Donnerstag, 14. Februar 2013

Wir haben ja nur die "zweite Wahl"

Der verblüffendste Begriff in diesen von Unruhen erschütterten Zeiten ist der der Experten-Regierung.  So eine wird  gebildet, wenn eine von politischer Parteitreue geprägte  Administration  so gründlich gescheitert ist, dass es kein Fort- oder Entkommen mehr gibt: 

Griechenland brauchte so eine, die von Mario Monti wollte es so in Italien richten, und deshalb will Tunesien  jetzt auch eine haben. Anscheinend ist so ein Bedarf an Expertentum ansteckend, denn für gescheiterte Großprojekte in Deutschland wie der  "Fluchafen Berlin" oder das pompöse Milliardenloch "Stuttgart 21" werden ja jetzt auch besondere Experten zur Entlastung der offenbar völlig überforderten "politischen" Aufsichtsräte berufen.

Da muss ein Wahlbürger schon mal ganz naiv nachfragen. Geht er doch davon aus, dass die von ihm mehrheitlich gewählte Administration von den besten Kräften besetzt ist, die für unsere Steuergelder zu haben sind. Tatsächlich ist dies aber ein Macht erhaltendes Posten-Schachern zwischen Seilschaften, bei dem ein Bäcker im zweiten Bildungsweg Berufspolitiker und dann Verkehrsminister wird. Oder weil niemand den Karren Energiewende aus dem Sumpf ziehen wollte, muss ein getreuer Beamter und Partei-Soldat als Minister ran, in dessen Vita sich nicht der winzigste Hinweis auf eine besondere Affinität zur Umwelt findet.

Bevor ich Peer Steinbrücks aus dem Zusammenhang gerissenes Klagen über die Kanzler-Besoldung deshalb als heutiges Thema noch vertiefe, wäre auch da die Frage angebracht, was einen überproportional Schulden angehäuft habender und deshalb als gescheitert zu betrachtender Ministerpräsident nun im Rentenalter dazu befähigen sollte, als Kanzler gewählt zu werden...

Vor allem besteht natürlich Klärungsbedarf bei der Motivation zur Berufswahl "Politiker". Wer die Web-Präsentationen der Kabinettsmitglieder durchklickt, stößt auf  verwinkelte Lebensläufe, die einen Personalvorstand nicht unbedingt veranlassen würden, den Mann zu engagieren. Allenfalls die in der Amtszeit geknüpften Netzwerke machen einen ausgestiegenen Politiker - wie beispielsweise  Roland Koch - später noch interessant für einen Spitzen-Job in der freien Wirtschaft. Andere müssen dann halt überdotierte Vorträge bei nahe stehenden Organisationen halten, um nicht der von ihnen herauf beschworenen Altersarmut anheim zu fallen..

Auch  auf nur zwei Amtszeiten festgelegte US-Präsidenten, die im übrigen weniger verdienen als unsere Kanzlerin (auf mögliche Lebenszeit), sind auf solche Vortragshonorare zur Altersabsicherung angewiesen. Aber da ist es Bestandteil des Systems. 

In den 1990ern war ich einmal bei einem Essen eines der größten Unterhaltungskonzerne der Welt, bei dem der damals als bestbezahlter Manager geltende Redner ungeniert bekannte, die Lobbys müssten in den USA deshalb so stark sein, weil die Wirtschaft wisse, dass in den Parlamenten und Kabinetten nur Leute "zweiter Wahl" säßen. Entweder seien sie so reich, dass sie Politik nur als Hobby betrieben oder eben nicht gut genug, um in der Wirtschaft eine vergleichbar dotierte Spitzen-Position zu erreichen.

Gestern war in Deutschland "politischer Aschermittwoch". Was dieses Persönlichkeiten verletzende, primitive Eingepöbel auf den Gegner bei den anstehenden Wahlen noch mit Klärung politischer Sachfragen zu tun haben soll, verschließt sich offenbar nur mir. Das angetrunkene Wahlvolk jedenfalls war begeistert.

Redner, die sich von ihren Schreibern - gleichgültig welcher Couleur - mit derartigen Plattitüden versorgen lassen und sie auch noch zu Gehör bringen, können nur zweite Wahl sein. Und demzufolge sollte jeder Gewählte auch mit dem Salär, das wir Volk ihm zahlen, zufrieden sein.

Es ist richtig, dass unsere omnipräsente Kanzlerin - wenn man ihre Bezüge durch die immens vielen abgeleisteten Arbeitsstunden für unser Land dividiert - nicht gerade überragend abschneidet. Aber das tun die ohne Mindestlohn mehrere Jobs machen müssenden Opfer ihrer Wirtschaftspolitik auch nicht.

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