Montag, 2. März 2015

Grippe !!!

Die derzeitige soll die heftigste Grippewelle seit fünf Jahren sein. Zumindest im Freistaat, in dem ja laut unserem Landesvater alles irgendwie besonders ist. Deshalb lesen meine Frau und ich die Berichte von ausgefallenen Schulstunden, Engpässen bei der Betreuung in Krankhäusern und Altersheimen wie Brennpunkte von fernen Frontverläufen. Sie machen uns betroffen, aber direkt betreffen tun sie uns nicht. Was sind siebeneinhalb Tausend registrierte Grippefälle seit Januar in Bayern gegen die 6000 Opfer im Ukraine-Konflikt?

Außerdem waren meine Frau und ich wie jedes Jahr brav beim Impfen. Was soll uns da schon die Grippe anhaben? Ich jedenfalls hatte seit gefühlten drei Jahrzehnten keine mehr. Und die Zweitbeste, die ich in diesem Zusammenhang ohnehin als "Unverwüstlichste" umtaufen müsste, gönnte sich schon aus purer Schadensbegrenzung keinen Ausfall durch Grippe. Eingedenk der Vorkommnisse, als unsere Kinder noch ganz klein waren, und sie mal für zwei Tage ausfiel.

Als moderner Ehemann blieb ich zuhause und versorgte den Haushalt. - Wenn die Kids mich gelassen hätten.: Was ich kochte, schmeckte ihnen nicht, was ich ihnen zum Anziehen hinlegte, wollten sie nicht, und die Geschichten, die ich ihnen zum Trost erzählen wollte, fanden sie total laaaangweilig.

Kurz: Das Gezeter, Gekreische und Geheule gingen der Zweitbesten so etwas von auf den grippalen Geist, dass sie eine der schnellsten Gesundungen bei diesem Krankheitsbild vollzog. Zumindest im Freistaat - wo damals noch der Strauß Franz Josef  für noch mehr Segen verantwortlich war.

Aber jede Statistik - mag sie noch so großartig sein - geht einmal zu Ende. Vor knapp zwei Wochen stürzte die Zweitbeste vom trockenen Würgehusten gebeutelt aus dem Bett. Ihrem Erstickungstod nahe, machte ich vermutlich die gleiche hilflose Figur wie einst.

Nur mit einem Unterschied: Durchs Werbe-Fernsehen in diesen Tagen gepolt, wusste ich genau, was sie in der Apotheke zu besorgen hatte, wenn ich sie geschwächt an die frische Luft schickte...

Es häuften sich Schächtelchen und Fläschchen. Der Husten wurde immer stärker, weil wir der bösen Schleimmonster nicht Herr wurden. Dann fing auch ich an zu husten. Und hätte ich mich nicht gleich viel unwohler gefühlt wie die Zweitbeste, wäre mir wohl aufgefallen, dass ich einfach nicht länger ich selbst war: Mein spärliches Haupthaar verwandelte sich in Kringel aus Knetmasse, mein Körper schrumpfte zu einer Plastelin-Miniatur meiner selbst, ich hing überall bloß rum, und am Ende wurde ich noch in eine Mülltonne gestopft. Das gesunde alter Ego von mir läuft irgendwo  mit all den anderen gleich medikamentierten alter Egos draußen rum, während ich hier mit Geruchsgespenstern und Staubmonstern in der Tonne herum huste.

Nie war Werbung näher an der Wahrheit. Ich bin kein Star, holt mich hier raus!

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