Montag, 20. Februar 2017

Angst essen Seele auf...

...Als ich Rainer Werner Fassbinders Meisterwerk 1974 kurz nach seiner Premiere sah, erzeugte der Film bei mir einen Magendruck, den ich immer hatte, wenn in der Schule eine Klassenarbeit anstand, oder später eine unvermeidliche Prüfung auf mich zukam. Als Reporter hatte ich da bereits geglaubt, mir ein dickeres Fell zugelegt zu haben.

Aber diese auch heute noch gültige Liebesgeschichte einer über 60jährigen
Deutschen mit einem weit jüngeren Marokkaner hat hinter dem Vordergrund von Fremdenfeindlichkeit und Amour Fou eine schleichende Botschaft: Was passiert mit dem Individuum in einem scheinbar heilen Umfeld, das einen dennoch Isoliert obwohl es ja nicht ignoriert?

Ich habe mich in meinem Leben mancher Gefahr und oft der Überwindung der Angst ausgesetzt, um über meine Gefühle in diesen Momenten zu berichten. Aber ich gestehe, heute auf die 70 zugehend, habe ich genau die Angst, die die Seele auffrisst.

Ich habe angst, weil unsere Toleranz so weit geht, dass der Türkische Ministerpräsident Yildirim vor tausenden fanatischen, Fähnchen schwingenden Erdogan-Fans in Deutschland Wahlkampf zum Zwecke seiner und der Abschaffung der Demokratie machen darf. Gleichzeitig aber wird ein deutscher Journalist türkischer Abstammung des Terrors im Land seiner Väter beschuldigt und inhaftiert, nur weil er Verstrickungen des Erdogan-Clans in Korruption angesprochen hat wie andere Medien auch.

Ich habe angst, weil ein Amerikanischer Präsident vor einem weltweiten Publikum Unwahrheiten über das neutrale Schweden verbreitet, und die Schuld dann ungestraft seinem Propaganda-Sender Vox-News geben kann. Vergleichsweise war "Tricky Dick" Nixon mit seiner "Watergate Affäre", die ihm das seltene Impeachment einbrachte, noch harmlos.

Ich habe angst, dass das Ausrichten der "Münchner Sicherheitskonferenz" immer mehr zur "Verunsicherungs-Konferenz" wird, weil die Sicherung des Weltfriedens längst einem kuriosen Paradigmenwechsel unterliegt.

Ich habe angst, dass die Quellen, aus denen wir unser Alltagswissen beziehen, stetig verunreinigt werden, und dass man aus zu vielen trinken muss, um ein halbwegs vernünftiges Bild zu bekommen. Das erzeugt Wasser-Köpfe mit Wasser-Bäuchen.

Freisler im Namen des Volkes?
Ich habe angst, dass Rechtsprechung nicht länger auf Basis demokratisch geschaffener Gesetze erfolgt, sondern neu interpretierte Blickwinkel der Macht-Erhaltung widerspiegelt.

Welche Kräfte haben erneut die Absicht, diese derzeit herrschende Weltordnung zu zerstören?
Das Böse operiert wieder einmal beinahe unsichtbar aus der zweiten Reihe und lässt die Puppen tanzen...

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