Sonntag, 12. April 2015

Weißwürst kennen keine Sommerzeit

Woran erkennen wir, dass es langsam Zeit ist, in Richtung Burg aufzubrechen? An den Sing- und Zugvögeln auf unserer Dachrinne gewiss nicht. Sie tirilieren trotz Sommerzeit seit Ende März ob es stürmt oder schneit so früh im Morgengrauen, dass sie den Verkehrslärm leicht überstimmen - und fast ein wenig nerven.

Außerdem ziehen wir ja in die Gegenrichtung nach Süden und hoffen noch auf die spektakulären Formationsflug-Wolken der Stare am Bodensee. Sehnsucht ist es auch nicht, denn im Alter ist ja jeder Ortswechsel ein kleiner Abschied ins Ungewisse.

Wie die Japaner orientieren wir uns deshalb am Kirschblüten-Hanami. Nur, dass wir dafür - wie unser treuester Leser Elmar es gerade getan hat - nicht ins Land der aufgehenden Sonne müssen, sondern mit dem Radel einfach in den Petuel-Park fahren. Jedes Jahr trifft sich dort ein Deutsch-Japanischer Freundeskreis unter den blühenden Kirschen und zelebriert derart stilecht, dass einem die Tränen kommen.

Wir waren auf dem Weg - ebenfalls traditionell - unseren Freundeskreis im Osterwald-Garten am Englischen Garten Abschieds halber zum Brunch zu bewirten.Wer kommt, der kommt - wenn er noch kann...Vergessen ist der lange, raue Winter. Alle sprudeln vor guter Laune, und es werden alte neue Witze gerissen, über die gleichermaßen herzlich gelacht wird.

Weil alle bescheiden sind, werden kaum üppige Mahlzeiten bestellt. Viele essen Weißwürst mit Brez'n und dazu ein Weißbier.

Irgendwie verzögerte die vielstimmige Ratscherei die Bestellung, so dass die Weißwürst just in dem Moment serviert wurden, in dem es von Sankt Ursula 12 Uhr schlug. Die Weißwürst dürfen das einer vielfach fehlinterpretierten Regel aber gar nicht hören.

Also sagte ich der  kroatischen Bedienung, sie könne das große Haferl gleich wieder mitnehmen (war natürlich ein Scherz). Worauf der Chirurg ihr mitteilte, sie könne die Weißwürst ruhig stehen lassen, denn die hätten ja erwiesener Maßen keine Ohren. Und der Franz - mit 83 der Alterspräsident - der am längsten von uns ohne die Sommerzeit gelebt hat, meinte nur lapidar, die Regel stamme aus einer Zeit, als es die blöde Zeitumstellung noch gar nicht gegeben hätte. Es sei für die prallen Weißen also erst 11 Uhr und deshalb sei das durchaus pünktlich.

Die junge Kroatin murmelte mit freundlichem Grinsen etwas, was durchaus "oide Deppen" geheißen haben könnte...

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