Freitag, 17. Januar 2020

Erkaufte Sympathien

Koinzidenz von Ereignissen, die heute schleichend zum Standard werden oder reiner Zufall?
Es geht hier und heute um das Erkaufen von Sympathien.

Edgar Selge und Sven-Eric Bechtolf in
"Das Geheimnis der Freiheit"
Foto: das erste.de
Da lief im Ersten diese Woche ein merkwürdig fiktiv wirkendes, allerdings großartig gespieltes "Kammerspiel" über den Industrie-Kapitän Berthold Beitz, der beim Historiker Golo Mann quasi einen Nachruf auf den Krupp-Konzern in Auftrag gab. Wer immer bei der ARD den Segen zur Handlung und zu dem Titel "Das Geheimnis der Freiheit" gab, hat aufgehängt an dessen tapferer Rettung von Juden, während seiner Zeit als Krupp-Manager in Polen einen anderen Beitz gezeigt. Also quasi einen idealisierten Nachruf auf einen Generralbevollmächtigten, dessen tatsächliche Freiheit auf unglaublicher Macht und auch dem Mut bestand, mit den Polit-Teufeln seiner Zeit unternehmerisch ins Bett zu gehen.
Sorgte angeblich für
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Als Sachwalter der Krupp-Stiftung war er aber auch am  kurzen Lebensweg des Arndt von Bohlen und Halbach, dem einzigen  Sohn des Krupp-Erben, beteiligt. Der durfte zu jener Zeit in München eben noch nicht bekennend schwul sein  und wurde deshalb mit überbordendem Luxus und einer Schein-Ehe in die Klatschspalten abgeschoben.

Einerseits ein "Cary Grant" des gesellschaftlichen Parketts war der sportlich Ehrgeizige ein ziemlicher Beißer in den Gremien des Internationalen Sports. 26 Jahre war er Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees und dann sogar dessen Vizepräsident (1984 -1988). In Kuratoriums-Sitzungen durfte ich ihn einige Male erleben. Aus meiner Sicht stieß der Schauspieler Sven-Eric Bechtolf, der den TV- Beitz mimte, nicht nur in Hinblick auf dessen preußisch straffe Figürlichkeit, sondern vor allem beim übergangslosen Wechsel von Charme zu Eiseskälte an seine darstellerischen Grenzen. Immerhin wurde Beitz bei dieser Lebensleistung unbeschadet 100 Jahre alt.

Aber zurück zu den Autoren-Leistungen, um Sympathie zu erzeugen. Ob Biographien oder Firmen-Berichte - das sind für freie Autoren nicht seltene, gut bezahlte Pfründe, die man kaum links liegen lassen kann. Ich selbst bekenne mich dazu, in dieser Beziehung einiges verfasst zu haben. Ich war aber nie in der Zwangslage, für höhere Interessen etwas erfinden oder beschönigen zu müssen.

Deshalb musste ich kräftig Schlucken, als ich diese Woche auch die Meldung las, dass der scheidende Chinesische Botschafter Spenden für die Umsetzung eines Konzeptes erbat, dass ihm ein Autor vom Manager-Magazin und ein "Pauschalist" des "SPIEGEL" bei einem gemeinsamen Essen angedient hatten: Gezielte Publikationen, die die Volksrepublik in Deutschland sympathischer erscheinen lassen sollten.

Ausgerechnet die Staatsführung, die nach Nord-Korea, ihren Bürgern, Minderheiten, Opposition und ungenehmen Ethnien selbst am wenigsten Empathie entgegen bringt, will sich bei den Bürgern eines wichtigen Handelspartners Sympathien erkaufen. Gut, nach einem inneren Shitstorm ist das Projekt erstmal vom Eis, aber die Idee lässt die Spitze eines längst drohenden Eisberges erkennen, der uns schon länger bedroht:

Wird man dem wahren
Beitz jemals gerecht?
All die täglichen, angeblich empirischen Bewertungen, die nur anscheinend neutralen Nachrichten und Darstellungen von "Persons of Iterest" formen bei uns Vorstellungen und Bilder, die wir längst nicht mehr richtig einordnen können. Selbst wenn nun Internet-Portale Filter einbauen, um überschwänglich falsche Bewertungen einzudämmen. Im Unterbewusstsein sitzen sie dennoch bereits fest.
Kaum sind wir unterwegs und loggen uns unbewusst in einen WLAN-Hotspot ein, werden wir bereits aufgefordert unsere Meinung oder gar eine Bewertung von jenen Etablissements abzugeben, die wir da besucht haben. Was vielleicht als kleine Anerkennung gedacht war, entpuppt sich in kürzester Zeit als Lesestoff für Tausende...
Es lohnt sich immer,
über Dichtung und
Wahrheit nachzulesen

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