Montag, 14. Oktober 2019

Altmänner-Sommer

Die männliche Diskriminierung zu der es begrifflich an besonders schönen und auch warmen Oktober-Tagen kommt, hat mich solange umgetrieben, bis ich mal nachgeschaut habe, wie es zu dem Begriff "Altweibersommer" überhaupt gekommen ist.
Richtig sollte es nämlich Altweiben-Sommer heißen. Von den Weiben oder Weben abgeleitet, die die Baldachin-Spinnen bei ihren dem Tarzan an Lianen ähnelnden Reisen am "seidenen Faden" von einem Baum zum nächsten unternehmen. In der tiefstehenden Sonne wecken sie frei wabernd eben Assoziationen zu langen grauen Haaren. Die hätte ich ja auch!

"Erntedank" Foto: Claus Deutelmoser
Wenn der Herbst in München so ist, kommt die sogenannte bayrische Lebensart voll zum Zuge, so dass auch Menschen, die nicht mehr aufs Oktoberfest wollten oder konnten, durchaus danach noch solche Sonnentage-"Highlights" haben wie gerade heute (bei quasi Vollmond).

Mir ist der immer noch anhaltende Trubel in den Biergärten  allerdings zuviel. Deshalb bin ich dankbar für den kleinen Garten am Glashaus, der obwohl er vom Großstadt-Verkehr umtost wird, kontemplative Ruhe bietet.

Für Leute wie mich, die leider die derzeitigen Geschehnisse auf der Welt zu nah an sich heran lassen, ist so ein Auge im Orkan vielleicht noch der einzige Ort um nicht durchzudrehen. Um in detaillierter Versenkung im Mikro-Kosmos auch wieder Schönes zuzulassen.
Unser Haus-Eichkater, ein nussbrauner, rastloser Schönling, der absolut keine Angst vor mir hat, dient mir dabei als Gesprächspartner. Der aber wie ein Psychoanalytiker nicht antwortet, sondern nur aufmerksam bei jedem meiner Worte mit schräg geneigten Kopf innehält.

Dabei hätte er genug damit zu tun, seine Wintervorräte zu verstecken. Die zwei großen Hasel-Bäume, die bis hinauf vor das Fenster reichen, hinter dem ich normalerweise schreibe, tragen heuer durch die extremen Dürre-Wochen nicht so üppig wie in den vergangenen Jahren. - Und die Eichhörnchen von der anderen Straßenseite wollen ja auch ihren Teil.

Da er mir wohl vertraut, darf ich auch wissen, wo er überall seine Reserven anlegt. Ganz stolz ist er auf ein Versteck in einem Pflanz-Kasten mit Buchs und Herbst-Sträuchern den meine Frau so erhöht angebracht hat, dass er nur mit scharfem Krallen-Einsatz über den Verputz hinauf gelangt.

Ich schaue ihm stundenlang auf ihn einplappernd zu und versichere ihm dabei auch immer wieder, dass wenn Not an der Nuss ist, der große Dicke mit der beliebten Studentenfutter-Mischung und Obst zum Ratschen durch den Schnee gestapft kommt...
Gouache "Erntedank", Claus Deutelmoser 2016

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