Donnerstag, 9. Mai 2024

Wird Pistorius zum Dajan?

Neues vom "finstersten Spekulanten"

Wenn heute jeder
Hinterbänkler zu Kriegen
wilde Spekulationen
in den Äther
schicken kann, dann
will der Blogger
fortan nicht hintanstehen.
Hier meine neues
Paint-Kolumnen Icon
Nur die Älteren werden sich gerade in diesen unseligen Tagen an den Mann mit der Augenklappe erinnern:  Mosche Dajan, https://de.wikipedia.org/wiki/Mosche_Dajan
Generalstabschef der Israelischen Armee, Held des Sechstage- und beinahe Verlierer des Jom-Kippur-Krieges, Verteidigungsminister und später gescheiterter Oppositions-Politiker könnte ein Beispiel dafür sein, wie sehr Kriegshelden als Politiker  in Friedenszeiten verblassen. Locker angefangen bei Cesar über Churchill bis hin zum Oberkommandeur der Alliierten im WKII, Eisenhower.

In Kriegszeiten gewinnen Verteidigungs-Politiker gerne ein überhöhtes Ansehen beim verängstigten Volk. Seit dem Ampel-Regierungs- und fast gleichzeitigen Beginn des Ukraine-Krieges ist nur ein Minister im permanenten Plus der Sympathie-Werte. Und das ist Boris Pistorius, der Bundesminister für Verteidigung. Er versichert durch seine Sachkenntnis, Hartnäckigkeit und präzise Rhetorik. Dass sich der Kanzler noch zu Friedenszeiten (!) einen derartigen, personellen  Fehlgriff wie Christine Lambrecht geleistet hat, beflügelt bei den Feinden von Olaf Scholz den Verdacht, er hätte einen starken Mann an seiner Seite verhindern wollen. Tatsächlich hinterlässt er ja immer wieder den Eindruck, es falle ihm schwer, seine Politik zu erläutern, während Pistorius mit klarer Kante tatkräftig im Vormarsch erscheint. Vermutlich hinkt mein Vergleich mit dem Verhältnis von Dajan zur Premierministerin Golda Meir. Aber er verdeutlicht zumindest die Probleme, denen sich eine Regierung in Reaktion auf die Aktion ihrer Speerspitze humanitär stellen muss.
Quelle: Jüdische Rundschau
Israels Premierministerin Gold Meir
mit ihrem sperrigen Feldherrn:
Ein zwiespältiges Gespann dem Überleben
Israels verpflichtet


Die Spekulationen, denke ich, die sich aus der Arbeit von Pistorius hinter dem Rücken des Kanzlers ergeben, sind folgende:
1. Bei der nächsten Wahl ist der Krieg in der Ukraine noch nicht zu ende. Dann muss es für die Sicherheit unseres Lande wieder eine Koalition aus CDU/CSU/SPD geben. Das wäre das Ende von Kanzler Scholz, aber eröffnet die Perspektive, dass Pistorius Verteidigungsminister bleibt, und -wie er bereits formuliert hat - den Umbau der Bundeswehr gerne noch abschließen könnte.
2. Stand heute scheint ein Weiterregieren der Ampel unwahrscheinlich. - Es sei denn, der Krieg endete noch in dieser Legislaturperiode, die AfD erhielte den verdienten Denkzettel und die Grünen erstarkten wieder.
3. Pistorius wird Kanzler-Kandidat und befreit damit die SPD derart aus dem Meinungstief, dass auch die Grünen mitgezogen werde. Eine nochmalige Koalition mit der FDP - sollte sie die Fünf-Prozent-Hürde denn überspringen - wird sich wohl keine Partei mehr antun wollen...
Quelle: Südkurier
Dass ausgerechnet die oppositionsnahen Medien
 die K-Frage mit Pistorius jetzt schon "ins Feld führen"
ist nichts als Kalkül, um die Ampel vorzeitig zum Scheitern zu bringen.
Die nächste reguläre Bundestagswahl
wäre voraussichtlich im September 2025


Mittwoch, 8. Mai 2024

Wenn die Rechte zuschlägt

 

Quelle: Kölner Stadtanzeiger
Matthias Ecke: Ein eingeschlagenes Jochbein
und ein Bruch in der Augenhöhle. 
Eine Notoperation war nötig, weil
rechtsverblendete Jugendliche
ihr Mütchen an ihm  kühlen wollten
Wenn einem die Meinung eines anderen nicht passt, darf das nicht dazu führen, handgreiflich zu werden. Mit Entsetzen habe ich vor ein paar Tagen ein Video aus dem Georgischen Parlament gesehen, in dem ein Abgeordneter auf einen anderen in extrem brutaler Weise eindrischt. 
https://www.youtube.com/watch?v=gFXgkq9WrZc. 
Irgendwie war ich erleichtert, dass Deutschland noch nicht so verkommen ist, dass wir uns handgreiflich gegen Putins Infiltration in unserem doch mehrheitlich friedlichen Zusammenleben, wehren zu müssten. Aber dann der Angriff auf den SPD-Kandidaten fürs Europa-Parlament, Matthias Ecke: Vier Jugendliche, die in Vorermittlungen bereits als vom äußersten, rechten Rand beeinflusst gelten, schlagen den Mann beim Anbringen von Wahlplakaten krankenhausreif.

Quelle: Jüdische Allgemeine
Margot Friedländer bei der Gals zur Verleihung
des Filmpreises Lola
Am selben Tag sagte die 103jährige, KZ-Überlebende Margot Friedländer, die immer noch täglich gegen das Vergessen des Holokaust auftritt: "So hat das damals auch angefangen.."

Wer meine Posts schon länger liest, weiß, wie sehr ich befürchte, dass die "Sozialen Medien" vor allem zum Ansporn rechter Umtriebe missbraucht werden. Dass der braune Sumpf nicht nur bei uns, sondern konzertiert von der ganzen Europäischen Union aus schon bis jenseits der Weltmeere schwappt, zeigt dass Putin einen starken, rechten Propaganda-Haken schlägt. Dabei verunglimpft und bezichtig er, der Ober-Faschist, alle - nicht nur in der Ukraine - von Nazis unterwandert zu sein, während die Verfassungsschützer allenthalben die Arbeit seiner "Trolle" und den Fluss der Geldströme zu diesem Zweck aufdecken und zurück verfolgen.

Wenn das Geld in entsprechenden Kanäle der mit den Russen liebäugelnden Parteien fließt, haben demokratisch denkende Menschen eigentlich nur die Macht, genau hinzuschauen und sie dann eben nicht zu wählen. Wenn Prügel-Trupps - wie weiland in Deutschland und Italien - erst einmal mit Knüppeln oder schlimmeren durch die Straßen fegen, wäre es jedenfalls trotz aller Aufklärung zu spät.

Quelle: NS-Zeit-Hanover.de
Wenn sie sich erst wieder feige in Prügeltrupps "aufmandeln",
ist das Volk  durch diese Einschüchterung schon von selbst "völkisch"


Montag, 6. Mai 2024

Was, wenn die Medaille keine Kehrseite hat?

 Wir Deutschen haben es in diesen Tagen wieder einmal nicht leicht. Wir können für die Vereinfachung einer Entscheidung zur Parteinahme zwischen Israel und Palästina ja nicht einfach eine Medaille in die Luft zwirbeln, um dann zu schauen, welche Seite oben liegt. Die Militärs um General Edward Allenby haben nach dem Zweiten Weltkrieg mit wenig diplomatischen Fingerspitzengefühl  einfach mit dem Lineal eine Region für die verfolgten, vertriebenen und überlebenden Juden "abgezirkelt", auf die auch durch Besiedelung seit Jahrhunderten arabischstämmige Sippen (und auch Altchristen) ein Anrecht gehabt hätten.

Quelle: Freepik

Genau genommen werden die Letzteren erst seit 1974 von der UNO weltweit und dann auch von den Deutschen Behörden zur Abgrenzung von den "Israelis" als "Palästinenser" bezeichnet. Hat die Politik damals in einem verklausulierte Antisemitismus wirklich daran gezweifelt, dass Juden in der  Lage seien, gegen die Übermacht sie umzingelnder Feind, einen wehrhaften und zum Überleben fähigen Staat zu manifestieren? Dass die meisten der ehemaligen Alliierten heute für eine Zweistaaten-Lösung für Palästina sind, ist die Erkenntnis, dass diese radikale Schaffung "palästinensischer Verhältnisse" ein Fehler - wenn nicht gar - Unrecht war.

Wer in einem "gepamperten" Nachkriegs-Westdeutschland aufwuchs, dass aus eigener Kraft und ohne Blutvergießen die Wiedervereinigung schaffte, war quasi vom Gewissen her gezwungen, ohne Vorbehalte für den Staat Israel zu sein. Damit hatten sich die Westdeutschen  gewissermaßen auf das Narrativ des Ostblocks eingelassen: Alle Nazis seien ausschließlich aus der neune Bundesrepublik entsprungen, während es die im glorreichen Siegernimbus des kommunistischen Ostens offenbar gar nicht gegeben hatte.

Quelle: Freepik
Die Diskussion dreht sich bei der Frage nach der Schuld oder Unschuld
immer darum, wer überhaupt angefangen und wer dann als Antwort härter zugeschlagen hat.
Arafat und Begin - was hat denn  der ihnen verliehene Friedensnobelpreis
dauerhaft für ein befriedetes "Palästina" bewirkt?

Heute sind jedoch ausgerechnet diese ehemals "Neuen Bundesländer" die Impulsgeber für Neonazis und Antisemiten. Denn in Wahrheit hatten diese dort ungestört die Möglichkeit im braunen Untergrundsumpf Netzwerke zu flechten und Hass zu schüren. Denn es gab ja von der DDR-Staatsraison her hinter der Mauer gar keine Nazis mehr.

Jetzt, in dieser weltweit instabilen Situation, ist es für alle Radikalinskis ein leichtes Spiel, die Konzentration der Regierungen auf andere Gefahren zu nutzen, um die "Achillesfersen von Demokratien" anzugreifen. Und was, wird dabei offenbar?

Die Medaille der Freiheit hat keine Kehrseite: Die "Bildseite" zeigt uns wie das "Revers" Wahrheit und Lügen gleichermaßen. Das Pro und das Contra erreicht uns mit den selben gültigen nur umgedrehten Argumenten.   Es kommt dabei nur darauf an welche Perspektive für die andere Sichtweise gewählt wird. Denn was man auch versucht, diese Medaille ist nicht in der Lage, so stabil auf ihrer "Rändelung" zu stehen, dass man beide Seiten gleichzeitig neutral erörtern könnte. Das  macht  es allen Beteiligten eigentlich unmöglich, zu tragfähigen Kompromissen zu kommen:

Propalästinensisch und antiisraelisch zu sein, ist allerdings nach BGB nur so lange einem freien Denken geschuldet, wie es in unserem Land die Verfassung nicht verletzt oder die Grenzen zur Gewalt beziehungsweise Ehrabschneidung nicht überschreitet. Daher muss für alle Deutsche Bildungsanstalten unbedingt ein verschärftes "Hausrecht" verabschiedet werden: Beim ersten Verstoß - Abmahnung. Beim Zweiten - folgt unwiderruflich Exmatrikulation oder Verweis.

Quelle: www.zdf.der
Wer glaubt denn ernsthaft, es gäbe nach all dem Blutvergießen und den Zerstörungen
überhaupt noch einen Frieden, in dem nicht die nächste,
gezielte Provokation einen neuen Krieg auslöst



Donnerstag, 2. Mai 2024

Katechismus des Kalifats

Quelle: RND
Houellebecq ist als Autor deutlich
erfolgreicher, denn als Sympathie-Träger
Kaum einer wird sich noch an die Skandale erinnern, die der französische Kult-Schriftsteller  Michel Houellebecq vor bald zehn Jahren provoziert hat. Nicht zum ersten Mal, aber dafür in eine Zielrichtung, in der die Empörung und der Erfolg des Buches quasi Garantie war. Was Salman Rushdie mit seinen "The Satanic Verses" in seinem subtil verklausulierten Roman 1988 begann und was ihm die weltweite Fatwa, den Tötungsauftrag der Ayatollahs, einbrachte, toppte Houellebecq mit dem Erscheinen seines Buches "Unterwerfung" (Soumission).

Quelle: Stern
Die Fatwa gegen ihn ist nicht
aufgehoben. Bislang holten
sich die Ayatollahs "nur" sein rechtes Auge

Vorweg meine ganz persönliche Einschätzung als gelernter Buchhändler, die mich - Stand heute - umdenken lässt. Der auf Réunion geborene Michel Thomas firmiert als Schriftsteller unter dem Familiennamen seiner Großmutter und ahnt bald, dass er nur durch provokante Themen zu Bestsellern kommt. Er ist gut darin, ernste Anliegen unserer Zeit in Orgien der Gewalt, angereichert mit detailliert geschilderter Sexualität anzureichern. Seine Titel sind darauf angelegt, bei Lesern ein Unbehagen zu erzeugen, über das sie unbedingt reden möchten. Bis zum vergangenen Wochenende blieb ich standhaft bei meiner Einschätzung, er sei ein "Literatur-Pornograph".

Quelle: Stern
Zwar mit Migrations-Hintergrund als freie Deutsche Bürger geboren,
treibt sie die Sehnsucht nach einem Kalifat auf die Straße

Aber nachdem ich aus den Nachrichten von dieser schrecklichen Kalifat-Demo im Hamburger Stadtteil St. Georg sah und hörte, musste ich unbedingt noch einmal in meinen Daten kramen. Vermutlich war ich damals einer der Wenigen, die nicht tolerant genug waren, um das Machwerk nicht zu verabscheuen. Ich stellte mir die Frage: Was, wenn tatsächlich unsere Gesellschaft islamisiert würde und charismatische Führer unsere so empfindlichen Demokratien in Richtung Kalifat umpolten. Alles auf der Welt hatte sich doch durch "Nine Eleven"  so dramatisch verändert.

Ich habe in den 1980ern eine ausführliche Reportage in Wort und Bild über das Französischen  Übersee-Département La Réunion veröffentlicht. Abgesehen von der permanenten Bedrohung durch Vulkan-Ausbrüche erschien mir dieses friedliche Konglomerat aus allen entspannt miteinander umgehenden Welt-Religionen als Muster für die "Insel der Glückseligkeit". Einer der dort so aufgewachsen ist, kann doch beim Schreiben keine derartige Radikalität entwickeln. Aber was weiß ich schon über die Kulturschocks, die einem die Multikulti-Viertel von Paris versetzen können. Ich erlebte die Metropole ja nur im Zentrum als meine Lieblingsstadt.

Ganz wollte ich die "Unterwerfung" nicht noch einmal lesen, aber ein guter Exzerpt reichte mir, um zusammen mit den Meinungen und Analysen zu der Demo in St. Georg zu einer völlig neuen Einschätzung zu kommen. Ist es nicht tatsächlich so, dass dieser liederlich  und unsympathisch auftretende Houellebecq mit seherischer Gabe eine Anleitung, gewissermaßen einen Katechismus, zur schematischen Islamisierung einer Demokratie bis hin zum Kalifat verfasst hat?

Hier eine Zitat aus Wikipedia:

Die Handlung spielt im Jahr 2022 in Frankreich. Ein charismatischer muslimischer Politiker, Mohamed Ben Abbes, schart immer mehr Wähler um sich. Die sozialistische Partei (PS) und die Konservativen gehen ein Bündnis mit Ben Abbes ein, um den Aufstieg des rechten Front National (FN) unter Marine Le Pen zu verhindern. Ben Abbes wird Staatspräsident, ändert die laizistische Verfassung, führt die Theokratie, die Scharia, das Patriarchat und die Polygamie ein.[4]

Hauptfigur und Erzähler François ist ein Literaturwissenschaftler Mitte vierzig, Trinker und frühzeitig gealtert. Er hat über den Autor Joris-Karl Huysmans promoviert und publiziert, und er lehrt an einer Pariser Universität. Seine Beziehungen zu wesentlich jüngeren Frauen, meist Studentinnen, sind regelmäßig auf ein Jahr befristet, dann verlassen sie ihn mit der Erklärung, „jemanden getroffen“ zu haben. Trifft er sie später einmal wieder, stellt er regelmäßig fest, dass sie gealtert und vereinsamt sind. Als die Romanhandlung einsetzt, ist François gerade wieder Single, hat aber noch losen Kontakt zu seiner Exfreundin Myriam. Diese teilt ihm allerdings mit, dass ihre Familie angesichts der Ereignisse in Frankreich nach Israel auswandern wird. https://www.google.com/search?gs_ssp=eJzj4tbP1TcwNMo1LbYwNGD04inNK0ktKk8tSivNSwcAargIpQ&q=unterwerfung&rlz=1C1VDKB_deDE1082DE1082&oq=Unterwerfung&gs_lcrp=EgZjaHJvbWUqEAgCEC4YgwEY1AIYsQMYgAQyEAgAEC4YgwEY1AIYsQMYgAQyEggBEEUYORiDARjjAhixAxiABDIQCAIQLhiDARjUAhixAxiABDIHCAMQABiABDIHCAQQABiABDIMCAUQABgUGIcCGIAEMgcIBhAAGIAEMgYIBxBFGEHSAQkxNzAzNGowajeoAgCwAgA&sourceid=chrome&ie=UTF-8

Während der Nachrichten meinte meine Frau wutschnaubend, "dann müssen die halt alle raus, oder sie schwören explizit auf unsere Verfassung."

Dass sie dabei mitten hinein in die Programmatik der AfD geriet, merkte sie erst einen Moment später. Tatsächlich ist, ein Kalifat anstelle der Demokratie zu fordern, allein noch nicht strafbar und verfassungswidrig und obliegt der freien Meinungsäußerung. Und derartige Krakeeler auszuweisen, scheiterte bei den meisten dieser Teilnehmer allein schon daran, dass es sich um in Deutschland geborene, unzufriedene Jungwähler handelt, die unter anderem Angst vorm weiteren Erstarken der Rechtsnationalen haben.

Es bringt auch nichts, die Ursachen weiterhin auf die Bildungs-Mangeljahre während der Pandemie zu schieben. Neben dem desolaten Zustand unserer Schulen ist vor allem der Mangel an Vermittlung neutraler politischer Bildung evident. Wenn Religionen derartige "Sprengsätze" enthalten, müssen die Lehrpläne - zumindest an weiterführenden Schulen - um allgemeine Religionswissenschaften als Hauptfach ergänzt werden. Dass Laizismus auf Dauer vor falschen Auslegungen nicht schützt, erlebt die Welt ja gerade an den Beispielen Frankreich und Türkei. Es erstaunt mich immer wieder, dass ausgerechnet die mit einer gesicherten Staatsbürgerschaft ausgestatteten Kinder von Migranten aus Regionen mit unterschiedlichsten Interpretationen des Korans - wie Palestina, Syrien, Irak, Afghanistan Pakistan und Persien - zu einer besonderen Radikalität neigen.


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Dienstag, 30. April 2024

Kindermund tut Spionage kund

Fortsetzung vom 28. April:

Das von Spionage umwobene "Dienstreihenhaus"
in München-Bogenhausen

Markus Wolf 2006 in einem 
denkwürdigen Interview mit dem WDR
 Ist es statthaft erfolgreiche Spione als Helden zu feiern? Am Leipziger Platz 9 in Berlin können Interessierte das "Deutsche Spionage-Museum" besuchen, wo die Helden der Schattenwelt ausführlich dokumentiert werden. An der Schnittstelle des Kalten Krieges hing doch der Status des geteilten Berlin nicht selten mit der Gefahr eines unmittelbaren atomaren, Dritten Weltkrieges zusammen. Als Guillaume seinen Kanzler verriet, war das spionagetechnisch die absolute Meisterleistung. Der Architekt der DDR-Auslandsspionage war Markus Wolf, ein eloquenter Intellektueller, mit der schriftstellerischen Begabung seines Vaters und einem Talent für den Rundfunk ausgestattet. Als linientreuer Kommunist war er der Gegenspieler des ranghohen Nazi-Offiziers Reinhard Gehlen, der die westdeutschen Geheimdienste strukturierte und koordinierte. An beiden Personalien wird die Absurdität dieses Berufszweiges besonders deutlich. Verrat als Arbeitsmodell wurde auf der ganzen Welt meist mit dem Tode bestraft. Reinhard Gehlen konnte mit dem Segen der Alliierten gleich effektiv für den  Westen weiter machen, während Markus Wolf sich nach dem Fall der Mauer und einer Odyssee durch den Ostblock von Glasnost und Perestroika in die Arme der wieder vereinten Deutschen Justiz getrieben fühlte. Die verurteilte ihn 1993 zu nur sechs Jahren, was Gehlen vermutlich in seinem Grab hätte rotieren lassen. Der  bereits 70jährige musste keinen Tag einsitzen. Er verstarb mit 83 Jahren friedlich in der Bundeshauptstadt (!) Schon 1995 war aber die Grundsatzentscheidung schon gefallen, DDR-Spione nicht länger strafrechtlich zu verfolgen...

So glücklich und dankbar ich als Niemand der Zeitläufte heute bin, das alles noch erlebt zu haben.  Ich muss doch noch davon erzählen, wie es in den 50er und 60er Jahren - ja bis hinein in in meinen Reporterjahre war, mit der Angst zu leben, bespitzelt zu werden.

Ob zu fünft im Käfer durch den eigentlich
damals noch gesperrten  Balkan, Ob zu viert
in die Türkei und nach Persien: Der kleine,
blonde Spion schnappte immer auf, was er nicht hören sollte
Lektion 3: Trotz seines Status als bedingter Geheimnisträger und trotz der Nachbarschaft ließ sich mein Vater nie von seinen damals noch abenteuerlichen Reiseplänen samt Familie abbringen. Schon 1956 ging es minutiös geplant, damals noch von Hamburg aus, in die Türkei, vier Jahre später sogar bis nach (ehemals) Persien. 1964 in die damalige Tschechoslowakei. Diese Reisen mussten angemeldet und genehmigt werden, was zu bizarren Begegnungen aber auch lebenslangen Bekanntschaften in Ländern führte, zu denen es ansonsten keinen Kontakt gab.
So speiste die gesamte Familie in Sofia, der Hauptstadt des streng stalinistischen  Bulgarien (durch das wir nur in von Militärs bewachten Konvois fahren durften) beim Amerikanischen Konsul. In Istanbul erwartete uns bei der ersten Reise ein "alter Bekannter" im Hotel. Beim zweiten Aufenthalt waren wir zu Gast in der Familie eines Hochrangigen Türkischen Verbindungs-Offiziers zur NATO.  Auf der Rückreise wurde mein Vater in Ankara auf der Botschaft getadelt, weil wir ein paar Tage hinter dem von ihm eingereichten Zeitplan her hinkten.
Erst als es nach meiner Konfirmation im Frühling nach Prag ging, machte ich mir erstmals  einen Reim auf die Zufälligkeit solcher Begegnungen. Ich war auf der Kleinseite an der Moldau unter blühenden Bäumen zum Fotografieren mit meiner neuen Kamera unterwegs. Da war ich noch ein Fan selbst entwickelter Schwarzweiß-Fotografie und schraubte daher ständig für weitere Aufnahmen an der Belichtung herum. Ein älterer Herr äußerst gepflegter Erscheinung sprach mich von hinten in einem Deutsch an, das Robert Musil vermutlich als kakanisch beschrieben hätte. - Jahrzehnte später hätte ich die einkreisenden Fragen, die er mir stellte, sofort einordnen können. Er erzählte über sich, um dann blitzschnell offenbar aus einem speziellen Wissen heraus, Fragen zu Details unserer Reise zu stellen, die ich aber zuvor gewiss nicht preisgegeben hatte. War er nun Freund oder Feind gewesen? Ich traute mich nicht, meinen Eltern von dieser Begegnung zu erzählen. aus Angst ich könnte etwas unbewusst verraten haben. Oder hatte er mir in Kenntnis von der Stellung meines Vaters Hinweise auf den sich anbahnenden politischen "Prager Frühling" gegeben. Es war jedenfalls der Beginn meiner latenten Paranoia, denn kaum zuhause angekommen, bombardierten mich auch die Eltern meiner Spielgefährten mit Fragen über Prag und das, was ich sonst noch im Land gesehen hätte.

Lektion 4: Die Häuser-Reihe uns gegenüber jenseits der großen Spielwiese  wurde direkt neben  den beiden Häusern des Konsuls von einem US-Spitzenagenten bewohnt, der durch eine Serie einer deutschen Illustrierten öffentliche Berühmtheit erlangte. Der in Deutschland geborene und als Jude noch rechtzeitig 1938 emigrierte Nachrichten-Offizier war mit der "Operation  Greenup" beauftragt worden. Mit seinen Kameraden, die allesamt per Fallschirm in den winterlichen Ötztaler Alpen abgesetzt worden waren, sollte er Bahnlinien zerstören, den Bau von Hitlers "Alpenfestung" behindern und gegebenen Falles dort festgehaltene prominente Geiseln befreien. Tatsächlich gelang es ihm noch, nachdem er bereits gefangen genommen, gefoltert worden war und beinahe schon auf den Erschießungstod gefasst war, dass ihm Innsbruck von den beängstigten Nazi-Statthaltern als "frei Stadt" übergeben wurde. Die Behauptung er, habe Deutschland nach dem Krieg nie wieder besucht, stimmt also - aus welchen Gründen auch immer, - nicht. Seine beiden kleinen Töchter aus einer Ehe mit einer Filipina versuchten uns einmal hinter unserem Haus gepflückte Blumen an unserer Vordertür zu verkaufen. Früh krümmt sich, was ein Häkchen werden will.

Die Häuser neben seinem wurden von den Männern der Konsulatswache bewohnt. Alles  hoch dekorierte "Ledernacken", die gerne ihren Frust an mir als hoch aufgeschossenen blonden "Nazi-Boy" mit Jiu Jitsu-Würfen abarbeiteten. Allerdings war ich dann mit 14 doch schon so groß, und schwer, dass ich ihre Ansätze mit abgeguckten Gegengriffen kontern konnte. Woraus sich eine Art freundschaftliche Beziehung ergab. Auch weil ich schnell zu einem Meister an ihrem Grill  wurde und bei den Gelagen manches erfuhr, was möglicherweise der Geheimhaltung oblag. Meine Fertigkeiten am Grill waren  aber auch bald nicht mehr geheim, und so wurde ich auch mit stattlich Trinkgeld in Dollar belohnt der Party-Griller des jüdischen US- General-Staatsanwaltes für Europa. Dessen beide Töchter, die mir alljährlich Valentins-Karten schickten, hatten ein Auge auf mich geworfen. Ihnen wurde aber in dem Moment der Umgang mit mir verboten, als meine erste große Liebe in der "Housing Area" bekannt wurde. Die war eine winzige "Afro-Eurasierin". Ihr schwarzer Vater war Funktechniker, ihre chinesisch stämmige Mutter Dechiffriererin. Entsprechend misstrauisch waren sie mir gegenüber.

Lektion 5: Und dann waren wir plötzlich alle "erwachsen", und die geheimen Verbindungen ließen mich trotzdem nicht los. Als ich ein Interview mit Valdemar Cierpinski, dem Marathon-Olympiasieger von Montreal und Moskau für meine Serie "Die Kehrseite der Medaillen" machen wollte, wurde mir das Journalisten-Visum für die DDR verweigert, weil ich mich angeblich bei den Olympischen Winterspielen von Innsbruck 1976 mehrfach zu abfällig über ihre Athleten geäußert hätte.
Das von der DDR-Führung
verhindert Interview:
Doppel-Olympiasieger
Waldemar Cierpinski
Quellen: Laufen 57
und Stadtsportbund Halle Saale

Mein erstes US-Journalisten-Visum bekam ich übrigens auch nur durch die Fürsprache unseres früheren Konsul-Nachbarn. Und dann hatte ich bei meinen Ostasienreisen mehrfach das Gefühl, ich sei ins Spektrum der CIA geraten. Merkwürdige Typen stellten mir an merkwürdigen Orten merkwürdig strukturierte Fragen. Aber da war ich wohl nicht mehr die "Person of  Intrest". Es lag wohl daran, dass ich bei einer Reise über Indonesien,  und die Philippinen bis nach Hongkong meinen Lieblingsschwager dabei hatte. Der wiederum hatte später bei einer Familienfeier scheinbar harmlos preis gegeben, er arbeite für die "Bundesvermögensverwaltung". Da fiel es meinem Vater und mir wie Schuppen von den Augen: Mein Vater war ja der Leiter der Bundesvermögensstelle gewesen. Über seinem Büro in der Kaufinger Straße hatte die Bundesvermögensverwaltung auch eines, Nur wussten wir, die "Vermögensverwaltung" war einer der Tarnnamen für die ansonsten in Pullach angesiedelten Dienste... 

Sonntag, 28. April 2024

Wir sehen was, was ihr (noch) nicht wisst...

Quelle: Wikipedia
Guillaume, der "Kanzler-Flüsterer"
Kinder, wie die Zeit vergeht! In der vergangenen Woche war nicht nur der 50. Jahrestag der Aufdeckung der Guillaume-Affäre, die Kult-Kanzler Willy Brandt vor der Zeit zum Rücktritt zwang (Auch für Zeitzeugen ein Wiedererkennungswert in der Mediathek der ARD). Gleichzeitig wurde auch noch eine Hand voll Spione aufgescheucht, die im Verdacht stehen, gegenwärtig entweder für China oder Russland zu arbeiten. Nicht verwunderlich, dass dabei die bei Neo-Nazis so populäre AfD wieder einmal in den Fokus geriet.

Witzig ist allerdings, dass sich Deutschland, das aktuell mindestens drei "Geheimdienste" unterhält, von denen auch mäßig Interessierte wissen, sich sogleich empört, als täte es so etwas nicht. Vor allem wenn der Jetzt-Kanzler gerade zum Wohle der Wirtschaft bei dem möglicherweise bald wieder als "Reich der Mitte" zu bezeichnenden Handelspartner Nummer Eins weilt.

Jiang Zemin wurde nach seiner
Zeit als Bürgermeister
 von Shanghai Nachfolger
 von Deng Xiao Ping
in fast allen von dessen Ämtern.
Er starb 2022.
Kann ich mich als China-Experten bezeichnen, weil ich dort exakt zur Zeit der Wirtschaftsliberalisierung den zweiten Langnasen-Führerschein (驾照Jiàzhào) gemacht habe? Absolut nein! Aber immerhin habe ich mit dem kommenden Polit-Superstar und späteren Vorsitzenden des Zentralrats Brüderschaft getrunken. 1986 - das kann ich zusichern - hatte der ganz andere Vorstellungen vom "Wandel durch Annäherung". Den Begriff konnte er übrigens auf Deutsch zitieren.

Als Reporter war ich nie in Russland und in dessen Einflussbereichen, weil ich für die Reisezeitschrift, die ich verantwortlich redigierte das Credo ausgegeben hatte, nur von Reisen durch die "Freie Welt" zu berichten. Welche Geschichtsbücher und Politanalysen ich auch las, ich bin dem "Wesen des Bären" nie auf die Spur gekommen. Aber ich habe miterlebt, wie die Neureichen des dortigen "Turbo-STAMOKAP" (Staatsmonopolistischer Kapitalismus) in den europäischen Skigebieten mit Geld um sich schmissen und dabei die Preise und die Benimmregeln veränderten. Das könne nicht gut gehen, dachte ich schon damals ganz für mich.

Bin ich denn ein Kenner der Deutschen Geheimdienst-Szene? Jetzt kann ich es ja sagen: Ja, von klein auf. Die Leute auf die ich abhebe und von denen ich auch später welchen bei meiner Arbeit begegnete, waren zum Beispiel Nachbarn.
Und das kam so: Als mein Vater zum Leiter der Bundesvermögensstelle nach München berufen wurde, bekamen wir im Nobelviertel Bogenhausen eine großzügig große Dienstwohnung in einer Reihenhaus-Siedlung zugewiesen, in der Amerikaner vom Konsulat und hohe Offiziere wohnten. Der General-Konsul wohnte uns gegenüber jenseits der Spielwiese gleich in zwei Häusern, weil er elf Kinder hatte.

Neben uns zogen nach und nach weitere Deutsche Beamte  und Dienstränge in die vom US-Personal frei gemachten Häuser:

Lektion 1: Agenten sterben nicht einsam. Wenn sie gut sind, bekamen sie damals so ein Altersdomizil, das heute im renovierten Zustand fast 3000 Euro Miete kostet. Die "Agenten" hatten nicht nur Ehefrauen sondern auch Kinder. Das war der Schachpunkt dieses Wohnkonzeptes. Denn Kinder, die bald mehrsprachig kommunizieren, bildeten schnell über Nationalitäten hinweg eine Art "Fünfte Kolonne" und bekamen durch Hörensagen oft mehr mit, als den  Eltern und den Behörden wohl lieb sein konnte.

Lektion 2: Bis ich aufs Gymnasium kam, waren alle Eltern von uns Kids enttarnt. Unmittelbar neben uns wohnte ein ausbildender Führungsoffizier des MAD (Militärischer Abschirmdienst). Er hatte Sohn und Tochter etwa gleich alt.

Zunächst als Nazi-Spion von
den Alliierten dingfest
gemacht, wollten die dann
alles von ihm lernen:
Reinhard Gehlen, Begründer
der "Organisation Gehlen"
in einer Zeit, als Spione 
noch aussahen wie solche

Neben denen wohnte ein betagtes Mitglied des Deutschen Hochadels und Weggefährte von Reinhard Gehlen, dem Chef der Spionage-Abwehr. Da waren Kinder - wenn es welche gab - vermutlich schon aus dem Haus. Noblesse oblige - mit denen gab es so gut wie keinen nachbarschaftlichen Kontakt. Neben den Blaublütigen wohnte ein Spezialisten-Ehepaar mit slawischem Hintergrund. Die hatten zwei erwachsene Söhne und einen in meinem Alter, mit dem mich eine fast lebenslange Freundschaft und später eine berufliche Zusammenarbeit verband.  Daneben wiederum wohnte ein ganz junges Paar mit drei ganz kleinen Kindern, die von uns nicht "enttarnt" werden konnten, weil es eben keine  "Ansprechpartner" beim Spielen gab. Die restlichen beiden Häuser wurden von Spezialisten mit einschlägigen Fähigkeiten bewohnt. Der übergriffige Bundeswehroffizier mit zwei etwas älteren, weiblichen Teenies und einem nahezu erwachsenen Sohn hatte offenbar nicht nur ein Alkohol- sondern auch ein Führungsproblem. Am spannendsten für uns Kids - besonders an Silvester und am Independence-Day war jedoch ein Sprengstoff-Spezialist im letzten Haus der Reihe. Er hatte nicht nur eine Teenie-Tochter, die so hübsch war, dass sie Knaben-Träume beflügelte, sondern auch einen Bruder, der obwohl er älter war, gerne auf der Wiese zwischen den Häuserreihen Fußball oder Football mit uns spielte. Sein Vater war fähig, aus für uns unsichtbaren Zutaten in leeren Gurken-Eimern farbige Explosionen oder spannende bengalische Effekte zu erzeugen.

Fortsetzung mit den Lektion 3 bis 5 am Mittwoch, dem 1.Mai...

Der Tanz mit Agenten-Kindern:
Der Autor mit der 
unerreichbar schönen Nachbarin



Nur immer gut nachschauen, meinte Mutter,
was der Sprengstoff-Experte
da so für Partys zusammen mischte

Donnerstag, 25. April 2024

Das Ich nicht über das Wir stellen?


Quelle: pixabay
Die Umkehrung des "Souveräns" durch manipulative Politik

Manche Sätze kommen so wohlfeil daher, als kämen sie aus einem Manifest. So haben sie eine zeitverzögerte Wirkung, die einen zu spät drüber nachdenken lässt, ob sie überhaupt in den persönlichen Kontext passen. Ich kann mich deshalb nur noch schwach daran erinnern, aber ich glaube es war unser aller Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Von dem denke ich, dass er gemessen an seinen Ministerämtern, wohl den politischen Einfluss beim Repräsentieren vermisst. Vielleicht zwingen ihn aber auch die wirren Weltverhältnisse dazu, sich immer mehr als "Bundes-Außen-Präsident" zu sehen, Das tatsächlich im Kontrast zu den mädchenhaften Auftritten unserer jungen Außenministerin.

Quelle: deutschlandfunk.de
Zar Putin bei Steinmeier 2017 zu Gast
in der Deutschen Botschaft Moskau
im Hintergrund Außenminister Lawrow:
Repräsentieren gegen Allmachtstreben
"Das Ich nicht über das Wir stellen!", hat er seine Zuhörer bei dem mir leider nicht mehr so präsenten Auftritt aufgefordert. Großartige Umschreibung für den Begriff Solidarität dachte ich zunächst. Dann sprang in den letzten Tagen die Studie zur Befindlichkeit der jungen Deutschen in die Schlagzeilen. Gebeutelt und isoliert von Korona und seit Ausbruch diverser Schattenkriege bombardiert mit beinahe ausschließlich beängstigenden Nachrichten. - Auch was ihre wirtschaftlichen Aussichten angeht, sollte es doch wieder einmal Frieden geben. Sorgen die sich dann nicht verständlicher Weise erstmal allein ums Ich? Weil sie den eingefahrenen, politischen Systemen nichts mehr zutrauen, treibt sie das an, ihre Stimmen vorrangig einer Partei zu geben, die in schöner Regelmäßigkeit beschuldigt wird nicht konform mit unserer Verfassung zu gehen und in der Umstürzler agieren und die Spionage aus China und Russland unterstützten.

Quelle: alphaPROF
Wenn der Geschichtsunterricht an unseren Schulen zumindest ein Befriedigend bekommen hätte, könnte ein ehemaliger Gymnasial-Geschichtslehrer im Range eines Oberstudienrate nicht in Thüringen als Kandidat für den dortigen Ministerpräsidenten im Wahlkampf ungestraft mit Naziparolen schwadronieren. Hatten doch gerade die Nazis von jungen Menschen, die zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl sein sollten doch hunderttausendfach verlangt, sich mit hintangestelltem Ich für das Wir einer verwirrten Elite in verbrecherische Schlachten zu stürzen und  - zu opfern... 
Das Wir über dem Ich kann verflucht mitreißend sein...
Je länger ich über die Überschrift zu diesem Post nachdenke, desto mehr bin ich überzeugt, dass gerade die Politik diese Opferbereitschaft  nicht explizit wieder unterschwellig von den Menschen in hehren Reden verlangen sollte. Wer jemanden auffordert sein Ich nicht über das Wir zu stellen, muss das bedingungslos vorleben. Besser wäre eine generelle Stimmung im Land, bei der es jedem aus innerer Überzeugung und auch ganz freiwillig leicht fällt, sich für das Wir stark zu machen.

Diese Stimmung haben wir zur Zeit ganz gewiss nicht.

Dienstag, 23. April 2024

Dystopische Utopien versus utopische Dystopien

 

Quelle: fototapete.de
Mit Laser-Schwertern in der Hand, wird der Krieg der Sterne wohl kaum gebannt

Es gibt wohl kein Metier, das den wesentlichen Charakterzug des Homo sapiens mehr entlarvt, als das Schreiben oder Filme Machen über eine Welt, wie sie in Zukunft sein könnte. Von Jules Verne über George Orwell bis hin zu Frank Herbert, Stanislaw Lem und Stanley Kubrick. Die Menschheit bleibt auch in den galaktischen Welten weiter so brutal und herrisch, wie sie in Gene Roddenberrys und George Lukas' Epen "Star Trek" und "Star Wars" auf Basis der realen Historie vor exerziert wurde:
Gleich nach dem Entdecken "neuer Welten" geht es sofort ums Erobern und Unterwerfen, Dann folgt die Ausbeutung, und letztlich sinnen die Unterworfenen und Ausgebeuteten nach Rache unter dem Vorwand, eine Freiheit wieder zu erlangen, die sie ja auch vorher als Individuum nie hatten.

Quelle: Hellenic Word Index
Selbst wenn Science Fiction unter dem Deckmantel von Fantasy auftritt, ist sie niemals lieb und sinnlich, sondern rauscht meist surfend auf einer Welle von Gewalt und Blutvergießen dahin. Der Mensch als Gattung folgt also stets einer Blaupause, in der der Krieg wirklich der "Vater aller Dinge" zu sein scheint. Heraklit von Ephesos, der griechische Philosoph, hat dies angeblich 520 v. Chr. - also selbst noch vor Sokrates - derart ultimativ erdacht.

Tatsächlich hat jeglicher Krieg die Menschheit jeweils aus ihren Trümmern wieder ein Stück weiter voran gebracht. Bis die Atom-Bomben auf Hiroshima und Nagasaki stürzten. Der "atomare Schreckensfrieden" zwischen den Großmächten hat aber bis heute nicht dazu geführt, dass nicht kleinere, gemeinere und keineswegs weniger blutige Auseinandersetzungen stattgefunden hätten; nicht selten sogar innerhalb einer Nation...

Jeglicher dieser sogenannten Stellvertreterkriege birgt in sich stets das Potenzial, für einen großen, alles vernichtenden atomaren Flächenbrand. - Also eines Krieges, nach dem wohl niemand mehr die  "Vaterschaft" kommender Dinge übernehmen kann, weil es dann für die Menschheit keine Zukunft mehr gibt.

Quelle: Vecteezy
Von Gaza und Irak zur Ukraine und nach Myanmar: Sind dies schon Stellvertreterkriege,
die uns auf die Apokalypse vorbereiten sollen?

Den Machtlosen bleibt da nur, hilflos staunend, zuzusehen, wie unsere Erde, die wir ja ohnehin schon durch unsere Lebensstandards und das industrielle "Wachstum auf Teufel komm raus" grenzenlos geschädigt haben,  zu einem Spielball wird, dem die Luft ausgeht.

Hat das Unterhaltungswert? Offenbar schon! Sonst würden gerade im Angebot aller Streamingdienste nicht Dystopische Utopien und utopische Dystopien überhand nehmen. Selbst in animierter "Fantasy" zerfetzen sich die gezeichneten Zappelfiguren mit allem was KI und die Computer technisch zur Umsetzung hergeben.

Quelle: Overwatch 2
Es ist macht keinen Unterschied, dass die sich im Chaos bekriegenden Elemente
 nur gezeichnet und animiert sind

Wenn die Unterhaltung aber nur noch die gewaltvolle Auseinandersetzung propagiert und offenbar unattraktive friedliche Lösungen als quasi unmöglich darstellen, was wird dann aus dem Weltbild unserer Kinder?  War die Friedensbewegung der vergangenen "Nachkriegsjahre" denn wirklich so naiv?

Dystopische Schilderungen aus einer ungewissen Zukunft  sollten doch wohl eher dazu aufrütteln, solche Verhältnisse nicht zuzulassen. Und wenn Weltfrieden auch in Zukunft nichts als Utopie für die Machtlosen sein wird, wäre doch für ihn zu kämpfen, erst recht absurd.

Interessant ist unter diesem Gesichtspunkt, dass Sprachforscher jüngst einen positiven Trend, bei der Einordnung des Begriffes Utopie entdeckt haben wollen:

Das Denkmodell
des Thomas Moore
sah Utopia als Insel
Definition: Was ist "Utopie"?

Eine Utopie (altgr. "ou": "nicht" und "tópos": "Ort", also "Nichtort") ist eine mögliche, gewünschte oder erträumte Lebensweise, Weltanschauung respektive Gesellschaftsordnung, die sich an einem anderen Ort, in der Zukunft oder in der Fiktion entfaltet. Im namensgebenden Roman "De optimo rei publicae statu deque nova insula Utopia" ("Vom besten Zustand des Staates oder von der neuen Insel Utopia") von Thomas Morus aus dem Jahre 1516 ist Utopia eine Insel mit einer idealen Gesellschaft.

Quelle: pinterest

Montag, 22. April 2024

Nachlassen beim Nachlass

 Vor ein paar Wochen ist der Bruder meiner Frau gestorben. er war eher ein Eremit und Einzelgänger, weshalb ich ihm nie besonders nahe stand. Umso mehr belastet sein Ableben meine Frau, die sich mit ihren beiden Schwestern und den Nichten um die Hauhaltsauflösung kümmern muss.
Die Familie meiner Frau ist im Jahre 1960 von Berlin in die Dienstwohnung meines Schwiegervaters nach München gezogen. Seither hat mein Schwager - mit Ausnahme arbeitsbedingter Aufenthalte woanders - sein Leben lang dort gehaust . Er hat weder nach Todesfällen noch seinem Geschmack folgend für sich allein je etwas an dieser Wohnung und ihrer Einrichtung verändert. Was sich da in beinahe 64 Jahren  an Wert und Krempel anhäuft, kann sich einer nur schwer vorstellen.

Ich bin in so einem Fall eher zum Nachlassverweigerer als  zum Nachlassverwalter geeignet. Als mein Elternhaus ausgeräumt werden musste, habe ich das eiskalt meiner Frau und einer meiner Schwestern überlassen. Was ich mir später nie verziehen habe, weil ich sie zum Schutz meiner eigenen Befindlichkeit ungeschützt der Raffgier und Rachsucht des Schwagers überlassen hatte.

Ich hab eindeutig Probleme mit persönlichen Hinterlassenschaften und Orten, die mein Leben zeitweise bestimmt haben.. Ich kann sie nicht betreten oder gar besuchen, ohne in den Kokon einer Zeitreise rückwärts eingewoben zu werden. "Lost Places" stürzen mich in depressive Erinnerungen, die mich dann ewig lang nicht loslassen. Ich habe den Wohnort meiner Eltern nach deren Tod nie wieder besucht. So wie ich auch nie wieder an Wohnungen und Häusern, die uns mal gehört haben, vorbei fahren möchte. Ganz schrecklich wird es bei Dingen, die von der Familie einst gemeinsam geschätzt wurden oder die von ihren Sammelleidenschaften zeugen. Diese  posthum ebenso zu schätzen, ist mir nahezu unmöglich. Ich bin absolut unfähig angesichts eines Nachlasses loszulassen.

Meine Frau und ich am 1.Januar 1976 frisch verheiratet
im verschneiten Garten des Elternhauses.
Viel zu schöne Erinnerungen, um sie von einer anderen Realität trüben zu lassen

Mein Schwager war bis einige Jahre vor seinem Tod ein derart extrem starker Raucher, dass sein komplett auf Nichtraucher umgeschwenkter Arbeitgeber ihm sogar bis zu seiner Pensionierung für sein Büro eine Sondererlaubnis zum Paffen erteilt hatte. Und er trank gerne Pils aus sogenannten "Tulpen". Meine Frau hat seine Sammlung kuriosester Feuerzeuge in unsere Wohnung mitgebracht und in unserem Gläserschrank stehen jetzt ein paar der schönsten Pils-Gläser die die namhaftesten Brauereien jemals herausgegeben haben.

Zum Davonschwimmen!
 Meine an die 30 Lock-Enten waren einmal groß in Mode
und sehr teuer. Nun kräht kein
Hahn mehr nach ihnen

Ich rauche schon seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht mehr, aber an und mit den Pilsgläsern arbeite ich meine Nachlass-Phobien jetzt doch gerne etwas ab. Aber dabei wird mir plötzlich auch klar, dass unsere Kids ja bald vor dem gleichen Dilemma stehen.
Ich ahne schon , was für eine Zumutung meine Hinterlassenschaft für sie sein wird: Was passiert mit meinen über hundert Gemälden und Grafiken? Was geschieht mit meiner fotografischen Hinterlassenschaft, den tausenden Dias von meinen Reportagen aus einer untergegangenen Welt, die noch nicht digitalisiert sind? Oder  - wenigstens überschaubarer - mit meiner Enten-Sammlung und den venezianischen Gläsern, die wir unbedingt haben mussten und die so viel Geld "verschlungen" haben?
"Going digitally" führte zu einem Bruch beim Erinnern.
Was wird aus all meinen Fotos, die ich nicht mehr digitalisieren kann?
Mehr als 10.000 Dia-Unikate von den Reisen meiner Eltern landeten leider  achtlos im Müll



Aber dann leuchtet vor lauter "Besinnungslosigkeit" endlich das helle Licht am Ende meines Tunnels finsterster Ahnungen:

...Ist doch komplett scheißegal! Denn ich bin ja dann sowieso nicht mehr. Sollen die, die bleiben. sich den Kopf darüber zerbrechen.
Mein geschätzter Freund im Alter, der geniale, international ausgezeichnete, erfolgreiche Kameramann wollte seine Memoiren noch verfassen. Jetzt müssen seine Filme, seine Kreativität, bei denen für sich selbst sprechen, die den Vorspann lesen oder beim Abspann nicht gleich umschalten.

Der Kameramann des cineastischen
Meisterwerks "Der Junge Törless":
Franz Rath, im Gegenschuss
beim "Cena in Piazza"


"He was not going digitally", hat er immer wieder gesagt. Das zumindest habe ich ihm voraus. Meine mehr als tausend Posts auf den drei Blogs wären für die elektronische Ewigkeit, wenn sich denn meine Nachkommen um meine digitale Hinterlassenschaften kümmerten. Es sei denn, sie verpuffen beim Einschlag einer von Putins angedrohten, taktischen Atomwaffen. Aber dann war's das wohl auch mit dem, was die Menschheit in ihrer kurzen Geschichte auf Erden der Welt hätte hinterlassen können...

Donnerstag, 18. April 2024

Gendern weiter im Schlendern

Quelle: Gesellschaft für Deutsche Sprache

 O je! Erst schafft der Bayrische Landes-Übervater Marcus Söder das Gendern behördlich ab. Dann riskieren Niedersachsens Abiturienten gerade eine schlechtere Note, sollten sie Sternchen und Unterst
riche dafür in ihren schriftlichen Prüfungen verwenden. Ist das ein letzter Versuch der christlich sozialen Machos, die ja auch das Recht der Frau auf Abtreibung weiter einschränken und behindern wollen, das weibliche und "andere Geschlechter" wieder mehr ins Abseits zu rücken?

Seit den 1960ern schlendert die Bestrebung, die Deutsche Sprache zu gendern bis heute so dahin. Was man in dieser Beziehung zu lesen oder hören bekommt, geschieht alles auf freiwilliger Basis ohne gesetzliche Grundlage. Lediglich ein Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 10. Oktober 2017 sichert Betroffenen den Eintrag eines dritten Geschlechts im Geburten-Register zu (1BVR 2019/16).

Als männlicher Blogger habe ich mich stets bemüht, diesem um sich greifenden Gendern zu folgen oder beim Texten Begriffe mit multiplem Geschlechtsbezug zu finden. Aber mitunter ist dieses Bemühen Gewürge, und für mein Befinden muss Sprache sprechbar bleiben. Ich bin Rentner und habe viel Zeit. Deshalb macht es mir nichts aus, für Leserinnen und Leser zu schreiben, und Leser/Innen gefällt mir da schon wegen des bestimmenden, hartem I nach dem Schrägstrich nicht.

Alternativen - aufgezeigt von der Augsburger Allgemeinen

Vorlesenden und Vortragenden ist es auch zu zumuten, dass sie ihre Reden beschleunigen um die jeweils entsprechenden Versionen unterzubringen. Anstatt mitten im Wort Atem zu holen. Nehmt als Beispiel die Pharma-Industrie. Die hat das in der Werbung bei dem Hinweis  auf Nebenwirkungen prima hinbekommen 

Wenn es beim schriftsprachlichen Gendern  allen mit der Inklusion gleich ernst ist. Wieso hieße es bei formellen Anreden dann nicht streng genommen immer: Sehr geehrte Damen, Herren und Transgender!

Alles kann, nichts muss. Die Inklusion schafft sich ihre Wege hoffentlich von alleine. Aber bis dahin kann ein wenig juristischer Rat nicht schaden. Ich habe mir erlaubt, diesen sehr gelungenen Leitfaden, den ich bei "Lawpilots.com" entdeckt habe, etwas länger als üblich zu zitieren:

Goethe-Institut



Gängige Methoden des Genderns im Deutschen 

Wie bereits erwähnt, gibt es keine festen Rechtschreibregeln bezüglich des Genderns im Deutschen. Es gibt daher verschiedene Methoden, um geschlechtergerechte Sprache zu verwenden. Die gängigsten sind:

  • Binnen-I: Dabei wird ein großgeschriebenes „I“ innerhalb eines Wortes verwendet, um beide Geschlechter zu repräsentieren. Beispiel: StudentInnen.
  • Schrägstrich: Hierbei werden die männliche und weibliche Form durch einen Schrägstrich getrennt. Beispiel: Lehrer/in.
  • Gender-Gap: Ein Unterstrich (_), oft auch Gender-Gap genannt, wird zwischen der männlichen und weiblichen Endung eingefügt. Er soll Menschen einschließen, die sich weder als Mann noch als Frau identifizieren. Beispiel: Lehrer_in.
  • Gendersternchen (oder Gender-Stern): Ein Sternchen wird zwischen der männlichen und weiblichen Endung platziert. Es soll ebenfalls die geschlechtliche Vielfalt jenseits des binären Systems repräsentieren. Beispiel: Lehrer*innen.
  • Doppelpunkt: Ein relativ neuer Ansatz, bei dem ein Doppelpunkt verwendet wird, um geschlechtliche Vielfalt darzustellen. Beispiel: Student:innen. Diese Schreibweise wird von Screen-Readern als kurze Pause interpretiert und gilt daher als inklusiv für Sehbehinderte.
  • Klammern: Hier werden die Endungen in Klammern gesetzt. Beispiel: Lehrer(innen).
  • Wechselform: In einem Text werden männliche und weibliche Formen abwechselnd verwendet, um beide Geschlechter gleichermaßen anzusprechen.
  • Beidnennung: Auch die konsequente Beidnennung ist eine Möglichkeit. Beispiel: Lehrer und Lehrerinnen 
  • Neutralformen: Hierbei werden geschlechtsneutrale Begriffe oder Formulierungen gewählt. Beispiel: das Lehrpersonal statt die Lehrer oder die Lehrerinnen.
Der Link zum vollständigen Beitrag:
https://lawpilots.com/de/blog/compliance/gendergerechte-sprache/#:~:text=Die%20Geschichte%20des%20Genderns&text=Die%20Bewegung%20hin%20zu%20einer,Formulierung%20%E2%80%9EVerk%C3%A4ufer%2Finnen%E2%80%9C.