Montag, 13. März 2023

Quatschen bis die Polizei kommt

 

Kurz vor der "Oscar-Night" zieht mein cineastisches Gedächtnis stets eine Art Bilanz. Ich habe meine eigenen Top-Ten der besten Filme aller Zeiten, und davon sind beinahe die Hälfte Meisterwerke in Schwaz-Weiß aus dem vergangenen Jahrhundert.  In den letzten fünf Jahren sind kaum neue Lieblinge hinzu gekommen. Für die diesjährige Verleihung bin ich nicht aufgeblieben wie früher, weil ich sie ja heute bequem und entspannt "nachstreamen" kann. Kein Zweifel, Streaming hat die Kinowelt insgesamt verändert, was ja schon daran zu erkennen ist, dass die großen Provider für eigens von ihnen produzierte Filme Oscars in diversen Kategorien einheimsen.

Keine Bange, ich werde mir keine Filmkritiken anmaßen. Ich verstehe nicht genug vom Filmemachen. Für mich zählt allein, was bei mir ankommt, wie ich stimuliert werde oder ob ich den "Streifen" (Stream) überhaupt verstehe. Da ich eine ziemliche Heulsuse geworden bin, sind meine Tränen auch kein Maßstab mehr für Rührung, Den letztjährigen Gewinner "für die beste Regie", "The Power of The Dog", habe ich allein schon von der Motivation her kaum verstanden, obwohl er als Déjàvu in landschaftlichen Szenarien spielt, die ich so schon in natura gesehen hatte.
Als "Pferde-Oper" auf den Hund gekommen. Passt ein
intellektueller Western in die Zeit?
Dann doch lieber "Highnoon"
Quelle: Netflix
 Über den "deutschen" Beitrag 2023  "Im Westen nichts Neues" habe ich ja an dieser Stelle schon geschrieben als er vorab im Streamingdienst erschien. Mir fehlte die "remarqusche Sensibilität" der Romanvorlage, aber die Jury belohnte ihn gleich mit vier Goldmännchen. Was mich als alten Sack generell  zu der Frage bringt, muss ein Film, um gur zu sein, alles einsetzen, was den Machern heutzutage computertechnologisch zur Verfügung steht?
Da musste Tom Cruise ja ins grübeln kommen,
wenn er als 60jähriger "Top Gun" Maverick
den Erstling noch einmal toppen musste
Quelle: NTV

Die Filme der letzten drei Jahre werden vielleicht einmal cineastisch als "Corona"-, "Drohnen"- oder "Kriegsbestimmte"-Filme eingeordnet werden. Man erkennt sie an spärlichen Besetzungen, langen Schwenks und überlangen Monologen, wie sie heute gar nicht mehr gehalten werden. Jetzt vor allem beeinflusst durch den  Realzustand kriegerischer Gewalt. Die fordert jüngere Regie-Generationen vermutlich ganz anders heraus als meine, die als mitteleuropäische Nachkriegs- zu einer Friedens-Generation werden konnten. Drohnen-Takes sind oft beeindruckend, aber sie geben erheblich auf die Nerven, wenn sie allein der Streckung des Handlungsstranges dienen. Immer seltener werden linear erzählte Filme: Das hin- und-her Springen zwischen Gegenwart und längst Vergangenem ist eine Marotte, die oft von den Schwächen eines Drehbuches ablenken.

Die ständigen Wiederholungen sogenannter Blockbuster im Abendprogramm auf beinahe allen TV-Kanälen verzerrt auf Basis kostengünstiger Einkäufe von Action und Sciencefiction das Qualitätsbild für "Arthouse"-Filme der letzten Jahrzehnte. Es gab sie noch - die herausragenden Filme, aber im Fernsehen werden sie meist erst nach Mitternacht ausgestrahlt. Draus entstand auch der Hetzbegriff "Senioren-Fernsehen", wenn unsere Kinder und Kindeskinder versuchen, die "Öffentlich Rechtlichen" einzuordnen. Aber haben sie nicht irgendwie recht?

Kommt auf allen Kanälen
immer wieder gut:
Bruce Willis im Muscle-Shirt.
Der hat sich allerdings nun
selbst in Rente geschickt
Quelle: wikipedia

Vereinzelte von ARD und ZDF selbst produzierte Filme verdienen durchaus das Prädikat "wertvoll", aber man ist durch die allgemeine SOKOlitis* des Abendprogramms im Geschmack so geschädigt, dass man sie gar nicht mehr herauspicken möchte. Und dann bedienen sie sich nun wirklich aus Mangel an Innovation abgewrackter "Suspense"-Tricks. Achtet doch mal darauf, wie viele Räuber- und Gendarm-Filmchen mit einem Rechtfertigungs-Monolog des Täters enden, der quasi die gesamte vorherige Handlung für die Zuseher zusammenfasst. Meine Mutter ist früher immer vor dem Fernseher eingeschlafen. die hätte es heute gut und müsste nicht mehr mit der Frage hochschrecken: "Wer war's denn?"

Der Grund, die Folge muss zeitlich nach Norm ausgedehnt werden, und die Polizei soll ja auch noch rettend für ein "Lucky-End" eingreifen können. Da ist "Quatschen bis die Polizei" kommt angesagt. In der Laber-Zeit der finalen Täter hätte der bis dahin so intelligent und raffiniert agierende Serienkiller leicht noch zwei weitere Morde begehen können...

Ein schönes Beispiel war da das Ende der sonst recht drögen "SOKO Linz" vom Freitag, dem 10. März 2023. Es reicht, sich in der Mediathek die letzten Minuten anzuschauen.

P.S. Dies SOKOlitis ist eine harmlose Gehirnerweichung, die eintritt, wenn man in der Erkenntnis, das morgen Diensttag ist, sagt: "Da gibt's Weimar"...

Hier die Show zum Nachsehen in der Pro7-Mediathek:

https://www.prosieben.de/themen/stars/news/oscars2023-wiederholung-ganze-show-heute-prosieben-mediathek-stream-68130

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