Freitag, 16. Oktober 2015

Drei Grazien

Der Dauerregen macht einem das wieder Eingewöhnen hier nicht leicht. Am Tag, als das "Asylpaket" im Eiltempo vom Bundestag verabschiedet wurde, passierte mir auf dem Weg zum Supermarkt folgendes:

Mitten auf dem Bürgersteig standen drei Mädchen - gruppiert wie die berühmten "Drei Grazien" von Peter Paul Rubens. Allerdings schlanker, jünger und wegen des Sau-Wetters - natürlich angezogen. Aber, dass sie einander herzlich zugetan waren, konnte ich an ihren Umarmungen und dem Gelächter schon aus einiger Distanz erkennen.

Die eine war schwarz und hatte einen unzähmbaren Locken-Kopf. Eine war trotz Kopftuch deutlich dem arabischen Mittelmeer-Raum zu zu ordnen und die Dritte sprach Münchnerisch. Obwohl ich nichts vom Grund ihrer Heiterkeit mitbekam, musste ich ja an ihnen vorbei. Sie waren so um die dreizehn, sehr stylisch und bestimmt nicht billig angezogen und hätten gut auf ein Werbe-Poster gepasst, denn sie waren obendrein bildschön.

"Euch geht's aber gut", sagte ich im Vorbeigehen.

Anstatt mich mit einem Zicken-Spruch zu bedienen - wie mir das schon des öfteren passiert ist - strahlten sie mich an und redeten alle auf einmal. Sie hatten wohl mit ihrer Schul-Projektgruppe gewonnen. Ich wollte ja auch nicht aufdringlich sein...

Auf dem Rückweg gab es das zweite Erlebnis:

Ein junger Mann im schwarzen Hoody mit hochgezogener Kapuze, Röhren-Jeans und weißen Sneakern, war in Richtung BMW unterwegs, als zwei Polizei-Beamte von hinten aufholten und ihn kontrollierten. Er hatte offenbar keine Papiere dabei - nur ein Schreiben, dass er den Polizisten zeigte.

In unsrem Multikulti-Viertel sind Straßen-Kontrollen mit Zivil-Fahrzeugen nicht selten. Meistens passiert das nachts. Diese Kontrolle wurde aber am hellichten Tag von zwei Uniformierten durchgeführt. Ihr Dienstfahrzeug parkte um die Ecke vor dem Glashaus.

Es dauerte eine Weile, bis die Beamten in ihrem Auto sitzend wohl alles überprüft hatten. Während dessen schlenderte der junge Mann unaufgeregt hin und her, bis er schließlich seiner Wege gehen durfte.

Mir ging anschließend im Kopf herum, ob beide Ereignisse in Zukunft zum Alltag in unserem Land gehören werden.

Unvoreingenommene Freundschaften zwischen jungen Menschen verschiedener Herkunft und immer häufigere Personen-Kontrollen auf offener Straße...

Da bin ich schon froh, dass ich aussehe wie der Weihnachtsmann. Wer kontrolliert schon einen Weihnachtsmann? - Oder?

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