Montag, 13. Dezember 2010

Multikulti

Mein Glaserker zwölf Meter über einer recht lebhaften Kreuzung im Münchner Norden kommt mir manchmal vor wie der Beobachtungsposten für einen besonderen Menschenzoo. Egal zu welcher Tageszeit - es ist immer etwas los. Die Menschen zu meinen Füßen sind frühaktiv, tagaktiv und auf kuriose Weise auch nachtaktiv. Letzteres liegt am Rauchverbot in den Kneipen und auch an dem nahegelegenen Autobauer, der seit die Wirtschaftskrise angeblich überwunden ist, wieder Sonderschichten fährt. Wenn der Ministerpräsident, den die Amis hinter seinem Rücken als unberechenbar bezeichnen, und von dem ich mich manchmal frage, welchen Standpunkt er eigentlich wirklich vertritt, Multikulti als gescheitert betrachtet, dann sollte er sich einmal eine Weile hier zu mir setzen. Auch Sarazin ist herzlich eingeladen, um sich ein Bild durch Beobachtung und nicht durch wiedergekäute Vorurteile zu machen.
Als meine Frau und  ich nach einigen Jahren im Ausland hierher gezogen sind, waren wir im Bürgerbüro dieses Stadtteils, um uns an- und unsere Fahrzeuge umzumelden, sowie die Papiere umschreiben zu lassen. Bedient wurden wir von einem unlgaublich freundlichen und geduldigen Deutschen mit einem schier unaussprechlichen ostanatolischen Namen. Seine schulterlangen Haare waren zu einem schweren Zopf gebunden. Er trug ein Ring im Ohrläppchen, und wenn sein tadelloses Deutsch wirklich einen Anflug eines Akzents gehabt hätte, dann höchstens den von Caroline Reibers bundestauglichem bayrischen.
Wir sollten schnell lernen, dass der junge Beamte mit "Migrationshintergrund" hier keine Ausnahme, sondern eher die Regel ist. Wenn Multikulti in unserem Viertel wirklich gescheitert wäre, dann höchsten weil wir als deutsche Reiseweltmeister nur schwer in der Lage sind, uns zu integrieren. Wir Deutsche können dem christlichen Gott, Allah oder Buddha wirklich nur dankbar sein, dass wir trotz unserer unrühmlichen Vergangenheit zu keinem Exodus genötigt wurden. Ich kenne in meiner zweiten Heimat Italien Landsleute, die nach über 30 Jahren Residenz immer noch nicht in der Lage sind, sich in der Sprache ihres Gastlandes verständlich zu machen. Unsere Gastgeber dort haben sich im Rettungsnotdienst jedoch auf die altersgebrechlich werdenden Dauergäste eingestellt und schicken eine tadellos Deutsch sprechende Ärztin mit den Sankas...

Morgen lest Ihr: Am besten beobachtet man die Multikulti-Spezies an ihren Futterstellen

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