Freitag, 27. November 2020

Das mutierte Advents-Gen

 Alle Jahre wieder kommt das Grübeln darüber, ob nicht Teile der Menschheit von einer genetischen Mutation zu ihrem Verhalten im Advent angetrieben werden: Zwar ein jegliches nach seiner Fasson, aber insgesamt doch in einer Art Schwarmverhalten vereint. Mit adventus domini, der Ankunft des Herrn, hat das im Endeffekt der Weihnacht letztendlich nur noch wenig zu tun. Über Jahrhunderte bereits schieben sich Attribute in den Vordergrund, die ja mit der Geburt des lieben Jesulein rein gar nichts mehr zu tun haben:

Offenbar eine Cola mit Schuss
zu viel - der vom Nikolaus
entlehnte Werbe-Weihnachtsmann

Da fliegen Rentier-Schlitten mit einem älteren Herren im roten Kapuzen-Mantel an den Zügeln durch den schneienden Abendhimmel. Christkindl, die von weiblichen Teenagern dargestellt werden, eröffnen Konglomerate von Jahrmarktsbuden, die als Weihnachtmarkt bezeichnet werden. Es wird verzweifelt nach einem passenden, eigens gezüchteten Bäumchen gesucht, das dann mit allerhand Glitzerwerk und Kerzen bestückt wird. Aber vor allem wird eine Unmenge an Geld für Geschenke ausgegeben. Die Zusammenfassung all dessen wird Weihnachtsgeschäft genannt. Dessen Milliarden-Volumen ist längst zu einem wichtigen Faktor der Weltwirtschaft geworden, der oft noch schlechte Bilanzen retten soll.

Mit Vollgas-Werbung in ein optisch vorgeprägtes Weihnachtsgeschäft





Aber nun das: Statt Rentier-Schlitten fliegt unsichtbar eine kaum zu zügelnde Masse bisweilen tödlicher Viren durch die Winterwelt und legt quasi vieles lahm, was die "Stade Zeit" so hektisch aber auch mitunter so schön macht...

Die künstlich konditionierte Weihnachts-Romantik, die uns von Kindesbeinen begleitet, steht in diesem Jahr wieder einmal ernsthaft auf dem Prüfstand. Aber anstatt zu jammern, sollten wir uns auf die innere Suche begeben, um heraus zu finden, was uns im Geiste der vergangenen Weihnachten am meisten berührt und geprägt hat.

Ich hatte längst vergessen, dass ich meinen Kindern von der Einschulung an bis sie Teenager waren, jedes Jahr eine Weihnachtsgeschichte in einer Art besinnlicher Science Fiction geschrieben habe. In denen kamen sie auch selbst - aber eben in einem anderen Lebensalter vor.
Wohl aus beruflichen Gründen hat sich mein Sohn am vergangenen Wochenende mit so einer "Virtual Reality Brille" beschäftigt, deren Effekte er seine 41jährige Schwester ausprobieren ließ:
"Pappi! Das war ja genau wie in einer der Geschichten, die du früher für uns geschrieben hast!" beschrieb sie ihr virtuelles Erlebnis...

Deutsche Poesie und Lyrik
wurde besonders von der
Biedermeier-Weihnacht
geprägt
Auf einmal waren sie wieder da, die Erinnerungen an Advents-Tage, in denen ich im "geheimen" Werkstatt-Keller Puppenstuben und Kasperle-Theater gebastelt oder für sie Geschichten erfunden hatte.

Richtig schön ist die Erwartung im Advent eigentlich nur in der Gemeinschaft von Kindern und Eltern und zwar unabhängig von teuren Geschenken oder religiösem Hintergrund. Da sollte kein Virus einen Keil hinein treiben. Sich im "Lockdown" friedlich daheim besinnen. Was spräche dagegen?...



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