Montag, 11. März 2019

Verflixte innere Stimme

"Der einzige Tyrann, den ich in dieser Welt anerkenne, ist die leise innere Stimme."
Oft muss er sie überhört haben, der große Mahatma Gandhi, der hier zitiert wird. Keiner schafft es in einer Welt von Feinden, seine Ziele derart friedvoll und hartnäckig umzusetzen. Ganz im Gegenteil. Die hartnäckige, bisweilen übermächtig herrschende Angst bei eindeutig gefährlichem Tun übertönt mit rauschendem Blut in den Ohren und in der Brust hämmerndem Herzen, was uns die innere Stimme leise rät. Warum machen selbige, die dann Helden genannt werden, als Einzelne etwas, was wir en masse nicht fertig bringen?

Ich selbst bin zwar nie ein Held geworden, und als gelernter Feigling musste ich regelrecht lernen, Ängste zu überwinden. Aber eine innere Stimme hat mich dann jedesmal regelrecht zu Dingen getrieben, die mein normales Ich vermieden hätte. Vermutlich hat Mahatma das Prinzip Angst-Lust niemals kennen gelernt, oder er hat seine leise inner Stimme einfach überhört.

In jungen Jahren habe ich mich auf das Alter gefreut. Ich habe sogar laut davon geträumt, dass ich mit meinem besten Freund inmitten einer Schar von Enkeln an unserer Lieblings-Bar am Atlantik , gekleidet in weißen Anzügen, bei Wein und edlen Speisen den
Sonnen-Untergang feier.
Dazu ist es sehr bald nicht gekommen, weil er  - wie die meisten meiner Freunde wesentlich älter als ich - von einer unheilbaren Krankheit erwischt wurde. Andere mir nahe Menschen hatten wenigstens die Gnade eines raschen Todes was ihr Fehlen aber nicht mindert.

Jetzt sind fast alle Freunde schon tot. Aber im Vergleich zu anderen habe ich wenigstens Familie, die mich, den Familien-Muffel, mit ihrer Liebe auffängt. Nachts habe ich  - trotz einschlägiger Medikamente  - Träume, die sich kein Horror-Regisseur ausdenken könnte, und im Erwachen schlottere ich vor Angst und nicht etwa vor Erleichterung, dass alles nur ein Alp war.
Johann Heinrich Füssli hat 1781 das wohl
berühmteste Tableau zum Thema Alptraum gemalt

In meinem Leben passiert nichts mehr von dem, was mich einst ausgemacht hat, und dennoch sind da Ängste, mit denen ich nicht gerechnet habe. Komischer Weise ist es fast nie die Angst vor einem sich  logisch nähernden Tod. Es sind Ängste vor Dingen des Alltags, die mich zunehmend überfordern.

Gestern war ich auf die Hilfe meiner Tochter angewiesen, weil ich bei Marketing-Anrufen meines Mobilfunk-Providers mich nicht sofort - meiner inneren Stimme folgend - gegen die unablässigen Marketing-Anrufe gestemmt habe. In der Post hatte ich dann übersehen, dass sich die Kosten durch Tarife, die ich eigentlich gar nicht haben wollte, verdoppelt haben.

Beim vierten oder fünften Versuch, mich wegen einer Erklärung mit dem eigens zugeteilten neuen Passwort einzuloggen, hätte ich alle Elektronik im Haus am liebsten aus dem Fenster geworfen.

Als ich mich ein wenig beruhigt hatte, fiel mir der Spruch "Das Alter ist nichts für Feiglinge!" ein,  der der Hollywood-Legende Mae West zugeschrieben wird, und den sich Joachim  "Blacky" Fuchsberger für seinen Buch-Titel entlehnt hatte.

Das Buch habe ich nicht gelesen, aber ich bin mir sicher, dass der charmante "Blacky" nicht die unbeschreibliche Wut durchleben musste, die mich im Hier und Jetzt mehrfach täglich packt.
Wo sind den die inneren Stimmen, die Trump, Erdogan, Maduro oder May einbremsen würden. Alt genug wären die doch,  sie zu hören.

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