Samstag, 2. Februar 2013

Elite-Denken

Eulen - Symbol-Vögel der Gelehrsamkeit - können ihren Kopf blitzschnell in einem Radius von 270 Grad drehen. Damit sie diese Fähigkeit nicht schwindelnd vom Ast taumeln lässt, bedienen sie sich in ihren Köpfen bereit stehender Blutdruck-Reserven, die den Sauerstoffgehalt in ihren Hirnen nicht absinken lassen.

Beim Lesen dieses Hinweises im Wissen-Teil der Süddeutschen Zeitung kam mir sofort die Assoziation zu unserem Landesvater, dem Seehofer Horrrst. Wieso, vermag ich nicht zu sagen. Vermutlich, weil meinen kleinen grauen Zellen schon beim heftigen Kopfschütteln über dessen Wendehalsigkeit mit meiner stiernackig bedingten maximalen Amplitude von 160 Grad der Sauerstoff ausgeht.

Seehofer hinterlässt bei mir mitunter den Eindruck, er könne sein hohes Haupt gar um 360 Grad drehen, wenn es gilt, einen neuen Standpunkt auszuspähen. Damit ihm dabei etwaige Defizite von Sauerstoff-Zufuhr nicht anzumerken sind, bedient er sich dieses eingefrorenen Dauergrinsens. 

So auch vorgestern wieder, als der Erfolg des Volksbegehrens zur Abschaffung der Studiengebühren an Bayrischen Universitäten bekannt wurde: Er wäre ja sofort bereit gewesen auf Volkes Stimme zu hören, wenn der liberale Koalitionspartner nicht auf die Festschreibung der Studiengebühren im Koalitionsvertrag pochen würde. Das tut die FDP, die "Partei der besser Verdienenden", ja auch weiterhin, und so wird es wohl zum  Staatssäckel zusätzlich belastenden Volksentscheid kommen. Aber der Freistaat hat es ja. Er macht seinen eigenen Termin zur Landtagswahl am 15. September, anstatt wie die Hessen gleichzeitig mit der Bundestagswahl wählen zu lassen. Er pocht ja auch weiter auf das umstrittene Betreuungsgeld, das ja zur gedanklichen Kompensation der Nichterreichbarkeit des gesetzlichen Kita-Anspruchs ab August dienen soll. Von dem übrigens eine Reihe führender Soziologen glaubt, es würde das Prekariat mit Migrationshintergrund zusätzlich von der dringend erforderlichen Basisbildung zur Integration abhalten (siehe Post "Toleranz").

Aber was ist überhaupt Volkes Stimme in dieser Bildungsangelegenheit?

Noch nie sind die Zweitbeste und ich von unserem persönlichen Umfeld derart angegriffen oder im harmloseren Fall bezweifelt worden, wie durch den Umstand, dass wir beide uns im Rathaus in die Liste eingetragen haben. Wir taten das, obwohl das Studium unseres Sohnes ja bereits 6.000 Euro an Gebühren gekostet hatte, und keiner aus diesem Freundes- oder Bekanntenkreis Nachkommen hätte oder gehabt hätte, für die zu bezahlen gewesen wäre...

Ich gebe hier einmal unkommentiert nur ein paar der Argumente wieder, wieso die Studiengebühr hätte beibehalten  werden sollen:

*"Was nix kost', taugt nix", sagte einer, dessen Söhne noch gebührenfrei bis zum Staatsexamen kamen.
*"Weshalb soll ich mit meiner Steuer den Bedarf der Universitäten mitfinanzieren?", sagte einer der gar keine Kinder hat und selbst dereinst gebührenfrei studierte.
*"Wir haben sowieso zu viele Studenten, die ihre Zeit nur abbummeln und in einem Handwerksberuf viel besser aufgehoben wären."
*"Kindergärten und Kitas kosten ja schließlich auch etwas!"
*"Wer wirklich ernsthaft studieren will, der kann ja auch einen Kredit aufnehmen oder sich nebenher einen Job suchen, so wie ich das getan habe."
*"Die Abiturienten-Schwemme hat dafür gesorgt, dass schon Gärtnereien und Schreiner keine Hauptschüler mehr als Lehrlinge nehmen. Es will doch keiner mehr auf einer Baustelle arbeiten", beklagte eine, die sich darüber ärgert, dass nur noch Albaner bei einer Renovierung in ihrem Wohnhaus eingesetzt werden.
*"Wenn unsere Studenten alle so toll wären, wieso brauchen wir dann so dringend ausländische Fachkräfte?"

Dazu fällt mir nichts ein, außer vielleicht der Verdacht, dass da die Öffentlichkeitsarbeit im Sinne mancher Eliten besonders bei jenen gefruchtet hat, die viel haben und wenig teilen wollen.

Da passt dann das Ergebnis einer Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung als Warnung nur allzu gut in den Tenor. Die hat herausgefunden, dass der Einstieg ins Berufsleben für die meisten Hochschulabsolventen nur noch über befristete Arbeitsverträge möglich sei. Selbst 34 Prozent der Akademiker mit bereits einem absolvierten Berufsjahr arbeiteten noch in befristeten Beschäftigungsverhältnissen.

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