Mittwoch, 19. Januar 2022

Schwein gehabt!?

 

Doppelter Glücksbringer: Als "Schweinderl" oder Spanferkel
Quelle: br.de

Bin ich bald eine arme Sau, weil ich Schweinefleisch so liebe? Die Zahl der Schweineställe hat sich in Bayern und Baden-Württemberg innerhalb des vergangenen Jahrzehnts halbiert. In anderen Bundesländer sieht es ähnlich aus. Es hat sich einfach nicht mehr gelohnt, weil Schweinefleisch bei uns mit Billigfleisch gleich gesetzt wurde. Zum Teil waren die Mäster und Fleisch-Verarbeiter jedoch selbst schuld. weil sie das Tier, das uns Menschen schon Herzklappen und nun bald auch genetisch angepasste Ersatz-Herzen liefert, nicht mit gebührendem Respekt gehalten haben. Da könnte ich Veganer, Vegetarier und Tierschützern mitunter schon verstehen. Aber was sie so verunglimpfen, ist tatsächlich eines unser angestammten Kulturgüter.

Über 10.500 Jahre begleitet dieses aus Wildschweinen heraus gekreuzte Haustier vor allem uns Germanenstämmige als unverzichtbarer Nahrungs- und Kleidungslieferant. Auf deutschem Boden befand sich nämlich - nach 2005 abgeschlossenen DNA-Forschungen der Universität Oxford - eines der drei Zentren der Ur-Schweinezucht. Die beiden anderen waren China und Nordindien.

Ohne Rippchen kein chinesisches Gelage
quelle: grillfuerst.de
Bei den Chinesen und ihrer Küche ist es immer noch derart beliebt, dass das Riesenreich den Bedarf seiner Bevölkerung allein nicht decken kann.. Vor der Pandemie importierten sie allein aus Deutschland rund 534.000 Tonnen vom Fleisch des deutschen Borstenviehs.

Die neuen Generationen haben eben nie Hunger gelitten, sonst würden sie uns Ältere den Verzehr nicht so madig machen. Der Fleisch-Konsum bei uns ist durch diverse Wirtschaftswunder so selbstverständlich geworden, dass sich daraus ein täglicher Anspruch abgeleitet hat. Es wäre für die Zukunft also nur reine Erziehungssache, sich umzustellen. Meine Frau und ich essen - von Wurst-Produkten einmal abgesehen -  meist nur noch einmal Fleisch pro Woche; Geflügel einbezogen. Mindestens zweimal gibt es Fisch. Der Rest sind vegetarische Gerichte. Wir machen dieses Konzept allerdings nicht aus schlechtem Gewissen, sondern weil wir festgestellt haben, dass die feste Abwechslung uns gut tut.

So gesehen, werden dann auch Mittel frei, die wir für  Fleisch- und Fisch höherer "Bio"-Qualität ausgeben können. Das bliebe kein Privileg für besser Situierte, wie es der Verzehr von Rindfleisch und Wild per se immer noch darstellt. Komischer Weise kommen aber dennoch statistisch die meisten Mäkeleien am Fleisch-Konsum aus Regionen, in denen die Bewohner im Durchschnitt eher wohlhabend sind. Sich ihr täglich Fleisch also leisten könnten. Ist Fleisch-Konsum also auch eine Bildungssache?

Zitat aus einem Beitrag im Deutschlandfunk:
 1950 musste ein Arbeiter für ein Kilogramm Schweinefleisch 1,6 Prozent seines monatlichen Nettolohns beim Metzger auf den Tresen legen. Damals lag der Durchschnittslohn bei umgerechnet 150 Euro, heute bei knapp 2.500 Euro. Fleisch kann sich heute jeder leisten.

Ein ernährungsphysiologisches Desaster:
Schweinshax'n und Bier dazu!
quelle: munich-airport.de
In der Bayrischen Küche gehört "Schweinernes" einfach zur Kochkultur: Schweinsbraten, Ripperl, Spofaki, Hax'n und Wammerl sind sogenannte "Schmankerl". In der Sinnes-Umkehr bedeutete die von Gourmets so verunglimpfte "Bier-Küche" auch das Ausleben einer zu schützenden Freiheit. 

Liberitas Bavariae!

Das heißt aber nicht, dass  der Verbraucher dafür das Tierwohl vernachlässigen dürfte. Tatsächlich gibt es immer mehr sogenannte "Warmschlachter" in übersichtlichen Betrieben, die nur Fleisch direkt verarbeiten, das ihn von kontrollierten Bio-Züchtern geliefert wird. Diese Fürsorge muss sich auf den Preis auswirken. Der Fleisch-Liebhaber kann dann als Belohnung in seiner Küche eine interessante Erfahrung machen:  Während ein Schweinsbraten aus der Kühlkammer-Verarbeitung im Ofen schrumpft, weil er das in ihm vereiste Wasser freigibt, bläht ein bio-Braten im eigenen Saft sich tatsächlich auf und nimmt an Volumen zu...

"Warmschlachtung" und direkte Verarbeitung wie es früher bei Hausschlachtungen war.
Foto: Hermannsdorfer


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