Samstag, 1. April 2017

My personal Brexit

Es ist nicht so, dass ich die Engländer nicht mag. Ohne sie hätte unsere Familie in Hamburg nicht überlebt. Ungeachtet der Tatsache, dass er zum erweiterten Kreis im Widerstand gehörte, wurde mein Vater im ehemaligen KZ Neuengamme auf 48 Kilo (bei 182cm) reduziert, ehe er seinen "Persil"-Schein bekam. Kurioser Weise war unsere Mutter gleichzeitig Marketenderin für die Offiziere der Besatzungsmacht.

Wohl einem Urinstinkt folgend rannte ich  als kleiner Junge immer ins Haus, wenn die bauchigen Bristol-Transportmaschinen krachend über die Dächer von Alsterdorf im Lande-Anflug auf Fuhlsbüttel zusteuerten.

Sobald er als unbedenklich galt, wurde mein Vater als Volljurist in die Verwaltung der sich langsam aufrappelnden Bundesrepublik komplimentiert, während über meine Mutter freundschaftliche Kontakte mit Briten geschlossen wurden. Dann waren sie auf einmal weg. Das schwarze Nummernschild an unserem ersten VW-Käfer wurde durch das stolze weiße mit HH ersetzt.

Schließlich tauchten wir durch die Versetzung meines Vaters nach München voll in die amerikanische Kultur unserer Nachbarschaft ein... Cool, lässig und entspannt - trotz kritischer Zeiten.

Den ersten Kontakt als halbwegs selbständig Denkender hatte ich zu den "Tommies" dann ausgerecht in Gibraltar Der Appendix an der Iberischen Halbinsel offenbarte etwas extrem Konservatives, Rückständiges. Es gab noch die Altstadt, die ohne weiteres - wie ich später lernte - auch auf der Insel hätte stehen können.

Smokey Joe's in den 1960ern
Wir aßen im von Briten empfohlenen "Smokey Joe's Eatinghouse"  das "Special": Nach all den kulinarischen Köstlichkeiten Nordafrikas, Portugals und Spaniens auf unserer sechswöchigen Reise saßen wir vor Beans und Fritten,  auf die ein Spiegel-Ei geklatscht war.

Am Anfang meiner Karriere als freier Schreiberling, war ich dankbar, dass ich sechs Jahre später als Hilfs-Skilehrer für eine Organisation namens "Schools Abroad" arbeiten durfte. Es gab ein wirklich gutes Honorar und Freiflüge nach England, wo ich mich mit den begleitenden Schul-Lehrern und den Organisatoren traf, um aus den Erfahrungen Verbesserungen vorzuschlagen. Zeit und Geld reichten, um mit einem Leihwagen Süd-England und London zu erkunden. Es war ein Abenteuer schon wegen des Linksfahrens auf den engen Countryroads. (Why should we change our sides for the fault of the others). Obwohl da Kanal-Tunnel und EU noch nicht wirklich angedacht waren, regte sich mein renitenter jugendlicher Geist über diese und andere Zeichen der Arroganz furchtbar auf.

Im Vergleich zu Deutschland waren die Klassen-Unterschiede aber auch der Klassen-Stolz viel ausgeprägter. Dadurch war ein Gefälle zu sehen: Dort mit Geld niedlich herausgeputzt. Um die Ecke verwahrloste Vorplätze und Müll.

Als ich mit einer Animation-Company in der Fleetstreet zur Umsetzung von Comic-Figuren zu tun hatte, war der Thatcherismus schon in vollem Gange und die Nation geteilt. Die für "an apple and an egg" unbezahlte Überstunden anhäufenden Zeichnerinnen waren nicht gut auf die Eiserne Lady zu sprechen, aber dafür deren Bosse im "Ye Old Chesher Cheese Pub" um die Ecke, die noch dazu eifrige Monarchisten waren.

Die folgenden Boomjahre bekam ich nur noch aus der Ferne mit. Es gab ja genügend James Bond Filme und englische Serien, die den schnellen Wandel der Metropole in den Docklands und die schicken country sites dokumentierten.

Why should we change our sides for the fault of the others. Dieser Spruch kam mir immer wieder ins Gedächtnis, als wir Zentral-Europäer mitbekamen, was das UK für Sonderrechte beim Beitritt haben wollte. Das Geld mit dem die Briten dabei protzten, war ja nicht vom Sozial-Produkt erwirtschaftet, sondern kam im Vorgriff auf die EU aus Arabien und vom Festland.
 Ausgerechnet die dabei Abgehängten, glaubten den wie durch einen Zufall überall gleichzeitig aufgetauschten Populisten. Nämlich, dass es ihnen wieder besser ginge, wenn Great Britain durch den Brexit  "great again" würde. Auch wenn das auf vorsätzlichen Kreditbetrug hinaus liefe. Gibt man dir, so nimm! Nimmt man dir, so schrei!
Niemand ist eine Insel (No Man Is an Island.  John Donne  gestorben 1631)
John Donne
Wer nicht will, der hat schon - aber nicht mehr lange. Wenn entsprechend hart verhandelt wird, bricht nicht nur der britische Binnenmarkt ein, sondern platzt auch der durch Kredite ins Unermessliche aufgeblähte Immobilienmarkt.

Brexit folgt Exitus. RIP UK!

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