Mittwoch, 15. Januar 2025

Un-Wort oder Unwort?

 Wir Deutschen dürfen wohl getrost davon ausgehen, dass die, die sich alljährlich zusammen setzen, um das  Unwort zu küren, dies im Sinne der Sprachsäuberung oder -Verbesserung tun. Aber ist Unwort per se nicht scheußlich? Im mystischen Sinn ist das Wort meiner Ansicht nach doch so mächtig, dass es unverändert für sich spräche. So wie der Mensch ja allein durch die Vorsilbe "un" längst nicht als ausreichend böse beschrieben wäre.

Ich versuche es mal so: Eine Wort ist ein Wort, zwei sind Wörter und gepredigt sind die dann Worte. Es gibt gute Worte, die für jemanden "eingelegt" werden könnten und böse Worte, die Toten nicht nachgesagt werden sollten. Das Wort als Waffe wird in diesen Zeiten immer wichtiger - genau, wie es letztendlich auch zu halten. Schlimm - und oft ein Zeichen der Angst - ist es, wenn wir gezwungen sind, es herunter zu schlucken, da es ohne Nährwert ist, aber doch zu Magengeschwüren führen kann. Klare Worte selbst auszusprechen, erfordert viel persönlichen Mut, deshalb geraten die dann immer häufiger anonym in die Müll-Deponien "Sozialer Medien", wo sie oft leider viral werden und sich dann womöglich als Unwort epidemisch verbreiten.

Quelle: 20 Minuten

Die letzten beiden - nämlich biodeutsch und Remigration (obwohl von Friderich Merz auch verwendet) haben vermutlich ursächlich mit dem offenbar unaufhaltsamen Aufstieg der AfD zu tun. In ihrer Gesamtheit ergeben die Unworte seit 1991  ein Bild der langsamen Verrohung oder besser noch Verblödung der Deutschen Sprache und der Gesellschaft, die sie missbräuchlich verwendet. Aber macht euch selbst ein Bild: https://de.wikipedia.org/wiki/Unwort_des_Jahres_(Deutschland).

Es bleibt abzuwarten, wie sehr wir wieder einmal zu einem Volk der Unmenschen werden. Wo bei das "un" vor Mensch ähnlich wenig aussagekräftig ist wie vor Wort. Wo fängt der Mensch an, ein Unmensch zu sein, und welches Adjektiv oder deren Unzahl begrenzt letztendlich sein "Unmenschentum"? Wie wir gerade überall auf der Welt schmerzlich erfahren, wird es von diversen Führern ganz verschiedener Staatssysteme ausgeübt. Wobei die böses tun,  sich aber in ihrer Allmacht für die Guten halten, während sich vermutlich einst menschliche Menschen für die Staatsraison in der Administration und auf dem Schlachtfeld zu Unmenschen verformen lassen.

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Mein Buch-Tipp zum Thema:
Eigentlich viel zu heiter.
 Dennoch etwas Leichtes
zu schwerer Kost

"Mensch bleib doch Mensch!", möchten wir ihnen gerne zurufen, aber wie immer bleiben und die Worte im Halse stecken. Sie bewirken ja offenbar ohnehin nichts in dieser sich ständig wiederholenden, blutigen Welt-Geschichte. 

Also ihr Fünf von der Unwort-Jury: Lasst den Un-sinn! Er bewirkt doch, wie ihr anhand der Tabelle selbst feststellen könnt - nichts...

Acryl auf Leinwand
Der Unmensch
von Juan Prandini



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