Donnerstag, 30. Oktober 2014

Mischen impossible?

Intoleranz und Rassismus sind uns näher, als wir denken. Weil diese Neigungen in jedem von uns schlummern. Was  leider nicht allein eine Frage der Beeinflussung in jungen Jahren ist. In den letzten zwei Jahren beobachte ich, dass viele meiner Bekannten von einer Altersradikalisierung ihrer Ansichten betroffen sind, Und was das schlimmste ist, ich muss mich selbst immer öfter zusammen reißen, um nicht Gedanken aufkommen zu lassen, die ich immer verabscheut habe.

Das Ziel des radikalen Islam und seines infamen Terrors zielt genau darauf ab. Wir sollen mit Hass Verfolgung und Gewalt auf sie reagieren, weil sie daraus dann ja erst ihre Legitimität beziehen könnten...

Ich tue mich vielleicht ein wenig leichter, mich wieder nach Anfällen von Abscheu zur Ordnung zu rufen, weil ich als später Teenager auf makabere Weise derart  herausgefordert wurde:

Wie manche meiner Leser sich vielleicht erinnern, bin ich als Jugendlicher unter Amerikanern aufgewachsen, weil mein Vater seine Münchner Dienstwohnung in einer ihrer Housing Areas zugewiesen bekommen hatte. Es war eine spannende Zeit, da ich dadurch freundschaftlichen Umgang mit den Kindern von US-Eliten - Spitzen-Militärs und hochrangige Diplomaten .- hatte.

Die bildhübschen Töchter des jüdischen General-Anwaltes der US-Streitkräfte in Europa waren Wegbegleiterinnen auch bis jenseits der Pubertät. Da ich aber in meinen Schulklassen umschwärmte jüdische Mitschülerinnen hatte und die Kodexe ihrer Familien respektierte, versuchte ich bei diesen beiden Langzeitfreundinnen gar nicht erst anzubandeln. Tausendmal berührt, tausendmal ist nix passiert. Dass es dann auf andere Weise bumm machen würde, war der Anlass, dass ich überhaupt erstmals über Rassismus nachdenken musste.

Eines abends hatte es geläutet, und vor der Tür stand die Miniatur-Ausgabe einer Traumfrau. Ein afroasiatisches Mädchen, das gezielt nach mir fragte. Sie war deutlich älter und selbstsicherer als ich. Obwohl sie noch nicht einmal 150 cm hoch war, machte sie einen riesen Eindruck auf mich. Rückblickend weiß ich, dass es Liebe auf den ersten Blick war.

Glory war die Tochter eines afroamerikanischen  Funkspezialisten und einer chinesischen Dechiffriererin. Beide waren - was natürlich keiner wissen durfte - für die Intelligence tätig. Die Intelligenz-Bestie war jedenfalls ihre Tochter, die zwei Jahre zu früh mitten in ihrer College-Abschlussprüfung steckte und von anderen aus der Wohnanlage gehört hatte, dass ich bereits  mit Schauspielerei und Büchern zu tun hätte. Die fließend Deutsch mit leicht hessischem Einschlag sprechende Glory wollte mich für ihr Examens-Hauptfach Deutsch als Tutor. - Mich, den Schulabbrecher und möglichen Buchhändlerlehrling im Wartestand?

Die Liebe, die zwischen uns entbrannte, verlieh nicht nur Flügel, sondern wurde eine ernste Sache.
Ich wusste, dass man in Amerika früh heiratet, aber als Glory mir einen Antrag machte, war ich nicht fähig, das einzuordnen. Sie stellte mich vor die Wahl, dass sie entweder in Deutschland weiter studieren würde, oder eines der zahlreichen Super-Stipendien der bekanntesten Elite-Universitäten annähme und ich sie in die USA begleite. Ich war ja noch nicht einmal 18 - also auch nicht volljährig.

Dass die Ehefrau des US-Anwaltes meiner Mutter ihre Aufwartung machte, um ihr mitzuteilen, dass sie meinen Umgang mit ihren Töchtern wegen Glory nicht länger wünsche (!?), hat meine Entscheidung damals genauso wenig beeinflusst, wie die umständlich vorgetragenen Bedenken meines Vaters. Ausgerechnet er, den die Nazis bis zur Strafversetzung an die Ostfront wegen seiner Anti-Haltung ohne Ende gepiesackt hatten, meinte, mich vor den Folgen einer gemischtrassigen Ehe sowohl hüben wie drüben warnen zu müssen...

Glory hatte einen Intelligenz-Quotienten der wohl sogar über den ominösen 145 rangierte. sie würde in den USA für ihr Studium bezahlt und mit gratis Wohnrechten ausgestattet werden. Ich wäre zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal in der Lage gewesen, für mich selbst zu sorgen. Diese Verantwortung konnte und wollte ich nicht übernehmen. Ich hätte die bahnbrechenden Karriere, die sie später tatsächlich gemacht hatte, womöglich verhindert

Bei all ihrer Intelligenz verstand sie aber nicht, dass mein Schlussmachen mit ihrer Hautfarbe nicht das Geringste zu tun hatte.

Anderthalb Jahre später kam sie in den Semesterferien ihre Eltern besuchen und schaute auch bei mir vorbei. Ich war schon mit der "Zweitbesten " zusammen. Die beiden Mädchen verstanden sich auf Anhieb. Ich war während ihrer Ratscherei abgemeldet.

Dass wir uns aus den Augen verloren, lag an den wilden Jahren, die folgten . Glory wurde Bürgerrechtlerin, Professorin, später sogar Dekanin und fand trotzdem noch die Zeit, sechs Kinder zur Welt zu bringen.

Fünfzig Jahre später können die Amerikaner - trotz der aktuellen Gewaltübergriffe mancher Polizisten auf farbige Teenager - auf einiges stolz sein, was sie in puncto Integration erreicht haben.
Der Zeitfaktor mag dabei  mitunter ungeduldig machen, aber die Paradigmen für unseren Globus stehen nun einmal auf Multikulti.

Die schwarzweißen US-Familien-Serien, die das Deutsche Fernsehen in meiner Kindheit einkaufte. waren ausschließlich weiß. Heute zeigen die Darsteller der Sitcom Crossing Jordan zum Beispiel ein Spektrum der tatsächlichen Rassen-Vielfalt, und keiner regt sich mehr auf, wie noch über den Film "In The Heat of The Night" mit Sidney Poitier.

In unseren Krimis gibt es schon muslimische Staatanwältinnen, türkische Sonder-Ermittler und farbige Haupt-Komissare. So what!

Keine Radikalisierung hat eine Chance, wenn wir uns von diesem Weg nicht abbringen lassen.

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