Mittwoch, 26. Oktober 2022

Gelaubtes Färb

 Die Frau an meiner Seite ist eine nervige Beifahrerin, obwohl wir über fünf Jahrzehnte miteinander Auto fahren. Und es ist schlimmer geworden geworden, seit ich nur noch zweimal im Jahr die Halb-Etappe zu oder von unserem Haus in Italien fahre. Besonders wenn ich nach einem halben Jahr Pause in den frühen Morgenstunden die engen Kurven hinunter ins Tal und zur Autostrada muss, fühle ich mich jedes mal wie ein Anfänger. Ich fahre immer den ersten Teil der Strecke, weil nach 13 Uhr mein Blutdruck in gefährlich Tiefen abrutscht.
Aber wieder einmal ist alles gut gegangen. Leider gab es diesmal die in der Herbstsonne eigentlich erwartete Farbenpracht nicht, weil uns der Regen bis über den San Bernardino begleitete. Hinterm Tunnel jedoch kämpfte der Fön noch gegen die dunkelgrau heranrauschenden Wolken. Das sorgte für ein Licht, wie es nur die Alten Meister auf die Leinwand bringen konnten. Ich war entsprechend begeistert und rief: "Ach könnte ich sie doch noch malen, diese farbigen Bäume. Dieser Wechsel von japangelben Lärchen, den weiß leuchtenden, verästelten Birken im dunklen Tann! Dieses wunderschön  gelaubte Färb!"
Anstatt meine lyrischen Betrachtung zuzustimmen, brach meine Frau in schallendes Gelächter aus.

Natürlich stritt ich es ab, dass ich mich versprochen hätte, und so hänselten wir uns bis in die Via Mala Schlucht hinunter.

Dass ich den ersten Post aus dem Glashaus ausnahmsweise mit einem Rezept gestalte, hat nur indirekt mit diesem Versprecher zu tun, Nach der ersten Nacht hier hatten wir beide wohl wegen der nachlässig eingestellten Klima-Annlage Halsschmerzen und Probleme mit den Bronchien. Und dagegen habe ich immer schon ein bewährtes Mittel. Im strömenden Regen ging ich an nächsten Morgen zum  Tunesischen Supermarkt schräg über die Straße und kaufte alles, was ich für meine bis dahin namenlose eurasische "Crossover"-Hühnersuppe brauche. Als sich Husten, Schnupfen und Heiserkeit nach dem Auslöffeln wundersam verabschiedet hatten, meinte die fürsorglichste aller Ehefrauen nicht ganz ohne Häme: "Nenn sie doch einfach in Erinnerung an die Heimfahrt

"Gelaubtes Färb!"

Also hier das Rezept, das in den kommenden Wochen auf natürliche Weise helfen könnte, bei meiner Leserschaft manche Erkältungs-Symptome zu lindern .

Zutaten für zwei Personen:

Drei frische Hühnerschenkel (unser Tunesier bezieht sie offenbar von Monster-Suppenhühnern - da reichten uns zwei)
Eine mittelgroße Ingwer-Wurzel
Eine große Chilli-Schote (ca. 12 cm)
Zwei große Zehen frischen Knoblauchs
Eine mittelgroße Zwiebel oder vier bis fünf Charlotten
150g Kürbisfleisch
Einen halben kleinen Weißkohl-Kopf
Ein Bund grüner Koriander
Zwei gehäufte Esslöffel gekörnte, feine Hühnerbrühe (- für den "Doppelwums"...)
Süße Soja-Sauce (Ketchup Manis Benteng), Curry und Szechuan-Pfeffer nach Geschmack
Salz, wem die Brühe nicht salzig genug ist
Zwei von den quadratischen Blocks gekräuselter China-Nudeln
Die sechs ersten Ingredienzien sind jede für sich schon von Alters her bewährte Erkältungs-Killer. Besonders der Zinkgehalt des Hühnerfleisches spielt da eine besondere Rolle.
Claus Deutelmoser :
Die kleine Scharfmacherin
"La piccola affilata"
Öl auf Leinwand 
2019

Zubereitung:

Die Suppe geht eigentlich ganz schnell. Die meiste Zeit verbraucht man mit der Fein-Schnippelei:
Den Hühnerschenkeln die Haut in möglichst großen Stücken oder unversehrt auf einmal abziehen.
Mit einem scharfen Messer dann großzügig entbeinen. Eher den Muskelsträngen entlang aber Fett, Flachsen sowie Knorpel am Knochen lassen.
Diese dann in einen Kochtopf geben. Grob gehackter, ungeschälter Ingwer dazu sowie die gehälftelten Knoblauchzehen dazu. Vom Koriander-Bund nur die abgeschnittenen Stängel nehmen. Vom Kohl die nicht so schönen Außenblätter und den gesamten Strunk auch noch in den Topf. Über alles die gekörnte Brühe streuen. Das wird dann mit anderthalb Litern Wasser so lange eingekocht, bis die übrigen Zutaten geschnippelt sind.

Eine gute Hand voll abgezupfte Koriander-Blätter zur Seite stellen
Die Chilli-Schote der Länge nach zerteilen und in fadendünne Streifen schneiden. Wobei gut auch ein paar Krümel vom Gehäuse mit dürfen
Die Kohlblätter ebenfalls ohne die Rispen aber an ihnen entlang in genauso feine Streifen schneiden (je feiner desto schneller die Garzeit)
Auch die Zwiebel beziehungsweise die Charlotten fein der Länge nach schneiden
Ich würfele das Muskelfleisch der Hühner. Die Chinesen scheiden auch das in dünne Streifen  der Muskelstruktur entlang, weil sie ja die Suppe ja tatsächlich mit Stäbchen und laut schlürfend essen...
Die abgelöste Hühnerhauts in Vierecke  in der Größe von Chips schneiden
Auch das Kürbisfleisch wird hauchdünn in etwa gleiches Format wie die Haut geschnitten 

Den Sud dann am Ede der Schnippelei  durch ein feines Sieb in einen anderen, flacheren Topf gießen
Das Hühnerfleisch und mit dem Gemüse gemeinsam etwa zehn Minuten aufkochen lassen!
In dieser Zeit braten wir die Hühnerhaut kross in ihrem eigenen Fett aus. Sobald die braun wird geben wir die Kürbis-Schnipsel hinzu und würzen mit Curry, Chilli und Süßer Sojasauce. Aber so, dass das quasi Frittierte nicht matschig wird.
Kommen meist in Blocks oder
 als verflochtenen Platten  daher:
"Mie"-Nudeln haben - gemessen an Spaghetti -
nur einen Bruchteil von deren Kalorien 

Unterdessen in der letzten Minute des Kochens die Chinesischen Nudeln in die Suppe geben und  sofort von der Flamme nehmen, dabei die Koriander-Blätter drüber streuen und alles vier Minuten bei geschlossenem Deckel ziehen lassen. Die Nudeln vor dem Auftun mit einem Löffel aus ihrer "Verflechtung" lösen aber dann auch, ehe diese zu weich werden, sofort servieren.

Guten Appetit!

好胃口
Hǎo wèikǒu


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