Dienstag, 21. Dezember 2010

Drei Straßen, drei Welten

Was prägt den Charakter einer Straße? Die Straße, über der mein Glaserker liegt, ist eine traditionelle Ausfallstraße mit einer Geschichte, die in die Renaissance und als bedeutender Handelsweg noch weiter ins Mittelalter zurück reicht. Sie wird im Westen und Osten von zwei großen Straßen flankiert, die ihre Bedeutung erst durch das Industriezeitalter gewonnen hatten und deren Wesen sich im Zuge der jüngsten Verkehrsentwicklung sehr unterschiedlich veränderte.

Die im Westen wird durch die Werkstore des großen Autobauers geprägt. In ihr liegt unser tadelloses Bürgerbüro, aber man sieht auch viele Menschen im arbeitsfähigen Alter, die zur Unzeit rauchend mit einem alkoholischen Getränk vor den unterschiedlichsten Kneipen stehen und einen prekären Eindruck hinterlassen. Die Balkons der schmucklosen Wohnfassaden werden überwiegend als zusätzlicher Lagerplatz für Gebrauchsgegenstände aller Art verwendet, die sonst beim beeengten Wohnen im Weg stünden. Am Anfang und am Ende dieser Straße gibt es jeweils Filialen von Supermarktketten deren Darbietung des Warensortiments einen ähnlich ungeordneten Eindruck macht. Alles im Angebot vermittelt: Unsere Preise sind so niedrig, da reicht es für dekorative Präsentation nicht mehr...
Es gibt dort tatsächlich unglaublich günstige Eigenmarken und Restposten, der Konsument muss aber auch aufpassen, dass ihm im abgepackten Gemüse nicht Faules untergejubelt wird. Manche suchen diese Läden nur auf, um leere Flaschen  zurück zu bringen und die Bons gegen Bares einzulösen.
Könnte dahinter ein System stecken, denn im detaillierten Preisvergleich sind viele Produkte dort oft gar nicht günstiger als andernorst?

Die Parallelstraße im Osten eröffnet gleich mit der Luxusladen-Version einer Handelskette, in der es nahezu alle kulinarischen Edelprodukte an Frischtheken gibt und erlesene Spirituosen in abgeschlossenen Glasregalen dargereicht werden. Das Wohlstandsbürgertum wird hier quasi noch mit der kleinsten Präsentation zum Zugreifen animiert.
Wer genau hinsieht und vergleicht, stellt aber fest, dass Standartprodukte mitunter äußerst - wenn nicht gar konkurrenzlos - günstig angeboten werden...

Wer den Unterschied im Anteil von "Multikulti" vermutet, wird vermutlich nicht bestätigt. Es ist eher die Integration, die bei gleicher Verteilung der Nationalitäten östlich unserer Straße besser funktioniert.
Die über und über mit Schmuck behängte Russin, die neulich mit ihrer Matka vor mir an der Kasse stand, ist von dieser Betrachtung dabei ausdrücklich ausgenommen. - die Balkons auf dem Heimweg jedoch nicht. Sie machen auch im Winter einen sehr gepflegten, immergrünen Eindruck...

Was ich damit sagen will? Keine Ahnung!

Morgen lest Ihr: Vor die Hunde gehen...

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