Dienstag, 26. Januar 2016

Vom Pionier zum Veteran

Neulich erhielt ich - wie immer zur unpassendsten Zeit - einen Anruf von meinem Provider. Die routinierte Dame vom Call-Center ließ sich nicht abwimmeln und begründete ihre Fürsorge damit, dass meine Download-Kapazität an der Obergrenze angelangt sei. Als ich erwiderte, dass ich doch die viel gepriesenen Flatrate hätte, verwies sie auf die Download-Mengen für automatisch aktualisierte Apps, (die ich nicht wollte und auch nicht bräuchte). Und im übrigen sei ja die Download-Erhöhung für mich als Prime-Kunden sowieso kostenneutral...

Was soll ich sagen. Ich stimmte zu, berichtete aber meinem in diesen Bereichen  allwissenden Sohn über den merkwürdigen Vorgang. Der faltete mich regelrecht zusammen und verbat mir ein für allemal, Dinge ohne schriftliche Bestätigung zu verändern. Selbst wenn sie als "kostenneutral" angepriesen würden.

Ich ging in mein Zimmer und heulte erst einmal eine Weile. Wie konnte es denn passiert sein, dass ich als Pionier der computerisierte Arbeitswelt derart ins Abseits geraten war?

Im Geiste ging ich die Anschaffungen durch; Composer, Robotyper, Tele-Copierer, elend langsame Computer mit bald zu kleinen Arbeitsspeichern, Netzwerke, die einen eigenen Server-Raum brauchten. Software mit Tücken, die ein Vermögen kosteten. Spezial-Kräfte, die nur mal an einem Kabel rüttelten, um Rechnungen wie Spitzen-Chirurgen zu stellen. Immer waren wir zweite Sieger. Ein Rennen gegen die Zeit, dass nur der Beste auf Augenhöhe halbwegs bestreiten konnte...

Jetzt las ich dieser Tage, dass ein Smartphone-Hersteller angeblich ein "Verfallsdatum" in seine Produkte eingebaut habe.Bei denen ließe bei überlangen Gebrauch nicht nur die Ladeleistung nach, sondern auch die Kompatibilität mit den sich ständig verändernden Funktionen.

Aber wer nicht hintan stehen will beim Fortschritt muss sich heutzutage öffnen und glaubt, was ihm langjährige Weggefährten wie Windows anpreisen. Mit dem Download des neuen Betriebssystems habe ich daher meinen Computer noch ein Stück weiter preis gegeben. So weit, dass ich quasi in vielen Bereichen schon entmündigt bin. Zusammen mit meinem Smartphone werde ich nun in einem Maße fremd gesteuert, dass ich mich frage, wie lange es noch bis zur automatischen Einweisung ins Sanatorium dauert.

Wenn ich dereinst gefragt werde, wieso ich immer alles automatisch gut gefunden hätte, was  mir angeboten worden war, werde ich antworten müssen:
"Ich war einfach schon zu alt, um mich noch beschweren zu können..."

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