Samstag, 26. März 2016

Von Honigkuchen-Pferden und Osterlämmern

Die meisten unserer Rituale und Sprüche haben sich so weit von ihrem auslösenden Erlöser entfernt, dass man sich über ihre Evolution nur wundern kann.

Was hat zum Beispiel ein zum Comic gestylter Eier legender Hoppel-Hase mit Kreuzigung und Auferstehung des Heilands zu tun?

Wie wurde aus dem symbolischen "Lamm Gottes" ein Kuchen-Gebäck oder ein auf rosé gegarter Oster-Braten? Beim Abendmahl an Karfreitag konsumiert der Gläubige Leib und Blut Christi, was auch als Akt von Kannibalismus missverstanden werden könnte.

Egal! Heute haben sich heidnische Fruchtbarkeits-Symbole derart mit den Mythen der Passion vermischt, wie man es sich für das Miteinander der Religionen generell wünscht.

In meiner kleinen Familie gibt es nur eine Gläubige: Meine Frau. Unsere beiden Kinder hatten die freie Wahl, sich zu einem Zeitpunkt, an dem sie genug über Religion wussten, für einen Glauben samt eventueller Taufe selbst zu entscheiden. Sie beteten bis zum Volksschul-Alter mit meiner Frau. Aber offenbar ohne Nachhaltigkeit. Im Gymnasium wählten sie dann Ethik und gehören heute als Erwachsene immer noch keiner Religion an. Sie lernten jedoch enorme Toleranz gegenüber Religiösen, Nicht zuletzt weil sie Restriktionen bei diversen Partnern selbst erfahren mussten. Scheinheiligkeit war ihnen daher immer zuwider, wenn es in deren Familien zu "Glaubensfragen" kam.

Komisch ist nur, dass die Kindheits-Rituale am Oster-Sonntag bei den Mittdreißigern nach wie vor angesagt sind:
 Damit wir niemanden in den eigenen vier Wänden zuviel Arbeit machen, haben wir uns darauf geeinigt uns morgen zum Brunch in einem Restarant zu treffen. Allerdings mit dem Anspruch meiner Tochter, die ja nun selbst Mutter ist, dass wir uns anschließend bei ihr zum Ostereier-Suchen und -Kicken treffen sowie zum Kaffee ein Osterlamm samt -Brot servieren. Groß war die Enttäuschung, dass meine Frau diesmal kein Oster-Nester vorbereitet hat. (Damit wir nicht soviel schleppen müssen.)

Vermutlich wird mein Sohn wieder darauf bestehen, mit einer übertriebenen Samurai-Zeremonie das Kuchen-Schäfchen  zu enthaupten. Nichts wird sich also groß ändern.

Der alte Blogger sitzt dabei und grinst wieder wie ein Honigkuchen-Pferd, obwohl er noch nie ein Exemplar dieser Spezies gesehen hat und Zweifel daran hegt, was jenes - zum alsbaldigen Verzehr bestimmt -noch groß zu grinsen hat. Aber so ist das mit Sprüchen und Ritualen. Sie ergeben keinen vernünftigen Sinn.

Dennoch Euch allen da draußen im Netz frohe und gesegnete Ostern!

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