brauchte, um einen zu hoch mögenden Politiker oder die widerspenstige Rivalin Mary Stuart einen Kopf kürzer machen zu lassen. Ihr Vater Heinrich VIII hatte ihr ja die Tauglichkeit des Towers für solche Lösungen quasi hinterlassen...

Tja, aber heute ist eben Great Britain nicht nur konstitutionelle Monarchie, sondern muss auch versuchen, wieder "great again" zu werden. Richten soll das nicht das Beil des Henkers, sonder der Ausstieg aus Europa, der sogenannte Brexit, der nach Meinung Vieler leicht zum Brexitus werden könnte. Elisabeth II, die Weltrekord-Queen hat dabei nur noch die Rolle, ihre Unterschrift unter das Fait-accompli zu setzen. So ist das in einer Demokratie eben. Ihr geliebtes Volk wollte es so, und sie darf noch nicht einmal durch herunter gezogene Mundwinkel andeuten, wenn sie  "not amused" ist.

Geschichtlich bizarr, dass auch die zweite Elli dabei in Persona der ersten Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon eine schottische Gegenspielerin hat, der ein neues Referendum gute Chancen einräumt, Schottland endlich aus dem "United Kingdom" zu lösen. Mit dem demokratischen Schwert des Volkswillens und ohne Furcht vor dem Henker, wenn sie den Hahn vom sprudelnden schottischen Öl schließt. Und Trump muss auch aufpassen, dass sie ihm die beim Volk verhassten, durch Mauern abgeschirmten  Luxus-Golfkurse nicht in öffentliche Rollschuh-Bahnen umwandelt.

Das Glashaus hier ist unmittelbar von der schwelenden Unruhe betroffen. Seit wir hier wohnen, hatten wir hinter der Glasfront unsere solar betriebene Winke-Betty, eine maßstabgetreue Miniatur der Dauer-Queen. Gewohnt huldvoll winkte sie mit den ersten Strahlen des Morgengrauens bis zum Abendrot (und wechselte nicht einmal ihre Handtasche zum rechten Arm, um anzuzeigen, dass sie nicht mehr wolle).

Und doch starb sie dann eines gewaltsamen Todes. Mein Enkel, mittlerweile pfeilschnell auf seinen Beinchen unterwegs, steuerte ihre Konsole an, riss sie von ihrem Podest und schmetterte sie zu Boden.

Kater Garfield hätte das vermutlich mit seinem "Yup, Newton was right!" kommentiert.

Wenigstens kann man einem Anderthalbjährigen weder Majestäts-Beleidigung noch Umsturz-Absichten unterstellen...

Mittwoch, 15. März 2017

Der Fluch der bösen, alten Männer

Wieso geben sich die Wähler weltweit immer wieder bösen, alten Männern hin? Rein von der Lebenserwartung her birgt das doch stets die Gefahr für risikoreiches Regieren. So nach dem Motto: "Wenn es schiefgeht, erlebe ich es ja eh nicht mehr!"

Andererseits verspricht so ein altes Schlachtross anscheinend aber auch viel Erfahrung und die Gelassenheit der späten Lebensjahre. - Wäre nicht da das statistisch belegte "Verfall-Datum"...

Ich bin jetzt 68. Würde ich mir die Härte eines politischen Amtes überhaupt zutrauen können? Niemals! Denn ungeahnt dessen, was ich mir an Denkleistung noch abverlange, ist doch der körperliche Verfall auch mit größtem Selbstbewusstsein nicht zu ignorieren. Wenn ich mich umschaue, bei den ehemaligen Führungskräften in meinem Bekanntenkreis, geht es denen meist genauso.

Was hält also Politiker jenseits der Rentengrenze in ihren Ämtern? Ist es die Angst vorm Sterben, wie viele Analytiker meinen. Oder ist es genau das Gegenteil - ein eingeredetes Gefühl der Unsterblichkeit - wie es pathologischen Narzissten zu eigen ist?

Tatsache ist, dass die Welt nicht selten von körperlich und geistig Kranken besserwisserisch regiert wird und wurde.
Das macht nicht nur die gefährlich, sondern gibt den Manipulatoren in ihrem Schatten, Macht für Experimente im Verborgenen, bei denen sie den Kopf nicht hinhalten müssen.

Bei vielen Weltmarkt-Führern ist mit 63 Jahren Schluss für die Führungskräfte. Wieso gibt es also nirgendwo auf der Welt eine Altersgrenze für Politiker?


Passt auf die im 
Schatten auf!

Sonntag, 12. März 2017

Total ausgehummert!

Es ist politisch absolut unkorrekt, in Zeiten, da Ausgebombte und Menschen auf der Flucht kaum noch etwas zu Essen finden, über Probleme bei der Versorgung mit Luxus-Nahrungsmitteln zu schreiben. Aber ich und die Hummer, das ist eine Liebesgeschichte, die für die großen Schalentiere immer tödlich endet. Irgendwie geht es mir da ein wenig wie dem Homer Simpson, der in einer Folge treu einen Hummer umsorgt, um ihn dann unter Tränen und Schluchzen genussvoll zu verspeisen.

Diejenigen, die meine Blogs schon länger lesen, wissen, dass ein von mir gemalter Hummer immer dann meine Posts schmückt, wenn ich beim Kochen wieder einmal etwas ausprobiert habe und das dann gleich teile. Und sie haben auch von meinen Hummer-Abenteuern weltweit gelesen.

Die aktuelle Hummer-Population aller Weltmeere wird es freuen, dass ich seit Sylvester 2005 keinen der Artgenossen mehr verspeist habe. Mittlerweile weiß ich, dass Hummer - so sie nicht im Kochtopf landen - viel älter werden als Menschen. Als Anhaltspunkt für die nächste Bestellung: Ein neun Kilo schwerer Hummer ist rund 140 Jahre alt.

Aber ich habe auch die posthume Rache all der Scheren-Monster zu spüren bekommen. Das im Fleisch vorhandene Purin in Kombination mit trockenem Weißwein sind die todsicheren Faktoren für schwere Gicht und Nierensteine. Dem eingedenk bat ich meine Kinder - quasi auf der Zielgeraden des Lebens - vor ein paar Jahren noch einmal um ein Hummer-Essen als Geburtstags-Geschenk. Auf das warte ich - wohl aus Fürsorglichkeit - bis heute vergebens.

Aber die Kids sind ganz groß, ihren gramgebeugten Erzeuger nachhaltig zu veräppeln. Brav in Geschenkpapier eingewickelt bekam ich einen Zappel-Hummer. Der treibt seither allerhand Unsinn - wie ihr der beigefügten Fotoserie entnehmen könnt:
Er klettert an historischen Lampen herum


Er spuckt uns zum Hohn von der Abzugshaube in die Kochtöpfe
Im Bad zerknackt er die Zahnbürsten


Und er versucht immer wieder, mich vom Schreiben abzuhalten...

Donnerstag, 9. März 2017

Wer's glaubt, wird selig?

Stets saubere Hände: von mir 2007 mit Acryl auf Karton gemalt
Mit dem Wandel zum Monotheismus beginnt nach Heinrich August Winkler die Geschichte des Westens. Die strengen Regeln des christlichen Glaubens sorgten jedoch neben den vermeintlichen Zehn Geboten in guter Absicht auch durch Unterdrückung, Knebelung und Angst für Gehorsam.
Wer den Islam heute als Religion des Schwertes und der Gewalt tadelt, hat eigentlich nur ein treffendes Argument. Dass der Westen 500 Jahre nach dem Reformator Martin Luther sich durch seine Errungenschaften weiter entwickelt hat, während die sogenannten Gotteskrieger sich wieder"alttestamentarischer Gewalt" bedienen. Aber für eine Absolution des Christentums reicht das bei weitem nicht.

So zum Beispiel steht es im Markus-Evangelium.

„Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur. Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.“ 

Mit ewiger Verdammnis und der Hölle zu drohen. war ein approbates Mittel, die breite, ungebildete Masse einzuschüchtern. Die größten Sünden wurden durch den boomenden Ablass-Handel den  Mächtigen und Reichen verziehen. Wer da an die Deutsche Bank denkt, soll auf dem  Scheiterhaufen fauler Kredite verbrennen!

Die Mächtigen wiederum konnten aus dem Ablass ableiten, wer nicht für mich ist, ist gegen mich. Kreuzzüge, Progrome, Verbrennen und Abschlachten von Häretikern wurde als Gottes Wille interpretiert - wurde so also legalisiert.

Wer auf dieser Welt ohne Schuld ist, wirft also den ersten Stein und fühlt sich im Recht. Gerade genauso wie heute. Im harmlosesten Fall wird das Argument einfach nieder geschrien, meist aber mit modernsten Waffen ausgelöscht.

Heute hält sich die"Kirche des Westens" fein heraus. Wäre da nicht Papst Franziskus, der hin und wieder ohne Wirkung die Stimme erhebt, bliebe erwähnenswert: Verschwenderischer Umgang mit Geld, Schwund der Gläubigen, Kirchenaustritte aber vor allem weltweit sich epidemisch verbreitende, sexuelle Übergriffe auf Schutzbefohlene durch das Personal mit Beffchen und Talar.

Als Agnostiker frage ich mich deshalb immer wieder: "Wie geht das zusammen? An Gott zu glauben,
wider die Sünde zu predigen, aber sich dann an der Unschuld zu vergehen?

Wer's glaubt, sollte verdammt sein. Aber es gib t keine höhere Gerechtigkeit. Nur eine Gerechtigkeit der jeweils gerade Mächtigen...

Wer sich selbst erhöht, der soll erniedrigt werden (Bachs Kantate 47). Die Frage ist: Können wir darauf warten?

Montag, 6. März 2017

Die stille Revanche dauert zu lange

"Killing Me Softly", der Song der ursprünglich für Lori Lieberman geschrieben wurde, aber zweimal erfolgreicher durch Roberta Flack (Soul) und Lauryn Hill /Hiphop) wieder geboren wurde, könnte auch gut die Hymne für Angela Merkels Umgang mit männlichen (gelegentlich auch weiblichen) politischen Widersachern sein.

Allerdings scheint ihr dieser Ur-Instinkt - eventuell altersbedingt - in jüngster Zeit abhanden gekommen zu sein. Sonst würde sie sich von Seehofer und Erdogan nicht so auf der Nase herum tanzen lassen. Nein, die Auseinandersetzung mit Tiefschlägen und ausgeschlagenen Schneidezähnen ist nicht ihr Stil, aber das schadet ihr und Deutschland möglicherweise.

Mit gleicher Münze heim zu zahlen wird nie ihr Stil sein. Das hat sie so erfolgreich gemacht und Anerkennung auch außerhalb ihrer Partei und Wählerschaft gebracht. Aber sowohl bei der Flüchtlingspolitik als auch im Umgang mit Diktator in spe Erdogan hat sie durch Verzögern Fehler gemacht, die den Bodensatz unserer Gesellschaft wieder nach oben gespült haben.

Die "Tannenberg-Taktik", ihre Macho-Gegner mit Zuckerbrot immer weiter auf ihr Terrain zu ziehen, bis denen die Puste ausgeht, dauert in der aktuellen Situation, in der sich die Welt befindet einfach zu lange.

Die derzeitigen Despoten halten nämlich gar nichts vom Teilen beim Herrschen. Ihnen ist mit den Manieren einer Pfarrerstochter nicht beizukommen. Da wäre ein wenig mehr Raubkatze gefragt, die zurück beißt oder zumindest eine Amazone die mit starken Argumenten brennende Pfeile verschießt oder mit  Thors Hammer auf den Tisch haut.

Nichts dergleichen wird passieren, weil sie überall zuviel Zugeständnisse gemacht hat und Faustpfänder zum Erhalt der Harmonie zurück gelassen hat. Europa hasst sie wegen ihres Erfolges und lässt sie daher als Opferlamm auf dem Altar der Einheit verschmoren.

Das allerletzte Opfer ihrer stillen Taktik wird vermutlich Martin Schulz sein. Sie wird also die Wahl gewinnen und die Koalition mit dem dann ausgelutschten Rest-Personal der SPD fortsetzen, - während die Türken einen möglichen Bürger-Krieg entfachen?...

Samstag, 4. März 2017

Aus Mangel an Verständnis

Nachdem ich drei Stunden Süddeutsche gelesen und zwei Stunden meine Standard-Quellen im Netz durchstöbert habe, fühle ich mich fremd in einer Welt, die einst die meine war. Egal, wo ich meine Fähnchen noch vor 30 Jahren in die Weltkarte gestochen habe, um Reportagen vorzubereiten, es fehlt dort anscheinend überall die Menschlichkeit, die ich auf meinen Reisen noch erfahren durfte. Zugegeben, es war immer eine positive Auswahl gewesen, denn ich wollte ja niemanden animieren in Gefahrenzonen zu reisen. Sogar das Reisen in Länder, die wir wegen der Menschenrechte nicht auf dem Plan hatten, versprachen auf einmal traumhafte Reise-Erlebnisse. Meine Tochter war sogar zum Schüler-Austausch in Moskau, ohne dass ich mir Sorgen machen musste. Alles dahin!


Im Sprachlabor, einer lesenswerten Kolumne der SZ, in der Sprachpuristen und auch Besserwisser, sich austoben dürfen, wurde heute erörtert, ob es anstelle "der Verbrechen gegen die Menschlichkeit" nicht richtiger Weise "Verbrechen gegen die Menschheit" heißen müsse. Eine in meinen Augen müssige Erörterung, denn es sind ja immer Menschen, die unmenschlich gegen die Menschheit vorgehen. Erschreckend ist doch gerade, dass in Zeiten verendender Demokratien, das Verbrechen im Namen der Menschen gegen anders Denkende verübt wird. Oder besser noch anderes Denken - wie einst - niedergepöbelt und durch Rechtsmissbrauch unterdrückt wird.

Im Artikel 20 unserer Verfassung steht, dass alle Staatsgewalt vom Volke auszugehen hat. Bin ich kein guter Demokrat, wenn mir im Augenblick gerade dieser Aspekt angst macht?

Wenn nach Kriegsterror und Diktatur mit schlechtestem Gewissen und in aller Demut eine neue Verfassung formuliert wird, ahnt man kaum, dass ihre Halbwertzeit nur so lange nach hält, wie sich die Esel im Massenwahn nicht auf das Eis des Populismus begeben.

Im Moment sind einige der mächtigsten und ältesten Demokratien der Welt dabei, freiwillig auf die höchsten Güter zu verzichten, die uns die grausame Welt-Geschichte hat erringen lassen.

Zugegeben - wenn Krieg immer noch der Vater aller Dinge sein soll - dann haben zumindest wir Mittel-Europäer mit über 70 Jahren Friede offenbar  davon zuviel gehabt.

Mittwoch, 1. März 2017

Tagebücher

Ein schlauer Kopf, der vermutlich weder Psychater noch Psychologe war, meinte einmal, dass einem das Schreiben im Tagebuch Couch und Analyse ersparte. Ist der Tagebuch-Schreiber mächtig oder berühmt gewesen, freuen sich die Erben, weil sie dann dessen intimste Gedanken und Erlebnisse durch Veröffentlichung zusätzlich versilbern können. Das wiederum erfreut die Analytiker, die dann jedes geschriebene Wort posthum auf die Goldwaage legen. Woody Allen hat das einmal in seinem Buch "Without Feathers" ordentlich auf die Schippe genommen, indem er auch Einkaufszettel und Wäscherei-Listen eines fiktiven Prominenten intellektuell zerpflückte.

Vorsicht also, wer versäumt, ein Veröffentlichungs-Verbot zu testieren (siehe Franz Kafka).

Die Tagebuch-Schreiber vertrauen ihren Analen aber durchaus Dinge aus unterschiedlichsten Gründen an:

Meine Mutter zum Beispiel ließ sich jedes Jahr zu Weihnachten ein kleines Notizbuch im halben A5-Format mit Jahreszahl drauf schenken. Tagtäglich notierte sie in ihrer nahezu unleserlichen Schrift gnadenlos in Stichworten, was vom Tage übrig blieb. Wenn in der Familien-Runde darüber gerätselt wurde, was, wann und wieso passiert war, reichten ihr die diffusesten Anhaltspunkte. Sie holte einen Karton heraus, indem alle ihre Notizbücher eingeordnet waren. Das nervte alle, die es nicht so genau wissen wollten.
"Was sagt ihr? Wann Claus seinen Riesen-Furunkel auf der Nase hatte, der sogar im Dunkeln geleuchtet hat? Hier steht es: 5 Juni 1955." Es war weniger die geschichtliche Präzision, als der überlegene Gesichtsausdruck, mit dem sie das Ergebnis verkündete. Manchmal kämpfte man gegen das Verlangen, den Karton anzuzünden.

Im Tagebuch-Nachlass meines Großvaters entdeckte ein Historiker neben Weltbewegendem auch militärisch Straffes, wie es Ausbildung und Stellung von ihm verlangten:
"Mömi (Spitzname meiner Oma) mit dem Signalhorn vom Ausritt zum Mittagessen beordert..."

Ich selbst hatte deshalb nie das Verlangen, Tagebuch zu führen. Bis zum Computer-Zeitalter und die Entdeckung Friedrich Nietzsches durch eine Mitarbeiterin habe ich noch nicht einmal Veröffentlichungen von mir gesammelt. Umso peinlicher, dass sie jetzt vielfach im Internet als Ramsch angeboten werden.

Die fürsorglichste Ehefrau von allen hat jedenfalls erst nach unserer Hochzeit mit dem Tagebuch-Schreiben aufgehört und die Büchlein dann irgendwie verschlampt. Weshalb wir immer noch darüber streiten, wann sie mich zum ersten mal geküsst hat, weil ich zu schüchtern war.
Sie ist dann  ersatzweise dazu übergegangen, von allen wichtigen Vorkommnissen kleine Erinnerungsstücke zu sammeln.
Mit unseren Kindern geht sie dann Kartons aus dem Keller durch, die neben dem muffigen Geruch
auch nostalgische Sentiments freisetzen. Was einer der Gründe ist, weshalb ich nichts aufhebe.
Das hätte mir auch erspart, dass die Kids über meine handgeschriebene Geschichten gestolpert sind, die meine Frau heimlich aufgehoben hat.

Gestern fand ich sie heulend im Kerzenschein sitzend, weil sie die Weltreise-Tagebücher meine Eltern ausgekramt hatte. Und schon ging sie los, die Reise in die Vergangenheit und die Tränen versiegten nicht.

Mein Gedächtnis ist noch ein wenig besser als das meiner viel viel "besseren Hälfte". Und deshalb weiß ich genau, dass ich morgen vor 50 Jahren zum ersten Mal tief in ihre blauen Augen geschaut habe. Es war aus meiner Sicht Liebe auf den ersten Blick - auch wenn es noch gedauert hatte, bis sie mich im Juni zum ersten mal geküsst hat
...

Für diese Erinnerung brauche ich kein Tagebuch.