Mittwoch, 10. Dezember 2014

Geister

Seit dieser Woche steht in München ein indischer Staatsbürger vor Gericht. Ein Sikh. Vor einiger Zeit hatte offenbar ein böser Geist von ihm Besitz ergriffen, denn er ging am Ostbahnhof mit zwei Krummdolchen bewaffnet samt Turban und Vollbart auf einen Raucher los, der auf sein Verkehrsmittel wartete. Er sei wie ein Derwisch Messer schwingend gegen den MVV-Klienten vorgegangen. Wieso? Weshalb er den geschickt ausweichenden Mann glücklicher Weise nur leicht verletzte, lässt sich kaum noch feststellen, denn er wurde zwischenzeitlich mit den richtigen Pillen auf den rechten Kurs zurück gebracht. Allerdings wurden ihm dabei die Haare geschnitten, und den Turban durfte er im Gericht auch nicht aufhaben.

Wenn ein  Sikh von bösen Geistern besessen, wie ein muslimischer Derwisch einen Mordanschlag verübt, ist es absolut angebracht über ihn nach deutschen Maßstäben  zu Gericht zu sitzen. Er wird vermutlich mit einer leichten Strafe nach Indien abgeschoben. Das Ticket haben Freunde von ihm gespendet. Da ein gläubiger Sikh sich weder die Haare schneiden lassen , noch ohne Turban  ausgehen darf, ist er entsprechend entehrt. Karma.

Böse Geister, gute Geister oder von allen Geistern verlassen? Wie sehen Geister aus? So wie in einer Geisterbahn, oder müsste die eher Gespenster-Bahn heißen. wie sehen Geister aus? Sind sie unsichtbar oder lassen sie sich gar selektiv wahrnehmen? Fragen, die einem auf den Geist gehen können -oder?

Mein Großmutter in Köln hatte eine Haushaltshilfe aus der Schnee-Eifel. Dort waren die Älteren den Geistern gegenüber seit jeher aufgeschlossener. Die Frau die auf rheinische Art von sich in der dritten Person, ihre Jungfräulichkeit betonend, als "dat Berta" sprach, ging in ihrer Freizeit gerne zu wildfremden Beerdigungen, um zu schauen, wer da mitging. Die "Mitgänger" waren andere Verstorbene, die den gerade Hingegangenen kannten. "Dat Berta" erklärte mir, dem Volksschüler, auf meine Frage, wie die denn aussähen:"Dat is janz einfach. Sie sehen aus wie lebend, sind aber farblos und berühren den Boden beim Gehen nicht."

Sie war für mich eine peinliche Spinnerin, aber am Morgen nach dem postoperativen Tod meines Großvaters im Krankenhaus meinte sie - obwohl wir beide die Nachricht noch gar nicht erhalten hatten - der Opa habe am Schreibtisch seine Morgen-Zigarre geraucht... In schwarzweiß!

Kein Bange! Ich bin dadurch nicht zum Spökenkieker geworden, aber ich verurteile auch Menschen nicht, die an Geister glauben.

Wir sind aber hier alle so gepolt, dass wir in der Weihnachtszeit vom Heiligen Geist beseelt sind, uns freuen, dass Scrooge von den Geistern der Weihnachten zum Guten bekehrt wird und gedenken feierlich und voller Vorfreude der lang zurück liegenden Geburt eines Menschen mit äußerst geisterhaftem Lebenslauf, der sogar einzig post mortem weiter ging.

Jede Religion baut auf ihre Geister für das Unerklärliche.

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