Freitag, 9. November 2018

Machen, was die Weltmacht macht?

Wenn die Menschen unserer Generation ehrlich sind, geben sie zu, dass ihr Leben bewusst aber auch unbewusst vom American Way of Life beeinflusst war. Bei mir ist das vermutlich noch ausgeprägter gewesen, weil ich einen Großteil meiner Kindheit und Jugend mit amerikanischen Kindern und Erwachsenen verlebt habe, Mein Vater hatte als Dienstwohnung ein Reihenhaus der Housing-Area im Münchner Stadtteil Grüntal zugewiesen bekommen.

Das Amerikanische war von acht bis 20 wie ein Fix-Stern für mich. Heimlich wollte ich so sein wie die lässigen Typen, die dort stationiert waren. Meine erste große Liebe war die Tochter zweier Nachrichten-Spezialisten - einer Chinesin und eines Schwarzen aus Baltimore. Sie war klein wie eine Puppe und sprach Deutsch mit einem lustigen hessischen Akzent, weil sie bei der Stationierung in Frankfurt das Licht der Welt erblickt hatte.

Ich schreibe diese Einleitung etwas länger, weil 1967 die Hochzeit des kalten Krieges war. Im Jahr meiner Konfirmation war kurz nach Ende der Kuba-Krise John F. Kennedy ermordet worden. Er war für mich Unwissenden ein Idol gewesen. Ich hatte sogar eine Langspiel-Platte mit seinen Reden.
In dem kurzen Jahr unserer Liebe wurde Martin Luther King, das Idol meiner Freundin, ermordet.

Das Thema Rassismus war anhand der jüdischen Freunde meines Vaters ausgiebig behandelt worden, deshalb hatte ich lange nicht kapiert, wie die Housing Area auf meine neue Freundin reagierte. Viele der weißen Freunde unter den Amis holten mich auf einmal nicht mehr zum Base- oder Football ab. Aber dass der jüdische General-Anwalt für Europa für dessen Familie ich immer gegen stolzes Trinkgeld  bei Partys grillte oder Getränke servierte, auf einmal meiner Dienste überdrüssig war, bohrte einen Pfeil in meine Unwissenheit.

Ich muss betonen, dass ich nicht wegen dieser immer häufiger erkannten, schleichenden Probleme mit meiner Freundin Schluss machte, sondern aus der Erkenntnis, da sie die hundertmal Intelligentere war. Sie sollte eben das Stipendium einer amerikanischen Elite-Uni ohne Rassen-Schranken annehmen.  Und ich war einfach zu jung, um sie zu begleiten...
Es war die schmerzhafte aber richtige Entscheidung. Denn später wurde sie eine herausragende Professorin und hatte trotz ihrer sechs Kinde noch Zeit für ihre Rolle als führende Kämpferin gegen die nur leicht angehobenen Schranken der Diskriminierungen.

Bei mir sollte die Wegfindung noch weitere fünf Jahre dauern, bis ich im Rahmen meines Berufes zum ersten Mal in die Vereinigten Staaten reiste. Von da an war ich beinahe jedes Jahr in den USA oder Kanada, und musste mich Schritt um Schritt mit meinem neuen Gesamt-Bild befassen. Denn bei meinem ersten Besuch fand das Impeachment  gegen Richard Nixon statt, und dann sah ich  während der Energie-Krise in den US-Metropolen den krassen Unterschied zwischen arm und reich, aber auch die Abhängigkeit von der gewohnten Prosperität. In Denver waren während einer strukturellen Wirtschaftskrise mal fast alle Läden in den Malls geschlossen, während mich dann in Pennsylvania schwarze Taxifahrer davor warnten, gewisse unsichtbare Grenzen in der Stadt wegen der dort herrschenden Gewalt nicht zu überschreiten.

Wer meine Blogs schon länger liest, weiß auch, dass ich den Friedens-Nobelpreis für Barak Obama für verfehlt und verfrüht gehalten habe.

Euphorien für US-Präsidentschafts-Kandidaten sind von PR-Profis schnell entfacht, aber Idole werden eben auch zügig von der Realität vom Sockel geholt.  Das kann Donald Trump nicht passieren, weil er sie einfach ignoriert oder schön redet. Heute im Zeichen seiner Administration wäre es also höchste Zeit, uns Europäer von der Hörigkeit zu emanzipieren. Ein Gegen-Gewicht bringt da aber nur ein geeintes Europa. Das muss jedoch gegen Regenten erkämpft werden, die im Moment versuchen, trumpiger zu sein als Trump.

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