Donnerstag, 16. Januar 2014

Unser Europa - Euer Europa

Gibt man dir, so nimm! Nimmt man dir, so schrei!
Da nach diesem Grundsatz der Gier schon immer auch Politik betrieben wurde, verwundert es nicht, dass die einen, die einst von blühenden Landschaften sülzten und denen Europa gar nicht schnell genug geeint werden konnte, heute nun mit harscher Stimme vor den Absichten ihrer neuen immer noch fremden Mitbürger warnen. Seit der Wiedervereinigung Deutschlands ist das Praxis:

Mit Augen - immer leicht tränenfeucht - hießen wir damals unsere Brüder und Schwestern von drüben willkommen, nur um sie wenig später als Schmarotzer mit unerfüllbarem Anspruchsdenken zu desavouieren, oder sie als Konkurrenten besonders  in akademischen Berufen zu fürchten. Nach zwei Jahrzehnten ist das vergessen, aber sie kommt jetzt wieder hoch; auch die Erinnerung an die Gier. Wir einfachen Bürger zahlten unseren vom Gesetz verlangten Soli, aber die Oligarchen füllten sich dann mit seinen Segnungen der Restaurierung und den Investitionen zur Verbesserung der Infrastruktur in der untergegangenen DDR die Taschen.

Und jetzt erkenne ich - misstrauisch wie ich nun einmal bin - die gleiche Systematik. Dem Theo Waigel und seiner Klientel ging es gar nicht schnell genug mit dem Euro. Die Banken rechneten vermutlich nicht ohne Grund schon Jahre früher in der Währung, die in bar nichts von dem hielt, was sie wohl nur in Papierform versprach. Jetzt im 13. Jahr des realen Euro mit einer nur scheinbar überwundenen weltweiten Finanzkrise entdecken die, die das angezettelt haben, dass ihr überhitzter Größenwahn beim einfachen Bürger nicht angekommen ist. Das Stimmvieh schaut in seinen Geldbeutel und auf die Dekade mit einer mehr als hundertprozentigen Alltagsinflation zurück. Beinahe alle, die ihre Altersversorgung in DM oder in Lebensversicherungen gesichert glaubten, müssen um ihren friedvollen Lebensabend fürchten, während die Gleichaltrigen, die das angerichtet haben, immer noch in Ämtern oder Parlamenten sitzen. Indessen sind aber auch Generationen junger Leute, die nicht über Eltern mit Beziehungen verfügen, vom Erreichen eines einst doch für alle näher gerückten Wohlstands ausgeschlossen.

Dabei hätten die Finanzjongleure vielleicht nur einmal im Physik-Unterricht beim Kapitel "Kommunizierende Röhren" aufpassen müssen: Wer Röhren mit unterschiedlich hohen Pegeln miteinander verbindet, erhält Gleichstand in allen. Was nichts anderes heißt, als dass die Röhren mit Höchststand extrem verlieren, während die anderen ihren Level erhöhen...

Humanistisch betrachtet wäre also das Ergebnis wie im Ur-Kommunismus erstrebenswert gewesen, weil die reichen Europäer die armen Europäer auf ihr Niveau gezogen hätten. Aber das wiederum wäre den Oligarchen ja nicht recht gewesen, die an den Pegel-Unterschieden verdienen wollten. Sie gossen eine Zeit lang unverdrossen aus nicht existierenden Quellen Wasser in alle Röhren und verlangten auch noch dreist die Verbindung zu "Röhren", die durch säumige Zahler von Höchststeuersätzen oder Subventionsschmarotzer nahezu ausgetrocknet waren.

Ganz Europa hat also jetzt ein marodes Röhrensystem  - wenn so ein Scherz angesichts der Lage angebracht wäre. Denn es ist eine noch von den staatstragenden Medien verschleierte Tatsache, dass der wirklich großartige, paneuropäische Gedanke in Lebensgefahr schwebt.

Und es sind nicht nur solche Parteien wie die AFD, sondern vor allem Anti-Europäer in den klassischen Parteien, die die Schuldigen in Ländern  suchen, die sie noch vor kurzem dabei haben wollten - die vom Rande Europas.

Das Klaffen der Schere zwischen Arm und Reich, das ja auch in Deutschland zu sehen wäre, wenn man genau  hinschauen will, ist auf europäischer Ebene ein Desaster. Griechen Spanier, Portugiesen und sogar die Italiener, die man ein Jahrzehnt lang im glauben an den Euro mit Luftkrediten verführt hat, so weiter zu machen wie vorher, werden jetzt von Rumänen und Bulgaren in ihrem Fehldenken unterstützt, Deutschland sei nur deshalb so unbeschadet davon gekommen, weil sie eben noch weiter veramt und verschuldet seien.

Und was machen unsere Politiker, die das Geben von europäischen Vorzügen rückhaltlos unterstützt und ausgenützt hatten?  - Sie schreien, weil die anderen (noch wird ja  von europäischen "Mitbürgern" nicht als Ausländer gesprochen) uns nun vermeintlich etwas wegnehmen wollen, was ihnen ja die europäische Idee einst versprochen hat.

Aber warum - wider besserer Erkenntnis der eigenen Schuld? Weil das Verunglimpfen von Arbeitsuchenden als "Sozialtouristen" Stimmung macht, die sich in Wählerstimmen niederschlägt. Wer aber so weitermacht, riskiert oder will es bewusst, dass es bald ein "Unser Europa" gibt, das mit "Eurem Europa" nichts mehr zu tun haben will.Solch isoliertes Denken hat vor hundert Jahren zum Ausbruch des ersten Weltkrieges geführt...




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