Dienstag, 26. September 2017

Verkleidungen










Wenn unten auf beiden Seiten der Straße bunt verkleidete Menschen Paar- oder Gruppenweise in Richtung Straßen- oder U-Bahn streben, dann ist Oktoberfest. Fast jeder trägt etwas, was er persönlich für "trachtig" hält. Das ist wirklich originell, weil damit der Kaufhaus-Look von der Stage endlich überwunden scheint. Oder doch nicht?

Bei näherem Hinsehen wirkt es dann doch wie aus der Faschings-Kiste zusammen gegrabbelt. Vor allem bei Leuten, die ansonsten ja mit Brauchtum wenig am stylisch kleinen Trachten-Hütchen haben.
Die echten Bayern erkennt man daran, dass sie ganz dezent mit einer neutralen Trachtenjacke vor ihrem Keferloher  in der Stadt sitzen und ihr Wies'n-Bier in entspannter Ruhe von kleineren Fässern gezapft genießen.

Keferloher gibt es auf der Wies'n nur noch in den Promi-Boxen und bei den Fernseh-Sendern, die ihre Abendsendungen so auf billige Weise gestalten. Das Fußvolk, dass bei der Gemütlichkeit unten wegen Überfüllung kaum noch Platz findet, erhält das schlecht Eingeschenkte überschäumend aus bruchsicheren Glas-Maßkrügen...
Zum Glück für die Veranstalter, gibt es kaum noch welche, die die sogenannte "Oide Wies'n" noch erlebt haben, sonst ginge das mit dem Extra-Eintritt für diese Marketing-Idee ja gar nicht. Sie ist genau so ein Fake wie die Oktoberfest-Verkleidung von 90 Prozent der Besucher.

Der Vorreiter ist dabei unter anderem auch der FC Bayern, der seine aus allen Kontinenten zusammen gewürfelte Söldner-Truppe gnadenlos in die vom Sponsor bereit gestellte ,jedes Jahr neu gestaltete Trachten-Mode steckt.

Hört sich das alles an, als sei ich ein Wies'n-Muffel? Bin ich nicht! Ich liebe das Oktoberfest nach wie vor, aber in kleinen Portionen und zu einer Zeit, in der ich mit meinem Enkel ohne beängstigendes Gedrängel um die frühe Mittagszeit an den Fahrgeschäften und Buden vorbei flanieren kann. Wer bin ich, dass ich dem Kleinen, diese Duft-Melange und das bunte Treiben vorenthalten würde? Und schon gar nicht die Enten-Keule, an der er beim Ammer mittags nagt...
Besucher der ersten zehn Oktoberfeste nach 1810 würden bei einer Zeitreise zur heutigen Wies'n auch aus diesem kindlichen Staunen nicht herauskommen. Vielleicht hätten sie ja sogar Spaß daran, dass Bedienungen zum Dirndl heute leuchtende Sportschuhe tragen.

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