Montag, 11. März 2024

Boliden und Bullets


 
Immer wieder verblüffend, wie Adam Driver darstellerisch in italienische Granden
schlüpft. Nach The House of Gucci ebenso brillant  Ferrari

Was hat das Aufjaulen der Republikaner bei Joe Bidens Rede an die Nation im US-Senat mit Enzo Ferrari zu tun? Manche Wochen verlaufen für den Blogger thematisch schon sehr verquer! Aber der Reihe nach:
 
Bei Dauerregen hatte ich mir im Stream das Bio-Pic über den legendären Enzo Ferrari angeschaut.
Der Film hat seinen Spannungshöhepunkt mit dem Straßen-Sportwagenrennen Mille Miglia 1957 historisch, heroisch, aber aus heutiger Sicht absolut unbegreiflich! Die Scuderia belegte damals die ersten drei Plätze, hatte aber auch den Unfall des Spaniers Alfonso de Portago zu verkraften.
Quelle: Scuderia F
De Portage da noch  mit Beifahrer Nelson
vor der letzten Etappe
Der riss nach einem Reifenschaden bei annähernd Tempo 280 Kilometern pro Stunde 11 Tifosi - darunter auch Kinder, die dicht am Straßenrand standen - mit in den Tod. 20 weitere Menschen wurden schwer Verletzt. Das war das Ende der Mille Miglia als Wertungslauf für die Sportwagen-Weltmeisterschaft. Was mich am meisten erschüttert hat, war jedoch meine Reaktion auf das Ende des Films. Nach dieser bildgewaltigen Oper mit den formschönen Roten Renner aus Maranello hatte ich wieder das Sehnsuchtsgefühl meiner Kindheit mit brüllende Motoren und Le Mans-Starts, nach dem Geruch von mit Rizinusöl vermischten Renn-Benzin und der Nostalgie im Fahrerlager.

Quelle: Medienkraftwerk
Die fast 360 Grad Kurve mit dem
erhöhten Innenband aus Betonplatten
hieß ursprünglich Caracciola-Karussel
Einmal im Jahr - zum Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburg-Ring - ging in meinem Beamten-Vater ein Wandel vor, an dem ich im Vorschulalter teilhaben durfte. Er assistierte dann seinem Freund und Mannschaftskameraden aus Tischtennis-Tagen, dem Rundfunkreporter Roderich Dietze hoch oben über der Zielgeraden mit Rundenstatistiken, Zeitmessungen und Informationen aus dem Fahrerlager, die er noch vor dem Start gesammelt hatte. Ich war wohl dabei einige Male so eine Art nerviges Maskottchen, das Dietze gerne seinen "Schwellkopf" nannte. Immerhin verhalf er mir dazu, dass der berühmte Karl Kling - vermutlich nicht mit Renntempo -  mich in einem Mercedes 300 SL durch das "Karussel" auf der Nordschleife chauffierte. Den "Film" davon kann ich auch heute immer noch vor dem inneren Auge abrufen. Aber heute verklärt ihn keine Rennfahrer-Romantik mehr. Dafür haben zu viele, die ich einst so verehrte, ins Gras gebissen.

Quelle:Booklooker
Dass man fasziniert ist, muss nicht bedeuten, dass man auch einer Sache verfällt. Als ich mit dem Weltmeister Gottfried Kustermann beispielsweise begann, an einem sportdidaktischen Buch zum Thema "Sportschießen" zu arbeiten, musste der erst einmal schlucken, dass ausgerechnet  ein Kriegsdienstverweigerer sein Co-Autor sein sollte. Tatsächlich habe ich vom Luftgewehr über die Armbrust bis hin zur Skeet-Waffe mit allen gängigen Sportwaffen manierliche Treffer erzielt, ohne jemals zu vergessen, dass sie abseits des Trefferbildes auf der Zielscheibe todbringend sein könnten.

Quelle: Pixabqay
Aber zurück zur vergangenen Woche. Der greise Biden war in seiner kämpferischen Rede fest davon überzeugt, dass er dem amerikanischen Waffen-Wahn in der nächsten Legislatur-Periode endlich massive Schranken auferlegen würde, damit es zu weniger von diesen unbegreiflichen Massakern in seinem Land käme. Er greift damit ein von den Republikanern befürwortetes, verfassungsgemäßes Grundrecht aus der Pionierzeit an, das immer noch von der mächtigen Waffenlobby NRA mit allen juristischen Tricks verteidigt wird.

Enzo Ferrari musste durch mehrere Gerichtsverfahren, ehe man zu dem Urteil kam, dass ihn keine Mitschuld an dem tragischen Unfall traf, Heute ist Ferrari der älteste und erfolgreichste Rennstall der Formel 1 und die Zulassung eines dieser Boliden im privaten Straßenverkehr ist immer noch der feuchte Traum jedes motoraffinen Mannes.  Die "Dinos" von damals haben einen Sammlerwert von mehreren Millionen Euro. Seit ich in Italien lebe gibt es aller fanatischen Motorsport-Liebe zum Trotz strenge Tempolimits. Wer sie erheblich überschreitet, muss damit rechnen, dass sein Fahrzeuge beschlagnahmt und versteigert wird 

Quelle: Handelsblatt
Wohin mit den 1000 PS des P1 im Straßenverkehr,
wenn so ein Geschoss an der Ampel liegen bleibt?
In einer Zeit, in der der Auto-Rennsport so sicher geworden ist wie nie zuvor und die tödlichen Unfälle auf unseren Straßen kontinuierlich sinken, wird dennoch bei uns wieder über eine neuerliche  Einführung eines Tempolimits diskutiert. Grund: Der deutsche Rausch des Rasens, der durch Michael Schumacher und Sebastian Vettel sicherlich zusätzlich animiert wurde, hat sich in Ermangelung solcher Helden aktuell auf private Straßenrennen von Laien verlagert. Zum Teil tragen solche Irren diese sogar in Innenstädten aus. Am nördlichen Ende unserer verkehrsreichen Straße treiben zum Thema passende Auto-Tuner ihr Unwesen. Meist reicht es den Eigentümern solcher Geschosse nicht, bis zur Autobahn zu warten. Zwischen den Ampeln lassen sie ihre aufgemotzten Motoren mit unangebrachter Beschleunigen gerne aufjaulen. Nicht immer ohne harmlose Folgen. Am Samstag blieb ein 1000 PS starker McLaren P1 zur Mittagszeit unmittelbar vor der Ampel auf der Linksabbieger-Spur zum Ring liegen und sorgte für einen peinlichen Stau. Der Graue wirkte mit seinen hoch geklappten Flügel-Türen wie ein Science-Fiction-Insekt, dem man den Stachel gezogen hat.

Passend zu meiner "Themen-Woche" brachte dann am Abend BR-Fernsehen im dritten Programm eine Chronik der sieben Jahrzehnte andauernden Diskussion über ein Tempolimit auf den Autobahnen...
"Ohne Limit : Warum dürfen wir noch rasen?"
https://www.ardmediathek.de/video/Y3JpZDovL21kci5kZS9zZW5kdW5nLzI4MjA0MC80MDMxMDctMzgzNTQw

Mein unmaßgebliches Fazit zum Thema:
Das Festhalten der Amis an einem Recht auf Waffenbesitz unterscheidet sich nicht wesentlich vom ungebeugten Recht aufs Rasen der 
Deutschen. 

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