Montag, 24. Mai 2021

Senioren in der Smartphone-Falle

 Gestern ist etwas merkwürdiges passiert. Mein pflegebedürftiger Schwager rief meine Frau im Abstand von ein paar Minuten ungefähr ein Dutzend Mal an, aber meldete sich einfach nicht auf die Frage seiner Schwester. Ich dachte schon, da bahne sich bei ihm eine erneute Krise an. Aber mein Frau beruhigte mich, nachdem sie ihren Bruder dann auf dem Festnetz erreicht hatte. Mein Schwager hatte offenbar, ohne dass er es eigentlich wollte, auf seinem Smartphone eine Art Wahlwiederholung aktiviert. Ausgerechnet meine Frau, die Handys aus der Steinzeit bevorzugt, machte sich dann mit ihm auf den unergründlichen Pfad der Suche nach möglichen Ursachen.

Mein Grinsen fror ein, als mir bewusst wurde, dass auch ich längst nicht alle Funktionen und Möglichkeiten meines mittlerweile drei Jahre alten Handys kenne oder je ausprobiert hätte. Am Flughafen, wo meine Kinder mühelos von daheim - den Boardingpass ausgedruckt - einchecken, wäre ich der ehemalige Ultra-Vielflieger völlig hilflos. Für die Verwendung eines QR-Codes muss ich immer noch ins Internetz gucken, und bei einem laufenden Gespräch ein zweites annehmen. kann ich erst recht nicht. Dabei funktioniert mein Smartphone eigentlich genau wie mein großer Computer. Mit meinen zittrigen Knubbelfingern SMSen schreiben macht mich wahnsinnig, wenn ich die automatische Korrektur nicht vorher ausschalte. Da stehen dann in meinen Nachrichten echt merkwürdige Dinge drin, die ich selbst kaum rekonstruieren kann.

Jede Smartphone-Generation kann noch
mehr, Da wächst natürlich auch die
Zahl der Apps für Senioren
Quelle: gesundes-miteinander.de

Was bin ich neidisch, wenn ich im Fernsehen Action-Helden sehe, die einhändig mitten im Schusswechsel den Weltfrieden im freien Fall durch Hacken bewahren. Müsste ich mich mit dem Handy verlinken, träfen mich die Bösen mitten im Kampf mit den Codes, weil ich auch mit dem präferierten Weiterleiten durch einen Klick so meine Probleme habe...

Und dann jetzt die deutsche Covid-19-Impfkampagne! Anmeldung geht am Computer oder Handy, aber was machen die, die keinen Drucker daheim haben? Wenn ich in drei Wochen zur Zweitimpfung komme, habe ich fünf Seiten Papier bei mir, für die im Impfzentrum die gleiche Zahl abgelegt wurde, obwohl ja alles im Computer sein müsste. Zudem kommt noch der gelbe "Internationale Impfpass", den ich mir aber beim Hausarzt holen musste, weil im Impfzentrum diese Teile nur abgestempelt aber nicht ausgegeben werden.

Ja, und wenn dann in Deutschland erst im August der elektronische Impfpass aufs Handy geladen werden könnte, sind wir hoffentlich schon längst in Italien. Kann sein, dass wir da dann in einem Lockdown der unvermeidlichen "Vierten Welle" überwintern müssen, weil sich keiner sicher sein kann, dass die bestehenden Impfungen auch gegen die Mutanten wirken. Schon jetzt meinen Experten, dass es in 2022  wohl eine Nachimpfung geben müsse.

Was Hänschen nicht lernt,
lernt Omi nimmer mehr?
Quelle: netz-omi.de

In Deutschland gibt es rund 23 Millionen Rentner. 51 Prozent der Deutschen über 60 besitzen ein Smartphone. Ob die es in allen Belangen auch vollständig nutzen Können sei einmal dahingestellt.
Aber dann bleiben immer noch 49 Prozent dieser Senioren, die von den Segnungen der Smarties keinen Nutzen haben. Wie können die politischen Strategien  bei der Digitalisierung jene dann ohne präzises Konzept mit einbeziehen?

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