Sonntag, 28. April 2024

Wir sehen was, was ihr (noch) nicht wisst...

Quelle: Wikipedia
Guillaume, der "Kanzler-Flüsterer"
Kinder, wie die Zeit vergeht! In der vergangenen Woche war nicht nur der 50. Jahrestag der Aufdeckung der Guillaume-Affäre, die Kult-Kanzler Willy Brandt vor der Zeit zum Rücktritt zwang (Auch für Zeitzeugen ein Wiedererkennungswert in der Mediathek der ARD). Gleichzeitig wurde auch noch eine Hand voll Spione aufgescheucht, die im Verdacht stehen, gegenwärtig entweder für China oder Russland zu arbeiten. Nicht verwunderlich, dass dabei die bei Neo-Nazis so populäre AfD wieder einmal in den Fokus geriet.

Witzig ist allerdings, dass sich Deutschland, das aktuell mindestens drei "Geheimdienste" unterhält, von denen auch mäßig Interessierte wissen, sich sogleich empört, als täte es so etwas nicht. Vor allem wenn der Jetzt-Kanzler gerade zum Wohle der Wirtschaft bei dem möglicherweise bald wieder als "Reich der Mitte" zu bezeichnenden Handelspartner Nummer Eins weilt.

Jiang Zemin wurde nach seiner
Zeit als Bürgermeister
 von Shanghai Nachfolger
 von Deng Xiao Ping
in fast allen von dessen Ämtern.
Er starb 2022.
Kann ich mich als China-Experten bezeichnen, weil ich dort exakt zur Zeit der Wirtschaftsliberalisierung den zweiten Langnasen-Führerschein (驾照Jiàzhào) gemacht habe? Absolut nein! Aber immerhin habe ich mit dem kommenden Polit-Superstar und späteren Vorsitzenden des Zentralrats Brüderschaft getrunken. 1986 - das kann ich zusichern - hatte der ganz andere Vorstellungen vom "Wandel durch Annäherung". Den Begriff konnte er übrigens auf Deutsch zitieren.

Als Reporter war ich nie in Russland und in dessen Einflussbereichen, weil ich für die Reisezeitschrift, die ich verantwortlich redigierte das Credo ausgegeben hatte, nur von Reisen durch die "Freie Welt" zu berichten. Welche Geschichtsbücher und Politanalysen ich auch las, ich bin dem "Wesen des Bären" nie auf die Spur gekommen. Aber ich habe miterlebt, wie die Neureichen des dortigen "Turbo-STAMOKAP" (Staatsmonopolistischer Kapitalismus) in den europäischen Skigebieten mit Geld um sich schmissen und dabei die Preise und die Benimmregeln veränderten. Das könne nicht gut gehen, dachte ich schon damals ganz für mich.

Bin ich denn ein Kenner der Deutschen Geheimdienst-Szene? Jetzt kann ich es ja sagen: Ja, von klein auf. Die Leute auf die ich abhebe und von denen ich auch später welchen bei meiner Arbeit begegnete, waren zum Beispiel Nachbarn.
Und das kam so: Als mein Vater zum Leiter der Bundesvermögensstelle nach München berufen wurde, bekamen wir im Nobelviertel Bogenhausen eine großzügig große Dienstwohnung in einer Reihenhaus-Siedlung zugewiesen, in der Amerikaner vom Konsulat und hohe Offiziere wohnten. Der General-Konsul wohnte uns gegenüber jenseits der Spielwiese gleich in zwei Häusern, weil er elf Kinder hatte.

Neben uns zogen nach und nach weitere Deutsche Beamte  und Dienstränge in die vom US-Personal frei gemachten Häuser:

Lektion 1: Agenten sterben nicht einsam. Wenn sie gut sind, bekamen sie damals so ein Altersdomizil, das heute im renovierten Zustand fast 3000 Euro Miete kostet. Die "Agenten" hatten nicht nur Ehefrauen sondern auch Kinder. Das war der Schachpunkt dieses Wohnkonzeptes. Denn Kinder, die bald mehrsprachig kommunizieren, bildeten schnell über Nationalitäten hinweg eine Art "Fünfte Kolonne" und bekamen durch Hörensagen oft mehr mit, als den  Eltern und den Behörden wohl lieb sein konnte.

Lektion 2: Bis ich aufs Gymnasium kam, waren alle Eltern von uns Kids enttarnt. Unmittelbar neben uns wohnte ein ausbildender Führungsoffizier des MAD (Militärischer Abschirmdienst). Er hatte Sohn und Tochter etwa gleich alt.

Zunächst als Nazi-Spion von
den Alliierten dingfest
gemacht, wollten die dann
alles von ihm lernen:
Reinhard Gehlen, Begründer
der "Organisation Gehlen"
in einer Zeit, als Spione 
noch aussahen wie solche

Neben denen wohnte ein betagtes Mitglied des Deutschen Hochadels und Weggefährte von Reinhard Gehlen, dem Chef der Spionage-Abwehr. Da waren Kinder - wenn es welche gab - vermutlich schon aus dem Haus. Noblesse oblige - mit denen gab es so gut wie keinen nachbarschaftlichen Kontakt. Neben den Blaublütigen wohnte ein Spezialisten-Ehepaar mit slawischem Hintergrund. Die hatten zwei erwachsene Söhne und einen in meinem Alter, mit dem mich eine fast lebenslange Freundschaft und später eine berufliche Zusammenarbeit verband.  Daneben wiederum wohnte ein ganz junges Paar mit drei ganz kleinen Kindern, die von uns nicht "enttarnt" werden konnten, weil es eben keine  "Ansprechpartner" beim Spielen gab. Die restlichen beiden Häuser wurden von Spezialisten mit einschlägigen Fähigkeiten bewohnt. Der übergriffige Bundeswehroffizier mit zwei etwas älteren, weiblichen Teenies und einem nahezu erwachsenen Sohn hatte offenbar nicht nur ein Alkohol- sondern auch ein Führungsproblem. Am spannendsten für uns Kids - besonders an Silvester und am Independence-Day war jedoch ein Sprengstoff-Spezialist im letzten Haus der Reihe. Er hatte nicht nur eine Teenie-Tochter, die so hübsch war, dass sie Knaben-Träume beflügelte, sondern auch einen Bruder, der obwohl er älter war, gerne auf der Wiese zwischen den Häuserreihen Fußball oder Football mit uns spielte. Sein Vater war fähig, aus für uns unsichtbaren Zutaten in leeren Gurken-Eimern farbige Explosionen oder spannende bengalische Effekte zu erzeugen.

Fortsetzung mit den Lektion 3 bis 5 am Mittwoch, dem 1.Mai...

Der Tanz mit Agenten-Kindern:
Der Autor mit der 
unerreichbar schönen Nachbarin



Nur immer gut nachschauen, meinte Mutter,
was der Sprengstoff-Experte
da so für Partys zusammen mischte

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