Donnerstag, 9. Februar 2012

Stay Frieds

Als sie nach dem Krieg alle irgendwie einen wirtschaftlichen Aufschwung erfahren hatten, kam in der Nachbarschaft die Idee auf, das Miteinander zu intensivieren. Sie sehnte sich geradezu nach mehr Gemeinschaft. Die Menschen besuchten sich gegenseitig, halfen sich, wo es klemmte, lobten und liebten die Eigenschaften der anderen derart, dass es schwerfiel diesen Überschwang zu bremsen.
Der Blick über die Zäune geriet bald zunehmend irritierend, so dass sie abgebaut wurden, weil sich von den Nachbarn nach und nach keiner mehr vom anderen ab- oder ausgrenzen wollte.

Die, die etwas mehr hatten, störten sich gar nicht daran, dass es denen, die hie und da beim Wohlstand noch Nachholbedarf hatten, bei diesen Partys mitgerissen wurden. Feierten sie doch rasch ähnlich ausgelassen mit, und richteten als Veranstalter selbst große Feste aus, bei denen sich schon einige, die nüchtern blieben, fragten, wie sie sich das denn wohl alles leisten könnten.

Auch, dass sie dabei mitunter schon etwas großspuriger auftraten, war ihnen ja vergönnt. Es gab aber auch da schon ein paar - sowohl innerhalb des Freundeskreises als auch von außerhalb - die dieses Treiben mit Argwohn beobachteten und vor dem "Faktor Mensch" warnten. Natürlich wurde denen zunächst  unterstellt, nur neidisch zu sein. Manche aber , die man eigentlich dabei haben wollte, machten aus Argwohn nicht mit und wurden fortan kritisch betrachtet. Als regelrechte Spaßbremsen wurden sie von der Mehrheit bezeichnet. Vor allem dann, wenn einige damit begannen Bewirtungskosten aufzurechnen: Beim letzten Fest haben wir schon die Zeche mit soundsoviel bezahlt und die anderen haben nur genassauert und sich quasi gratis an unseren Tafeln durchgefressen...Das Lamento wurde immer lauter.

Solche Aufrechnerein empfanden die betroffenen Nachbarn natürlich als Beleidigung. Waren es doch die Superreichen, die unbedingt wollten, dass sie sich im Lebensstil mit geliehenem Geld anglichen, um zu repräsentieren.

Die Aussichten waren aber auch zu rosig, da kam das Geld ja quasi von selbst herein. Waren die Grundstücke und Häuser, die man mühelos beleihen konnte, nicht auf einmal ein Vielfaches wert?

Bei Geld hört die Freundschaft auf!
Dieser Spruch wurde sofort hervor gekramt, als ein paar Realisten die Nadel in die Spekulations- und Finanzmarktblase pieksten. Und wie das mit dem Geld nun einmal ist: Es verschwindet ja nicht - wie behauptet wird, sondern wandert nur in andere Taschen. Und wie das in blühenden Muster-Gemeinschaften so ist; vornehmlich in die Taschen jener, die die Nachbarn einst eingeladen hatten sorglos mit zu feiern.

Die mit dem Geld begannen nun von sich aus wieder Zäune hochzuziehen. Viel höher als die alten waren die. Dass man bloß das Elend der Nachbarn nicht mehr sehen musste und dass diese auch ja nicht auf die Idee kämen, drüber zu klettern, um sich das Geld, das vermeintlich ihnen gehört hat, zurück zu holen.

Was für ein schauerlich schönes Märchen!

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