Mittwoch, 8. Januar 2020

Bröckelnder Widerstand

Wenn es sowieso so ist, wie es heute halt ist,  wieso versage ich mir dann weiterhin die Dinge, die  ich gar nicht mehr ändern kann?
Sind solche Gedanken etwa bereits der Alters-Milde geschuldet oder kündigt sich da schon Resignation durch Ohnmacht an?

Zwischen den Jahren bin ich nämlich rückfällig geworden.
Seit 2008 als bei den Olympischen Spielen sogar Pferde gedopt wurden, schaute ich nämlich keine Sport-Übertragungen mehr. Ich war als Mitfiebernder TV-Zuseher derart gefrustet von dem permanenten Betrug durch die Darreichung verbotener Substanzen, dass ich entschied: Schluss mit TV-Sport!

Ausgerechnet ich, der vier Jahrzehnte von und für den Sport gelebt und mich dabei von Anfang an auch mit dem Thema Doping textlich auseinander zu setzten hatte! Da begann ich wirklich erst darüber nach zu grübeln, ob wir Zuseher durch unsere teils patriotische Rekord-Gier nicht selbst die Spritze bei den mittlerweile ja auch noch mehr professionalisierten Sportlern ansetzen?

Was für eine lange Zeit zwölf Jahre Verzicht auf Sport-Übertragungen im Fernsehen sind, wurde mir zwischen den Jahren beim Streamen am Computer bewusst, als ich eher zufällig bei der Vierschanzen-Tournee der Skispringer hängen blieb. Abgesehen davon, dass das Regelwerk nun zügigere Wettkämpfe bei unterschiedlichen Windverhältnissen zulässt, sind ja auch die Einblendungen, Umschnitte  und Zeitlupen so analytisch abrufbar, dass man das Gefühl hat "Big Brother" überwachte den Sportler.

Weil das übrige Programm zwischen den Jahren mies und ich wirklich fasziniert war, klickte ich noch gleichzeitig Streams von anderen Wintersport-Arten an. Alles in einer dramaturgischen Perfektion, dass ich mich fragte, wieso überhaupt noch Schlachtenbummler zu solchen Events gehen? Dass die mittlerweile in den Stadien und mitunter auch unterwegs an der Strecke auf großen Video-Wänden das Geschehen live verfolgen können, war mir ja auch entgangen.

Wenn alles so perfekt ist, wird natürlich auch die Leistung des Sportlers an solcher Perfektion gemessen. Fast könnt man meinen, dass es dann ungerecht wäre, zu mäkeln, dass eine norwegische Langläuferin, die kürzlich eine Doping-Sperre hinter sich hatte, das schwerste Rennen des Jahres gewann, und bei den Herren Russen das Geschehen bestimmten, die wegen nationalen Breitband-Doping-Betruges aktuell unter Olympischen Bann stehen...

Ich war mein Berufsleben lang gegen die Freigabe des Dopings - wegen der Chancen-Gleichheit. Denn die Regel gilt immer noch: Je reicher eine Sport-Nation desto raffinierter ist sie bei der Entwicklung schwer nachweisbarer Substanzen. Keiner kann doch wollen, dass möglicherweise der Tod letztlich die Spiele abpfeift!
Abpfiff; Collage 2019
Claus Deutelmoser

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen