Samstag, 4. März 2017

Aus Mangel an Verständnis

Nachdem ich drei Stunden Süddeutsche gelesen und zwei Stunden meine Standard-Quellen im Netz durchstöbert habe, fühle ich mich fremd in einer Welt, die einst die meine war. Egal, wo ich meine Fähnchen noch vor 30 Jahren in die Weltkarte gestochen habe, um Reportagen vorzubereiten, es fehlt dort anscheinend überall die Menschlichkeit, die ich auf meinen Reisen noch erfahren durfte. Zugegeben, es war immer eine positive Auswahl gewesen, denn ich wollte ja niemanden animieren in Gefahrenzonen zu reisen. Sogar das Reisen in Länder, die wir wegen der Menschenrechte nicht auf dem Plan hatten, versprachen auf einmal traumhafte Reise-Erlebnisse. Meine Tochter war sogar zum Schüler-Austausch in Moskau, ohne dass ich mir Sorgen machen musste. Alles dahin!


Im Sprachlabor, einer lesenswerten Kolumne der SZ, in der Sprachpuristen und auch Besserwisser, sich austoben dürfen, wurde heute erörtert, ob es anstelle "der Verbrechen gegen die Menschlichkeit" nicht richtiger Weise "Verbrechen gegen die Menschheit" heißen müsse. Eine in meinen Augen müssige Erörterung, denn es sind ja immer Menschen, die unmenschlich gegen die Menschheit vorgehen. Erschreckend ist doch gerade, dass in Zeiten verendender Demokratien, das Verbrechen im Namen der Menschen gegen anders Denkende verübt wird. Oder besser noch anderes Denken - wie einst - niedergepöbelt und durch Rechtsmissbrauch unterdrückt wird.

Im Artikel 20 unserer Verfassung steht, dass alle Staatsgewalt vom Volke auszugehen hat. Bin ich kein guter Demokrat, wenn mir im Augenblick gerade dieser Aspekt angst macht?

Wenn nach Kriegsterror und Diktatur mit schlechtestem Gewissen und in aller Demut eine neue Verfassung formuliert wird, ahnt man kaum, dass ihre Halbwertzeit nur so lange nach hält, wie sich die Esel im Massenwahn nicht auf das Eis des Populismus begeben.

Im Moment sind einige der mächtigsten und ältesten Demokratien der Welt dabei, freiwillig auf die höchsten Güter zu verzichten, die uns die grausame Welt-Geschichte hat erringen lassen.

Zugegeben - wenn Krieg immer noch der Vater aller Dinge sein soll - dann haben zumindest wir Mittel-Europäer mit über 70 Jahren Friede offenbar  davon zuviel gehabt.

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