Mittwoch, 6. Februar 2019

Gewohnheit

Gegen Ende sind wir alle die Summen unserer Gewohnheiten. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von dem Menschen als Gewohnheitstier, der sein Handeln der Macht der Gewohnheit ausliefert.
Der Papst hat jetzt auf dem Rückflug nach seinem historischen Auftritt in den  Emiraten eingeräumt, dass der Missbrauch auch von Nonnen durch männliche Kleriker quasi zur Gewohnheit geworden sei, und dass das eben das Schwierige sei, solche Fälle zu verfolgen.
Den Sex verteufeln, aber ihm selbst hinter Klostermauern mit Exzessen frönen

Ich war bislang der Überzeugung, dass die vielfältige, oft beinahe lüsterne Berichterstattung unserer heutigen Medien erst die Nachahmer generierte. "Ein Gang durch die andere Kirchen-Geschichte" zeigt aber, dass seit jeher die Gewohnheit, die enge Moral der kirchlichen Regeln auf den Scheiterhaufen zu werfen, "fröhliche Urständ" feierte.
https://www.watson.de/leben/schweiz/155218466-30-prozent-aller-nonnen-werden-missbraucht-doris-wagner-war-eine-davon

„Sexueller Missbrauch von Ordensfrauen ist weltweit verbreitet. In vielen Fällen nutzen die Täter hierfür ihre Rolle als Beichtväter oder geistliche Begleiter der Frauen aus“, schreibt Doris Reisinger, Theologin und Autorin.




Meine Schadenfreude über Doppelmoral und Glaubwürdigkeit der Kirche hält sich in Grenzen, weil die christlichen Kirchen seit Anbeginn ihre Macht ja auch politisch missbraucht haben. Dass der Mensch eben ein Sex-Tier ist, hätte dazu führen müssen, seine Gelüste anzuerkennen und nicht zu verteufeln.
Ich halte das Verbrechen, Johanna von Orleans auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen, beispielsweise nicht für eine weltliche Bestrafung. Ein männlicher Heerführer, der wie selbstverständlich den Auftrag Gottes auf dem Banner getragen hätte, wäre eher verbannt oder gleich enthauptet worden. An einer Frau konnten die verquasten männlichen Gelüste stellvertretend eben durch Qual und Erniedrigung befriedigt werden.

Das Konstanzer Konzil von November 1414 bis zum April 1418 war weniger kirchenpolitisch als eher eine "Sex-Messe". Das belegen Dokumente und historische Aufzeichnungen. Aber die Welt des Mittelalters war eben sehr klein und sehr langsam. Heute in der Zeit sozialer Medien auf dem Handy hätte die Kirche als Instanz den Shitstorm wohl nicht überlebt.


Aber sie hat überlebt und fordert durch politische Einbeziehung als "moralische Instanz", dass wir ihr aus Gewohnheit trauen. Als hätte Martin Luther fast nichts bewirkt, ist der Reichtum unterm Kreuz geradezu grenzenlos geworden.  Dennoch spenden viele Gläubige - wenn ihre Kirche dazu aufruft -Milliarden für Sammelaktionen. Die Kirche - wäre sie eine - könnte Barmherzigkeit leicht aus eigenem Säckel bestreiten . Aber dann fehlten ja Mittel  für Schweige-Gelder, Bestechungen, Vernebeln und um politischen Einfluss auszuüben. Nicht umsonst ist das Mutterland der Kirche auch das der Mafia...

Der Laizismus, die strikte Trennung von Staat und Kirche, hat in den Demokratien nichts bewirkt.
Weder in Frankreich noch in der Türkei wird er befolgt, obwohl er in der Verfassung festgeschrieben ist.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen