Donnerstag, 2. Januar 2020

Ansprachen

Etwas was ich meinen Eltern zu allerletzt nachmachen wollte, packt mich angesichts des soeben begonnenen, neuen Jahrzehnts mit voller Wucht:
Das Schwarzsehen am Ende des "erleuchteten Pfades".

Mein Vater. - Überlebender zweier Weltkriege und Opfer seiner oft zu unerschütterlichen  Geradlinigkeit - meinte kurz vor seinem Tod im vollen Bewusstsein, dass er die ganze Welt noch gesehen habe, wie sie nie mehr sein würde: "Es wird wohl keine Wiedervereinigung geben."
Meine Mutter - Marketenderin der Familie und mit lebensrettendem Pragmatismus gesegnet - war angesichts der Einführung des Euros und dem Schrecken von "Nine-Eleven", fest davon überzeugt, dass das, was uns die Auflösung der Blöcke nur kurz an Frieden versprach, im Chaos enden würde: "Ich bin froh, dass ich so alt bin, dass ich das nicht mehr mit erleben muss."

Da zweifelte vor 35 beziehungsweise 15 Jahren das "Friedenskind" noch an der Weitsicht des Alters. Hatte die Geschichte nicht bewiesen, dass immer alles gut wird?
Nun, nach sieben Jahrzehnten meines Lebens in Frieden packt mich der selbe Zweifel wie meine Eltern einst. Obwohl sich ja die Mechanismen der Macht und der immer noch zu starke Einfluss der Religionen kaum, aber dafür eben der Missbrauch unserer Natur weltweit umso heftiger verändert.

Und was sich noch dramatisch verändert hat, ist bei der gewaltigen kaum noch zu bewältigenden  Zunahme des Bildungsstandes die virale Vervielfältigung der Dummheit, die sich als Meinungsvielfalt tarnt.

Ich kann mich dennoch nicht am "Internet-Bashing" beteiligen, weil ich überzeugt bin, dass bei genügend Selbstschutz eben die "Vernetzung des Guten" unsere einzige Rettung sein könnte.

Die einst schweigende Mehrheit kann nämlich spielend per Instagram, Facebook und Twitter einen mit Mehrheiten regierenden Populismus an die Macht bringen, der wiederum in Nazi-Herrschaft gipfeln könnte. Diese zerreist das World Wide Web dann einfach. Was ja gerade in Russland und China durch Isolation angestrebt wird...

Demokratien, wie wir sie in den vergangenen sieben Jahrzehnten wählen durften, dürften nach dem nun folgenden Jahrzehnt einer romantischen Vergangenheit zu gerechnet werden. Vor allem wenn sie perspektivisch so rosig dargestellt werden, wie unsere Volksvertreter das in ihren Weihnachts- und Neujahrs-Ansprachen getan haben.
Sehen die uns wirklich so naiv und schutzbedürftig, dass sie die sich vor uns auftürmende Bedrohungen einfach aus ihren Predigten ausklammern?

Wer, wenn nicht unsere scheidende Dauerkanzlerin hätte die Gelegenheit mal wahrnehmen und tacheles reden können. Wenn sie schon nicht bei den Gefährdern des Weltfriedens Ross und Reiter nennen mochte, dann hätte sie wenigstens auf die künftigen Brennpunkte nachhaltiger hinweisen müssen.

Apropos "tacheles" kommt ja aus dem Jiddischen: Bin ich bereits ein Antisemit, wenn ich meiner Furcht hier Ausdruck verleihe, dass der Israelische Noch-Ministerpräsident Netanyahu bei durch die Knesset gewährter Immunität und unangefochtener Wiederwahl, das "gelobte Land" in den Faschismus führt...?

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