Donnerstag, 20. November 2014

Kaum noch Spielraum für Toleranz

In einer Zeit, da in Folge von religiöser Intoleranz,  Machtentfaltung, Hass und Rassismus überall auf der Welt nicht nur lokale Gewalt herrscht, sondern Kriege geführt werden, ist es von den Sende-Anstalten der ARD sicherlich gut gemeint, die Toleranz zum Wochen-Thema zu machen.

Nach einigen Tagen Reinhören und Fernsehen bin ich mir aber nicht mehr so sicher, ob das tatsächlich etwas bezweckt. Moderatoren mit salbungsvollen Stimmen weiten den Begriff dermaßen aus, dass ich mich schwer tue, deren Meinungen zu tolerieren,

Es entsteht der generelle Eindruck, dass die Toleranten die Guten und die Intoleranten die Bösen sind, Dabei ist das wie mit dem taoistischen Yin und Yang. Beide werden gar nicht erst zum Thema, so lange sie sich die Waage halten. Das Leben und das leben Lassen hat der Mensch aber Zeit seiner Existenz nicht in den Griff bekommen.

Bei käuflichen Dingen oder Industriegütern ist der Begriff Toleranz Bestandteil von Verträgen oder Regeln: In diesem Spielraum muss gefertigt werden, sonst wird die Ware weder abgenommen noch bezahlt. Politiker verwenden daher jetzt immer häufiger bei menschlichen Auseinandersetzungen den Begriff  "Null-Toleranz", wenn sie das Gefühl haben, dass sie gegen Intolerante vorgehen müssen, die die Toleranz der Anderen überstrapazieren. Aber wer, wann eine Grenze überschreitet, ist eben parteiliche Betrachtungsweise.

Also wenn man den Begriff auf das Menschliche allzu Menschliche fixiert, passiert doch folgendes:
Toleranz - also die Fähigkeit, etwas zuzulassen, was einem fremd, ungewohnt oder störend erscheint - wird ja nicht gleich zur Intoleranz - also der Unfähigkeit, das Störende am eigenen Tun, Aussehen oder Denken für Andere zu erkennen, ohne sich entsprechend anzupassen...

Diese Aktion und Reaktion unterliegt neben der Emotionalität auch einem Zeit-Faktor. Wie lange kann ich das Andere tolerieren oder ertragen? Oder im umgekehrten Fall: Wie lange kann ich den Anderen durch mein anders Sein oder -Verhalten provozieren? Denn auch bei Toleranz und Intoleranz geht es im Großen wie im Kleinen in der Endkonsequenz um Macht-Ausübung, -Erhaltung oder -Erweiterung.

Toleranz sei eine Erziehungsfrage sagen die Pädagogen. Die Parameter der Erziehung können aber so unschuldig sein wie auf einer Montessori-Schule oder so hasserfüllt wie in der Hitler-Jugend.

Es muss doch einen Grund haben, wieso junge Menschen, die unter unseren heutigen Erziehungsprinzipien aufgewachsen sind, für den IS-Terror ihr Leben lassen wollen?

Mit dem Willen aber, der Intoleranz durch Nachsicht zu widerstehen, sind ja nicht nur die Quaker, sondern auch der große Gandhi gescheitert.

Also erhebt sich mit Fug und Recht die Frage, ob  wir unsere eigenen Werte im eigenen Land nicht durch unsere zu lange Toleranz nachhaltig geschädigt haben? Eine Moral von der Geschicht' jedoch gibt es nicht. Höchstens die allgegenwärtige Warnung:

Wenn wir es zulassen,, dass der Terrorismus uns zwingt, das Fundament unserer Rechtsstaatlichkeit zu untergraben, hat die Toleranz keinen Spielraum mehr. Gewalt folgt dann Gegengewalt und so weiter und so fort...

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