Montag, 11. Januar 2016

Woran denkst du gerade?

Gestern habe ich mal wieder fern gesehen. War ja nicht so doll mit dem Programm über die Feiertage. Ich schau sowieso am liebsten Tier-Dokumentationen. Langsam aber sicher sollten wir uns mal generell an deren Gruppen- und Familien-Verhalten orientieren. Muss ja nicht gleich so abwegig sein wie die eines Zoo-Löwen, der vor Weihnachten in Amur Freundschaft mit einer Ziege geschlossen hatte, die ihm eigentlich als Lebendfutter zugeführt worden war...

Gestern also ging  es um Intelligenz und Gruppenverhalten von Elefanten, die wir Menschen immer noch ausrotten, obwohl sie in  manchen Bereichen viel cleverer und "sinn"voller leben als wir. Leider verschob mich dabei eine österreichische Zoologin mit ihrem breiten Dialekt gänzlich aus der Perspektive.

Sie kommentierte einen in der  Bewegung erstarrten Riesen:"Schauns jetzt denkta. Dös könma erkennen, aber leider noch net wos er denkt."

Ich musste mir die Zoologin unmittelbar daheim mit ihrem Partner im Bett vorstellen. Wie sie in die sinnliche Stille hinein die Frage stellt: "Woran denkst du gerade?"

In Filmen ist so eine Frage ja ein Dauerbrenner, und in Zeiten der Emanzipation wird sie dort nun auch mal von Männern gestellt. Aber das glaube ich nicht so ganz.

Fest steht, dass um Komplikationen zu vermeiden, nur eine Standard-Antwort für beide Gender in Frage kommt: "Ich habe gerade daran gedacht, wie glücklich ich mit dir bin..."

Ob in Wahrheit die eine daran denkt, dass die Waschmaschine noch ausgeräumt werden muss, während der andere die Winterreifen wechseln will, ist nicht von Belang, Für einen Augenblick ist der ewige, unerfüllte Traum des Menschen, die Gedanken des anderen Lesen zu können, wissen zu wollen,  was durch dessen Gedanken zieht, zu beider Zufriedenheit ausgehebelt.

Aber sie kommt eben nicht nur einmal, sondern entsprechend der Neigung, den anderen kontrollieren zu wollen, immer wieder. Und dann bedarf es einer Elefanten-Haut, sowie ergiebiger Kreativität.

Die Elefanten haben zwar diese Haut, aber in  Beziehungen bräuchten sie die meist gar nicht. Ihre Riesen-Hirne und die gewaltigen Nerven-Netzwerke ihrer Sinne speichern seit Jahrmillionen Rektion des Miteinanders. Pubertierende Jungbullen - um nur ein nachahmenswertes Beispiel zu nennen - werden mit den Alten auf separate Wanderschaft geschickt, bis sie sich "die Hörner abgestoßen haben".

Die Elefanten-Damen kümmern sich derweil mit ihrer weiblichen Nachkommenschaft, um die Weitergabe des sozialen Verhaltens, zu dem auch ein kollektives Adoptions-Konzept gehört, sollte eine Kuh mit  Kalb sterben. Wer in der Sippe so eng eingebunden ist, braucht kein Gedankenlesen. Jede Bewegung ist Signal, jedes Erlebnis wird gespeichert. Sogar die Sprache ihrer Feinde können sie von denen ihnen wohl gesonnener Menschen unterscheiden.

Es ist gut, dass wir die Elefanten endlich schützen und studieren, damit wir eventuell davon lernen können. Aber ihre Gedanken lesen wollen? Was gedacht wird, sollte - egal ob Mensch oder Tier - trotz all der sozialen Netzwerke doch überwiegend Privatsache sein.

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