Freitag, 19. März 2021

Was für ein Glück!

Gerne schreibe ich, dass unsere Generation das Privileg hat, den Frieden auf Deutschem Boden seit sieben Jahrzehnten ungestört genießen zu können. Als Nachkriegs-Kinder erlebten wir das Wirtschaftswunder und einen Turbo-Kapitalismus, der uns nicht nur zu nachhaltigem Wohlstand verhalf, sondern auch eine Wiedervereinigung ohne Gewalt ermöglichte. Dabei übersehen wir im Rausch gerne, dass die Welt  gleichzeitig eine Vielzahl von Kriegen andernorts erlebte. Also alles andere als friedlich war.

Aber weil es uns glücklicher Weise so gut geht, haben wir eingedenk der Kriege unserer Väter nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Verpflichtung Schutz zu bieten.

Zugegeben: Ich hadere oft damit, wie schnell bei mir  der Alterungsprozess eingesetzt und mein wildes Leben von einst beendet hat.. Aber andererseits bin ich auch dankbar, dass ich noch erleben darf, dass es Kindern der Gastarbeiter aber auch  der Geflohenen zunehmend gelingt, herausragende Leistungen für unsere Gesellschaft zu erbringen. Dass sie den "German Dream" gegen allen Rassismus und Migrations-Phobien erfolgreich leben, ist aber nicht unser Verdienst, sondern ist eher deren Durchsetzungsvermögen zu zu schreiben.

In der zurückliegenden Woche gab es anlässlich der zehn Jahre, die der kriegerische Konflikt in Syrien nun schon andauert, einige sehenswerte Dokumentationen. Erst im Zeitraffer wird klar, dass dort sowie im gesamten Nahen Osten aber auch der islamischen Welt Stellvertreter-Kriege als Schwelbrände entfacht werden. Da arbeiten sich die Supermächte parteiisch aneinander ab, anstatt diese Brandherde gemeinsam zu löschen. Die Unerbittlichkeit, mit der sich Sunniten und Schiiten gegenüber stehen, ist nur ein Brandbeschleunige,r der ferngesteuerte Macht-Interessen vernebelt und individuelle Schicksale  Millionen friedlicher Menschen besiegelt.

Besonders beeindruckt hat mich ein Film ("Die letzten Männer von Aleppo" arte-mediathek) über die "Weißhelme", die trotz Bombardement in Aleppo ausgeharrt haben, um mit primitivsten Mitteln Menschen aus den Trümmern ihrer Heimatstadt zu bergen. Wann immer vor allem Babys und Kleinkinder lebend aus dem Schutt geborgen wurden, priesen die Retter Allah laut für seine Güte, während über der Stadt von anderen Moslems gesteuerte Hubschrauber weitere Fass-Bomben für den Abwurf bereit machten.

Völlig fassungslos fiel mir in diesem Zusammenhang die unglaublichen Schilderungen von Rafik Schami aus den 1970/80ern ein. Der spätere Doktor der Chemie war vor langer Zeit als junger Mann vor den politischen Wirren  seiner Heimat nach Deutschland geflohen. Er setzte in Heidelberg sein Chemiestudium fort und lernte unsere Sprache dermaßen perfekt, dass seine Romane mit Fug und Recht zu den Meisterwerken deutscher Nachkriegs-Literatur gezählt werden können.

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Man könnte nach der Lektüre einige seiner Bücher denken, Syrien sei einfach nicht zu retten und Migration ein Schicksal. Doch Schami erkennt selbst im Desaster immer noch einen Weg der Hoffnung.

Was für ein Glück!

rafik-schami.de




















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