Sonntag, 20. März 2016

Frühling und andere Integrationsformen

In der schönen, neuen App-Welt, kennt der Smartphone-Besteller den Taxifahrer, der ihn gleich abholt mit Namen und kann verfolgen, wie weit er noch entfernt ist. Heute Nacht war es einer mit türkischem Namen, bei dem ich mit meinen rudimentären Sprachkenntnissen in seiner Muttersprache punkten wollte. Was meine Frau mit dem Kommentar begleitete, er solle doch nicht auf den alten Angeber hören.

Darauf fragte ich ihn gleich: "Was heißt denn Angeber auf Türkisch?"
Er:"Keine Ahnung. Ich bin in Deutschland geboren und spreche es nur noch manchmal bei meinen Eltern."

Dank Google konnte ich ihm aushelfen: palavraci.

Wir waren gut drauf. Mein Schwager hatte seinen Siebzigsten gefeiert, und wir hatten so viel Spaß beim Austausch der Kranken-Berichte, dass wir glatt vergessen haben, das Licht für eine Stunde auszuschalten, um an der Weltweiten Strom-Spar-Aktion teilzunehmen. - Kerzen genug wären ja entzündet gewesen...

Derart angeheitert haben wir auch den Frühlingsanfang verpasst, der uns mit eisigem Wind nach dem Aussteigen empfing. Gut, dass in solchen Momenten Verlass auf unsere urbane Fauna ist. Die Amsel von ihrem Stammplatz auf dem Balkon über uns jedenfalls tat die ganze Nacht dann lautstark ihr Bestes. um uns daran zu erinnern. Gegen Morgengrauen stimmten dann auch noch die Zilpzalps ein, die bereits im Winkel des Regenrinnen-Fallrohrs nisten.

Als ich aufstand, konnte ich einen Elstern-Konvent auf der Fernseh-Antenne des schmucken Gründerzeit-Hauses gegenüber beobachten. Die urbanen Elstern treffen sich noch vor der Brutzeit zum Gruppen-Schäckern, bevor sie sich in die Separees ihrer Nester zurückziehen. Was es so wichtig zu schäckern gab, konnte ich nicht verstehen. Mein Elsterisch ist noch schlechter als mein Türkisch. Jedenfalls trennten sie sich nach einigem Geflatter und Positions-Wechseln und flogen paarweise in verschiedenen Richtungen von dannen.

Dass uns die Tauben von gegenüber verlassen haben, macht uns nicht traurig. Sie hatten die Türmchen und Erker dermaßen voll gekackt, dass die schöne Perspektiv aus dem Glashaus fast flöten ging. Im übrigen hatte ja die ehemals "Zweitbeste von allen Ehefrauen" im Gärtchen hinter dem Haus durch Meisen-Knödel und reichlich Futter im Vogel-Häuschen dafür gesorgt, dass die Arten-Vielfalt weiter wuchs. Obwohl sich allerdings auch die Eichkater samt ihrer Partnerinnen an der kostenlosen Kost gütlich taten.

Bisher habe ich drei Meisen-Arten und auch Garten-Rotschwänze bestimmen können. Toll, wie sich immer mehr Tiere ans Großstadt-Leben in den Straßenschluchten gewöhnen, Dabei sind doch diverse Parks höchsten eine Flugminute entfernt. Fast scheint es, als wollten sie uns Integration vorleben...

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