Sonntag, 16. Oktober 2016

Kirchweih

Heute wird in überwiegend katholischen Gegenden Kirchweih gefeiert. Seit ich mit einer mehr oder weniger praktizierenden Katholikin zusammen lebe, wird an diesem Tag Gans gegessen. In letzter Zeit  meist in einem Restaurant, weil wir den Dauer-Geruch in der Wohnung nicht mehr haben wollen, und weil das leckere Schmalz für unsere Gesundheit nun wirklich nicht gut ist....

Praktisch, dass der Vater unseres Enkels ein Meisterkoch in spe ist. Er bereitet sie heute für uns in dem Restaurant vor, in dem er arbeitet. Letzte Woche hatte er gemeinsam mit meiner Frau Geburtstag. Mein Frau hat ihre weltberühmte "Hochzeits-Suppe" mit Rindfleisch und diverser Knödel-Einlage gemacht. Der junge Hindu, der vorgibt, nicht religiös zu sein, passte aber trotzdem, weil man an so einem Tag keine heilige Kuh essen könne...

Ich war weit davon entfernt, verwundert zu sein. Wir feiern Weihnachten mit ihm und Ostern. Wir essen an Aschermittwoch und am Karfreitag Fisch. An Freitagen gibt es bei uns meist Vegetarisches, ohne dass wir groß drüber nachdenken.

Erstaunliches über die unbemerkte Infiltration des Glaubens, die wir ja gerade den Moslems vorwerfen, las ich vergangene Woche von einem berühmten Mann, dem Gebete nun wirklich nicht zugetraut werden:

Er sagte:"Ich glaube nicht an die Kirche und an ein Bild Gottes, aber wenn mir danach ist, bete ich; manchmal mehrmals am Tag".

Mein Werdegang zum Agnostiker ergab sich schrittweise von einem gläubigen, evangelisch geprägten Knaben in Hamburg zur Volksschule in München, in der das Evangelische regelrecht unterdrückt wurde. Es gab Fleiß-Bildchen (von denen ich kaum welche bekam) mit Heiligen-Motiven und es wurde das Kruzifix im Klassenzimmer angebetet.

Da die Schule im Herbst begann, in dem ja das Oktoberfest quasi nahtlos in die Auer Dult übergeht, war mir die Unterdrückung meines Glaubens schnurz egal. Hauptsache Kirmes!

Dass das die Kurzform für Kirchweih-Messe war, lernte ich erst, als ich die ganzen Rituale der Kirche endlich durchschaut hatte. Dafür lachten sich meine bayrischen Schulfreunde tot, wenn ich den Traditions-Spruch versuchte:

"D'Kirta dauat bis am Mirta"

Was übersetzt soviel heißt, wie nach der Kirchweih-Messe darf noch bis Mittwoch gefeiert werden. Heute, da die Auer Dult für mich eigentlich das schönere Münchner Volksfest ist, weil es auch einen Riesen-Markt für Kitsch und Krempel auf ihr gibt, dauert sie eine Woche. Soviel zu solchen Sprüchen.

Im vergangenen Jahr waren wir bei strömenden Regen auf der Dult. Letztlich suchten wir aus Verzweiflung die Mariahilf-Kirche auf, der ja diese Kirta gewidmet ist. Natürlich war sie gerammelt voll, weil viele ihren Schutz suchten. Mein Frau bekreuzigte sich artig, und ich war so ergriffen von diesem Gotteshaus, dass ich kurz zu dem Gott betete, an den ich eigentlich nicht glaube...

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