Dienstag, 25. November 2014

Der reiche, kranke Mann am Bosporus

"Der kranke Mann am Bosporus": Zar Nikolaus I prägte diesen Begriff  1855 angesichts des Verfalls des Groß-Osmanischen Reiches, und die Presse sowie ihre Karikaturisten wetzten damals ihre Kreativität an diesem Bild. Wir haben übrigens diese wenig schmeichelhafte Bezeichnung noch im Geschichtsunterricht gelernt.

Aber dieser Tage scheint sich kein Journalist mehr dieser Metapher bedienen zu wollen. Dabei muss man doch davon ausgehen, dass der türkische Präsident  Recep Tanyyip Erdogan vor lauter Selbstgefälligkeit zunehmend einem pathologischem Narzissmus verfällt. Hat da die jüngste Verfolgung von Schöpfern persiflierender Darstellungen schon gefruchtet?

In der vergangenen Woche hat er die Entdeckung Amerikas noch den Osmanen zugeschrieben. In dieser Woche referiert er ausgerechnet vor dem Türkischen Frauenverband, dass Frauen eigentlich nicht für die Arbeit geschaffen seien, sondern daheim an den Herd gehörten und reichlich Kinder gebären sollten. Was natürlich eine Verklitterung historischer Fakten wäre. Noch als ich in meiner Kindheit durch die Türkei reiste, sah man ausschließlich Frauen auf den Feldern schuften, während die Herren der Schöpfung im Schatten beim Tee saßen

Haben wir von einer Zwangseinweisung gehört? Gab es Proteste, als er meinte, die Gleichberechtigung von Mann und Frau sei unnatürlich? Wieso kann sich dieser kranke, reiche Mann am Bosporus solche Sprüche leisten?

Das hat nicht allein den Ursprung in aktueller, wirtschaftlicher Stärke. Einerseits funktioniert das, weil die männliche Landbevölkerung, aus der Erdogan seine Mehrheiten generiert, seit Ata Türk eine panische Angst vor gebildeten und zunehmend emanzipierten Türkinnen hat und andererseits, weil die westliche Welt mal wieder hilflos auf die Entwicklung einer Diktatur schaut, in der die eigentliche Saat des IS aufgeht,

Die Schwächung und Unterordnung der Frauen spielt in diesem Kreuzzug-Konzept eine wesentliche Rolle, Also transportiert Erdogan dieses Gedankengut, bei dem der Gründer der modernen Türkei eigentlich wie ein Torpedo aus seinem über Ankara liegenden Mausoleum schießen müsste. Erst bestritt Erdogan mit seiner nur noch verhüllt auftretenden Frau eine Art Marketing für seine krausen Ideen,  dann hob er flugs das Kopftuch-Verbot bei öffentlichen Ämtern und offiziellen Anlässen auf. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, wann er das Wahlrecht für Frauen abschafft, und die aufmüpfigen Weibsbilder seiner Nation wieder auf  Volksschul-Niveau reduziert.

Bei der bereits angedeuteten Gewaltbereitschaft während der Proteste am Taksim-Platz ist es natürlich klar, dass es sich die türkischen Frauen vor Ort  zweimal überlegen, auf die Straße zu gehen. Aber wo bleiben die im Ausland lebenden Türkinnen? Wieso begehren die nicht auf?

Es wird höchste Zeit, sie zu unterstützen. Sonst wird aus dem Außenposten der NATO womöglich bald ein Vorposten für die Muslime aus dem Mittelalter.

Einige Militär-Experten befürchten sogar, dass der Größenwahnsinnige neben den in seinem Land positionierten US-Nuklearwaffen, an der Entwicklung eigener Atom-Raketen arbeiten lässt...

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